Wer erinnert sich nicht an Braveheart mit Mel Gibson in der Hauptrolle als William Wallace?
Als die englischen Besatzer seine Frau Murron töten, schwört William blutige Rache. Er sagt der britischen Krone den Kampf an und führt eine aus Bauern und Grundbesitzern bunt zusammengewürfelte Armee in die Schlacht. William Wallace hat es in der Tat gegeben. Er rief das Volk gegen Edward I. von England auf, der die Oberherrschaft über Schottland beanspruchte und den schottischen König John de Balliol 1296 zur Abdankung gezwungen hatte. Wallace fügte am 11. September 1297 in der Schlacht von Stirling Bridge den englischen Truppen eine vernichtende Niederlage zu, verjagte sie aus Schottland und verfolgte sie bis nach Nordengland.
Nun gibt es ein Braveheart reloaded, diesmal nicht auf einem Schlachtfeld und auch nicht mit Mel Gibson in der Hauptrolle, sondern am 18. September 2014 stimmen die Schotten darüber ab, ob sie aus dem Vereinigten Königreich (England, Schottland, Wales, Nordirland) austreten. Beobachter erwarten ein knappes Ergebnis, Konzerne bangen ums TTIP…
Ende November stellte der schottische Regierungschef Alex Salmond ein sogenanntes „Weißbuch” vor. „Schottlands Zukunft liegt jetzt in Schottlands Händen”, sagte Salmond. Das 670 Seiten starke Dokument soll laut Regierung „wirtschaftliche, soziale und demokratische Argumente für die Unabhängigkeit” liefern.
Quer durch die Whisky-Republik wird, Blog rauf Foren runter, in den letzten Monaten diskutiert, ob Schottland unabhängig werden soll. Ein unabhängiges Schottland könnte außerdem entscheiden, ob es in der EU bleiben möchte.
Nach 700 Jahren haben die Schotten eine neue Galionsfigur. James Bond-Darsteller Sean Connery ruft zum „Scotland forever“ für die Unabhängigkeit der fünf Millionen Einwohner. Connery hat sogar diesen Kampfruf „Scotland forever“ auf seinem Unterarm eintätowiert.
Es bleibt spannend, zumal die Wirtschaftsbosse ein Wort mitzureden haben.
„Verfechter einer schottischen Unabhängigkeit kritisieren, dass Schottland mit seinen umfangreichen Energieressourcen (Öl, Gas, Offshorewindkraft) viel für die britische Volkswirtschaft beisteuere, aber bei wichtigen Entscheidungen in London-Westminster eindeutig zu kurz komme. Für den Fall, dass die Mehrheit der Schotten in dem anstehenden Referendum für die Unabhängigkeit stimmt, ist bereits der 24. 03. 2016 als möglicher Tag der Unabhängigkeit im Gespräch.
Allgemein gilt allerdings als offensichtlich, dass die schottischen Institutionen nicht so schnell für eine Unabhängigkeit beziehungsweise ein selbstständiges Regieren bereit sein dürften. Ungeklärt ist neben unzähligen weiteren Fragen beispielsweise, ob Schottland weiterhin das britische Pfund Sterling als Währung nutzen würde und auch, ob ein unabhängiges Schottland EU-Mitglied wäre. (…)
Zwei Monate vor dem Referendum bezieht die Wochenzeitschrift ”The Economist” sehr deutlich Stellung: In der Ausgabe vom 12. 07. 2014 mit dem Titel “Don’t leave us this way” und dem Untertitel “Why Scotland should stay in Britain” heißt es: „Der Economist (…) hofft, dass die Schotten sich dazu entscheiden werden zu bleiben”. Schottland könne zwar allein bestehen, so die Economist-Autoren, dies heiße aber nicht, dass Schottland dies auch sollte. Die Union sollte erhalten werden, bedürfe aber wohl einer Reform. Auch der Economist prophezeit ein knappes Ergebnis: Ein mehrheitliches „Ja” zur Unabhängigkeit sei durchaus möglich, warnt der Economist, aber auch ein knappes „Nein” wäre für das Ansehen des Vereinigten Königreiches im Ausland peinlich. Quelle
Wurde in Braveheart noch mit Waffen gekämpft, so spielt in der heutigen Zeit Geld eine wichtige Rolle.
Harry Potters Schöpferin spendet eine Million Pfund fürs „Nein”
Größte Einzelspenderin auf der Nein-Seite ist die in Schottland lebende Harry-Potter-Erfinderin JK Rowling. Eine Million Pfund spendete sie für den Verbleib Schottlands bei Großbritannien. Die Betreiber beider Seiten mussten jetzt erstmals sämtliche Einzelspenden, die 7500 Pfund übersteigen, offenlegen – und da flossen bisher 1,46 Millionen Pfund an die Unabhängigkeitsbefürworter, aber 2,51 Millionen an die Gegner. Auf der Seite der Unabhängigkeits-Befürworter liegt mit ebenfalls einer Million das Ehepaar Coli und Christine Weir in Front, das 2011 einen 161-Millionen-Pfund-Jackpot abgeräumt hat. Für die Unabhängigkeit hat auch Brian Souter gespendet, der Mitgründer und Chef des in Schottland ansässigen Transportunternehmens Stagecoach.
Auch ein weiterer wichtiger Schotte ist aus wirtschaftlichen Gründen gegen die Unabhängigkeit der Whisky Republik. Johnnie-Walker-Hersteller und Diageo-Chef Ivan Menezes macht sich Sorgen. Es geht ihm weniger um die Europäische Union als um die Möglichkeiten des freien Handels. Mit bemerkenswert offenen Worten warb Diageo-Chef Ivan Menezes für ein Votum gegen die schottische Unabhängigkeit von Großbritannien. Die Schotten rief er auf, am 18. September gegen den Antrag der Nationalpartei SNP zu stimmen. „Es ist extrem wichtig, weiterhin Mitglied der Europäischen Union zu bleiben”, sagte Menezes dem “Wall Street Journal”. Zur Diageo-Gruppe gehören bekannte Scotch-Marken wie Johnnie Walker, J&B, Buchanan’s, Talisker oder Lagavulin. Ein Viertel des Firmenumsatzes, knapp 19 Milliarden Dollar, entfällt auf den Verkauf von Whisky. „Johnnie Walker” sieht seinen Vorteil in dem bevorstehenden Freihandelsabkommen (TTIP) mit den USA. Was ist Freiheit schon gegen Profit?
1297 gelang Wallace zusammen mit Moray in der Schlacht von Stirling Bridge ein spektakulärer militärischer Erfolg. Dort an der Brücke über den Forth vernichtete er die mit rund 10 000 Mann vierfach überlegene Streitmacht Edwards I. Wallace wurde von den Schotten geehrt und zum „Guardian of Scotland” ernannt. Später jedoch fehlte es ihm an weiterer Unterstützung durch den meist normannischen Adel. Zu oft hatten diese Adligen auch in England Besitztümer und wollten diese nicht durch Parteinahme für Wallace gefährden.
Was lernen wir daraus? Für die Reichen, damals noch Adlige, stand schon immer an erster Stelle der Profit. William Wallace wurde später von einem Landsmann verraten, gefangen genommen und nach einem öffentlichen Verfahren am 23. August 1305 in London auf grausamste Weise hingerichtet. William Wallace wurde im Bewusstsein der Schotten zum Märtyrer und zum ersten schottischen Nationalhelden – bis heute.
Siebenhundert Jahre später erleben wir eine neue Schlacht, diesmal nicht blutig, sondern wie in der heutigen Zeit üblich, mit Abgabe einer Stimme.
Wie sang Freddy Mercury im „Highlander – Es kann nur Einen geben”? – Live Forever!
Good Luck Scotland!
© Copyright 2014 Netzfrau Doro Schreier
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