Von allen Amazonasregionen leidet der brasilianische Bundesstaat Pará am schlimmsten unter den Auswirkungen der Regenwaldzerstörung. Amazonien ist mit einer Fläche von etwa 5,8 Millionen Quadratkilometern das größte tropische Regenwaldgebiet der Erde. Rund 75 Prozent der Fläche davon entfallen auf Brasilien. Die Region ist die Heimat einer reichen und vielseitigen Tier- und Pflanzenwelt. Zudem ist sie für das Weltklima von entscheidender Bedeutung.
Bereits ein Drittel der Wälder in Pará sind unwiederbringlich zerstört. Holzfäller, Rinderfarmen, Brandroder und Bergwerke sind die Zerstörer. 66 Prozent der Holzproduktion sind illegal. Im Westen des Bundesstaates Pará verläuft die Bundesstraße 163 von Süden, wo die Soja-Anbaugebiete liegen, durch den Wald nach Norden, zum Hafen Santarém am Amazonas. Dort wird das Soja verschifft. Entlang der Straße werden die staatlichen Wälder von „grileiros“, Land-Aneignern, invadiert, besetzt, parzelliert und mit falschen Papieren verkauft.
Amazonas-Rodung „unterbrochen“ nach Verhaftungen von Schlüsselfiguren
Die Staatsanwaltschaft des Bundestaates Pará, in dem ein großer Teil des Amazonas-Regenwaldes liegt, hat gegenüber der Anadolu-Agentur mitgeteilt, dass die Rodungen auf Null reduziert wurden, und zwar in den Gebieten, in denen Schlüsselfiguren des Geschäfts mit illegalen Abholzungen im Rahmen einer systematischen Operation gezielt festgenommen wurden.
Eine drastische Reduzierung der Abholzungen im nördlichen brasilianischen Bundesstaat Pará wurde in Folge von Verhaftungen von Schlüsselpersonen gemeldet, die in illegale Geschäfte mit Abholzungen verstrickt sind. Das hat der Generalstaatsanwalt des Staates der Anadolu-Agentur (Anadolu Agency, AA) am Mittwoch mitgeteilt.
Die Operation „Kastanienbaum“ wurde Ende August begonnen und setzt den Fokus darauf, zentrale Gang-Mitglieder festzusetzen, die hinter illegalen Abholzungen stehen, einschließlich so-genannter „Grileiros“ oder Land-Grabber, die Besitzurkunden für Boden fälschen, Waldland roden und verkaufen und es chemisch behandeln, um es für landwirtschaftliche Nutzung vorzubereiten.
Die Strafverfolgungen sind Teil einer koordinierten Razzia gegen illegale Abholzungen, die bisher in vier Staaten Verhaftungen zur Folge hatten, unter anderem im Mato Grosso und in São Paulo.
Der Generalstaatsanwalt für Pará teilte AA mit, dass bisher allein in diesem Staat acht Schlüsselpersonen, die auf die Zerstörung der Amazonas-Regenwaldregion hingearbeitet haben, festgenommen worden sind und in Untersuchungshaft sitzen, dass aber nach sechs weiteren noch gefahndet wird. Das gemeinsame Vorgehen ziele darauf ab, weitere Haftbefehle zu erlassen. Weitere Festnahmen seien in den anderen beteiligten Bundesstaaten erfolgt.
Diese Woche hat die Staatsanwaltschaft Daten zu kürzlichen Abholzungen im Staat von der brasilianischen Umweltbehörde Ibama angefordert und die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Rückgang. „Die Operation begann am 27. August und zu diesem Zeitpunkt betrug die Rate der Abholzung über 3400 Hektar pro Woche. In der Woche nach den Verhaftungen fiel die Rate auf unter 900 Hektar und in der ersten Septemberwoche stellte „Deter“ null Abholzungen fest – ein extrem seltenes Ereignis,“ schrieb das Büro des Generalstaatsanwalts in einer Stellungnahme.
„Deter“ („Deforestation in Real Time“) ist ein satellitengesteuertes Überwachungssystem, das die Behörden alarmiert, wenn sichtbare Abholzungen vorgenommen werden, obwohl das System von den Abholzern bisweilen ausgetrickst worden ist, indem sie selektiv Bäume fällten, die die Überschirmung nicht durchbrechen – was per Satellit schwieriger zu entdecken ist.
Sprecher der Behörden sagen, dass das Erreichen einer Null-Abholzungsrate besonders beeindruckend ist in Anbetracht der Tatsache, dass das Amazonas-Gebiet sich gerade innerhalb einer Jahreszeit befindet, in der normalerweise die Abholzungsraten sehr hoch sind. Schätzungsweise 33 000 Hektar Amazonas-Wald wurden im August gerodet.
Hohe Profite
Obwohl die Festnahmen anscheinend auf lokaler Ebene illegale Abholzungen unterbrochen haben, warnen der Generalstaatsanwalt und andere Behörden, die an den Ermittlungen beteiligt sind, einschließlich Ibama und die Bundespolizei, dass es noch etliche andere Gangs gibt, die gestoppt werden müssen.
Die Haftbefehle, die der Staat erlassen hat, werden an Interpol und an die Bundespolizei – die alle Einreisen über die Flughäfen überwacht – weitergegeben, um sicherzustellen, dass die Gesuchten das Land nicht verlassen. Eine der Personen, nach denen in Zusammenhang mit illegaler Abholzung gefahndet wird, ist ein Grundbesitzverwalter aus dem Staat Paraná, der über 1600 Kilometer südlich vom Staat Pará liegt und der Verhandlungen über die gerodeten Flächen geführt hat, ohne jemals einen Fuß in das Amazonas-Gebiet zu setzen. Wie die Polizei mitteilte, wurde das Land in erster Linie an Agrarunternehmer verkauft, die Weideland für Fleischrinder oder Flächen zum Sojaanbau haben wollten und, dass es in den Verhandlungen um Ackerland im Wert von 20 Millionen Reais (8,7 Millionen US-Dollar) ging.
Den Verhafteten drohen Anklagen wegen Diebstahl, Steuerhinterziehung, Umweltverbrechen, widerrechtlicher Aneignung öffentlichen Landes, Dokumentenfälschung, Verschwörung und Geldwäsche. Sollten sie verurteilt werden, drohen ihnen Haftstrafen von über 50 Jahren, nach brasilianischer Rechtsprechung beträgt die maximale Dauer einer Gefängnisstrafe allerdings 30 Jahre.
Häufigere Vollstreckung gefordert
UmweltschützerInnen haben die Nachricht über die Verhaftungen und den momentanen Stop illegaler Abholzungen vorsichtig begrüßt, sie warnen jedoch, dass diese Operation allein kaum zum Erfolg führen wird.
„Obwohl die Operation ein wichtiger Schritt in Bezug auf die Haftung innerhalb einer gefährdeten Region ist, schaffen die meisten solcher Operationen es nicht, darüber hinaus etwas zu erreichen. Brasilien ist hinlänglich bekannt für Straflosigkeit,“ sagte Maira Irigaray, Programmkoordinatorin für Brasilien der Umwelt-Organisation Amazon Watch, der Anadolu-Agentur.
„Die [brasilianische] Rechtssprechung ist stark in Hinblick auf den Naturschutz, aber woran es die meiste Zeit mangelt, ist die Vollstreckung. Die Staaten Pará und Mato Grosso müssen eine Schlüsselrolle spielen, in Anbetracht des ganzen Sojaanbaus, der Rinderzucht und der politischen Gelder, die hinter der ‚illegale-Abholzungen-Mafia‘ stehen,“ sagt sie.
Die Umweltaktivistin sagt, die Abholzungen in der Region zu stoppen und das Amazonas-Gebiet weiter zu schützen seien der Schlüssel dazu, den Klimawandel aufzuhalten, was, wie sie sagt, „eine der wichtigsten Aufgaben ist, denen sich die Menschheit derzeit stellen muss“.
Trotz der Verhaftungen der Schlüsselpersonen haben neuere Statistiken gezeigt, dass es keinen Grund gibt, sich zurückzulehnen. Brasilien hat notgedrungen zugeben müssen, dass die Abholzungsrate zwischen August 2012 und Juli 2013 um 28 Prozent angestiegen ist, nachdem sie vorher jahrelang rückläufig war. 2009 hatten sich die Gesetzgeber verpflichtet, die Abholzung des Amazonas-Gebietes bis 2020 um 80 Prozent zu reduzieren, aber sie stehen auch vor der Herausforderung, den artenreichsten Landstrich des Planeten zu erhalten, während sie gleichzeitig einer steigenden Nachfrage nach brasilianischem Rindfleisch und Soja im eigenen Land und außerhalb gegenüber stehen. PolitikerInnen, die die Interessen der Landbesitzer vertreten, haben nach wie vor großen Einfluss in der Regierung.
UmweltschützerInnen haben ihre Beunruhigung über den Beschluss, das sogenannte „Soja-Moratorium“ am 31. Dezember auszusetzen, welches den Handel mit Soja verbietet, das auf kürzlich gerodeten Amazonas-Flächen produziert wurde, zum Ausdruck gebracht. Die Regierung begründet die Entscheidung damit, dass es einen stabilen gesetzlichen Rahmen gebe, der das Moratorium adäquat ersetzen könne.
Brasilien ist die Heimat des größten Teils des Amazonas-Regenwaldgebietes, das insgesamt neun Staaten einschließt und die Hälfte des verbleibenden tropischen Regenwaldes des Planeten darstellt. Das Gebiet ist außerdem Heimat von 10 Prozent aller Arten, die es auf der Erde gibt.
Amazon deforestation ‚halted‘ after key arrests
The Public Prosecutor in Pará state, which accounts for a large area of Amazon rainforest, tells the Anadolu Agency that deforestation has been reduced to zero in areas where an operation targeting key business figures behind illegal logging netted critical arrests. Read more: Amazon deforestation ‚halted‘ after key arrests
Netzfrau Katja Seel
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