Ukrainekrise: Russland will Lebensmittel aus der Türkei importieren

Harm Bengen

Harm Bengen

Moskau vergibt Exportlizenzen an türkische Milchverarbeiter

Erst heute haben wir in unserem Beitrag: Monsanto in der Ukraine: Weltwährungsfonds Kredit für die Ukraine öffnet Monsanto Hintertür zur EU über die Ukrainekrise berichtet und dass im Zusammenhang mit dem 17-milliardenschweren IWF-Kredit die Möglichkeit des Anbaus von genmanipulierten Pflanzen auf den fruchtbarsten Feldern Europas besteht, da erreichte uns eine neue Meldung, die uns sehr überraschte:

Ukrainekrise – Russland will Lebensmittel aus der Türkei importieren

Istanbul (gtai) – Zum Ausgleich für die seit Anfang August 2014 gestoppten Bezüge aus den USA, der EU und einigen anderen westlichen Ländern verstärkt Russland seine Lebensmittelimporte aus der Türkei. Drei große türkische Unternehmen der milchverarbeitenden Industrie erhielten kürzlich Exportlizenzen der russischen Kontrollbehörde Rosselhoznadzor. Russland will aus der Türkei auch andere Lebensmittel wie Geflügel, Eier, Obst und Gemüse beziehen.

Für die türkische Lebensmittelindustrie ergeben sich wegen der Sanktionsmaßnahmen Russlands gegen westliche Nahrungsmittel aus den USA, der EU sowie aus Norwegen, Kanada und Australien unerwartete neue Exportchancen. Wie die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu unter Bezugnahme auf die russische Aufsichtsbehörde für tierische und pflanzliche Lebensmittel Rosselhoznadzor meldet, haben kürzlich drei große Hersteller von Molkereierzeugnissen Pinar Süt, Aynes Gida und Unilever Sanayi Exportlizenzen für die Lieferung von Milchprodukten nach Russland erhalten. Die Lizenzen traten mit Wirkung vom 22. 08. 2014 in Kraft.

Russland importierte 2013 insgesamt 1,15 Mio. t Molkereiprodukte im Wert von rund 4,2 Mrd. US$. Neben der EU waren die Ukraine und Weißrussland wichtige Bezugsländer. Bezogen auf die gesamten Lebensmitteleinfuhren Russlands, belegte die Türkei 2013 mit einem Lieferwert von knapp 1,7 Mrd. $ Platz 5 der wichtigsten Lieferländer. Nach Angaben des türkischen Landwirtschaftsministers Mehdi Eker beabsichtigt Russland, weitere Lebensmittel wie Geflügel, Eier, Obst und Gemüse aus der Türkei zu importieren. Quelle

Dass die Türkei schon länger Handelspartner von Russland ist, wussten wir, denn für den Bau eines Atomkraftwerks in der Türkei schießt Russland 22 Milliarden Dollar vor. Doch hieß es nicht, dass die Türkei in die EU möchte?

Unterstützung der Europäischen Union für die Türkei auf dem Weg zum EU-Beitritt

„Als Beitrittskandidat erhält die Türkei Mittel aus der Heranführungshilfe IPA (Instrument for Pre-Accession Assistance). Für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 waren insgesamt rund 4,9 Milliarden Euro vorgesehen. Auch im Rahmen des Nachfolgeinstruments IPA II sind im Zeitraum 2014 bis 2017 rund 2,6 Milliarden Euro Fördermittel vorgesehen. Die Türkei kann ferner Darlehen der Europäischen Investitionsbank erhalten.(…) Auf Grund der engen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Türkei hat Deutschland ein besonderes Interesse an ihrer Heranführung an die Europäische Union.“ Das Auswärtige Amt : EU-Erweiterung: Türkei

 

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Nun, wenn es um Sanktionen gegen Russland geht, wundert uns eh nichts mehr, denn angeblich erwog die EU als Reaktion auf das russische Vorgehen in der Ukraine, die Fußball-WM 2018 zu boykottieren. Doch FIFA, DFB und IOC sind dagegen und auch die Bundesregierung winkte ab. Was im Fußball möglich ist, darf dann sicherlich auch die Türkei. Die Europäische Kommission und die oben genannten Länder wollen Russland für die Ukrainekrise mit Sanktionen bestrafen und die Türkei freut sich und macht nun das Geschäft. Wie heißt es so schön: Wenn ZWEI sich streiten, freut sich der DRITTE. Das tat ja auch schon der Iran. So nutzt die iranische Führung den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland und bietet sich als möglicher verlässlicher Gaslieferant für Europa an. Auch die Türkei gewinnt im Hinblick auf die europäische Energieversorgung zunehmend an Bedeutung. Im Mittelpunkt steht die Gaspipeline TANAP. Die Leitung soll ab 2018 Erdgas aus dem aserbaidschanischen Gasfeld Shah-Deniz-2 über die Türkei nach Europa transportieren. [Siehe:  Energiehunger in der Ukraine-Krise: TTIP schneller als erwartet? Fracking, Teersand, Iran und Türkei]

Türkisch-japanisches Konsortium baut Benzinwerk in Turkmenistan

Turkmenistans Regierung unterzeichnete Ende August 2014 mit einem türkisch-japanischen Firmenkonsortium einen Vertrag über den Bau einer Anlage zur Gewinnung von Benzin aus Erdgas. Die Investitionen werden auf rund 1,5 Mrd. US$ veranschlagt. Damit sollen die umfangreichen Erdgasreserven der zentralasiatischen Republik besser verwertet werden. Turkmenistan verfügt über die viertgrößten Erdgasreserven weltweit von insgesamt 32 000 Mrd. cbm.  In der Anlage sollen jährlich 1,785 Mrd. cbm Erdgas zu 600 000 t Benzin (92 Oktan) verarbeitet werden. Das Projekt wird zu 85% von der Japan Bank for International Cooperation (JBIC) finanziert. Die restliche Finanzierung kommt von der Staatsgesellschaft Turkmengas. Das turkmenische Gas wird bisher in unverarbeiteter Form vor allem in die VR China, nach Russland, in den Iran und andere zentralasiatische GUS-Republiken exportiert. Die Jahresproduktion beläuft sich zurzeit auf circa 80 Mrd. cbm. Quelle

Laut der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass vom 20. Oktober 2013 kritisierte der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einem Termin in der staatlichen russischen Don-Universität das von der Europäischen Union unterstützte Projekt zum Bau einer transkaspischen Pipeline von Turkmenistan nach Aserbaidschan heftig.

„Unsere Partner in der EU drängen Aserbaidschan und Turkmenistan das Projekt einer transkaspischen Pipeline regelrecht auf, gleichzeitig ignorierend, dass diese Fragen von den Anliegerstaaten des Kaspischen Meeres entschieden werden sollten, nicht in Brüssel“, so Lawrow. [Zu diesem Thema auch der Beitrag Peak Oil – “Blut für Öl”. Das Öl- und Gasfeld Kaschagan ist weltweit das größte in den letzten 30 Jahren gefundene Vorkommen.]

Versuche, den rechtlichen Status des Kaspischen Meeres zu bestimmen, wurden seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion immer wieder unternommen. Vor 1991 war das Kaspische Meer zwischen der Sowjetunion und Iran aufgeteilt.

Wer steigt denn überhaupt noch in der Weltpolitik durch? Oder andere Frage: Gibt es eigentlich noch eine Weltpolitik? Sollte man nicht lieber Weltwirtschaftsinteressen sagen?

Zusammengefasst

Russland will Lebensmittel aus der Türkei importieren, die Türkei will aber doch den EU-Beitritt. Die EU verhängt gegen Russland Sanktionen, daraus schlägt nun die Türkei ihren Vorteil. Die Türkei wird von der Europäischen Kommission als Energiedrehschreibe benötigt. Während Europa weitere Sanktionen gegen Russland plant, rücken China und Russland immer mehr zusammen und in Ostsibirien begann diese Woche der Bau einer 4000 Kilometer langen Pipeline, die in fünf Jahren Gas nach China bringen soll. China und Japan, ein spannungsgeladenes Verhältnis, gerade bezüglich der acht öden, unbewohnten Diaoyutai-Senkaku-Felseninseln, auf die China wie Japan Anspruch erheben. Aber in einem Punkt scheinen sie sich einig zu werden: dem Freihandelsabkommen. China, Japan und Südkorea haben ihre fünfte Verhandlungsrunde über eine Freihandelszone aufgenommen. Japan ist nun mit der Türkei in Turkmenistan. Steigen Sie noch durch?

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© Netzfrau Doro Schreier

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