Wir sind schon Weltmeister beim Lohndumping und bei Waffenverkäufen. Heute werden wir außerdem noch Weltmeister im „Beschleunigten Verfahren“, denn sofern die Bundesländer die Gesetze heute billigen, wären zahlreiche parlamentarische Verfahren in ungewöhnlich kurzer Zeit abgeschlossen.
Hurra, wir sind schon Weltmeister, ohne dass Klose und Müller Tore schießen mussten und Joachim Löw (Jahresgehalt 2,66 Mio. Euro) eine Mannschaft dafür aufstellten musste. Nein, wir selbst haben diese Mannschaft aufgestellt, denn wir haben sie gewählt.
Genau die, die heute mit 9:0 gewinnen werden. Oder stopp!!! Es gibt ja insgesamt 62 TOPP-Themen!! Ob nun Fracking, Freihandelsabkommen, Lebensversicherungen, „Speedy GoNahles“ Rente mit 63 oder der Mindestlohn. Wobei wir uns fragen, wo denn die Menschen verblieben sind, die einst zugesichert bekamen, auf Grund eines Schwerbehindertenausweises eher in Rente gehen zu können. Nun ja, fragt ja keiner.
Heute sind wieder zahlreiche Weltmeister am Start
Die Versicherungslobby fährt auf der Fanmeile in Frankfurt. Sie haben allen Grund zum Jubeln, denn im Eiltempo wird das Lebensversicherungsreformgesetz durchgeboxt. Ein Gesetz, das eigentlich stabile und faire Leistungen für Lebensversicherte garantieren soll. Doch das Gegenteil ist der Fall: Während Versicherte zweistellige Milliardenbeträge verlieren, haben diese Konzerne 1:0 gewonnen.
Damit die Fanmeile sich auch richtig füllt, werden sich die Konzerne rund ums Fracking dazugesellen. In seinen Bundesratsanträgen bekennt sich Niedersachsen sogar zu einem Fracking mit Chemie. Denn die eingesetzten Frack-Flüssigkeiten sollen Chemikalien enthalten dürfen, die nach der zentralen Vorschrift des Chemikalienrechts, der CLP-Verordnung, als gefährlich einzustufen sind. Nur unter bestimmten Voraussetzungen soll der Einsatz solcher Frack-Flüssigkeiten untersagt werden. Dass Frack-Flüssigkeiten sogar eine Einstufung als „schwach wassergefährdend“ haben dürfen und es damit eindeutig erlaubt sein soll, Stoffe mit einem wassergefährdenden Potential in den Untergrund einzubringen, ist ein Skandal. Aber Fracking ist ein lohnendes Geschäft und damit steht es dann also 1:0 für die Konzerne, die unser Wasser vernichten.
Da schon beschlossene Sache, wird sich ebenfalls die Atomlobby mit lautem Jubelschrei beteiligen. Der Bundesrat beschließt die Reform des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) und begrenzt erstmals die Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren Energien. 1:0 für noch mehr Energie aus Kohle und Atom.
Ja, auf der Fanmeile da tut sich was.
Das bevorstehende Freihandelsabkommen ist ebenfalls heute ein Thema. Die Bundesländer verlangen mehr Offenheit bei den Beratungen über das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA und es werden zudem Korrekturen beim umstrittenen Investitionsschutz gefordert. Komisch nur, dass doch bereits Ende 2012 Martin Schulz in den USA zu Gast war und das Freihandelsabkommen forderte. Da fragt man sich schon, warum wurde die Geheimhaltung so lange geduldet? 1:0 für den Filz rund um das TTIP. Da ja bereits die von dem TTIP profitierenden Konzerne auf der Fanmeile verweilen, haben diese einen doppelten Grund zum Jubeln.
Auch an den Tierschutz wird heute gedacht, denn ein neuer Eier-Code soll Täuschung verhindern, dass mehr Hühner im Stall sind als eigentlich aus Platzgründen erlaubt. Damit würden auch Verbraucher vor Täuschungen geschützt, die beim Kauf frischer Eier bewusst auf eine bestimmte Form der Tierhaltung achten, heißt es in der Begründung der Bundesregierung für die Novellierung. Sicherlich findet die EIER-LOBBY auch hier Möglichkeiten für Etikettenschwindel und freut sich, dass nicht andere Gesetze zum Schutz der Tiere geschaffen wurden. Somit werden diese Konzerne sicherlich heute Abend die Brathähnchen spendieren. 1:0 für die Legebatterie.
Und damit sich auch alle übrigen Konzerne auf der Fanmeile versammeln können, wird der Bundesrat die Krankenkassenreform verabschieden. Die Bundesregierung hätte Arbeitnehmer und Rentner vor Zusatzbeiträgen schützen müssen, hat sie aber nicht. Mit dem Einfrieren des Arbeitgeberanteils werden Kostensteigerungen im Gesundheitsbereich einseitig den Arbeitnehmern und Rentnern durch Zusatzbeiträge aufgebürdet. 1:0 für alle Konzerne, die einen hohen Arbeitnehmeranteil haben.
Zum Abschluss, um die heutige Feier auf der Fanmeile abzurunden ,fehlt nur noch FREIBIER. Da hat sich spontan Dr. No. bereiterklärt. Nonnenmacher gibt nach seinem Freispruch eine Runde aus. Die Millionenabfindung macht es möglich. Normalerweise gibt es für Bilanzfälschung bis zu drei Jahre Gefängnis, nicht für Dr. No. und seine Kumpanen. Dass sie zusätzliche Risiken in die HSH Nordbank holten, die beinahe in die Pleite getrieben wurde, interessierte auch nicht. Hamburg und Schleswig-Holstein mussten die Bank nach dem Finanzskandal mit einem 13 Milliarden Euro schweren Rettungspaket vor dem Aus retten. Unter den immensen Kosten für den Rettungsschirm leidet die Bank auch heute noch. Macht nichts, heute wird gefeiert, Banker werden nicht bestraft, eher noch belohnt, da gibt man gern Freibier aus. 1:0 für Dr. No.
Sollten morgen alle mit einem Kater aufwachen, weil sie allen Grund zum Jubeln hatten, stiftet die Pharmalobby die Tabletten und Neslté Mineralwasser für den Nachdurst.
Wenn wir dann am Sonntag auch noch Weltmeister werden, dann freuen sich alle: Die Wirtschaft wurde angekurbelt, allein schon durch die vielen Fanartikel, Fernseher oder durch Beteiligung an der Veranstaltung der FIFA. Die Fussballmillionäre bekommen noch mehr Millionen obendrauf, die FIFA freut sich über 2,2 Milliarden Überschuss und der Bundesrat über die Sommerferien.
Ja – Weltmeisterschaften sind so was von toll. Am Montag können die Politiker ihren Nebentätigkeiten nachgehen, die Fanartikel werden aus den Regalen genommen oder verramscht. Und wenn spätestens jetzt das böse Erwachen kommt, macht nichts, alles schon erledigt, sagen dann die Verantwortlichen, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben oder das Portemonnaie.
Damit Sie nun auch wissen, über was der Bundesrat heute im Eilverfahren berät, hier die einzelnen Punkte: 924. Sitzung des Bundesrates 11.07.2014, Beginn: 9:30
264/14 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes
199/14 Entschließung des Bundesrates zur Förderung der Sportentwicklung im städtischen Raum
252/14 Entschließung des Bundesrates zur Umsetzung eines Nationalen Diabetesplans
279/14 Entschließung des Bundesrates zur effektiven Regulierung des sogenannten Grauen Kapitalmarkts
225/14 Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes
228/14 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umweltstatistikgesetzes
229/14 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und der Gewerbeordnung
221/14 Rechnung des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 2013 – Einzelplan 20 –
166/14 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre sowie der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente der Erklärung zur Unternehmensführung
196/14 Zwölfte Verordnung zur Änderung futtermittelrechtlicher Verordnungen
197/14 Verordnung zur Aufhebung der Verordnung zur Bekämpfung des Westlichen Maiswurzelbohrers
163/14 Sechste Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung
244/14 Siebte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung
239/14 Verordnung zur Änderung der Finanzanlagenvermittlungsverordnung
240/14 Verordnung zur Ausgestaltung des Gewerbeanzeigeverfahrens
257/14 Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht
287/14 Haushaltsbegleitgesetz 2014
288/14 Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz)
285/14 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes – Fracking!!
http://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2014/0201-0300/285-14.pdf?__blob=publicationFile&v=1 Verbunden mit:
198/14 Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Sportanlagenlärmschutzverordnung (18. BImSchV)
Während ganz Deutschland dem Weltmeistertitel entgegenfiebert, tritt der Bundesrat heute zum letzten Mal vor der parlamentarischen Sommerpause zusammen. Die Abgeordneten haben viel vor, ein Abstimmungsmarathon, und beraten zusätzlich über mehrere Gesetzesentwürfe. Wissen diese Verantwortlichen überhaupt, über was sie abstimmen? Viel Zeit bleibt ja nicht, die ganzen PDF-Dateien durchzulesen. Allein die 62 Tagesordnungspunkte zu verstehen, dauert eine Ewigkeit. Macht ja nichts, merkt ja keiner. Hurra, wir sind bereits in vielen Punkten Weltmeister, ob beim Lohndumping oder bei den Waffenverkäufen. Im Jubel um Neuer, Müller, Klose und Co. bemerken viele Fußballfans gar nicht, welche Regelungen jetzt mehr oder weniger hinter ihren Rücken vereinbart wurden.
Deutschland wird Weltmeister 2014, so die meisten Fußballfans. Das Sommermärchen mit einem Happy End, um dann festzustellen, dass die Regierung im Schatten der WM so manch kontroverses Gesetz beschlossen hat.
Netzfrau Doro Schreier
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