TTIP: EU-Bankenlobby will harte US-Finanzmarktregeln aushebeln

TTIP3Kann es sein, dass ausgerechnet die EU die Banken wieder von der Leine der Regulierung lassen möchte?

Die Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) hatte ermittelt, dass mehr als 700 Unternehmen, Finanzinstitute, Verbände, Kanzleien oder Beratungsfirmen mit mindestens 1700 Lobbyisten in Brüssel unterwegs sind, um die Interessen der Finanzlobby durchzudrücken. Den Beamten, die in der EU-Kommission für den Bereich Finanzwirtschaft zuständig sind, stehen vier Lobbyisten gegenüber. Da ist es nicht weiter verwunderlich, was nun die brisanten Dokumente zum Freihandelsabkommen TTIP ergaben. 

Report München berichtete am 11. November 2014:

Die gute EU, die böse USA. Das war bisher das Bild. Ausgerechnet die EU will aber gute Standards unterlaufen, in den USA. Denn die EU pocht auf weniger Regeln für Banken.

Oft wurden die USA kritisiert, bei den Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP die europäischen Verbraucherstandards untergraben zu wollen. Brisante Dokumente zeigen: auch die EU versucht, europäische Banken vor den strengen amerikanischen Finanzmarktregeln zu schützen.

Die zugespielten Dokumente sind Unterlagen, die mit „Vertraulich“ und „nur für den Dienstgebrauch“ gekennzeichnet sind – „restricted“. Sie zeigen: Die EU setzt sich massiv für ihre Banken ein.

Charlotte Geiger, Finance Watch: „Wenig später ist hier die Rede davon, dass halt keine Regeln eingeführt werden sollen, die letztendlich die Markteilnehmer beeinflussen in ihrem Geschäft. Diese berühmt-berüchtigte Formulierung, die dürfte nicht belastender als nötig sein. Und von daher ist es für uns wirklich ein sehr, sehr fraglicher Schritt zu einer weiteren Liberalisierung, gerade im Bereich der Finanzmärkte.“

Die EU will anscheinend die strengeren US-Regeln nicht. Die USA haben nach der Finanzkrise gehandelt. Banken müssen Privatkunden und Spekulationsgeschäft trennen, mehr Eigenkapital vorhalten und dürfen weniger mit riskanten Finanzprodukten handeln.

Mickey Kantor, ehem. US-Handelsminister:I think it’s important that the Europeans come up to the US-standard. The US doesn’t hold a standard in other areas, and we need to come up to the European standards, environment, food, food-safety and so on. On the other hand I believe it’d be hopeful if the Europeans would agree to raise their standards in their banking system.“  Verbesserungen durch TTIP?Ex-Handelsminister Mickey Kantor

„Ich denke, es ist wichtig, dass die Europäer die US-Standards annehmen. Die USA haben geringere Standards in anderen Bereichen und da müssen wir uns anpassen, Umwelt, Lebensmittelsicherheit und so weiter. Andererseits wäre wirklich zu hoffen, dass die Europäer höhere Standards für ihr Bankensystem akzeptieren.“

Nach der Finanzkrise und der Pleite der Lehman Bank in New York haben die USA mit dem Dodd-Frank-Act und der so genannten Volcker-Regel umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um eine erneute Finanzkrise zu vermeiden.

Warum wollen die EU-Banken sich nicht anpassen? Der Grund ist einfach: Sie machen weniger Profite dadurch. Eine der größten ausländischen Banken in den USA kommt aus Deutschland: Die Deutsche Bank. Und die Deutsche Bank hat wegen neuerer schärferer Finanzmarkt-Regeln schon Verluste gemacht, musste Rückstellungen für Anwälte bilden, sie fürchtet Klagen. Mr Kantor verteidigt die strenge amerikanische Bankenregulierung und warnt vor der EU.

INFOBOX

Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act; ein Bundesgesetz in den USA, welches der Finanzmarktstabilisierung nach der Finanzkrise von 2007 – 2009 dienen soll. Es ist nach dem damaligen Vorsitzenden des Senatsausschusses für Banken – Christopher J. Dodd – und dem ehemaligen Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzdienstleistungen des US-Repräsentantenhauses – Barney Frank – benannt. Das Gesetz wurde im Jahr 2010 von Präsident Barack Obama unterschrieben. Ziel ist es, die Banken stärker zu regulieren, die Risikofreude der Banken zu dämpfen und Schieflagen von Finanzunternehmen, die wie in der letzten Finanzkrise auf Grund der Too-big-to-fail-Problematik vom Staat gestützt werden müssen, zukünftig zu verhindern. Quelle

Brisante Dokumente zum Freihandelsabkommen TTIP | report München | BR

INFOBOX: Deutsche Bank

Die Deutsche Bank hat viele Baustellen. Zusammen mit der Allianz-Tochter Pimco  und der DZ-Bank verklagen sie Blackrock wegen ihrer Verwicklung in das Geschäft mit riskanten Hypothekenpapieren. Blackrock gehört zu den größten Aktionären der Deutschen Bank. [Lesen Sie dazu: BlackRock – Wer regiert die Welt wirklich? und  Finanzsumpf – Skandale am laufenden Band! Chefs der Deutschen Bank treten zurück – ausgerechnet ein Ex-UBS-Banker!

In den USA landet die Bank wegen Geschäften aus den Zeiten vor der Finanzkrise 2007/2008 immer wieder vor dem Kadi. Oft geht es um windige Hypothekengeschäfte. So soll das Institut Investoren mit Verbriefungsgeschäften übers Ohr gehauen haben. Im Mai schaffte das Geldhaus durch Zahlung von 202 Millionen US-Dollar eine Klage wegen zwielichtiger Geschäfte der US-Tochter MortgageIT aus der Welt. [Siehe: Deutsche Bank: Endlich Rekordstrafe- Betrug ist kein Kavaliersdelikt!]

Am 18. März hat das Bundesverfassungsgericht mehrere Klagen gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM abgewiesen. Damit ist nun endgültig klar, dass Deutschland im Ernstfall für bis zu 190 Milliarden Euro bürgen muss. Zur Erinnerung: Von Irland bis Spanien, von Großbritannien bis Zypern: Die Banken nehmen mit ihren Problemen ganz Europa in Geiselhaft. Die Steuerzahler blechen dafür – mit 1 600 000 000 000 Euro. [Siehe: Euro-Rettungsschirm ESM – Die Banken haben in Europa eine Spur der Verwüstung hinterlassen]

TTIP-Kritikerin Lori Wallac

Lori Wallach, Direktorin Public Citizen Foundation:It’s a push down agreement, it’s to push down the higher standards on either side of the Atlantic. So European food standards, European consumer privacy standards, US financial regulations, that’s the goal. And so if that’s the goal and that’s the engine, the kind of agreement that consumer groups on either side of the Atlantic want is not on the table unfortunately.“ TTIP-Kritikerin Lori Wallach

„Dieses Abkommen soll Standards senken auf beiden Seiten des Atlantiks. Die europäischen Nahrungsmittelstandards, europäischer Verbraucherschutz, die amerikanischen Finanzregeln – das ist das Ziel. Und wenn das nicht das Ziel ist, dann ist das nicht die Art von Vertrag, den die Verbraucher auf dem Verhandlungstisch haben wollen.“

Doch gerade beim Finanzmarkt wäre das fatal. Der letzte Banken-Crash hätte beinahe zum Zusammenbruch der Weltwirtschaft geführt.

Mehr Informationen: Brisante Dokumente zum Freihandelsabkommen TTIP: EU-Bankenlobby will harte US-Finanzmarktregeln aushebeln

Netzfrau Doro Schreier

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