Während andere Mädchen in ihrem Alter in die Schule gehen und lernen, sind sie permanenter psychischer und körperlicher Gewalt ausgesetzt: Kindsbräute.
Razieh Ebrahimi war erst 14 Jahre alt, als sie zwangsverheiratet wurde. Mit 15 bekam sie ein Kind. Mit 17 erschoss sie ihren Ehemann im Schlaf. Heute ist sie 21 – und in akuter Gefahr, gehängt zu werden.
Kindsbräute im Iran
Laut iranischem Gesetz dürfen Mädchen ab 13 Jahren heiraten, Jungen ab 15. Mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten darf dieses Mindestalter unterschritten werden. Nach Angaben der Nichtregierungsorganisation „Justice for Iran“ wurden alleine im Jahr 2012 über 1537 Mädchen unter 10 Jahren verheiratet. In der Altersgruppe der 10-14-jährigen waren es 29 827.
Urteil rechtlich mehr als fragwürdig
Razieh Ebrahimi war 14 Jahre alt, als sie zwangsverheiratet wurde. Mit 15 bekam sie ihr Kind. Sie war 17, als sie ihren Ehemann erschoss. Heute ist sie 21 und in akuter Gefahr, gehängt zu werden – obwohl sie zum Zeitpunkt der Tat unter 18 Jahre alt war und angab, Opfer häuslicher Gewalt zu sein. Der Iran hat den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und das Übereinkommen über die Rechte des Kindes unterzeichnet. Ersterer sieht die Abschaffung der Todesstrafe vor, letzteres verbietet die Verhängung der Todesstrafe gegen Personen, die zum Tatzeitpunkt jünger als 18 Jahre alt waren.
Menschlich ebenso
Die Iranerin Shadi Sadr, eine in London ansässige Anwältin der NRO „Justice for Iran“ erklärte der Zeitschrift The Guardian, dass Raziehs Fall kein Einzelfall sei. Frauen, die schon in der Kindheit zur Hochzeit gezwungen würden, würden tatsächlich fortwährend unter dem Deckmantel der Ehe vergewaltigt. Während sie in ihrem Alter eigentlich zur Schule gehen sollten, seien sie einem Leben voller Gewalt ausgesetzt – ohne rechtliche Handhabe – und würden schließlich sich selbst oder ihren Ehemann töten, um diesem Teufelskreis zu entkommen.
Laut Human Rights Watch erklärte die heute 21-jährige Razieh, sie habe nach Jahren der körperlichen und verbalen Misshandlungen einfach durchgedreht. Was mag in einem Teenager vorgehen, der über Jahre sexuell missbraucht, geschlagen und gedemütigt wird? In einem jungen Mädchen, das schon mit 15 ein Kind aus einer solchen Beziehung und aus einem Akt zur Welt bringt, den sie sowohl psychisch als auch körperlich als Gewalt empfunden haben muss. Einem Teenager, der sich dann am Ende dem Ergebnis seiner eigenen furchtbaren Tat gegenüber sieht…
Unterstützung für die junge Mutter
Ihre Familie wird Razieh vermutlich nicht die Unterstützung zukommen lassen, die Reyhaneh Jabbari durch ihre Mutter erfährt. Raziehs Vater war es, der sie zur Heirat nötigte und der sie der Polizei übergab, nachdem er den vergrabenen Leichnam ihres Mannes gefunden hatte. In Ermangelung einer Kontaktadresse können auch wir sie nicht wissen lassen, dass sich viele Menschen um sie sorgen und in Gedanken bei ihr sind.
So zum Beispiel die Unterzeichner der Petition „Iran to Hang Abused Child Bride“.
Glaubt man dem Wortlaut dieser Petition könnte Razieh noch in dieser Woche hingerichtet werden. Hier ein kurzer Auszug aus dem Brief (frei übersetzt):
… muss verstanden und realisiert werden, dass sie eine Mutter ist, die als Kindsbraut das tragische Opfer der unfassbarsten und erschreckendsten brutalen Behandlung wurde, der man sich ausgesetzt sehen kann…
Zwangsweise mit 14 Jahren verheiratet zu werden und ein Kind zur Welt zu bringen als selbst noch Minderjährige, erschüttert die heiligen ethischen Grundsätze der Menschlichkeit…
Jeder Mensch verdient ehrlichen Respekt, auch Razieh Ebrahimi, der dieser in höchstem Maße verweigert wurde und die schlimmsten Missbrauch erdulden und erleiden musste.
… das islamische Mitgefühl ist ein unbezahlbarer Schatz und ein großes Privileg, das auf Razieh Ebrahimi übertragen werden sollte, sodass sie friedlich nach Gottes Willen und in Harmonie mit ihrem Kind den Rest ihres Lebens verbringen kann…
… Was sie jetzt und in Zukunft braucht, sind die Liebe und Unterstützung, das Verständnis und die Anerkennung, die ihr so viele Jahre versagt geblieben sind…
Auch Amnesty International setzt sich ein. Wir Netzfrauen möchten uns Amnestys Aufruf in der Urgent Action „Jugendlicher Straftäterin droht Hinrichtung“ anschließen. Auf der Seite von Amnesty können Sie sich deren Forderungen mit einem Klick direkt anschließen, oder Sie schreiben selbst per Twitter oder als Mail:
- Bitte stellen Sie sicher, dass die Hinrichtung von Razieh Ebrahimi gestoppt wird.
- Ich bitte Sie außerdem, dafür einzutreten, dass der Fall gerichtlich überprüft wird mit dem Ziel, das Urteil aufzuheben. Außerdem müssen in diesem Fall die strafmildernden Umstände, die auf familiäre Gewalt hindeuten, geprüft werden.
- Zudem möchte ich Sie daran erinnern, dass der Iran Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und des Übereinkommens über die Rechte des Kindes ist, welche die Verhängung der Todesstrafe gegen Personen, die zum Tatzeitpunkt jünger als 18 Jahre alt waren, ausdrücklich verbieten.
- Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte sieht in Artikel 6(4) vor, dass jede zum Tode Verurteilte Person das Recht hat, um Begnadigung oder die Umwandlung der Strafe zu bitten.
Empfänger:
RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed ‚Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street – End of Shahid
Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: @khamenei_ir
OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
c/o Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street, Pasteur Square
Tehran, IRAN
E-Mail: media@rouhani.ir
Twitter: @HassanRouhani (Englisch) und
@Rouhani_ir (Persisch)
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de
Was auch immer Sie tun, bitte tun sie es sofort! Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. In welcher Sprache auch immer sie dies tun, bleiben Sie bitte sachlich und höflich. Es geht um ein Menschenleben!
Ich wünsche Razieh Ebrahimi, dass es auch in ihrer nächsten Nähe Menschen gibt, die ihr Trost spenden können, die sich nach ihrem Befinden erkundigen und sich direkt für ihre Rechte einsetzen. Menschen, die in ihr nicht die Verbrecherin sehen, sondern das Kind, das sie viel zu früh nicht mehr sein durfte. Menschen, die alles dafür tun, damit sie sich in dieser Situation nicht alleingelassen fühlt.
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde schon einmal abgelehnt.
Lasst uns alle Hebel in Bewegung setzen, um auch in diesem Fall ein Umdenken zu bewirken.
Netzfrau Andrea Wlazik
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The UN has urged Iran not to follow through with the execution of a woman convicted of murdering her husband as a child.
UN High Commissioner for Human Rights Navi Pillay has called on Iran to impose a moratorium on the execution of Razieh Ebrahimi, citing international law which prohibits the execution of anyone for crimes committed while a child.
Razieh Ebrahimi, now 21, was forced to marry her husband at the age of 14 and gave birth just a year later, Mehr news agency cited her lawyer as saying.
At the age of 17 – and after being subjected to domestic violence – she killed her husband and was later found guilty of murder, said the lawyer, who was not identified.
Ebrahimi had been due to hang for her crime in April, until the execution was postponed. In mid-June her lawyer urged the judicial authorities to scrap her sentence.
The UN’s Pillay also appealed for clemency and expressed concern over the use of capital punishment in Iran.
„The imminent execution of Razieh Ebrahimi has once again brought into stark focus the unacceptable use of the death penalty against juvenile offenders in Iran,“ she said in a UN statement.
„Regardless of the circumstances of the crime, the execution of juvenile offenders is clearly prohibited by international human rights law.“
Pillay said imposing death sentences on people under 18 was „manifestly incompatible with Iran’s international obligations under the International Covenant on Civil and Political Rights and the Convention on the Rights of the Child.“
„I urge the Iranian authorities to halt the execution of Razieh and all other juvenile offenders.“ Iran ratified the convention in 1994.
The statement also highlighted the case of Jannat Mir, a 17-year-old Afghan boy who was hanged in April after being convicted in a drug-related case. It said five other Afghans were executed with him.
Pillay’s office says that at least 160 people are reportedly on death row in Iran for crimes allegedly committed when they were minors.
Rouhani’s “failure”
Some have seen the execution as further proof of President Hassan Rouhanu’s failure to implement a new, more liberal consensus in Iran.
More than 600 people were executed in Iran in 2013 according to the Iran Human Rights Documentation Centre, a watchdog. This amounts to a rise of more than one hundred from 2012.
In March, UN Secretary-General Ban Ki Moon lambasted Rouhani’s failure to deliver the promised reforms allowing greater freedom of expression and a more tolerant state apparatus.
„The new administration has not made any significant improvement in the promotion and protection of freedom of expression and opinion, despite pledges made by the president during his campaign and after his swearing in,“ Ban said.
„Both offline and online outlets continue to face restrictions including closure,“ he said.
He singled out the continuing high number of executions still taking place in the country.
„The new government has not changed its approach regarding the application of the death penalty and seems to have followed the practice of previous administrations, which relied heavily on the death penalty to combat crime,“ Ban said.
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