Seit Tagen besetzt die Occupy-Central-Bewegung in Hongkong den Finanzdistrikt, jedoch auch in weiteren Teilen Chinas kommt es immer wieder zu Protesten. So starben im Juni bei einem Protest in der nordwestlichen Region Xinjiang nach einer Explosion mindestens 31 Menschen und 90 wurden verletzt. Am 11. Mai prptestierten Tausende von Menschen in der chinesischen Stadt Hangzhou gegen die Pläne der lokalen Regierung zum Bau einer Abfallverbrennungsanlage.
Auch das berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. Es ist nur ein kleiner Einblick, dass auch in China Menschen wagen, auf die Straße zu gehen. China hat sogar das Polizeiaufgebot auf den Straßen erhöht. Jedoch werden diese Proteste von den Massenmedien im Westen gern verschwiegen. Siehe Das Schweigen der Massenmedien – Oder wussten Sie…?
Nun widmen sich auch die westlichen Medien dem Protest aus China, allerdings nur aus Hongkong. Sie erinnern an die Studentenbewegung von 1989 – damals kam es zu einem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Die Soldaten waren durch einen Tunnel aus dem eingemauerten Funktionärsviertel Zhongnanhai gekommen, zu Tausenden. Vom Platz des Himmlischen Friedens hallten ihre Schüsse und die Schreie ihrer waffenlosen Opfer. Das chinesische Rote Kreuz zählte 2600 Getötete. Die Schätzungen liegen zwischen 2000 und 7000 Toten. Die damalige chinesische Regierung behauptete, es seien 23 Studenten ums Leben gekommen und viel mehr Soldaten, insgesamt 300. Die Wunden vieler Zerfetzter deuten auf Dum-Dum-Geschosse, chinesisch „Kaihua dan“ (wörtlich: „Kugeln, die sich wie Blüten öffnen“) hin. Die, die damals hilflos vor dem Fernseher saßen, können sich sicher noch an dieses Massaker erinnern.
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China: Die monatelange Besetzung des Tiananmen-Platzes durch Studenten
Am 4. Juni 1989 glich Peking einem Schlachtfeld. In der Stadt war heftiges anhaltendes Maschinengewehrfeuer zu hören, LKWs brannten und Panzer fuhren durch die mit Toten übersäten Straßen. In den Wochen zuvor waren im Zusammenhang mit der Verhängung des Kriegsrechts etwa 200 000 Soldaten der Volksbefreiungsarmee in die Hauptstadt verlegt worden. Auf Befehl des höchsten chinesischen Führers, Deng Xiaoping, zerschlug die Armee die seit zwei Monaten anhaltenden Proteste von Arbeitern und Studenten gegen das Regime der stalinistischen Kommunistischen Partei Chinas (KPCh).
Die Studentenproteste begannen in Peking im April 1989 mit der Forderung nach demokratischen Reformen. Sie öffneten die Schleusen für eine landesweite Erhebung der städtischen Arbeiterklasse, die weitreichende radikale soziale Forderungen aufstellte. Mehr als hundert Millionen Menschen waren in der einen oder anderen Form an der Erhebung beteiligt. Nahezu alle höheren Bildungseinrichtungen, die Hälfte der Fachschulen, zahllose Fabriken, Bergwerke und Büros in mehr als 400 Städten waren beteiligt. Das Strangulieren der Bewegung in Peking und die anschließende landesweite brutale Unterdrückung, verbunden mit der Inhaftierung Zehntausender Aktivisten, ermöglichte es dem Regime, die revolutionäre Krise zu überstehen.
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Occupy Hongkong
Zur Zeit demonstrieren Zehntausende und blockieren die Hauptverkehrsadern im Finanzdistrikt auf der Insel Hongkong sowie auf der Halbinsel Kowloon. Auch in der Nacht sind Zehntausende auf den Straßen unterwegs, um mehr Demokratie zu fordern.
Am 15.Oktober 2011 kam es zu einer weltweiten Protestaktion: Dabei waren London, Athen, Madrid, Tel Aviv und auch Hongkong. Sie demonstrierten gegen repressive Regimes, übten Kritik an den Finanzmärkten, forderten mehr politische Teilhabe oder protestierten gegen horrende Mieten. Was die Demonstranten weltweit gemeinsam hatten, war ihre Empörung.
Bereit seit Oktober 2011 gibt es also die Occupy-Bewegung in Hongkong.
Im Juli 2012 protestierten bereits Tausende Bürger in Hongkong gegen die chinesische Herrschaft. Sie forderten bei der Amtseinführung des neuen Regierungschefs die Ein-Parteien-Herrschaft.
Aus 2012: Die 3,4 Millionen registrierten Wähler Hongkongs dürfen zwar Nachbarschaftsräte und die Hälfte der Abgeordneten wählen, bei der Wahl ihres Regierungschefs haben sie aber keine Stimme. Hinzu kommt, dass sich in Hongkong die meisten Menschen gerade einmal eine kleine Wohnung leisten können.
Hongkong unter britischer Herrschaft
1997 gaben die Briten nach 155 Jahren in einer feierlichen Zeremonie die Stadt samt Umland an China zurück. Ein politisches Geschäft, das für China ausgesprochen lukrativ war. So hatten die Briten doch aus einer kleinen malariaverseuchten Insel eine der reichsten Handelsmetropolen der Welt gemacht.
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Made in Hongkong
Die Startbedingungen nach dem Zweiten Weltkrieg sind ausgesprochen ungünstig. Neben den zurückgekehrten Flüchtlingen muss Hongkong immer mehr Menschen aufnehmen, die aus Angst vor Mao Zedongs roten Brigaden aus China fliehen. Zusätzlich trifft der während des Koreakrieges (1950 bis 1953) verhängte Handelsboykott mit China die Stadt schwer. Doch zugleich treffen weitere chinesische Flüchtlinge ein, die neben ihrem Privatvermögen auch viele industrielle Produktionsanlagen vor den Kommunisten im Mutterland retten können. Diese chinesischen Unternehmer legen damit den Grundstein für einen rapiden wirtschaftlichen Aufschwung. Zunächst macht sich Hongkong einen Namen als Produktionsregion von billigen Massenwaren. Später spezialisiert sich die Wirtschaft auf die Fertigung von qualitativ hochwertigen Hightech-Produkten. Quelle
Es gibt immer noch viele Unterschiede zwischen Hongkong und dem Rest Chinas: So hat Hongkong eine eigene Regierung, eigene Gesetze, eine eigene Währung, eigene Medien und einen eigenen Straßenverkehr: In Hongkong wird links gefahren.
Einige Zahlen:
Hongkong hat die teuersten Grundstückspreise und Mieten der Welt.
Im Mai 2012 wurde bei einer Grundstücksversteigerung der zweithöchste Preis der Geschichte erzielt. Pro qm zahlte ein Käufer rund 55 000 US$. Die hohen Preise sind unter anderem den engen Platzverhältnissen geschuldet. Mehr als 7 Mio. Menschen leben auf einer Fläche von rund 1000 km2. Zudem hält die Regierung das Angebot knapp, indem sie nur sparsam neues Bauland ausweist. Damit kann sie die Preisentwicklung mitbestimmen und profitiert von hohen Versteigerungserlösen. Diese Mittel stellen die wichtigste Einnahmequelle des Fiskus dar, wodurch dieser im Gegenzug niedrige Steuern garantieren kann.
Auf der Käuferseite stehen wiederum nur wenige Immobilienentwickler zur Verfügung, die sich die sehr hohen Kaufsummen leisten können und damit den Markt für Bauprojekte kontrollieren. Die größten vier sind Cheung Kong, Sun Hung Kai, Hang Lung und Swire. Diese ersteigern den Grund und halten zum Teil das Land noch zurück, um den Wert weiter zu steigern. Anschließend setzen sie auf Luxusprojekte um eine hohe Rendite einzufahren. Quelle
In Hongkong ist Wohnen so teuer, dass man z. B. bereits für eine kleine Nische (zwei Meter lang, siebzig Zentimeter breit) monatlich mindestens 150 US-Dollar und damit mehr als hundert Euro zahlt. Viele Menschen leben in solchen Verhältnissen, wo nur auf dem Flur gemeinschaftlich gekocht werden kann. Im Winter ist es kalt, da es keine Heizung gibt und es im Sommer heiß ist, denn auch Klimaanlagen gibt es nicht.
„Umbrella Revolution“
2011 war das Jahr des Pfeffersprays. Occupy-Wall-Street, ob Oakland oder New York – die Polizei verschärfte ihr Vorgehen gegen die Demonstranten. 2011 war erstmalig das Jahr des Pfeffersprays. Seither werden bei fast allen Protestbewegungen Pfeffersprays und Wasserwerfer eingesetzt. Meist sind die Tanks der Wasserwerfer nicht nur mit Wasser befüllt, wie wir auch bei den Protesten in Türkei sehen konnten. Und wie schon in Ägypten, den USA und der Türkei wird auch reizendes Tränengas eingesetzt.
Somit sind die Demonstranten in Hongkong gut ausgestattet und haben vorsorglich ihre Regenschirme gegen das Tränengas mitgebracht. Die Demokratiebewegung hat daher spontan einen neuen Spitznamen weg. „Umbrella Revolution“ nennen nun auch die Organisatoren die friedliche Besetzung mehrerer Straßenzüge in der Hongkonger Innenstadt. Die Polizei hatte am Sonntag zwar Tränengas in die Menge gefeuert, sich seitdem aber komplett zurückgehalten. In entfernten Seitenstraßen hielten sich zwar Einheiten mit Schilden und Schlagstöcken bereit, doch sie sind nicht wieder in die Nähe der belagerten Straßenkreuzungen vorgerückt. Quelle
Demonstranten stellen Ultimatum bis Donnerstag
Ob China weiterhin ruhig zuschauen wird, bleibt abzuwarten. Wie nun auf Twitter bekannt wurde, sind Aktivisten in China festgenommen worden. Twitter: 01.10.2014
Warum gehen Zehntausende auf die Straße? Die Menschen in Hongkong haben daran geglaubt, dass die politischen Versprechen, die nach der Übergabe von Großbritannien an China gegeben wurden, auch eingehalten würden. Heute fordern sie diese Versprechen ein. Aber in Peking herrscht immer noch eine kommunistische Partei, die demokratischen Entscheidungen zutiefst misstraut und sich weigert, einem offenen, demokratischen Wahlprozess das Schicksal eines nicht unwichtigen Teils des Landes anzuvertrauen.
So kämpfen die Demonstranten weiter und sie bekommen immer mehr Sympathisanten hinzu. Die High-School-Schüler in verschiedenen Teilen von Hongkong beteiligen sich an dem Protest der Occupy-Bewegung und legen Banner mit den Worten: „Sind wir noch bereit zu schweigen?“
Auch in diesem Fall möchten wir die Medien bitten, neutral und wahrheitsgemäß zu berichten. Und wie die Zeit heute schreibt: „Schadenfreude oder vorschnelle Erwartungen an Demokratisierungserfolge sind völlig fehl am Platz. Leiden werden am Ende nämlich nur die Menschen in Hongkong. Aber dann werden die westlichen Medien längst wieder den nächsten Krisenherd entdeckt haben, an dem sie sich besserwisserisch abarbeiten können.“
Hoffen wir, dass wir in Hongkong nicht noch einmal ein Schlachtfeld wie am 4. Juni 1989 in Peking erleben werden.
Hier können Sie live den Platz der Besetzung miterleben:
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Good Luck Hongkong.
„Nicht die ans Licht gekommenen Wahrheiten fördern Revolutionen, sondern Wahrheiten, die unterdrückt wurden.“
Lucius Annaeus Seneca (ca. 4 v. Chr – 65 n. Chr.), römischer Politiker, Rhetor, Philosoph und Schriftsteller
Netzfrau Doro Schreier
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