Nach Bienen nun auch Libellen – Pesticides reduce regional biodiversity of stream invertebrates

GEDSC DIGITAL CAMERAzur englischen Version Pestizide können wirbellose im Wasser lebende Tiere gefährden. Die Artenvielfalt in belasteten Fließgewässern gehe um bis zu 42 Prozent zurück, berichten Forscher nach Untersuchungen in Deutschland, Frankreich und Australien.

Die Gesamtverluste in der Biodiversität würden in erster Linie durch das Verschwinden mehrerer Gruppen von Lebewesen bestimmt, welche speziell anfällig für Pestizide seien, so die Forscher.

Dazu gehörten vor allem Vertreter der Steinfliegen, Eintagsfliegen, Köcherfliegen und Libellen.

Laut den Wissenschaftlern wurde die Bedrohung der Artenvielfalt durch Pestizide bisher offenbar unterschätzt.

STUDIE: PESTIZIDE REDUZIEREN DIE ARTENVIELFALT IN GEWÄSSERN DEUTLICH

Einige Pestizide, die derzeit in Europa und Australien im Einsatz sind, können die regionale Artenvielfalt von wirbellosen Tieren in Fließgewässern um bis zu 42 Prozent reduzieren. Das berichten Forscher in den „Proceedings” der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS).

Mikhail A. Beketov und Matthias Liess vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig analysierten gemeinsam mit Ben Kefford von der Technischen Universität Sydney und Ralf B. Schäfer vom Institut für Umweltwissenschaften Landau die Auswirkungen von Pestiziden wie Insektiziden und Fungiziden auf den regionalen Artenreichtum von Wirbellosen in Fließgewässern und verwendeten dafür Daten aus Deutschland, Frankreich und Victoria in Australien.

Die veröffentlichte Studie ist eigenen Angaben zufolge die erste Studie überhaupt, die die Auswirkungen von Schadstoffen auf die regionale Biodiversität im Zusammenhang mit den Konzentrationen von Pestiziden und den jeweiligen Artenverlusten untersucht hat.

Pestizide, beispielsweise aus der Landwirtschaft, gehören zwar zu den am besten ökotoxikologisch untersuchten und regulierten Gruppen von Schadstoffen – bisher war aber unbekannt, ob und in welchem Umfang und bei welchen Konzentrationen ihr Einsatz Artenverluste in Gewässern verursachen. Dieser Frage gingen die Forscher nun nach und verglichen den Artenreichtum an mehreren Standorten miteinander – unter anderem in der Hildesheimer Börde bei Braunschweig, in Süd-Victoria in Australien und in der Bretagne in Frankreich.

Dabei untersuchten sie drei verschiedene Ebenen der Pestizidbelastung: unberührt, leicht verunreinigt oder stark verschmutzt.

In Europa fanden sie signifikante Unterschiede beim Artenreichtum von Wirbellosen zwischen den Verschmutzungskategorien. Für Australien konnten die Forscher bei verschiedenen Insektengruppen einen Unterschied feststellen und zwar zwischen den hoch belasteten Standorten einerseits und den unberührten und leicht verunreinigten andererseits.

Nachweislich rangiert der Verlust der Artenvielfalt zwischen den unberührten und stark kontaminierten europäischen Standorten damit auf einem Niveau von 42 Prozent, bei Insektengruppen in Australien ist ein Rückgang von 27 Prozent zu verzeichnen.

Wie die Forscher weiter herausfanden, werden die Gesamtverluste in der Biodiversität in erster Linie durch das Verschwinden mehrerer Gruppen von Lebewesen bestimmt, welche speziell anfällig für Pestizide sind.

Dazu gehören vor allem Vertreter der Steinfliegen, Eintagsfliegen, Köcherfliegen und Libellen. Diese Organismen zählen zu den arten- und individuenreichsten Besiedlern der europäischen Flüsse, Bäche und Ströme und sie sind wichtige Mitglieder der Nahrungskette, bis hin zu Fischen und Vögeln. Sie ermöglichen die biologische Vielfalt der Gewässerlebensräume erst, indem sie als Anzeiger der Wasserqualität für einen regelmäßigen Austausch zwischen Oberflächen- und Grundwasser sorgen.

Schutzkonzepte greifen zu kurz

Ein besorgniserregendes Ergebnis der Studie ist, dass die verheerenden Auswirkungen der Pestizidbelastung auf diese Kleinstlebewesen bereits bei Konzentrationen festgestellt wurden, die nach den aktuellen europäischen Vorschriften als unbedenklich gelten.

Die Autoren weisen darauf hin, dass die Verwendung von Pestiziden ein wichtiger Treiber des Verlustes an biologischer Vielfalt ist und dass die gesetzlich vorgeschriebenen Höchstmengen die Artenvielfalt der wirbellosen Tiere in Fließgewässern nicht ausreichend schützen. Neue Ansätze, die Ökologie und Ökotoxikologie verbinden, werden daher dringend benötigt.

„Die gegenwärtige Praxis der Risikobewertung gleicht leider einer Autobahnfahrt mit verbundenen Augen“, gibt der Ökotoxikologe Matthias Liess zu bedenken. Denn bisher beruhe die Zulassung von Pestiziden nur auf experimentellen Arbeiten im Labor und in künstlichen Ökosystemausschnitten.

Für eine fundierte Bewertung der ökologischen Wirkung dieser chemischen Substanzen müssten die bestehenden Konzepte aber dringend mit der Realität im Freiland abgeglichen werden. „Die neuen Ergebnisse zeigen, dass das Ziel der UN-Konvention zur biologischen Vielfalt, den Artenschwund bis 2020 zu bremsen, gefährdet ist. Pestizide werden immer Wirkungen haben auf Ökosysteme, ganz gleich wie rigide die Schutzkonzepte sind. Aber nur wenn validierte Bewertungskonzepte verwendet werden, kann eine realistische Abwägung erfolgen, welche Ökosysteme auf welchem Niveau geschützt werden müssen.“ Die Bedrohung der Artenvielfalt durch Pestizide wurde bisher offenbar unterschätzt.

Quelle: Gemeinsame Pressemeldung von UFZ und Institut für Umweltwissenschaften Landau

Wir möchten bezüglich des Massenbienensterbens auf unsere weltweite Veranstaltung Schwärmt mit am 16. 08. 2014 zur Rettung der Bienen – Swarm to save the bees hinweisen.

Ein Tipp: Im Garten kleine Teiche anlegen, da fühlen sich die Libellen und Frösche wohl. Manchmal reicht es auch, einen Maurerkübel mit Wasser, Pflanzen und alten Zweigen zu füllen. Schon hat man ein kleines Paradies geschaffen, in dem auch Vögel baden können.

Wir fordern: Verbot von Pestiziden!
Wir verlangen: Schutz der Artenvielfalt!

English: Pesticides reduce regional biodiversity of stream invertebrates

The biodiversity crisis is one of the greatest challenges facing humanity, but our understanding of the drivers remains limited. Thus, after decades of studies and regulation efforts, it remains unknown whether to what degree and at what concentrations modern agricultural pesticides cause regional-scale species losses.

They analyzed the effects of pesticides on the regional taxa richness of stream invertebrates in Europe (Germany and France) and Australia (southern Victoria). Pesticides caused statistically significant effects on both the species and family richness in both regions, with losses in taxa up to 42% of the recorded taxonomic pools. Furthermore, the effects in Europe were detected at concentrations that current legislation considers environmentally protective. Thus, the current ecological risk assessment of pesticides falls short of protecting biodiversity, and new approaches linking ecology and ecotoxicology are needed. Download Supporting Information (PDF)

Netzfrau Doro Schreier

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