Welt-Nashorn-Tag 2014 – Die Wilderei geht weiter

rhinoceros-448949_1280Nashorn-Population: Aufwärtstrend trügerisch

Nashörner sind Dickhäuter ebenso wie Elefanten und Flußpferde. Gab es früher eine große Artenvielfalt dieser Tiergruppe, hat diese jedoch durch unkontrollierte Jagd und Wilderei vor allem in den letzten Jahren drastisch abgenommen.

Die meisten Nashornarten gelten als vom Aussterben bedroht. Kurzzeitig schien es, als wende sich das Blatt – ein Trugschluss…

Nashorn-Bestände weltweit – Stand Ende 2013

  • Breitmaulnashörner: 20 404
  • Spitzmaulnashörner: 5055
  • Indisches Panzernashorn: 3264
  • Sumatra-Nashorn: max. 210
  • Java-Nashorn: max. 45

Südafrika steuerte in den letzten Jahren trotz massiver Gegenmaßnahmen auf einen Negativ-Rekord bei der Nashornwilderei zu. Laut WWF erreichte die Wilderei „im Jahr 2013, mit 1004 bekannt gewordenen toten Nashörnern beider Arten [Breitmaul- und Spitzmaulnashörner] einen Höchststand in der Republik Südafrika.“ Alleine in Kenia seien in 2013 fast doppelt so viele Nashörner getötet worden wie im Jahr zuvor.

Natürlich setzt sich auch der WWF für den Schutz der Nashörner und Elefanten ein, die hauptsächlich wegen des Elfenbeins gewildert werden. Im letzten Jahr war festzustellen, dass die bedrohliche Abnahme aller Nashorn-Spezies langsamer wurde, einige Arten konnten sogar einen leichten Zuwachs verbuchen, was wohl auf die vielen Maßnahmen verschiedener Organisationen zurückzuführen war. Laut WWF wird dies aber durch die anhaltende „Wildereikrise“ in Afrika gefährdet. Wenn die Entwicklung so weiter gehe, könne „die Todesrate die Geburtenrate in den nächsten 2 Jahren übersteigen“.

Wilderei im Nationalpark

Im August 2013 wurde sogar im nur 7 Kilometer von der Hauptstadt entfernten und streng bewachten Nationalpark von Nairobi gewildert, in dem sich die Zentrale der Tierschutzbehörde KWS befindet. Es habe seit sechs Jahren keine Wilderei-Vorfälle mehr in dem Park gegeben, so ein Sprecher der KWS. Er nannte den Nationalpark ein „einzigartiges Ökosystem und das einzige Schutzgebiet der Welt in der Nähe einer Hauptstadt“. Er gelte als idealer Raum zur Aufzucht der bedrohten Breitmaulnashörner. Obwohl der Handel mit den Hörnern der Breitmaulnashörner seit 36 Jahren verboten ist, nimmt die Wilderei auch in Kenia zu. Ein Kilogramm Horn kann hier auf dem Schwarzmarkt bis zu 45 000 Euro bringen. Quelle

Nashörner aus Museen geklaut

Laut einem Bericht der Stuttgarter Zeitung ist das Geschäft mit Nashörnern „so attraktiv, dass sogar Museen in Europa überfallen werden“. So seien im Offenburger Ritterhausmuseum Mitte Februar 2012 die Hörner eines Nashornkopfes mit einem Hammer abgeschlagen und gestohlen worden. 2011 seien Nashörner in Schweden, Großbritannien, Belgien, Tschechien, Portugal, Italien und auch im Pariser Jagdmuseum entwendet worden.

Sein Erfindungsreichtum wurde einem Angeklagten in Thailand in einem Wilderei-Prozess zum Verhängnis. Er bekam eine Haftstrafe von 40 Jahren, weil er Prostituierte angeheuert hatte, die als vermeintliche Touristen Lizenzen für die Jagd auf Nashörner beantragten. Schießen durften dann andere. Hintergrund: Hörner aus genehmigten Jagden dürfen als Trophäen mitgenommen werden.

Wildererquote unerträglich

John Scanlon, Generalsekretär des Washingtoner Artenschutzabkommens, sagt: „Die Wilderer-Quote ist unerträglich. Diese Arten werden ausgerottet, wenn der Trend anhält.” Ein Hauptgrund sei die explodierende Nachfrage in Asien. Vietnam gilt als der größte Kunde für Hörner – dass der Handel damit illegal ist, interessiert kaum jemanden.

Traditionell wird in Vietman angenommen, Pulver aus dem Horn des Nashorns könne Fieber senken, Hirnschläge, Krebs oder sonstige schwere Erkrankungen heilen – obwohl Studien ergeben haben, dass die Substanz wirkungslos ist. Viele glauben auch, dass durch die Einnahme mehr Alkohol vertragen und ein Kater vermieden werden könne.

Während in Südafrika Nashorn-Schmuggler mit langen Haftstrafen rechnen müssen, werden in Vietnam die Gesetze kaum angewendet. Sieben Jahre ist die letzte Verhaftung her (Stand 2013), Händler bewegen sich Berichten zufolge in einer Art „legalen Grauzone“: Sie importieren Trophäen-Hörner von genehmigten Jagden und verkaufen diese auf dem Schwarzmarkt, auf dem 100 Gramm Horn über 4000 Euro bringen.

Dank exzessiver Wilderei gibt es seit 2010 keine Nashörner in Vietnam mehr. Darum wird das „Wundermittel Nashorn“ importiert. Aufklärung soll die Nachfrage stoppen.

IFAW und INTERPOL

„Mit Nashörnern zu handeln, bringt auf der Straße mehr ein als der Verkauf illegaler Drogen. Es wird teurer verkauft als Heroin oder Kokain. Und es gibt geringere Strafen und ein kleineres Risiko“, erklärt Naomi Doak, Netzwerk gegen Handel mit Wildtieren (IFAW).

Der IFAW arbeitet mit INTERPOL zusammen, „um durch die Mobilisierung und bessere Vernetzung der zuständigen Vollzugsbehörden, dem illegalen Elfenbeinhandel endlich die Stirn zu bieten“. Im Jahr 2005 finanzierte der IFAW gemeinsam mit der Bosack and Kruger Foundation die Stelle eines Ermittlers für illegalen Wildtierhandel in der Interpol-Abteilung für Umweltverbrechen und stellte Gelder für die Entwicklung gemeinsamer Programme zur Bekämpfung des Wildtierhandels bereit.

Im März und April 2012 führte der IFAW gemeinsam mit INTERPOL Operation WORTHY durch, die bislang größte länderübergreifende Operation gegen den Schmuggel mit Elfenbein und Rhinozeroshorn in Afrika. Primäres Ziel der Operation war es, die kriminellen Organisationen anzugreifen, die hinter dem Elfenbeinhandel stecken. Mitarbeiter verschiedener Institutionen, darunter Polizei, Umweltbehörden, Zoll und Finanzbehörden, führten in Geschäften, auf Märkten und anderen Umschlagplätzen zahlreiche Kontrollen und Durchsuchungen durch. Über 300 Beamte in 14 afrikanischen Ländern waren an der Operation beteiligt.

Ergebnisse

  • 214 Verhaftungen
  • Beschlagnahmung von 2 Tonnen geschmuggelten Elfenbeins
  • Beschlagnahmung von 20 Kilo Rhinozeroshorn
  • Konfiszierung von 30 illegalen Feuerwaffen, ein Großteil davon militärtauglich

Quelle

Nachhaltiges Nashorn-Horn

„Wir können den Bedarf an Horn 15 bis 30 Jahre lang bedienen“, sagt John Hume, der größte Nashornfarmer der Welt, der allen seinen 764 Nashörnern die Hörner hat abschneiden lassen, zu Süddeutsche.de. Das gelagerte Horn sei Millionen wert. Der beste Weg, die Zukunft der Nashörner zu sichern sei es, lebendige Tiere wirtschaftlich wertvoll zu machen. Das Horn von Nashörnern wächst nach wie menschliche Fingernägel und kann somit fortlaufend „geerntet“ werden.

Hume verrät nicht, wieviele Hörner er seit dem Start des Unternehmens 2002 angesammelt hat. Eine konservative Schätzung beläuft sich aber auf einen Wert von mehreren Dutzend Millionen Euro. Humes Idee, Rhinozeros-Horn in großem Umfang zu produzieren, kann als weiteres Beispiel für innovatives Wildmanagement aus Südafrika gelten. 1961 testeten Beamte in der Provinz Natal die Überführung wilder Nashörner in private Schutzgebiete, um die Vermehrung und genetische Vielfalt zu fördern. 1986 erlaubte die Parkbehörde von Natal die Versteigerung überzähliger Nashörner aus den Reservaten der Provinz zum Marktpreis. Das brachte mehrere Millionen Euro ein, mit denen lokale Tierschutzprojekte finanziert wurden. Bei Wildfarmern und Jägern stieg der Wert der Tiere. Für Hume bedeutet die von ihm praktizierte Horngewinnung den nächsten Schritt auf dem Weg zum Schutz der Tiere.

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Im Laufe des Gesprächs ereifert er sich : „Vietnamesische Jäger dürften das Tier per Pfeil betäuben, die Hörner entfernen und es am Leben lassen“, poltert er. „Nach südafrikanischem Gesetz muss der Jäger das Nashorn töten und das Horn als Trophäe exportieren.“ Er schüttelt den Kopf über so viel Unlogik.

Zu den Missverständnissen, so Hume, gehöre die Gleichsetzung von Elfenbein und Horn. Elefantenzähne sind aus Elfenbein. Ein Rhinozeros-Horn besteht dagegen aus Keratin und ähnelt somit Haaren oder Federn. Bei der Entfernung eines Stoßzahns kann sich der Nerv im Zahn entzünden und den Elefanten töten. Naturschützer sind zudem der Ansicht, gewilderte Hörner seien immer billiger als jene aus Farmbeständen. Anders Hume: Sobald die Händler die Verfügbarkeit legaler Hörner akzeptierten, würden die Preise sinken und die Verbrechersyndikate sich aus dem Geschäft zurückziehen. „Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass Wilderer Hörner für den schnellen Profit wollen, Farmer dagegen ein langfristiges Einkommen.“

Im März 2012 wurden im Kariega-Wildreservat nahe der Stadt Port Elizabeth mehrere Kadaver von Tierarzt William Fowlds entdeckt. Die riesigen Tiere waren niedergemetzelt worden. Die Diebe hatten es auf ihre Hörner abgesehen. „Es war ein Massaker“, sagt Fowlds, „es zeigt die ganze Brutalität der Nashornwilderei.“

NashörnerBesonders Vietnamesen und Chinesen glauben, Nashornpulver könne etliche Leiden kurieren. Seit die Märkte in Asien brummen, wächst auch die Nachfrage nach dem seltenen Horn. Rund 200 000 Dollar kostet ein zehn Kilo schweres afrikanisches Exemplar auf dem vietnamesischen Markt, wie Recherchen von SPIEGEL TV ergeben haben.

Gemeinsam mit dem Schweizer Artenschützer Karl Ammann hatte sich ein Fernsehteam auf eine weltweite Spurensuche begeben, die südafrikanischen Ranger in ihrem verzweifelten Kampf um den Erhalt der Nashörner begleitet und die Märkte in Hanoi in Vietnam und Vientiane in Laos besucht.

In der Nähe von Hanoi fand Ammann einen Großhändler, der seltene afrikanische Hörner auf Lager hatte. In einem Hinterzimmer bot er Ammann eine Prise zerriebenes afrikanisches Nashorn an. In vielen Apotheken, die traditionelle chinesische Medizin verkauften, wurden ebenfalls Nashornstücke angeboten. Ammann erwarbe etliche Proben, um sie in einem südafrikanischen Labor auf Echtheit prüfen zu lassen. Dort wird seit einigen Jahren Nashorn-DNA in eine Datenbank der Universität eingepflegt, bereits 5000 Tiere sind dort erfasst.

Von 20 Proben, die Ammann testen ließ, stammten nur drei tatsächlich von afrikanischen Breitmaulnashörnern. Der Rest war gefälscht. Cindy Harper, Chefgenetikerin der Tierärztlichen Hochschule von Pretoria, sieht dies nicht unbedingt als gute Nachricht. Wenn soviel falsches Material auf dem Markt ist, meint sie, sei die Nachfrage in Asien noch viel höher als angenommen.

Zucht als Alternative?

Wissenschaftler forderten im Fachjournal „Science“, den Hornhandel zu legalisieren. Ihre Idee ist es, Nashörner gezielt zu züchten, um ihnen unter Betäubung die Hörner zu entfernen. Somit wäre das Horn quasi ein „nachwachsender Rohstoff“. Würden die Hörner natürlich gestorbener Tiere oder von Tieren aus Zuchthaltung legal auf den Markt geworfen, würden die Preise sinken, was Wilderei weniger rentabel machen würde.

Tierschutzorganisationen sind dagegen. Pro Wildlife hatte sich bereits gegen den Handel mit Jagd-Trophäen ausgesprochen. Der WWF unterstützt den kontrollierten Trophäen-Handel, spricht sich jedoch auch gegen eine Legalisierung aus. Die Befürchtung ist, dass bei niedrigeren Preisen das Horn zu einem Massenprodukt wird und die Nachfrage steigt anstatt zu sinken.

„Die Regierung wagt ein sehr gefährliches Experiment, das die Nashörner noch mehr gefährden könnte.“
Jason Bell, südafrikanischer Direktor der IFAW

Seiner Meinung nach müssten die Regierungen von China und Vietnam etwas gegen den illegalen Handel unternehmen, um die Wilderei zu stoppen. Er versteht außerdem die Absicht der Regierung nicht, die in Südafrika gehorteten 18 Tonnen Horn zu verkaufen. Er bezweifelt, dass so die Nachfrage sinkt und das Ziel der Aktion, den Wilderern das Geschäft zu erschweren, erreicht wird. Der Schwarzmarktwert des Horns liegt bei elf Milliarden Rand (ca. 85 Millionen Euro). Die Einnahmen sollen in den Naturschutz fließen. Der Ansicht von Jason Bell schließen sich viele Experten an. Sie halten den Plan für naiv und die Legalisierung des Handels für eine „unverantwortliche Fehlentscheidung“ [Quelle: Pro Wildlife].

Südafrikas Regierung hat den Kampf gegen die zunehmende Wilderei bereits aufgenommen. Es wurde ein größerer finanzieller Rahmen gesetzt, außerdem Personal und Ausrüstung aufgestockt. Militär und Polizei unterstützen die Wildhüter. Grenzen werden intensiver bewacht, Absperrungen und Patrouillen verstärkt. Laut WWF wurden seit 2008 über 280 Mosambikaner beim Wildern von Nashörnern von Rangern und Militärs erschossen. Verurteilte Wilderer erwarteten langjährige Haftstrafen.

Ein ausgewachsenes Nashorn hat keine natürlichen Feinde…,
mit Ausnahme des Menschen…

Die Freigabe des Handels ist ein letzter Versuch, den Bestand der Nashörner in Südafrika zu schützen – nach dem Vorbild der Legalisierung des Elfenbeinhandels. „Pro Wildlife“ weist darauf hin, dass auch die Wilderei von Elefanten mit dieser Methode nicht hatte gestoppt werden können. Der legalisierte Elfenbeinhandel sei der „ideale Deckmantel für kriminelle Aktivitäten“.

Rund 20 000 dieser Urzeit-Tiere gibt es noch in Südafrika – das gilt als größter Bestand der Welt. Werden wir sie in – sagen wir zwanzig Jahren – noch in freier Wildbahn sehen können?

Netzfrau Lisa Natterer
Netzfrau Andrea Wlazik

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