Mobbing: Einmal durch die Hölle und zurück

Mobbing

Jeder kennt es und jeder hat es schon mal mitbekommen oder selbst erlebt: Mobbing.

Wenn Unwahrheiten verbreitet und Menschen verbal sowie körperlich verletzt werden, passiert das häufig im Geheimen. „Mobbing erkennst du nicht sofort.“

Ob an den Schulen, am Arbeitsplatz oder – was extrem zunimmt – Cyber-Mobbing.

Es ist erwiesen, dass Mobbing krank machen kann. Mobbing verursacht Stress im medizinischen Sinne. Die Stressfolgen von Mobbing sind bekannt: Depression und Burnout. Mobbing kann sogar zum Selbstmord führen. Hier einige Fälle, damit Sie sehen, wie grausam Mobbing sein kann.

Selbstmord nach Mobbing

Mit 14 Jahren beging Hannah Smith aus Großbritannien Selbstmord. „Tu uns einen Gefallen und bring Dich einfach um“, schrieb ein anonymer Nutzer. Ein anderer postete: „Stirb, jeder wäre glücklich darüber.“ Hannah erhängte sich im August 2013 in ihrem Zimmer.

Über ein Jahr wurde eine 17-jährige aus Kanada von ihren Mitschülern gemobbt. Auch dieses Mädchen erhängte sich.

Nachdem sie monatelang in der Schule und im Internet schikaniert und verhöhnt worden war, erhängte sich eine Zwölfjährige in New York. Die Schülerin hatte monatelang unter Beleidigungen gelitten. So war sie als „Schlampe“ und „Hure“ beschimpft worden.

In Italien stürzte sich eine 14-jährige vom Balkon, nachdem sie durch Mobbing in den Tod getrieben worden war.

Er wurde über Jahre hinweg beschimpft, verspottet, ausgegrenzt, dann nahm sich der 20-jährige Tim das Leben. Seinen Eltern hinterließ der 20-Jährige einen Abschiedsbrief: „Liebe Pap und Mam, ich wurde mein ganzes Leben lang verspottet, gemobbt, gehänselt und ausgeschlossen. Ihr seid fantastisch. Ich hoffe, dass Ihr nicht sauer seid. Auf Wiedersehen, Tim.“

Dieses Video zeigt Amanda Todd, die am 10. Oktober 2012, nach jahrelangem (Cyber-)Mobbing und jahrelanger Erpressung Selbstmord beging. Das Video hatte sie etwa 1 Monat vor ihrem Tod aufgenommen und hochgeladen.

Viele leiden lautlos, sie schämen sich. Auch Tim behielt seine Probleme für sich, nicht einmal seine Eltern wussten davon, wie sie in einer Traueranzeige schrieben. Weder Nachbarn noch Schulmitarbeiter wollen etwas von Tims Leidensweg bemerkt haben. Von Mobbing sei an Tims Schule ebenfalls nichts bekannt gewesen.

Umso wichtiger ist es, dass wir uns dieses Themas annehmen und Aufklärung leisten. Es beginnt in der Schule und zieht sich weiter durch das Leben, ob am Arbeitsplatz oder im Netz. Diese Art der Gewalt nimmt zu. Ja, es ist Gewalt an einem Menschen, die Spuren hinterlässt. Versetzen wir uns doch in die Situationen dieser Menschen, bevor sie sich entschieden, aus dem Leben auszusteigen. Wie gedemütigt mögen sie sich gefühlt haben, wie hilflos und verzweifelt. Sicherlich gab es Anzeichen, dass sie das Leben nicht mehr lebenswert fanden. Doch diese Anzeichen müssen auch erkannt werden und mit der Aufklärung zum Thema Mobbing und deren Folgen sollte man da beginnen, wo alles beginnt – in Schulen.

Wie kann gerade in Schulen auf das Thema Mobbing eingegangen werden?

Wir leben im Zeitalter der „Generation Ellenbogen“. Cool sein ist in: Top-Figur, das neuste Handy und die supergeilen Markenklamotten. Wer da nicht mithalten kann, hat schon verloren und wird zum Spielball für die Meute, die sich einen Kandidaten sucht, an dem aufgestaute Aggressionen abgebaut werden können.

Es ist so einfach, sich Opfer zu suchen, und wird der Tatort Schulhof verlassen, geht es weiter im Netz. Verletzende Worte, kein Problem – ob auf Facebook oder auf anderen sozialen Netzwerken. Doch was damit ausgelöst werden kann, darüber sind sich die Wenigsten im Klaren. Wie auch, wenn dieses Thema bei all den Problemen der Gesellschaft als ein „Monster“ behandelt wird, von dem jeder weiß, über das aber nur die wenigsten sprechen möchten. Man kehrt es einfach, wie so vieles unter den Teppich.

Seien wir doch mal ehrlich: Wer hat heutzutage wirklich noch Zeit, sich um die Belange der Menschen zu kümmern? Viele Schüler und Schülerinnen wachsen in zerrütteten Familien auf. Nicht nur das Geld ist knapp, sondern auch die Zeit, um über Probleme wie Mobbing zu sprechen.

Andere stehen dermaßen unter Leistungsdruck, weil den Schülern suggeriert wird, dass sie nur mit einer erfolgreichen beruflichen Karriere, viel Geld und einem hohen Ansehen in der heutigen Gesellschaft etwas taugen. Schauen Sie sich doch die Werbungen an, schon auf den Kinderkanälen wird gezeigt, was die heutige Gesellschaft von Kindern erwartet. Das fängt schon bei der coolen Barbie an und hört als Germany’s Next Top Model auf. Ein Bild wird kreiert, welches die wenigsten erreichen können.

Du gehörst nicht dazu? Bist zu dick, trägst eine alte Jeans von Deinen Geschwistern oder vielleicht hast Du nicht die hippe Frisur, die man zur Zeit trägt? Bist Du schlecht im Sport oder bist du überhaupt eine sogenannte „graue Maus“? In der Schule bist Du entweder ein „Streber“ oder eine „Streberin“, die nur gute Noten schreibt oder Du kommst gar nicht in der Schule mit, weil Du nachts nicht schlafen kannst, weil Du Angst hast, auch die nächste Klassenarbeit zu verhauen?

Folge: Der oder die Hochbegabte fängt an schlechtere Noten zu schreiben, damit dieser oder diese Anerkennung in der Klasse findet. Und der oder die Tiefenbegabte geht irgendwann gar nicht mehr zur Schule. Wir kennen das unter dem Symptom Bauchschmerzen.

In unserer Recherche zum Thema Mobbing lernten wir einen jungen Mann kennen, der sich ebenfalls mit der Thematik befasste, ein Film-Musical schrieb und es trotz vieler Probleme schaffte „Summer of Dreams“, den Film gegen Mobbing an Schulen, Wirklichkeit werden zu lassen. Wir freuen uns mit Niels Marquardt, dass dieser Beitrag auf dem Bremer Kinderfilmfest Kijuko gezeigt wurde.. Das Festival fand vom 19. bis zum 26. Oktober 2014 statt.

Eine Geschichte über die Ängste von Jugendlichen, den Stellenwert der Familie, über Freundschaften, und was man dadurch alles erreichen kann

Milla kommt vom Lande, Elena aus Russland. Beide sind neu an der „Stage and Performance School Kiel“ und beide haben Angst vor dem ersten Schultag. Milla hat Glück und findet gleich Anschluss. Elena wird auf Grund ihrer ulkigen Kleidung sofort zum Mobbing-Opfer. Doch die Musik überwindet alle Hürden und Milla entscheidet sich, Elena zu helfen. Die beiden Mädchen werden beste Freundinnen. Alles könnte wunderschön sein…

Mehr Infos zu „Summer of Dreams“ finden Sie hier: summer-of-dreams.de

Als wir Niels fragten, warum sein Projekt nicht an allen Schulen gezeigt würde, waren wir darüber erschüttert, dass viele Schulen das Thema Mobbing verdrängen. Er erwähnte auch eine Begebenheit beim Promoten des Filmes auf einem großen Stadtfest: Eltern wurden angehalten, sich über das Thema Mobbing zu informieren. Antwort der Eltern: „Kein Thema bei uns, unser Kind wird nicht gemobbt.“ Schulen, die gebeten wurden, dieses Musical zu zeigen, antworteten: „Mobbing ist kein aktuelles Thema.“

Nun fragen wir Sie: Wissen Sie genau, ob Ihr Kind gerade gemobbt wird? Finden Sie auch, dass Mobbing kein aktuelles Thema ist?

Wir bedanken uns bei Kinderzeit Bremen, dass sie diese Veranstaltung ermöglichen, denn gerade Filme können viel zur Aufklärung beitragen. Wir wünschen uns, dass viele Eltern mit ihren Kindern dieses Festival gemeinsam besuchen und über die Themen diskutieren. Denn Aufklärung ist nicht nur in den Schulen notwendig, sondern auch in den Familien.

Wie will ich meinem Kind helfen, wenn ich nicht erkenne, dass mein Kind unter Mobbing leidet? Die oben genannten Mobbing-Opfer haben ihre Familien vorher nicht informiert. Sie sind den einsamen grauenvollen Weg gegangen, allein – bis hin zum Selbstmord. Zurück bleiben Trauer um das geliebte Kind, unbeantwortete Fragen und Hass auf die Gesellschaft, die tatenlos zuschaut.

Werbung

Warum schalten die Netzfrauen Werbung?

Sollte nun der Ruf nach den Lehrern laut werden, die rechtzeitig eingreifen müssten, dann sei gesagt, dass sogar Lehrer mittlerweile zu den Mobbingopfern gehören. Dass die Schulreform Defizite hat, ist nicht erst seit heute bekannt. So mancher Lehrer und so manche Lehrerin kämpft mit immer wieder neu entwickelten Problemlösungen. Eine Lösung wurde noch nicht mal zu Ende gedacht und praktiziert, schon folgt wieder ein neues Lösungstool.

Wäre nicht ein Film-Musical wie das von Nils Marquardt ein Anfang? Erst anschauen und dann darüber diskutieren? Anstatt wegschauen, verdrängen oder unter den Teppich zu kehren?

So wie den Kindern, denen der Tod als „bessere Alternative“ schien, ging es auch Amanda Todds. Sie wurde in der Schule und online gehänselt. Die Angriffe wurden immer schlimmer, Amanda bekam Panikattacken und Depressionen, flüchtete sich in Alkohol und Drogen. Sie wechselte mehrmals die Schule, bis sie sich mit 15 Jahren das Leben nahm. Das Video von Amanda, welches wir Ihnen oben gezeigt haben, wurde weltweit zum Symbol gegen Cybermobbing. Das war 2012 und was ist bislang passiert?  Es wird Zeit, dass wir handeln und zwar sofort.

Dieser Beitrag ist die Einleitung zu unserer Themenreihe „Mobbing“. Wir wollen aufklären, nicht zuschauen, sondern handeln. Wer uns Netzfrauen kennt, der weiß, dass wir nervig sein können, fordernd und dass wir unsere Ziele durchsetzen wollen.

Nun sind Sie gefragt, wir sammeln Mobbing-Fälle, sei es in der Schule, im Beruf oder im Netz. Wir wollen, dass Mobbing ein Ende findet. Dazu brauchen wir Ihre Hilfe, denn wenn Sie uns helfen aufzuklären, haben Täter und Täterinnen erst gar keine Chance.

Gib Mobbing keine Chance!

Mobbing ist Gewalt, die den Menschen zerstört. Diese muss aber nicht als unabwendbar hingenommen werden, es gibt Möglichkeiten, Mobbing wirksam zu begegnen. 

Mehr dazu in unseren Fortsetzungen. Vielleicht möchten Sie einen Beitrag dazu beisteuern? Wir freuen uns auf Sie. Ihre Geschichte und Erfahrungen, aber auch Tipps zur Vermeidung können Sie uns unter Info@Netzfrauen.org zukommen lassen.

„Nicht wie der Wind weht, sondern wie wir die Segel setzen,

darauf kommt es an.“

©Netzfrau Doro Schreier

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