Skandal! Gefängnis, da Holzkochlöffel verboten – EU schreibt Plastik-Utensilien vor

HolzWeil sie in ihrem Bioladen mit Holzlöffeln kocht und damit gegen die Hygieneleitlinien verstößt, muss die Österreicherin Ushij Matzer 550 Euro Strafe zahlen. Als Zeichen des Protests will die Bio-Pionierin nun die zweieinhalbtägige Ersatzfreiheitsstrafe antreten.

Es war der 10. Juli 1979. Das Kellerlokal in der Schillerstraße 15 erreichte man über eine steile Treppe, die in das kleine, dunkle und nur halbtags geöffnete Geschäft führte. Die Rechnung wurde anfangs im Kopf erstellt. Die damaligen Studenten Ushij und Rupert Matzer waren eben echte Bio-Pioniere.

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Warum schalten die Netzfrauen Werbung?

„Wir arbeiten seit über 30 Jahren im Bio-Geschäft – und haben uns keine goldene Nase verdient. Für uns war immer das entscheidende Kriterium, dass sich eine Jungfamilie mit Durchschnittseinkommen bei uns ihre Nahrungsmittel leisten kann, wenn sie saisonal und regional einkauft.“ Ushij Matzer, die 1979 mit ihrem Mann Rupert einen Bioladen eröffnete, verstieß 

Die EU-Hygiene-Verordnung schreibt die Verwendung von Plastik-Utensilien vor, Holzbretter und Holzkochlöffel sind verboten. Es ist kein Witz, nur weil Ushij auf Plastik verzichtet, bekommt sie eine Freiheitsstrafe von 2,5 Tagen.

Unsere Kochlöffel-Rebellin

„Es gab damals keine Bio-Industrie wie heute, keine verarbeitenden Betriebe. Wir haben den Markt von Null an aufgebaut – mit sehr hohem, persönlichen Einsatz. Dann kamen Menschen aus der konventionellen Wirtschaft und erklärten uns, was wir alles falsch machen“, ärgert sich Ushij Matzer in einem früheren Bericht.

Später war Bio im Trend – und viele Geschäftsleute vergaßen ihre Eigenverantwortung. „Die Folge: Wir haben heute in Deutschland biologische Hühnerfarmen mit 5000 Hühnern, was ist daran noch biologisch – außer dem Futter? Da läuft wieder etwas falsch, weil zu oft nur noch über Preis und Quantität gearbeitet wird und nicht mehr über Qualität. Die Auswirkungen dieses Denkens sieht man deutlich bei den aktuellen Problemen mit Gemüse, Stichwort EHEC. Zwei Großhändler haben da ihre Gurken nach Österreich geliefert, aber nur von einem wurde die Kundenliste veröffentlicht – das waren die Bioläden. Doch von den vier befallenen Gurken waren nur zwei Bio. Ein Schelm, der da Böses denkt“, so Ushij Matzer im Juni 2011 in einem Bericht der Kleinen Zeitung.

Vor allem der Anfang war für sie sehr schwer: Sie durften keine Rohmilch verkaufen, mussten mit dem Salz- und Zuckermonopol kämpfen, Quark und Gluten selber produzieren. Sogar die Staatspolizei kreuzte bei ihnen auf, denn es war eine Anzeige eingegangen, ob diese „Bio-Spinner“ überhaupt einen Gewerbeschein hätten.

„Uns haben alle für Spinner gehalten“

Vor drei Jahrzehnten eröffnete Ushij Matzerin als Studentin mit ihrem Mann in Graz den ersten Bio-Laden des Landes. Sie hat 4 Kinder großgezogen. 30 Jahre später entstehen aus einem Geschäft zwei und statt wie anfangs sechs, stehen heute 5000 Produkte zur Auswahl. Sie ist eine echte Bio-Pionierin! [Dazu auch unser Beitrag: Video: BioPioniere erzählen – Der lange Weg zur gesunden Ernährung]

Fürs Holzbrett ins Gefängnis

Das Grazer Gesundheitsamt kontrollierte 2011 Ushijs Betrieb. Die EU-Hygiene-Verordnung schrieb die Verwendung von Plastik-Utensilien vor. „Wir kochen lakto-vegetarisch“, so Ushij. Sie schwört dabei auf Holzbretter und Holzkochlöffel: „Plastik ist besser abwaschbar, aber ich will kein Essen, in dem eventuell Plastik enthalten ist.“ Ushij Matzer weiter: „Wir wurden als eine Großküche eingestuft, was nicht korrekt ist, wir sind ein Zwei-Personen-Betrieb.“

Ushij soll 550 Euro Strafe zahlen, nur weil sie in der Küche kein Plastik verwendet. Sie ist nicht bereit, eine Verwaltungsstrafe der Baubehörde zu bezahlen. Sie erhielt schon im April einen Strafbescheid der Grazer Baubehörde – wegen Verstoßes gegen das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz. Beanstandet werden die Verwendung von Schneidbrettern und Kochlöffeln aus Holz, fehlende Deckel auf den Mistkübeln sowie Mängel bei Personalschulung und Dokumentation.

Der Kochlöffel-Streit landete vor Gericht. Das Urteil: fünf Tagessätze zu je 100 Euro. Das wurde in der Berufung auf die Hälfte reduziert. Zahlen kann und will Matzer die Strafe trotzdem nicht: „Ich habe ein Einkommen von 1400 Euro, ich bin praktisch nicht exekutierbar.“ Aus Protest wird sie nun die „Ersatzfreiheitsstrafe“ von 2,5 Tagen annehmen. Gut so, Ushij, wir unterstützen Dich. Denn was gesundheitsschädlich ist, wird erlaubt,und was gesund ist, wird verboten.

Frankreich verbietet Weichmacher, Einweggeschirr und Plastiktüten

Frankreich hält weltweit einen traurigen Rekord: Das Land ist Spitzenreiter im Gesamtbereich der Krebsarten, die als hormonabhängig gelten – also Brust- und Prostatakrebs. Das geht aus der letzten Erhebung des renommierten Internationalen Forschungszentrums gegen Krebs hervor.

Weichmacher (Phthalate, Bisphenol A, PVC) sind in allen Plastikartikeln drin, auch in Küchengeräten(!!!). Sie stören den Hormonhaushalt, wirken östrogenähnlich, vermindern die Lernfähigkeit und die Beweglichkeit von Spermien und bei Mädchen ist eine verfrühte Pubertät zu beobachten. Frankreich verbietet jetzt deshalb Weichmacher, Einweggeschirr und Plastiktüten. Frankreich verbietet als erstes Land ab 2015 Bisphenol A und nicht nur das, auch Plastikgeschirr wird verboten. [Unseren Bericht können Sie hier lesen]

Auch hier in Deutschland gibt es solche Fälle wie den von Ushij. Erst kürzlich berichteten wir von Gisela Teuchert-Benker, auch widerfuhr ist genau das Gleiche in Deutschland.

Tu niemandem etwas Gutes und es widerfährt dir nichts Schlechtes – Streit um Marmeladen-Verkauf

Durch eine achtjährige Spendenaktion kamen rund 19 000 Euro für den guten Zweck zusammen. Gisela Teuchert-Benker (69) kochte Jahr für Jahr Marmelade und verkaufte diese für einen guten Zweck.

Immer wieder konnten sich viele verschiedene Vereine über Giselas wohltätige Tat freuen und auch über die Grenzen Schleswig-Holsteins war sie dafür bekannt. Sogar wir Netzfrauen machten schon auf ihre leckere Marmelade aufmerksam, denn sie stellte sogar ihre Rezepte zur Verfügung.

Aber damit ist nun Schluss, denn die 1946 geborene Gisela Teuchert-Benker hat den Kochlöffel an den Nagel gehängt. Sie soll für 17 Aktionstage ein Lebensmittel-Unternehmen anmelden, weil es sich laut den Mitarbeitern des Kreises um eine regelmäßige Verkaufstätigkeit handelte.

Den behördlichen Papierkram will sich die Hobbyköchin ersparen und zog daher die Konsequenzen. „Für mich würde mit der geforderten Kommerzialisierung der Sinn meiner privaten Spendenaktion verloren gehen. Das musste ich nach langem Überlegen und mit zwei weinenden Augen hinnehmen“, sagt sie. Dennoch sei sie stolz auf ihre immerhin achtjährige Spendenaktion, bei der rund 19 000 Euro für den guten Zweck zusammen kamen.

Die Kreisverwaltung sagt zwar, dass Teuchert-Benker ihre ehrenamtliche Tätigkeit jederzeit wieder aufnehmen könnte, wenn sie bereit sei, ihre Tätigkeit beim Fachdienst Lebensmittelsicherheit anzumelden und einen Zugang zu ihrem Produktionsraum gewähren würde. Aber seien wir mal ehrlich, wer will seine Küche schon zu einer gewerblichen Großküche umbauen, nur damit man für einen ‚Guten Zweck” Marmelade kochen darf?! Quelle

Nach § 153 Abs. Satz 2 wurde das Ermittlungsverfahren gegen Gisela zwar eingestellt, soweit es den Vorwurf einer Straftat betrifft. Es ging um den Vorwurf „vorsätzliches Vergehen nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetz”. Für eine eventuelle Ordnungswidrigkeit wurde der Vorgang an die zuständige Bußgeldstelle in Eutin abgegeben. Bußgeld fürs Kochen von Marmelade für den guten Zweck?

Erinnern Sie sich noch an die Erdbeeren aus China?

Die chinesischen Erdbeeren mit Noroviren waren im September 2012 der Auslöser dafür, dass mehr als 11 000 Schüler an Brechdurchfall erkrankten. Diese Tiefkühl-Erdbeeren aus China wurden von mehreren Großküchen(!!!) in Ostdeutschland verarbeitet, darunter von Sodexo-Betrieben, die an Schulkantinen liefern. Es sei die Frage erlaubt, warum Erdbeeren aus China verwendet wurden, obwohl gerade dieses Obst reichlich in der EU vorhanden ist. Aber sicherlich spielte der „billigere“ Preis eine Rolle. [Dazu unser Bericht: Vorsicht: Hochbelastete Lebensmittel aus China – Gift landet auf unserem Esstisch]

Pferdefleischskandal

Pferdefleisch in der Lasagne, Pferdefleisch in Ravioli, Pferdefleisch in Tortellini. Wie das Jahr 2013 anfing, so endet es – mit einem Pferdefleischskandal, nur diesmal aus einer „Fabrik für Antikörper”. Der Skandal mit dem Pferdefleisch sorgte seit Februar 2013 in der EU für Aufregung, als praktisch in ganz Europa Pferdefleisch in Halbfabrikaten gefunden wurde. Als würde die Pharma-Lobby nicht schon genug Profit machen, nein, nun landeten Pferde, die in der Pharmaindustrie zur Herstellung von Medikamenten genutzt wurden, als Lebensmittel auf den Tellern der Verbraucher. Ein Sprecher des Pharmaunternehmens Sanofi sagte, die Pferde würden genutzt, um Antikörper für die Serumherstellung zu gewinnen. [Lesen Sie dazu: Pferdefleisch: Direkt aus dem Versuchslabor im Galopp auf den Teller]

Lebensmittel-Lügen der Lebensmittelindustrie

Wer weiß eigentlich noch, was er wirklich isst? Immer mehr Nahrungsgüter sind reine Kunstprodukte, hergestellt aus billigen Imitaten, die teure Zutaten ersetzen. Ob Tiefkühlpizza, Müsliriegel oder Bockwurst – in solchen Lebensmitteln steckt häufig kein einziges Gramm der abgebildeten Früchte, Nüsse oder Fleischsorten.

Auch Grundnahrungsmittel wie Brot und Milch werden durch Zusatzstoffe verändert und mit Hightech haltbar gemacht, obwohl viele dieser Zusatzstoffe als gesundheitsschädlich gelten. Die Zahl der Lebensmittelallergien hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Gibt es hier einen nachweisbaren Zusammenhang?

Hier sollte der Verbraucherschutz eingreifen und sich nicht an „kleinen“ BürgerInnen vergreifen, die angeblich gegen irgendwelche EU-Hygiene-Verordnung verstoßen haben. Nahrung ist mehr denn je eine Ware, mit der große Konzerne ihre Geschäfte machen. Profit geht vor Moral – das gilt auch für die Herstellungsbedingungen. [Lesen Sie dazu unseren Bericht: Wir haben es satt: Lebensmittel-Lügen der Lebensmittelindustrie]

Hygiene-Vorschriften ja – aber was zu viel ist, ist zu viel

Europaweit wehren sich betroffene Firmen gegen überzogene Standards in der Lebensmittelhygiene. So wurde etwa die Produktion von italienischem und französischem Käse in Holzbottichen beanstandet, schreibt die kleinezeitung.at.

Mal ehrlich, wenn Sie den Bericht bis hierher gelesen haben, dann fragen Sie sich sicher doch auch, was soll das? Hat die EU keine anderen Probleme? Fürs Holzbrett ins Gefängnis und für Marmeladen-Verkauf für den guten Zweck bestraft?

Fazit: Wir leben in einer Bananenrepublik! Wir respektieren zwar Hygiene-Vorschriften, aber was zu viel ist, ist zu viel, fangt erstmal bei den „Großen“ an. Da gibt es genug Mängel, die beseitigt werden müssen.

Rund 70 Kindergärten und Kinderkrippen beliefert Ushij Matzer mit biologischen Gerichten. Da bei deren Zubereitung auf die Verwendung von Holzutensilien statt Plastik zurückgegriffen wird, geht sie dafür ins Gefängnis. Wir rufen die #HolzlöffelRevolution aus und fordern: Holz statt Plastik!

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Ushij Matzer und Gisela Teuchert-Benker für ihren Protest und sie können auf uns Netzfrauen zählen.

Netzfau Doro Schreier

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