Da gaukelt uns die Bundesregierung vor, der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen könnte bald verboten werden. Doch in der EU zeichnet sich das Gegenteil ab.
Heute wurde in Luxemburg über ein neues GVO-Gesetz abgestimmt, welches Biotech-Unternehmen wie Monsanto und Syngenta bei der Entscheidung, ob gentechnisch veränderte Pflanzen (GVO) in Europa verboten werden sollen, eine beispiellose Macht einräumen könnte.
Im Rat der Umweltminister der EU gab es heute eine breite Mehrheit für das sogenannte Opt-Out, das nationale Gentechnik-Anbauverbote leichter machen soll. Auch Deutschland stimmte für den Entwurf der Ratspräsidentschaft, Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) wies Kritik aus der Öffentlichkeit und von Umweltschutz- und Landwirtschaftsverbänden zurück. Nur Luxemburg und Belgien enthielten sich der Stimme, weil sie die anvisierten Verhandlungen mit den Gentech-Konzernen ablehnen.
26 der 28 EU-Mitgliedsstaaten stimmten für das Opt-Out, 336 von 352 Stimmen reichten locker für die nötige qualifizierte Mehrheit. Viele Umweltminister betonten, wie wichtig der Bevölkerung ihrer Länder die Gentechnikfreiheit sei. Deshalb, so ihre Begründung, unterstützten sie den Entwurf, der eine gute Grundlage für nationale Anbauverbote von gentechnisch veränderten Pflanzen biete.
Nach der Zustimmung des Rats ist nun das EU-Parlament an der Reihe. Die frisch gewählten Abgeordneten müssen sich mit der Vorlage der Minister befassen – ohne ihre Zustimmung kann das Opt-Out nicht in Kraft treten. Ob es dabei noch zu inhaltlichen Änderungen kommen wird, bleibt abzuwarten. Italien kündigte an, die Arbeit der griechischen Ratspräsidentschaft, deren Nachfolge das Land antritt, fortzuführen. Der noch amtierende EU-Verbraucherkommissar Tonio Borg aus Malta freute sich jedenfalls auf Dezember: dann gebe es hoffentlich „ein wunderbares Weihnachtsgeschenk“, nämlich eine endgültige Einigung. Mehr Informationen finden Sie hier: Fast alle EU-Staaten stimmen für Opt-Out
Hintergrundinformationen:
Bei einer Vorabstimmung am 28. Mai stimmten die Mitgliedsstaaten mit breiter Mehrheit dafür. Auch Deutschland befürwortet den Entwurf. Am 12. Juni soll der EU-Umweltministerrat die Entscheidung offiziell bestätigen. Doch Vorsicht!!!
„Allein das Abstimmungsverfahren zwischen Rat, Parlament und Kommission könnte so lange dauern, dass ein nationales Anbauverbot für die anstehende Aussaat des Genmaises 1507 zu spät käme. Ob für Deutschland der Anbau 2015 überhaupt relevant wird, hält ein Sprecher der Bundesregierung mit Verweis auf die ausstehende Entscheidung der EU-Kommission und die Sortenzulassung allerdings für „sehr fraglich“. Doch bei zügiger Abwicklung dieser beiden Punkte könnten Bauern die umstrittene Saat im Frühjahr auf ihre Felder bringen, bevor ein nationales Anbauverbot in Kraft tritt – und die Bevölkerung damit vor vollendete Tatsachen stellen.“ Quelle
In ihrem Kommentar „Monsanto to be given right in decisions to ban GMOs“ schreibt Friends of the Earth Europe, was wir hier für Sie übersetzt haben:
Monsanto erhält das Recht auf die Entscheidung, ob GVOs verboten werden
Das neue Gesetz wird als eine Möglichkeit angepriesen, Regierungen mehr Souveränität über Entscheidungen darüber zu geben, ob gentechnisch veränderte Pflanzen verboten werden. Allerdings geben die derzeitigen Vorschläge den Biotech-Unternehmen das Recht zu entscheiden, ob ein Verbot zugelassen werden sollte. Wenn die Unternehmen sich weigern, sind die Regierungen gezwungen, auf vage, nicht wissenschaftliche Rechtsgrundlagen zurückzugreifen, um GVOs zu verbieten und damit die Tür für Anfechtungsklagen zu öffnen.
Adrian Bebb, Koordinator für Lebensmittel-Kampagnen bei Friends of the Earth Europe, sagte: „Es ist ein Affront gegen die Demokratie, dass Unternehmen wie Monsanto ein Rechtsstatus bei jeder Entscheidung verliehen wird, die gemacht wird, um ihre Produkte zu verbieten. Regierungen müssen in der Lage sein, unerwünschte und riskante Gentech-Pflanzen zu verbieten, ohne die Erlaubnis der Unternehmen zu benötigen, die von ihnen profitieren.“
Seit mehr als 15 Jahren haben die nationalen Regierungen gegen neue Gentech-Pflanzen gekämpft und ihre Rechte, diese zu verbieten, verteidigt. Dieser Vorschlag ist ein vergiftetes Geschenk, das dafür sorgen wird, dass den Mitgliedstaaten die soliden rechtlichen Grundlagen für ein Verbot der gentechnisch veränderten Pflanzen entzogen werden.“
Friends of the Earth Europe setzen sich dafür ein, dass nationale Regierungen tatsächlich Befugnisse erhalten, ihre Felder gentechnikfrei zu halten und den Wunsch der Verbraucher zu schützen. Eine Mindestanforderung ist der Vorschlag, dass die nationalen Regierungen – für ein Verbot, welches von den Biotech-Unternehmen abgelehnt werden sollte – zuerst um Erlaubnis ersuchen müssen und dass die Rechtsgrundlage für das Verbot von GVO-Kulturen gestärkt wird. Das Original des Artikels finden Sie hier
Dazu die Pressemitteilung Nr. 125 vom 28.05.2014
Gentechnik: Der Weg zum nationalen Anbauverbot ist bereitet
Nach langen Verhandlungen erzieltenen die EU-Mitgliedstaaten (auch Deutschland) am 28. Mai in einer Vorabstimmung in Luxemburg zum Selbstbestimmungsrecht beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen eine Einigung zum Vorschlag der griechischen Ratspräsidentschaft.
Künftig soll jeder Mitgliedstaat selbst entscheiden dürfen, ob er den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf seinen Äckern zulässt. „Ich begrüße diese Möglichkeit zum Opt-out ausdrücklich. Die Haltung der Menschen in Europa ist in dieser Frage sehr unterschiedlich, das verdient Respekt. Damit können wir national gestalten, wo europäisch keine Gemeinsamkeit besteht“, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt… mehr lesen
Doch wer stimmt nun am 12. Juni in Luxemburg für uns ab? Es ist die Bundesumweltministerin Barbara Hendricks! Und die lässt heute ausrichten: „Wir sind auf Produkte aus der Natur angewiesen. Dazu gehören Lebensmittel, Heilkräuter und Textilien aus natürlichen Fasern (..) Wir wollen daher nach Wegen suchen, wie man naturverträgliche Produkte im Markt stärken kann.“ Das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Naturschutz eröffnen heute das 6. Nationale Forum zur Biologischen Vielfalt in Berlin. Da wollen wir die Frau Hendricks doch gleich beim Wort nehmen und ihr mitteilen, dass Gentechnik-Konzerne wie Monsanto, BASF, Syngenta, Bayer, Dow und DuPont-Pioneer in dieser biologischen Vielfalt keinen Platz haben.
Zusatzinformationen:
Das Agricultural Biotechnology Council ist eine britische Lobby-Gruppe, dessen Mitgliedschaft die sechs größten Agro-Multis: BASF, Bayer, Dow Agrosciences, Monsanto, Pioneer (DuPont) und Syngenta umfasst. ABC selbst ist Mitglied der EuropaBio. Diese Seite zeigt die vielen veröffentlichten E-Mails und Anträge der Industrielobby UK. Sie zeigen das Ausmaß der „Klüngelei“ der Menschen innerhalb der Regierung und den Einfluss der Industrie auf. Themen wie Wissenschaft und Forschungsförderung, GM- Regulierung und die transatlantischen Handels-und Investitionspartnerschaft (TTIP). Das ist übrigens die Webseite der Regierung Großbritanniens: Details of contacts between EuropaBio and Defra since 1 September 2012.
Enthüllungen von GenWatch Mai 2014: The UK Government and the GM industry: colluding to promote GM crops and foods, undermine consumer choice and ignore
environmental harm
Erschienen am 25. Mai 2014, Update mit aktuellem Gesetzentwurf 2001/18/EC am 27. Mai 2014 sowie am 30. Mai 2014
COCERAL views on the EU-US Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP)
Netzfrauen Doro Schreier und Kerstin Hördemann
Kampf der Giganten – Wenige Konzerne beherrschen die weltweite Lebensmittelproduktion
Unfassbar! EFSA – Monsanto ist sicher- Lobbyverflechtungen in der EFSA
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