Brasilien hat gewählt. Es war der zweite Wahlgang, die Stichwahl, in dem die BrasilianerInnen ihre Präsidentin/ihren Präsidenten wählten. Sie mussten entscheiden, ob Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei oder der wirtschaftsnahe Aécio Neves von der Sozialdemokratischen Partei die Regierung bildet.
Es ist ein knappes Ergebnis: Dilma Rousseff bleibt Präsidentin von Brasilien und bekam 2 409 810 Stimmen mehr als Aécio Neves von der Sozialdemokratischen Partei. Insgesamt waren rund 143 Millionen Wahlberechtigte in der siebentgrößten Volkswirtschaft der Welt zur Stimmabgabe aufgerufen. Laut Telesur erhielt Dilma 51,18 Prozent der Stimmen.
Am Sonntag sagte Rousseff bei der Stimmabgabe in Stadt Porto Alegre: „Wir stimmen für ein Brasilien mit mehr Gleichheit und mit mehr Möglichkeiten.“ Brasilien habe die „Wahl zwischen zwei Projekten“. Ihr Projekt sei mehr Wachstum sowie ein besseres Bildungs- und Gesundheitssystem. Die Arbeiterpartei hält sich unter anderem zugute, in den vergangenen zwölf Jahren unter ihrer Regierung rund 36 Millionen Bürger aus der Armut geholt zu haben.
Dilma Rousseff ist eine ehemalige Guerillakämpferin. 1970 wurde sie in São Paulo verhaftet, wo sie mittlerweile im Auftrag ihrer Organisation lebt. Nach eigenen Angaben wurde sie im Gefängnis 22 Tage lang gefoltert. 1972 wurde Dilma Rousseff aus dem Gefängnis entlassen. Dies ist nur ein Teil aus dem Leben dieser mutigen Frau.
NSA spionierte – Brasiliens Präsidentin Rousseff gibt Obama einen Korb und droht mit Strafsanktionen
Rousseff hatte ihren für den 23. Oktober 2013 geplanten Staatsbesuch in den USA verärgert abgesagt. Damit reagierte das Staatsoberhaupt des größten lateinamerikanischen Landes auf die Enthüllungen über weitere Spionageaktivitäten des US-Geheimdienstes NSA und reagierte damit weitaus heftiger als die europäischen Regierungschefs, als klar wurde, dass die NSA den europäischen Datenverkehr umfangreich überwacht.
Dilma Rousseff bleibt Präsidentin von Brasilien
Am 26.10. gab es einen zweiten Wahlgang, die Stichwahl, in dem die BrasilianerInnen ihre Präsidentin/ihren Präsidenten wählten. Sie entscheiden sich für Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei, anstatt Aécio Neves von der Sozialdemokratischen Partei. Sie entschieden sich für einen Schritt nach vorne, im Sinne der breiten Masse. Hätte Neves gewonnen, hätte dies den alleinigen Gewinn für die Reichen im Land bedeutet.
Eine zweite Amtsperiode für Präsidentin Dilma Rousseff hingegen bedeutet einige Schranken für die Reichsten. Die Armen erhalten mehr Unterstützung. Auch die Bildung und das Gesundheitswesen erhalten nun etwas mehr. Die Fortschritte des letzten Jahrzehnts werden zudem nicht wieder rückgängig gemacht.
Gründe, warum einige einfache Menschen gegen Dilma stimmten
Warum sind viele einfache Menschen, die nicht zu den Reichsten gehören, gegen Dilma? Wie alle brasilianischen Regierungen seit der Militärdiktatur, die immerhin 21 Jahre lang Brasilien beherrschte, ist die der Arbeiterpartei korrupt. Vielleicht weniger als die vorherigen, aber immer noch genug, dass viele Menschen zornig und frustriert sind. Sie fragen sich, warum die öffentlichen Krankenhäuser weiterhin so schlecht sind. Sie fragen sich, warum die Grundschulen für die Armen immer noch mies sind, während für Universitäten, die auch von Kindern der Reichen besucht werden, viel Geld ausgegeben wird. Letztes Jahr, als die Menschen sahen, wie viel Geld für die Fußballweltmeisterschaft ausgegeben wurde (und wie viel davon in den Taschen der Bauunternehmer und ihrer staatlichen Auftraggeber einfach verschwand), demonstrierten Hunderttausende unter dem Motto:
„Wir wollen Krankenhäuser und Schulen auf Weltmeisterschaftsniveau! – Escolas padrão FIFA!“
Wie sähe die Alternative Aécio Neves aus?
Unter Aécio Neves wäre den Reichsten der Reichen alles erlaubt. Holz des Waldes rauben und Rinder auf die entstehende Savanne treiben? Klar. Die Menschen ermorden, wie 2005 die amerikanische Nonne Dorothy Stang, die die Waldeinwohner gegen den Raub ihrer Lebensgrundlage unterstützte? Kein Problem.
Ein zentraler Punkt, den wir oft nicht verstehen, ist die entscheidende Rolle, die die brutale Gewalt in der Auseinandersetzung zwischen den Ärmsten und den Reichsten in Brasilien spielt und ebenso die Hemmungslosigkeit, mit der die Reichsten, wen auch immer sie als lästig empfinden und wer auch immer ihnen bei ihren Geschäften hinderlich ist, einfach ermorden lassen. Etwas, das sehr leicht zu übersehen ist. Die Reichsten verdanken ihre kultivierte Sprechweise, ihre Bücherschränke und Theateraufführungen den Morden an denen, die sie berauben.
Fazit
Als Schlussfolgerung bleibt: Was uns am Wichtigsten ist, müssen wir selbst verteidigen. Wir müssen wählen gehen, weil auch kleine Unterschiede zwischen den verschiedenen Parteien große Folgen haben können. Aber wir können nie darauf vertrauen, dass eine Partei, ein Politiker oder eine Regierung schon irgendwie für uns sorgen wird. Wir müssen uns im Klaren sein, dass wir uns mit anderen zusammentun müssen, um zu verteidigen, was uns am Herzen liegt. Wir müssen die Gewalt ächten und Respekt für alle bewusst verteidigen – gegen den unbewussten Rassismus in uns allen, gegen die unbewusste Missachtung der „Ungebildeten“, die einfach die Ärmsten und am meisten Unterdrückten dieser Erde sind. Wir müssen die ethischen Helden ehren, statt die am höchsten zu schätzen, die sich mit den meisten Symbolen des Reichtums, des „Coolseins“ oder der „Kultur“ verzieren. Wir können dies tun, egal wo wir sind – ob in Deutschland, in Brasilien, in den USA oder auf jedem anderen Flecken unserer Erde.
Wir Netzfrauen gratulieren Dilma Rousseff und wünschen ihr weiterhin viel Erfolg zum Wohle Brasiliens.
Netzfrauen Maria May und Doro Schreier
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