Vom IS gefangen und in die Sklaverei verkauft: Nach ihrer Flucht in die Türkei erzählt eine 15-jährige Jesidin von ihrer Qual in den Händen der Dschihadisten
Wir machten bereits auf das Schicksal der Frauen und Mädchen aufmerksam, die vom IS entführt, vergewaltigt, versklavt und zwangsverheiratet wurden.
Während zahlreiche Jesiden im August bereits aus dem Nordirak fliehen konnten, wurden hunderte Frauen und Mädchen gefangen genommen. Überlebende berichteten von zahlreichen Vergewaltigungen, selbst Fünfjährige würden zu den Gefangenen zählen.
Ein 15-jähriges Mädchen konnte vor seinen beiden Ehemännern fliehen. In einem Interview erzählt sie, wie sie der ISIS entkam und was sie erlebt hat.
Der Teenager war eine von hunderten jesidischer Frauen, die nach der Einnahme ihres Dorfs am Mount Sinjar im Irak von den Extremisten gefangen genommen wurden. Sie wurde in ihrer irakischen Heimat interviewt. Dort lebt sie nach ihrer gelungenen Flucht mit dem, was von ihrer Familie noch übrig blieb, in einer behelfsmäßigen Unterkunft am Straßenrand.
Während sie unruhig auf dem Stuhl hin und her wippt, erzählt sie ihre erschütternde Geschichte – die Geschichte ihrer Courage gegenüber ihren Kidnappern, die nach wie vor ihre beiden Schwestern in ihrer Gewalt haben. Wo ihr Vater, ihre Brüder und die anderen männlichen Verwandten hingekommen sind, weiß sie nicht – deren Schicksal ist unbekannt.
Zunächst seien sie und die anderen Mädchen nach Tal Afar gebracht worden, wo sie bis zu Beginn der US-amerikanischen Luftangriffe im Badosh-Gefängnis untergebracht waren. Die nächste Etappe für sie und zahlreiche andere war Mosul, die größte Hochburg der ISIS im Irak, anschließend ging es dann nach Raqqa, einem syrischen Standort der Miliz.
„Sie brachten Mädchen nach Syrien, um sie zu verkaufen. Ich wurde auch in Syrien verkauft. Ich blieb dort fünf Tage mit meinen Schwestern, dann wurde auch eine meiner Schwestern verkauft und nach Mosul gebracht. Ich blieb in Syrien.“
In Raqqa, so erzählte sie, wurde sie mit einem Palästinenser verheiratet. Sie konnte sich befreien, indem sie die Waffe des Haushälters stahl und ihren Mann erschoss. Sie floh, ohne zu wissen wohin. Darum ging sie zu dem einzigen Ort, den sie kannte – zu dem Haus in Raqqa, in dem man sie und die anderen Mädchen untergebracht hatte.
Zwar erkannten die Milizen sie nicht, aber sie wurde erneut verkauft – für 1000$ (£620) an einen Kämpfer aus Saudi Arabien.
„Er wollte mich Abeer nennen, meine Mutter sollte mich nicht wiedererkennen. Ich sollte Muslima werden, dann wollte er mich heiraten. Aber ich weigerte mich zu konvertieren und floh.“
Sie tat Schlafpulver in den Tee, den sie dem Saudi und seinen Komplizen servieren musste. So konnte sie fliehen, während die Männer tief und fest schliefen. Dieses Mal hatte sie mehr Glück und fand einen Helfer, der sie in die Türkei zu ihrem Bruder brachte.
Dort angekommen, lieh sich ihr Bruder 2000$ (£1,250) von Freunden, um sie beide zurück in den Irak schmuggeln zu lassen. Dort landeten sie außerhalb der kurdischen Stadt Dahuk in einer kleinen Notunterkunft am Straßenrand, wo bereits mehrere jesidische Familien untergekommen waren.
Das Mädchen war eine von hunderten jesidischer Frauen und Mädchen, die laut dem irakischen Menschenrechtsministerium bei der Einnahme der Region Mount Sinjar im August in Gefangenschaft geraten waren.
Das Leid dieser alten religiöse Sekte, die bei den Militanten als Teufelsanbeter gilt, hatte zu internationalen Protesten geführt und den Westen zu Reaktionen gegen die ISIS veranlasst. Diese begannen mit zahlreichen Abwürfen von Hilfsgütern von englischen und amerikanischen Flugzeugen und setzten eine paar Wochen später ihre „Hilfe“ mit Luftangriffen fort.
Andere Opfer berichteten, dass die Milizen ihnen Essen, Wasser und sogar Sitzplätze verweigerten. Alle sagten einstimmig, dass sie Dutzende Frauen und kleine Kinder in Gefangenschaft gesehen hätten. Und noch eines haben alle gemeinsam: Sie vermissen weiterhin ihre Verwandten.
Die 19-jährige Amsha Ali war bereit, ihre Anonymität aufzugeben, und sprach von der fürchterlichen Tortur, die sie durchlebt hatte. Sie war im sechsten Monat schwanger, als sie aus Sinjar verschleppt worden war. Ihren Mann sah sie zuletzt auf dem Boden liegend, kurz vor der Exekution. Gemeinsam mit anderen Frauen wurde sie nach Mosul in ein Haus voller IS-Kämpfer gebracht. Jede Einzelne von ihnen wurde zwangsverheiratet. „Jeder von denen nahm sich eine von uns“, berichtet sie.
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Auch Amsha Ali wurde mit einem Kämpfer verheiratet, der sie aber – vermutlich aufgrund ihrer Schwangerschaft – nie vergewaltigte. Nach ein paar Wochen gelang ihr die Flucht durch ein Badezimmerfenster. Ein guter Samariter, der sie in den Straßen von Mosul aufgriff, brachte sie nach Kurdistan. Sie habe vergeblich versucht, andere Frauen zu überzeugen, gemeinsam mit ihr zu fliehen. „Sie waren so verängstigt, dass sie dort bleiben mussten. Ich habe nie mehr von ihnen gehört.“
Heute lebt sie gemeinsam mit ihrem Vater und einer überlebenden Schwester in einem unfertigen Neubau in Sharia, wo über 5000 jesidische Flüchtlinge untergekommen sind.
„Obwohl mein Ehemann, mein Schwager und mein Schwiegervater auf den Boden gezwungen worden waren, um getötet zu werden, war das Morden nicht das Schlimmste für mich. Es war grauenhaft – aber verheiratet zu werden war das Schlimmste. Es war das Übelste, was man mir hat antun können.“
Das einzige jesidische Parlamentsmitglied im Irak erhielt einen Preis für ihr Engagement für die Jesiden – speziell auch für diejenigen, die im August in den Bergen in Gefangenschaft gerieten. Vian Dakhil brach sich ein Bein während eines Helikopter-Unfalls, als sie persönlich Hilfsgüter zu den Jesiden in Mount Sinjar brachte.
„Wir sind friedliche Menschen, aber unsere Männer werden abgeschlachtet, unsere Frauen und Mädchen gequält, vergewaltigt und als Sklavinnen verschleppt. Ich muss die Welt wachrütteln und allen klar machen, dass es noch Menschen gibt, die nach den Gesetzen des tiefsten Mittelalters handeln, indem sie uns vor die Wahl stellen, unsere Religion zu verraten oder zu sterben.“
Die Terrorgruppe, die sich Islamischer Staat nennt, hat bei ihrem Amoklauf durch den Irak und Syrien Tausende von Menschen im Namen des extremen islamischen Kalifats der Sunniten umgebracht.
Heftige Kämpfe finden momentan in Kobane an der syrischen Grenze statt, nur einige Meter von der Türkei entfernt. Dort fürchtet man bereits, dass die Milizen in Kürze die Oberhand gewinnen könnten.
Frei übersetzt aus dem Artikel „Captured by ISIS and sold into slavery: 15-year-old Yazidi girl tells of her horrific ordeal at hands of jihadists after escaping to Turkey“
Netzfrau Andrea Escher
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