Lebensmittelkennzeichnung: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser?

AllergikernUm die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) kommt ab dem 13.12. niemand mehr herum

„Müsste ein Allergiker denn nicht selber wissen, was er essen darf und was nicht?“ Natürlich muss er das und man kann auch sicher sein, dass jeder Allergiker schon aus reinem Selbstschutz genau weiß, was er verträgt und was nicht. Aber ein Allergiker ist darauf angewiesen, dass er über die Lebensmittel und Gerichte verlässlich informiert wird, und da wir in einem Zeitalter der komplexen Nahrungsmittel leben, ist das nicht unbedingt so einfach.

Die Aufklärung über Allergene auch in losen Waren erhitzt seit geraumer Zeit die Gemüter – Schriftlich? Oder reicht mündlich? Wie zuverlässig sind mündliche Aussagen durch Servicekräften und Verkaufspersonal? Je nach Interessensgruppe fallen die Antworten auf diese Frage unterschiedlich aus. Die Komplexität der heutigen Lebensmittel erschwert die Information über Zutaten.

War früher eine Pomme Frite ein „Kartoffelstäbchen, frittiert in Öl, bestreut mit Salz“, so muss das heute nicht zwangsläufig gelten. Eine Pomme Frite kann auch eine Kartoffelmasse mit Milchzucker, diversen Gewürzen und weiteren Zutaten gepresst in Stäbchenform sein. Je nach Land ist es auch nicht einfach in Öl frittiert, sondern es kann ebenso in „Bratfett mit trockenen Milchbestandteilen“ gebacken sein, wer weiß das schon? Und genau darum geht es unter anderem bei der LMIV. Da Allergiker auf genaue Informationen angewiesen sind, um Gesundheitsrisiken zu minimieren, ist es zu begrüßen, dass sie diese Informationen auch bekommen – und zwar letztendlich schriftlich und nachprüfbar. Das wird wohl auch niemand ernsthaft in Frage stellen können.

Ab dem 13. Dezember 2014 regelt die europäische Lebensmittelinformations-Verordnung 1169/2011 (LMIV) die Lebensmittelkennzeichnung in allen Mitgliedsstaaten der EU einheitlich. Die LMIV fordert mehr Klarheit bei Allergenen, Energie- und Nährwerten, Lebensmittelimitaten und bei der Herkunft des Produkts. Gastronomie und Metzger, Bäcker und Kantinen stehen also in der Pflicht, noch mehr Informationen über die Lebensmittel bereitzustellen.

Die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher (so genannte Lebensmittel-Informationsverordnung – LMIV) regelt ab dem 13. Dezember 2014 die Lebensmittelkennzeichnung europaweit einheitlich und ist in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar. Dennoch bedarf es zur Anpassung des nationalen Rechts und aus sanktionsrechtlichen Gründen einer nationalen Durchführungsverordnung. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat deshalb einen Entwurf für eine Verordnung zur Anpassung nationaler Vorschriften an die LMIV (LMIVAV) erarbeitet.(…)Nach Auswertung der zur LMIVAV im BMEL eingegangenen Stellungnahmen soll (…) die Art und Weise der Allergenkennzeichnung loser Ware aus dem Entwurf der LMIVAV herausgelöst und vorab durch eine separate vorläufige Verordnung (Vorläufige Lebensmittelinformations-Ergänzungsverordnung – VorlLMIEV) geregelt werden, die auf der BMEL-Website zur Einsicht bereitsteht: www.bmel.de/LMIVAV. Dadurch soll Rechtssicherheit geschaffen und das Inkrafttreten der überarbeiteten Regelung beschleunigt werden“.

(Quelle: BMEL).

Was für die einen enormen Mehraufwand bedeutet, wird von den Allergikern begrüßt. Vorgesehen ist eine schriftliche Information über die 14 wichtigsten Allergene, eine mündliche Auskunft ist zwar auch möglich, aber es muss zusätzlich eine schriftliche Information über die Verwendung von Stoffen oder Erzeugnissen, die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen vorhanden sein – auch eine mündliche Auskunft muss für den Verbraucher nachprüfbar sein, er hat auch das Recht, trotz mündlicher Auskunft das persönlich nochmals nachzulesen. Wie diese schriftliche Form gestaltet werden wird, dafür gibt es nach heutigem Stand mehrere Möglichkeiten, in einer Kladde, in Listen, im Computersystem und Vergleichbarem. Der endgültige Verordnungsentwurf wird, wenn die Allergiker Glück haben, noch Ende November dem Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet werden.

75 Prozent der Beschwerden bei Allergikern treten auf Grund von falscher Beratung auf, das Thema ist sehr komplex. Untersuchungen des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB) haben nachdrücklich gezeigt, wie schnell eine falsche Auskunft erteilt ist. Im August wurden im Rahmen dieser Untersuchung in 50 verschiedenen Berliner Bäckereien verschiedene Backwaren erworben, die nach Auskunft des Fachpersonals milchfrei waren. Anschließende Analysen im Labor ergaben allerdings, dass von 73 Teilen 31 eben doch Milch enthielten, das ist für Allergiker fatal. Das Personal in den Bäckereien stufte sich selber übrigens als mit der Allergen-Problematik vertraut ein, auch das war wohl sehr optimistisch dargestellt.. Es muss hier betont werden, dass die Bäckereien nur ein Beispiel sind, genauso gut hätte der DAAB wahrscheinlich verschiedene Wurstsorten in verschiedenen Metzgereien testen können oder mehrere Gerichte aus der Gastronomie.

Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Einen gut auf die kommende LMIV vorbereitet – da werden bereits Listen oder Kladden geschrieben, die gut sichtbar für jeden positioniert werden, oder das Kassen-und Computersystem wird aktualisiert, sodass jede Fachverkäuferin mit einem einfachen Knopfdruck einen Auszug über die Zusammensetzung von dem Brot inklusive Allergen erhalten kann, und vielerorts wird das Personal bereits informiert und aufgeklärt. Für andere Betriebe ist das Ganze eine Art „rotes Tuch“ und sie sind nur gezwungenermaßen zu dem Mehraufwand bereit.

Vieles wird sich wahrscheinlich auch erst bewähren müssen und man wird sehen, ob die Information des Fachpersonals ausreichen wird oder ob dann doch Schulungen notwendig sind, und, wenn ja, wer dafür bezahlt. Der Verbraucher durch höhere Preise? Man weiß es nicht, learning by doing, aber der Gesundheitsschutz ist ein hohes Gut und sollte keinen anderen Interessen untergeordnet werden.

Links: Die Gastronomie und die Allergiker – kompetente Beratung eine Herausforderung?

Entwurf für eine Verordnung zur Anpassung nationaler Vorschriften an die Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher

Kuchenbasar nicht in Gefahr: EU-Regeln zur Kennzeichnung von Lebensmitteln gelten nur für Unternehmen

Netzfrau Jutta P. Klatt

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