Fünf Jahre nach seiner Unterzeichnung und einer etwas länger als üblichen Ratifizierungsphase ist das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA- und den Staaten des Golfkooperationsrats am 1. Juli 2014 in Kraft getreten.
Dient alles nur noch dem Wachstum? Dem wirtschaftlichen Profit? Haben wir eine Bundeskanzlerin, die die Galionsfigur der deutschen Wirtschaft ist?
Europäische Freihandelszone [engl.: European Free Trade Association, EFTA] – Die EFTA wurde 1960 zum Schutz der Handelsinteressen derjenigen europäischen Staaten gegründet, die nicht der EG angehörten. Aufgrund des zwischenzeitlichen Beitritts ehemaliger EFTA-Mitglieder zur EG/EU (GB, DK, P, A, FIN, S) gehören ihr heute nur mehr Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz an. Mit Ausnahme der Schweiz bilden die EFTA- und die EU-Länder seit 1994 den so-genannten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).
Die folgenden Länder gehören jeweils zur EFTA, zur EU und weiteren gesamteuropäischen Organisationen.
EU (Europäische Union)
Die Europäische Union (EU) ist ein Zusammenschluss von 28 europäischen Staaten.
Die EU-Mitgliedsstaaten
Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern
Beitritt 2007: Bulgarien und Rumänien
Beitritt 2013: Kroatien
Jeder EU-Bürger hat ein Recht auf Freizügigkeit. Dieses Recht erlaubt es, in einem anderen Staat der EU zu arbeiten und zu leben. Das Gleiche gilt für Bürger aus den sogenannten EFTA und EWR Staaten.
EFTA (Europäische Freihandelsassoziation)
Die Länder, die zur Europäischen Freihandelsassoziation gehören sind: Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz.
EWR (Europäischer Wirtschaftsraum)
Zu den Mitgliedern des Europäischen Wirtschaftsraums gehören die 28 Mitgliedsstaaten der EU sowie Island, Liechtenstein und Norwegen.
QuelleDie Anzahl der EU-Freihandelsabkommen nimmt rapide zu. Diese Abkommen haben weitreichende Auswirkungen auf die Bevölkerung in der EU und den Partnerstaaten. Parlament und Zivilgesellschaft kommen mit der Analyse und Bewertung kaum hinterher, was der Kommission und der Unternehmenslobby bei der Ausgestaltung der Abkommen zu viel Spielraum gibt.
Das laut SECO-Mitteilung umfassende Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den arabischen Golfstaaten (Golfkooperationsrat/GCC) Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate bringt den Exporteuren im Verkehr mit den arabischen Golfstaaten unter anderem:
- einen erleichterten Marktzugang und eine erhöhte Rechtssicherheit
- den Zugang zum öffentlichen Beschaffungswesen
- die Streichung der Zölle für (fast) alle Industriegüter (Waffen sind auch Industriegüter)
- einen erleichterten Marktzugang für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte.
Das gleiche gilt für die bilateralen Landwirtschaftsabkommen der einzelnen EFTA-Staaten mit den Staaten des GCC. Golfkooperationsrats (d.h. Vereinigte Arabische Emirate, Bahrein, Saudi-Arabien, Oman, Katar und Kuweit)
Schwerpunkt des Abkommens ist, wie auch bei bereits bestehenden Freihandelsabkommen mit anderen Staaten, die Beseitigung der Einfuhrzölle auf Erzeugnisse der gewerblichen Wirtschaft und ein verbesserter Marktzugang für landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte, Fisch und sonstige Meereserzeugnisse.
Neben den Verbesserungen zum Warenverkehr umfasst das Freihandelsabkommen auch Regelungen zum Dienstleistungsverkehr, Wettbewerb, Schutz des geistigen Eigentums und Investitionen sowie öffentliches Beschaffungswesen.
Wie die Wirtschaft Frau Merkel Empfehlungen mit auf ihren Auslandsreisen erteilt, sehen wir an folgendem Beispiel:
Anlässlich der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die arabische Halbinsel im Mai 2010 haben der DIHK (Deutsche Industrie- und Handelskammertag) und die AHKs (Deutsche Auslandshandelskammern) Vereinigte Arabische Emirate und Saudi-Arabien, sechs Empfehlungen zur weiteren Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen mit den Ländern des Golf-Kooperationsrates veröffentlicht.
Beziehungen zu den GCC-Staaten
Zitat:
„Für die deutsche Wirtschaft ist es von entscheidender Bedeutung, sich optimal gegenüber dem internationalen Wettbewerb zu positionieren. Der Besuch von Bundeskanzlerin Merkel ist dafür ein wichtiges Signal zum richtigen Zeitpunkt”
Petita:
1. Regelmäßige und koordinierte Besuche auf der höchsten politischen Ebene begleitet durch ausgewogen besetzte Wirtschaftsdelegationen, die auch den Mittelstand in angemessener Weise berücksichtigen;
Besuchs-Kontinuität ist aufgrund der Bedeutung der persönlichen Beziehungen in der arabischen Welt von höchster Bedeutung;
Abstimmung und Koordinierung von Aktivitäten und
Selbstdarstellungsinitiativen der einzelnen Bundesländer und des Bundes,
damit die Stärken des föderalen Systems und der dezentralen
Wirtschaftsentwicklung zu Synergien führen statt zu Verzettelung und
Verwirrung der Zielgruppen im GCC;
Koordination des gemeinsamen Auftretens der deutschen Wirtschaft bei
Großprojekten, die die Leistungsfähigkeit eines einzelnen Unternehmens
übersteigen, beispielsweise durch politische Unterstützung von
Arbeitsgemeinschaften und Konsortien deutscher KMUs, um sich bei
Großprojekten im Wettbewerb behaupten können (Beispiele sind „German
Railway Consulting“ in Katar oder „bw-engineers GmbH“ in Saudi-Arabien);
Kontinuität der Unterstützung deutscher Wirtschaftsinteressen, auch bei der
Verlagerung nationaler Kompetenzen auf den künftigen europäischen
diplomatischen Dienst.
(…)
6. Vermarktung des Standorts Deutschland für Investitionen aus dem GCC
Deutschland mit seiner stark mittelständisch geprägten Wirtschaft ist ein idealer Partner für die GCC-Staaten im Bereich Investitionen. Deutschlands zahlreiche „Hidden Champions“ könnten mit Hilfe von GCC-Kapital auch für Investitionen und Technologie-Transfer in den GCC oder gemeinsam in Drittmärkten gewonnen werden.
(…)
Zurückhaltende Anwendung der Neufassung des Außenwirtschaftsgesetzes
(AWG), die eine Genehmigung des Bundeswirtschaftsministeriums für
Investitionen in sensiblen Bereichen vorschreibt;
Institutionalisierung von bilateralen Investition Komitees unter Federführung der GTAI und der AHKs unter Einbeziehung geeigneter Finanzinstitutionen (KfW, Geschäftsbanken, Fonds) zur Identifikation, um Investitionsfelder zu identifizieren und Investitionspartner zusammenzuführen.
Quelle: Empfehlungen zu den Wirtschaftsbeziehungen Deutschlands mit den Ländern des Golf- Kooperationsrats (GCC) 61.1 kB (PDF)
Dient alles nur noch dem Wachstum? Dem wirtschaftlichen Profit? Haben wir eine Bundeskanzlerin, die die Galionsfigur der deutschen Wirtschaft ist?
Zum Beispiel die Waffenexporte: Noch nie lieferte Deutschland so viele Waffen ins Ausland wie im vergangenen Jahr. Insgesamt erteilte die Bundesregierung Ausfuhrgenehmigungen von 5,85 Milliarden Euro, wie das Wirtschaftsministerium in seinem Rüstungsexportbericht mitteilte. Gegenüber dem Vorjahr ist das eine Steigerung um ein Viertel oder 1,14 Milliarden. Unter den Top-5-Empfängerländern befindet sich mit den USA nur ein Nato-Partner. Mit 826 Millionen Euro gingen die meisten Waffen an Algerien, gefolgt von Katar mit 673 Millionen. Auf Platz 3 liegen die USA mit 611 Millionen.
Länder, in denen Menschenrechte gar nicht existieren: So haben die afghanischen Taliban im Golf-Emirat Katar ein Büro eröffnet. Im März berichtete der Spiegel, dass gleich drei arabische Golfstaaten ihre Botschafter so schnell wie möglich aus Katar zurückholen wollten. Sie werfen dem Herrscherhaus in Doha die Unterstützung der Muslimbrüder und anderer islamistischer Organisationen vor. Und dieses Land bekommt Waffen?
Hamad Bin Dschassim Al Thani – Der arabische Vermögensberater aus Katar
Er leitet Katars Staatsfonds, ist Außen- und Premierminister. Stück für Stück kauft er sich nun in Europa ein, zum Beispiel die Mehrheit an der Luxemburger Sparte der Dexia-Gruppe, die im Oktober 2011 verstaatlicht wurde. Für das Geschäft mit vermögenden Privatkunden legte Al Thani 730 Mio. Euro auf den Tisch. Im selben Monat hatte seine Beteiligungsgesellschaft bereits das Private Banking der belgischen KBC Bank übernommen, zu der auch die Münchner Adresse Merck Finck gehört.
Die Herrscherfamilie war schon in der ersten Welle der Finanzkrise 2008 als Retter angeschlagener Banken aufgetreten. Al Thanis private Anteile sowie die Papiere im Staatsfonds machen Katar zum größten Aktionär der britischen Bank Barclays. 2008 stieg der von Al Thani geleitete Fonds nicht nur dort, sondern auch bei der strauchelnden Credit Suisse ein. Privat hat Al Thani sein Geld auch noch bei der Fluggesellschaft Qatar Airways und in dem britischen Kaufhaus Harrods angelegt. Und nun also auch noch die Deutsche Bank! In einem ersten Schritt investiert er in die Deutsche Bank als Ankerinvestor 1,75 Milliarden Euro. Lesen Sie dazu
Dieser Mann verdient 1 000 000 000 Dollar in einem Jahr – Blackstone und der Scheich von Katar
Warum liefert Deutschland Panzer an den Golf?
Die Bevölkerung war ebenfalls zum Zeitpunkt des „Arabischen Frühlings” aufgestanden. Warum stimmte der Bundessicherheitsrat ausgerechnet vier Monate nach der Niederschlagung der Proteste in Bahrain erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Panzer-Lieferungen nach Saudi Arabien und Katar zu?
Wenige Wochen zuvor waren Truppen der Saudis und anderer Golfstaaten in Bahrain einmarschiert, um die Demokratiebewegung mit Panzern und schwerem Gerät niederzuschlagen. Es gab Tote und Verletzte.
Auf diese Fragen werden wir nie eine Antwort erhalten und auch nicht, wo der Protest bei dem am 01. 07. 2014 in Kraft getretenen Freihandelsabkommen mit dem Golfkooperationsrat (GCC) blieb.
Menschenrechte vor Freihandel – doch da ist es bereits zu spät.
Netzfrau Doro Schreier
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