Südtiroler Bürger gegen Pestizide

TirolErstmals sprachen sich in Europa Bürger gegen den Einsatz giftiger Pestizide aus

Vom 22.08. bis zum 05.09.2014 fand in der 5113 Einwohner zählenden Gemeinde Mals in Südtirol ein Referendum über den Gebrauch von Pestiziden statt. Waren es bislang Politiker, die sich auf lokaler Ebene für eine Einschränkung des Pestizideinsatzes aussprachen, so waren es jetzt erstmalig BürgerInnen, die sich mit einem Referendum deutlich gegen Pestizide wendeten.

Von den 4837 Wahlberechtigten beteiligten sich 3348 (69,22%) an der Wahl. 2377 (75,68%) stimmten für eine Aufnahme des folgenden Passus in die Satzung der Gemeinde:

„Das Vorsorgeprinzip zum Schutz der Gesundheit besagt, dass sämtliche Maßnahmen getroffen werden, die eine Gefährdung der Gesundheit von Mensch und Tier vermeiden helfen. Als besondere Zielsetzung der Gemeinde Mals wird deshalb der vorsorgliche Schutz der Gesundheit von Gemeindebürgern und Gästen, ein nachhaltiger Umgang mit Natur und Gewässern, sowie die gleichberechtigte, unbeschadete Ausübung verschiedener Wirtschaftsformen auf dem Gemeindegebiet verfolgt. Um dies zu gewährleisten, wird auf dem Malser Gemeindegebiet der Einsatz biologisch abbaubarer Pflanzenschutzmittel gefördert. Mit nachfolgender Verordnung wird diese Bestimmung im Detail umgesetzt. Unabhängig von dieser ist der Einsatz sehr giftiger, giftiger, gesundheitsschädlicher und umweltschädlicher chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel und Herbizide auf dem Gemeindegebiet nicht zugelassen. Für die Umsetzung und Einhaltung des Volksentscheides sorgt die Gemeindeverwaltung.“

Seit vielen Jahren beobachtete die Umweltschutzgruppe Vinschgau mit steigender Besorgnis, wie der Apfelanbau in der Region chemisch intensiviert wurde und dadurch ökologisch wirtschaftende Betriebe, Tiere und Menschen zunehmend bedrohte. Eine durch die Umweltschutzgruppe in Auftrag gegebene Heu-Analyse ergab relevante Rückstände von neun Pestizid-Wirkstoffen. Die Heuproben waren in der Nähe einer Grundschule genommen worden. Prof. Hermann Kruse von der Universität Kiel ist besorgt, Haut- und Atemwegsprobleme bei Schülern und Lehrern könnten nicht ausgeschlossen werden.

„Als überzeugter Demokrat und gewählter Volksvertreter begrüße ich den Willen meiner Wähler. Ich werde die deutlich geäußerte Stimme der Bevölkerung entsprechend umsetzen. Alle Entscheidungsträger sollten diese einmalige Chance erkennen, um gemeinsam mit der Malser Bevölkerung ein Entwicklungskonzept für die Zukunft zu gestalten.“

Ulrich Veith, Bürgermeister von Mals

Erkenntnis

Malosco, Cavareno, Vallarsa und nun Mals. Drei Gemeinden der Provinz Trient haben die Gefahren erkannt, die vom Pestizideinsatz in der intensiven Landwirtschaft ausgehen und zum Schutz von Mensch und Umwelt bereits wirksame Maßnahmen ergriffen. Malosco hat im Jahre 2010 eine rigorose Abstandsregelung und das Verbot von giftigen und sehr giftigen Substanzen eingeführt. Gegen diesen Beschluss legte Gabriele Calliari, Präsident der „Coldiretti del Trentino“ (Bauernverband) Widerspruch ein. Sowohl das Verwaltungsgericht in Trient als auch der Staatsrat in Rom wiesen den Widerspruch ab und sprachen der Gemeinde Malosco die Zuständigkeit zum Schutz der Gesundheit zu. Darauf führten die Gemeinden Cavareno und Vallarsa ebenfalls effiziente Maßnahmen zum Schutz vor Pestiziden ein.

Hürden auf dem Weg

Zunächst wurde versucht, die Abstimmung in Mals als illegal zu erklären – angeblich verstoße sie gegen EU-Recht. Dann wurde Druck auf den Gemeinderat ausgeübt. Die Südtiroler Landesregierung hatte kurz vor der Volksabstimmung in aller Eile neue Vorschriften zur Anwendung von Pestiziden beschlossen in der Hoffnung, die Volksabstimmung in Mals als „überholt“ abstempeln zu können. Allerdings wurden Maßnahmen beschlossen, die keinen ausreichenden Schutz der Bevölkerung gewährleisten. Es sollen sogar Landtagsabgeordnete die Überprüfung von Schulhöfen auf Pestizidrückstände abgelehnt haben. Auch über die Presse wird nach wie vor versucht, den Volksentscheid als überflüssig darzustellen, z. B. indem die Folgen von Pestizidanwendungen bagatellisiert werden. Allen Hindernissen zum Trotz wird Mals seinen Weg machen. Denn zahlreiche Studien stützen die Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung. [Siehe auch: Erschreckende neue Studie: Pestizidrückstände verursachen Fehlgeburten, reduzierte Fruchtbarkeit u.v.m.]

„Das Ergebnis dieser Abstimmung wird positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Malser Bevölkerung haben und auch die wirtschaftliche Weiterentwicklung der Tourismusbranche und der ökologischen Landwirtschaft begünstigen. Politische Entscheidungsträger sollten nun nicht nur die regionale Landwirtschaftspolitik in Südtirol überdenken, sondern auch auf europäischer Ebene zu einem Umdenken beitragen.“

Koen Hertoge, Vorstandsmitglied von PAN (Pestizid Aktions Netzwerke) Italien

Noch ist nicht klar, welche Pestizide genau unter das Referendum fallen. Die Gegner des Referendums – darunter auch der Bauernbund – machen jedoch bereits Stimmung. Schade, dass sie nicht die Chance begreifen, die eine ökologische Landwirtschaft mit sich bringt.

Quelle: Pressemitteilungen

Netzfrau Andrea Wlazik

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