Hier ein bisschen Farbe drüber, neue Dienstkleidung für Mitarbeiter und danach interessiert nur noch das Gier-Gen, denn Gewinn steht vor ordentlicher Leistung. Alles, was über Jahrzehnte mit Steuergeldern aufgebaut wurde, wird in ein paar Jahren zerstört für kurzfristige Gewinne von Privatunternehmen, wieder unterstützt durch den Steuerzahler.
MEHR MARKT UND WETTBEWERB stand auf Homepage der FDP zu Zeiten, als Dr. Philipp Rösler noch Bundesminister für Wirtschaft und Technologie war. So waren Philipp Röslers ehrgeizige Ziele, die Energiewende durch mehr Markt und Wettbewerb erreichen, was nichts anderes bedeutet als der Angriff auf die Bastionen des Staates – oder im neoliberalen „Neusprech“: Privatisierung des staatlichen Tafelsilbers und Bedienung des eigenen Klientels!
Mittlerweile spielt die FDP in der Regierung keine Rolle mehr. Rösler hat eine neue Beschäftigung gefunden. Er ist Manager beim Weltwirtschaftsforum. [Rösler, vom Wirtschaftsminister zum Weltwirtschaftsforum und hilft bei der Umgestaltung der Welt in Davos] .
Die Aufgabe der FDP hat nun die SPD im Rahmen der GROKO übernommen und der neue Wirtschaftsminister ist Gabriel. Dieser hatte ja schon einmal enge Beziehungen zur Wirtschaft, wie wir bereits berichteten [Herr Gabriel…Sie fahren die Energiewende an die Wand!]
Was wird nun aus der Privatisierungswelle? Wird sich die SPD dagegen aussprechen?
Privatisierung der Energieversorgung
Bereits ein Jahr nach der Verkündung des neuen Energiewirtschaftsgesetzes erfolgte in Deutschland 1999 die Liberalisierung des Strommarktes. Große Konzerne beherrschten bald circa 80 Prozent des deutschen Strommarktes. Da keine Regulierungsbehörde geschaffen wurde – wie es bei anderen Liberalisierungsprozessen üblich ist – konnten sie den alternativen Stromanbietern die Bedingungen für einen Stromanbieterwechsel weitestgehend diktieren. Für den Verbraucher bedeutete dies von nun an stetig steigende Strompreise, zumal sich auch der Staatsanteil an den Stromkosten in den letzten zehn Jahren vervielfacht hat.
„Die Liberalisierung des Strommarktes kann nur funktionieren, wenn die Netze in öffentliche Hand kommen“, sagte 2005 schon der verstorbene Energieexperte Hermann Scheer. Die Liberalisierung des Energiemarktes betrachtet Scheer außerdem als misslungen, weil eigentumsrechtliche Fragen – anders als in Schweden oder in den Niederlanden – ausgeklammert wurden. «Die Netze gehören als natürliches Monopol in öffentliche Hände – anders kann Neutralität gegenüber alternativen Anbietern und Abnehmern nicht gewährleistet werden.»
Wie Recht er hatte. Vier lange Stromautobahnen müssen in den nächsten zehn Jahren quer durch Deutschland gebaut werden, um das Abschalten der Atomkraftwerke aufzufangen. Die vier Stromautobahn-Betreiber Tennet, Amprion, 50Hertz und TransnetBW speisen den Großteil des Stroms ein und verteilen ihn bundesweit über lange Distanzen.
Der Netzbetreiber „Tennet“ steht schon länger in der Kritik.
Bei dem Streit der Netzbetreiber geht es nicht nur um Macht und Geld, es geht auch um zentrale Ziele der Energiewende. Die Bundesregierung setzt auf große Windkraftwerke in Nord- und Ostsee. Sie sollen sich innerhalb weniger Jahre zu einem wichtigen Standbein der Stromerzeugung entwickeln. Doch ohne die dazugehörigen Netzanschlüsse können Offshore-Windparks nicht genutzt werden.
Folge: Um den Ausbau der Offshore-Windenergie zu beschleunigen, hat die Regierung einen Gesetzentwurf gebilligt. Der sieht auch neue Haftungsregelungen vor – Kosten wurden vor allem auf die Verbraucher umgewälzt.
Fazit: Auch wenn das Stromnetz in privater Hand ist, zahlen wir und nicht die gewinnorientierten privaten Konzerne.
Krankenhaus im Ausverkauf
Das Geschäft mit der Gesundheit ist ein Milliardenmarkt.
In Deutschland teilen sich wenige große Unternehmen das Geschäft. Die vier größten – Helios, Rhön, Asklepios und Sana – haben drei Viertel des privaten Krankenhausmarkts im Griff. Was bei einer Privatisierung des staatlichen Tafelsilbers passieren kann, sehen wir an dem folgenden Beispiel:
Das Land Niedersachsen verkaufte im Jahr 2007 insgesamt 10 Krankenhäuser.
Nach Informationen von NDR Info ergab eine neue Prüfung des Landesrechnungshofes im vergangenen Herbst, dass die Krankenhäuser deutlich unter Wert verkauft wurden. Der Schaden für die Steuerzahler: Möglicherweise weit mehr als 200 Millionen Euro. Allein die Kosten für externe Berater wie die Firma PricewaterhouseCoopers beliefen sich auf knapp fünf Millionen Euro – mehr als doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt. Die Prüffirma Pwc, die viele Aufträge des Landes Niedersachsen abwickelte, beschäftigte u. a. die Ex-Gattin von Christian Wulff und soll unter anderem Gazprom betreuen. Bekannt wurde „PricewaterhouseCoopers“ durch den 55 Milliarden Euro schweren Rechenfehler bei der Abwicklungsbank der Hypo Real.
Der Landesrechnungshof geht in seiner Kritik noch weiter: Demnach wurde selbst der Verkaufserlös von 102 Millionen Euro noch einmal geschmälert: durch Förderkosten, die vorher nicht angefallen waren, oder durch höhere Pflegesätze. All das hätte in den Preis einfließen müssen, heißt es im Landesrechnungshof-Bericht: „Der […] Nettoerlös ist damit um rund 42,15 Millionen Euro reduziert worden.“ Der Schaden für uns Steuerzahler ist noch weit gravierender als zurzeit ersichtlich.
Das Geschäft mit der Gesundheit ist ein Milliardenmarkt. Obwohl Personal und Experten Alarm schlagen, werden aber wohl immer mehr Kommunen ihre Krankenhäuser verkaufen.
Mehr als 250 Krankenhäusern in Deutschland droht wegen knapper Finanzen das Aus. 13 Prozent der Krankenhäuser müssten ihre Pforten bis 2020 schließen, wenn sie keine Zuschüsse bekommen, stellt der Krankenhaus Rating Report 2014 fest, welcher am Donnerstag (26. 06. 2014) vorgestellt wurde. Danach müssten allein in Nordrhein-Westfalen etwa 50 der landesweit rund 400 Kliniken schließen. Jedes dritte Krankenhaus in NRW schrieb der repräsentativen Studie zufolge 2012 rote Zahlen – insgesamt belaufen sich die Verluste in NRW auf etwa 150 Millionen Euro.
Des einen Leid ist des anderen Freud‚, so auch bei der schlechten Finanzlage der Krankenhäuser.Groß geworden ist Fresenius einst mit der Dialyse für Millionen nierenkranker Patienten. Dann stieg der Konzern ins Krankenhausgeschäft ein. Heute ist er Marktführer. Betrieben werden die Krankenhäuser der Fresenius-Tochter Helios-Kliniken GmbH. Die Helios-Kliniken sind ein Gigant mit 111 Krankenhäusern und 68 000 Beschäftigten.
Aus einer Pressemitteilung HELIOS schließt RHÖN Transaktion erfolgreich ab vom 28. 2. 2014
„38 Kliniken und 11 Medizinische Versorgungszentren der RHÖN-Klinikum AG sind ab heute Teil der HELIOS Kliniken Gruppe. Mit nun insgesamt 110 Kliniken entsteht ein bundesweit aufgestellter Klinikträger, der dank modernem Qualitätsmanagement und Präsenz die Patientenversorgung flächendeckend verbessern und das Krankenhauswesen in Deutschland weiter entwickeln kann. (….) Zur HELIOS Kliniken Gruppe gehören 110 eigene Akut- und Rehabilitationskliniken inklusive sechs Maximalversorger in Berlin-Buch, Duisburg, Erfurt, Krefeld, Schwerin und Wuppertal, 47 Medizinische Versorgungszentren (MVZ), fünf Rehazentren, fünf Präventionszentren und 13 Pflegeeinrichtungen. HELIOS ist damit einer der größten Anbieter von stationärer und ambulanter Patientenversorgung in Deutschland und bietet Qualitätsmedizin innerhalb des gesamten Versorgungsspektrums. Sitz der Unternehmenszentrale ist Berlin.
HELIOS versorgt jährlich mehr als 4,2 Millionen Patienten, davon mehr als 1,2 Millionen stationär. Die Klinikgruppe verfügt insgesamt über mehr als 44 000 Betten und beschäftigt rund 68 000 Mitarbeiter. Im Jahr 2013 erwirtschaftete HELIOS einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro. Die Klinikgruppe gehört zum Gesundheitskonzern Fresenius.“
Weil den Ländern und Kommunen das Geld für nötige Investitionen fehlt, schreiben viele kommunale Kliniken Verluste. Immer mehr davon werden an private Klinikketten verkauft, die die maroden Häuser oft in profitable Unternehmen verwandeln. Mittlerweile wie auch im Nahrungsmittelbereich wird auch die Gesundheitssparte von nur einigen wenigen Konzernen betrieben, letztendlich auf Kosten der Patienten und des Pflegepersonals. Wenn Kliniken zu billig verkauft werden, dann auch auf Kosten der Steuerzahler.
Wasserversorgung im Ausverkauf
Trinkwasser soll in private Hände, ein Aufschrei – zu Recht, denn schon in der Vergangenheit gibt es zahlreiche negative Beispiele, bei denen Wasser zu einer Ware wurde. Die kommunalen Betriebe und die Menschen fürchten um Preis und Qualität des Trinkwassers.
Die öffentliche Daseinsvorsorge – und dazu gehört auch die Bereitstellung von Trinkwasser durch öffentliche Unternehmen – ist die beste Garantie dafür, dass Qualität und Bezahlbarkeit gewährleistet sind und unter einer staatlichen Kontrolle stehen.
Ein Beispiel:
London – Privatisierung des Wassers
Es gab damals 10 regionale Wassergesellschaften in England und Wales. Diese 10 Gesellschaften wurden privatisiert. 10 private Monopolgesellschaften entstanden – zu extrem günstigen Bedingungen! Nicht nur war der Preis niedrig, sondern die Unternehmen wurden vorher entschuldet und mit Betriebskapital versehen. Außerdem wurden den Anteilseignern Vergünstigungen bei der Besteuerung der Gewinne zugestanden. Die Privatisierung führte zu stark steigenden Wassergebühren für die Kunden.
Erschreckend: Die Firmen investierten sehr wenig und es kommt immer wieder zu Klagen über unzureichende Wasserqualität.
Einer der Gründe für die schlechte Wasserqualität ist das marode Wasserleitungssystem. Kritiker machen geltend, dass der Hauptgrund für die Wasserknappheit das marode Leitungssystem der Versorger sei. Nach einer Untersuchung der staatlichen Aufsichtsbehörde Ofwat verliert etwa die Londoner Gesellschaft Thames Water bis zu 26 Prozent des Trinkwassers durch Lecks in Leitungen.
Die öffentliche Daseinsvorsorge – und dazu gehört auch die Bereitstellung von Trinkwasser durch öffentliche Unternehmen – ist die beste Garantie dafür, dass Qualität und Bezahlbarkeit gewährleistet sind und unter einer demokratischen Kontrolle stehen.
Jahrzehntelang galt die Wasserversorgung als wichtige Staatsaufgabe. Erst in den 1990er Jahren privatisierten viele Länder die Versorgung mit dem lebensnotwendigen Nass.
Heute beherrschen eine Reihe multinationaler Konzerne die globalen Wassermärkte, angefangen bei der Produktion der nötigen Anlagen für die Wasserproduktion über Abfüllanlagen für Flaschenwasser bis hin zu privaten Wasserversorgern und Großhändlern.
Wasser ist nicht nur Grundlage allen Lebens, sondern besitzt auch große Bedeutung für die Industrie. Im 20. Jahrhundert wurden Kriege um Erdöl geführt, im 21. Jahrhundert könnten uns Kriege ums Wasser drohen.[Trinkwasser: Nestlé, Danone, Coca-Cola und Pepsi – Multinationale Konzerne beherrschen Weltmarkt]
Kritiker befürchten Privatisierungen
Seit einigen Monaten, eigentlich seit einigen Jahren, verhandeln die USA und die Europäische Union über ein Freihandelsabkommen und eine Investitionspartnerschaft (TTIP). Die beiden wirtschaftlichen Schwergewichte wollen ihre Wirtschaftsbeziehungen neu ordnen. Über TTIP und Tisa haben wir bereits ausführlich berichtet.
Auch die TISA-Verhandlungen werden unter großer Geheimhaltung geführt. Mit diesem Abkommen könnte die Privatisierung von bisher staatlich erbrachten Leistungen zur Grundversorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser vorangetrieben und unumkehrbar gemacht werden. An den TISA-Verhandlungen sind unter anderem die Europäische Union – also auch Österreich -, die USA, Australien, Kanada, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Hongkong, Israel, Japan, Südkorea, Mexiko, Neuseeland, Norwegen, Panama, Paraguay, Pakistan, Peru und die Schweiz beteiligt. [Wir decken auf: Nicht nur TTIP, nein auch TPP – Aktuell aus Singapur!]
Genau: Darum protestieren weltweit Menschen gegen dieses Abkommen, denn anhand der obigen Bespiele sehen Sie, was passieren kann, wenn staatliches Tafelsilber verkauft bzw. privatisiert wird. Die Energiekosten steigen und steigen und ein Ende ist nicht in Sicht. Wasser wird eine unbezahlbare Ware und die Gesundheit bleibt auf der Strecke:
- Privatisierte Krankenhäuser sind nun Dienstleistungsanbieter im Sektor Gesundheitswesen.
- Privatisierte Wasserwerke können wie in London zu mangelnder Wasserqualität und zu Wasserknappheit führen und letztendlich zu höheren Kosten für den Endverbraucher.
- Privatisierung = Let’s make MONEY – koste es, was es wolle.
EIN BRITISCHER LOKFÜHRER, EINE PHILIPPINISCHE MUTTER, EIN SÜDAFRIKANISCHER AKTIVIST UND DIE BÜRGER EINER BOLIVIANISCHEN STADT: SIE KÄMPFEN BEREITS GEGEN DAS, WAS UNS ALLE ERWARTET:
DEN GROSSEN AUSVERKAUF.
„Ich habe einmal bestimmte Aspekte der Wirtschaftspolitik mit moderner Kriegsführung verglichen. In der modernen Kriegsführung versucht man zu entmenschlichen, das Mitgefühl zu beseitigen. Man wirft Bomben aus 15 000 Metern, aber man sieht nicht, wo sie landen, man sieht keine Schäden. Es ist fast wie in einem Computerspiel. Man spricht von „body counts“. Das entmenschlicht den Prozess. Genauso ist es in der Wirtschaft: Man redet über Statistiken und nicht über die Menschen hinter diesen Statistiken.“
(Joseph E. Stiglitz / Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften )
Text © Doro Schreier
Quellen: u.a. Süddeutsche, Zeit, FDP, Der große AusverkaufDas könnte Sie interessieren:
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