Lobbyismus EU – Juncker und das Transparenzregister

TransparenzregisterBereits einige Male informierten wir in unseren Berichten darüber, dass die EU-Institutionen und/oder deren Vertreter von Lobbyisten rege besucht werden.

Von etwa 20 000 Lobbyisten in Brüssel ist die Rede, die die EU-Institutionen auf verschiedene Arten beeinflussen. Etwa zwei Drittel der Lobbyisten arbeiten für Konzerne oder Verbände. Die EU-Kommission und ihre Kommissare ermöglichen ihnen diesen privilegierten Zugang.

Wenn die Wirtschaftsakteure die EU weiterhin derart aushöhlen, dann ist von der europäischen Demokratie nicht mehr viel übrig!
Deshalb hat sich eine Allianz von etwa 200 NGOs nun zusammengetan, um für Lobbytransparenz und ethische Regeln einzustehen und diese auch durchzusetzen. Das sogenannte Lobbyregister oder Transparenzregister der EU soll endlich für alle Lobbyisten verpflichtend werden. Eine lebendige europäische Demokratie, in der soziale und vorsorgliche Interessen genauso berücksichtigt werden wie Wirtschaftsinteressen, ist das große Ziel dieser Allianz.
Wieder hat die EU-Kommission, unter der Führung von Jean-Claude Juncker, am 16. Dezember 2014 bewiesen, dass sie nicht zu ihren Versprechen steht!

LobbyFacts von Corporate Europe Observatory (CEO) und Friends of the Earth Europe

Die Idee LobbyFacts wurde von CEO und FoEE gegründet.
Sie richtet sich an alle Interessierten, die mehr über die großgefächerten Lobbyaktivitäten in Brüssel von Firmen, Verbänden, Agenturen und NGOs erfahren möchten.
Das „freiwillige EU-Transparenzregister“ wird von ihnen zu einer übersichtlichen Seite neu aufbereitet und erweitert diese mit neuen Suchfunktionen. LobbyFacts zeigt in transparenter Weise die Anzahl der Lobbyisten und deren Verbindungen auf.
Leider weist dieses Register auch einige seltsame und falsche Angaben auf. Auf Grund dessen ist ein verpflichtendes EU-Transparenzregister notwendiger denn je!

Außerdem werden die Angaben von den Lobbyisten selbst gemacht und Kontrollen des sogenannten Register-Sekretariats werden oberflächlich durchgeführt. Informationen unter Lobbyfacts.eu sind von daher mit Vorsicht zu geniessen.

Wer gibt wie viel Geld für Lobbyisten aus:

Hier die Auswertung der Top 10 aus dem EU -Transparenzregister der Lobbyausgaben deutscher Unternehmen und deutscher Verbände.

Transparenzregister

Top 10: Lobbyausgaben deutscher Firmen in Brüssel

Transparenzregister

Top 10: Lobbyausgaben deutsche Verbände in Brüssel

Auch US-amerikanische Firmen und Agenturen weisen in Brüssel starke Präsenz auf!

Phillip Morris (Tabakindustrie) gibt ca. 5 Millionen Euro, ExxonMobil (Ölindustrie) etwa 4.8 Millionen Euro und Microsoft (IT-Industrie) gibt etwa 4.6 Millionen Euro aus für Lobbying in der EU.
Dies sind allerdings nur die größten Investoren von Lobbying für politische Einflussnahme beiEU-Institutionen und Gesetzen, Verordnungen und Patenten.

Fleishman-Hillard wird dort als die umsatzstärkste Agentur geführt, die im Jahr 2013 11,5 Millionen Euro für Lobbying investierte und nach eigenen Angaben 59 eigene Lobbyisten in Brüssel hat, von denen wiederum 35 einen „Hausausweis“ für das europäische Parlament besitzen. Konzerne wie Monsanto, Pfizer, General Motors, Proctor & Gamble sowie Lukoil zählen zu deren Kunden.

Lobbyfacts.eu ermöglicht allen Interessierten trotz der teilweise ungenauen Daten einen Einblick in die Lobbywelt für Groß und Klein. Nutzen auch Sie die Gelegenheit und schauen dort einmal rein.

EU-Kommissions Präsident Juncker führte am 1. Dezember neue Transparenzregeln ein.
Alle Kontakte von KommissarInnen und Kabinetten sollen nachvollziehbar sein, mehr Transparenz bei den TTIP-Verhandlungen und sogar ein verpflichtendes EU-Transparenzregister wurde angekündigt.
Die ganzen Regelungen basieren größtenteils auf Selbstverpflichtung der Kommissare, ohne ordnungsgemäße Kontrollen.
Fortan dürfen sich alle EU-ParlamentarierInnen die TTIP-Verhandlungstexte ansehen, nicht jedoch die Bevölkerung.
Außerdem gilt dies nur für „Transatlantic-Trade-Investment-Partnership“ TTIP und nicht für andere Verträge wie z.B. „Trade in Services Agreement“ TISA.
Sowohl Juncker als auch Frans Timmerhans (EU-Kommissar-interinstitutionelle Beziehungen) forderten das verpflichtende Lobbyregister im EU-Rat, in der Kommission und im Parlament.
Diese Zugeständnisse sind größtenteils dem großen Druck von NGOs wie LobbyControl und der Bevölkerung zu verdanken und symbolisieren einen endgültigen Bruch mit der Barroso-Zeit.

Juncker bricht nun doch wieder sein Versprechen!
Am 16. Dezember 2014 stellte die EU-Kommission ihren Arbeitsplan vor.
Hierbei ging es auch um die Transparenzinitiative und das Lobbyregister.
Nun ist klar, es gibt nur ein interinstitutionelles Abkommen. Dies bedeutet: Ein verpflichtendes Transparenzregister, das nicht garantieren wird, Manipulationen auszuschließen, da es keine gesetzlichen Grundlagen für beispielsweise Falschangaben geben wird. Somit hat die neue EU-Kommission kurz nach ihrem Antritt schon wieder ihr Versprechen gegenüber der europäischen Bevölkerung gebrochen.
Wir hoffen dennoch, dass der Druck immer spürbarer wird, auch ganz oben in der Kommission, denn wir finden diese Taktik der EU-Kommission unerhört.

Hier noch ein paar interessante Fakten zum Transparenzregister:

Offenbar scheint alles noch beim Alten zu sein, wie in unserem Bericht zum ERT „European Round Table of Industrials“ Wer steuert die EU wirklich? zu lesen ist.

„Wirtschaftliche Ziele oder Prioritäten der EU“ hatte also der ERT mit dem EU-Kommissionspräsidium am 15. 12. 2014 zu besprechen….eigenartig…kommt uns irgendwie alt-bekannt vor. Jedoch immerhin, nun mal ganz transparent dargestellt.

Transparenzregister

Die Liste aller Lobbyvertreter in der EU-Kommission  vom 02. 12. 2014 bis zum 17. 12 .2014 :

https://docs.google.com/spreadsheets/d/1zINch1j4x74ruG711EAAhToQlidygbJQ6uzhEVI8XDE/pubhtml/sheet?headers=false&gid=877355673

Noch eine Feststellung zu der ganzen Angelegenheit von einer weiteren, sehr interessanten und informativen Seite abgeordnetenwatch.de :

ZITAT: Die Veröffentlichung der Lobbyistentreffen durch die EU-Kommission ist ein Schritt in die richtige Richtung. Erstmals bekommt die Öffentlichkeit einen Eindruck davon, mit wem EU-Kommissare und hohen Beamten hinter verschlossenen Türen sprechen. Trotzdem werden Lobbyisten auch weiterhin unentdeckt Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung nehmen. Abteilungsleiter und Kommissionsbeamte auf den unteren Ebenen fallen nicht unter die Selbstverpflichtung, sie müssen ihre Kontakte mit Lobbyisten nicht offenlegen. Dabei sind sie es in der Regel, die an der Ausarbeitung von Gesetzestexten arbeiten.

Die EU-Kommission muss nun den Weg der Transparenz und Offenheit weitergehen. Dazu gehört beispielsweise die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters.

Nichtsdestotrotz: Von den Transparenzbemühungen der EU-Kommission könnte sich die Bundesregierung eine Scheibe abschneiden. Dass die Große Koalition im Zusammenhang mit ihren Lobbyistenkontakten plötzlich die Transparenz für sich entdecken wird, ist freilich nicht zu erwarten. Zuletzt wollten die Fraktionsgeschäftsführer von Union und SPD nicht einmal mitteilen, welchen Lobbyvertretern sie Hausausweise für den Deutschen Bundestag bewilligt haben.

Ihr Netzfrauen-Mann Dominik Crimi

Das könnte Sie auch interessieren:

Video: Wirtschaft und Lobbyismus… wie die Wirtschaft auf die Politik Einfluss nimmt!

Lobbyismus, das alltägliche Geschäft – auch gegen unsere Gesundheit

Skandale in der EU – Wer steuert die Europäische Union wirklich?

2 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.