Dieser Bericht von Richard Marosi von der Los Angeles Times zeigt ganz konkret auf, welche Konsequenzen das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Mexiko für Farmarbeiter in Mexiko nach sich zog. Wir haben einen Teil des ausführlich recherchierten Berichtes für Sie übersetzt, da er erahnen lässt, was die Arbeiter in Europa zukünftig erwarten können.
Ein Reporter und ein Fotograf der Los Angeles Times dokumentieren, wie Tausende mexikanischer Arbeiter unter härtesten Bedingungen auf den Mega-Farmen in Mexiko ausgebeutet werden, um US-amerikanische Konsumenten mit Lebensmitteln zu versorgen.
Tonnenweise kommen Tomaten, Paprika und Gurken mit dem Aufkleber „Product of Mexico“ auf den Markt – und zwar das ganze Jahr über.
Die landwirtschaftlichen Importe aus Mexiko in die USA verdreifachten sich im letzten Jahrzehnt auf 7,6 Milliarden Dollar. Davon profitieren Agrarfirmen, Groß- und Einzelhandel.
US-Amerikaner bekommen ihre Salsa, Kürbisse und Melonen zu günstigen Preisen. Die führenden Branchenriesen – u. a. Wal-Mart, Whole Foods, Subway und Safeway – profitieren von den Produkten, auf die sie sich verlassen.
Diese Konzerne behaupten, dass ihre mexikanischen Lieferanten für akzeptable Behandlung und Lebensbedingungen ihrer Arbeiter sorgen. Aber eine Recherche der Los Angeles Times macht deutlich, dass der Export-Boom für Tausende Farmarbeiter südlich der Grenze nichts als Ausbeutung und extreme Härte darstellt.
Schauen Sie bitte dazu das Video an: http://graphics.latimes.com/product-of-mexico-camps/.
Die Times stellte fest:
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Viele der Farmarbeiter werden faktisch monatelange in rattenverseuchten Camps festgehalten, meist ohne Bett, oft ohne funktionsfähige Toiletten oder verlässliche Wasserversorgung.
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Einige der Bosse halten die Gehälter der Arbeiter illegal zurück. Damit verhindern sie, dass diese während der Ernte das Lager verlassen können.
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Die Arbeiter müssen sich oft haushoch verschulden, um das Allernötigste in den Geschäften ihres Arbeitgebers zu überhöhten Preisen zu erwerben. Ist ihr Kreditlimit erreicht, müssen sie nach Nahrung suchen. Es ist keine Seltenheit, dass Arbeiter am Ende der Erntesaison mit leeren Taschen dastehen.
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Diejenigen, die ihren Schulden und den grausamen Lebensbedingungen entkommen wollen, werden durch Wachen und Stacheldrahtzäune vielfach unter Androhung von Gewalt davon abgehalten.
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Die führenden US-Firmen tun wenig, um ihre eigenen sozialen Richtlinien auch umzusetzen, in denen die einfachsten Rechte der Arbeiter wie saubere Wohnmöglichkeit und faire Löhne festgelegt wurden.
Bei den Arbeitern handelt es sich zumeist um Nachfahren der Ureinwohner aus den ärmsten Regionen Mexikos. Per Bus über Hunderte von Kilometern zu den riesigen Agrarbetrieben herangekarrt, arbeiten diese Menschen sechs Tage die Woche für ein tägliches Einkommen zwischen 8 und 12 Dollar.
Die armseligen Wohncamps, in denen sie untergebracht sind – nicht selten schlafen sie auf Kartons direkt auf dem Betonfußboden – gehören denselben Agrarbetrieben, die führende Wachstumstechniken und sanitäre Maßnahmen in ihren Feldern und Gewächshäusern umsetzen.
Der Kontrast zwischen der Behandlung der Produkte und der Menschen ist eklatant.
In hochtechnisierten Gewächshäusern werden die Arbeiter angewiesen, keimfreie Handschuhe zu tragen, und sie lernen, die Produkte fast zärtlich zu handhaben. Die Fingernägel müssen kurzgeschnitten sein, damit die Früchte makellos in den US-amerikanischen Supermärkten ankommen.
„Sie erwarten, dass wir uns überaus sorgfältig um die Tomaten kümmern, sie kümmern sich aber nicht um uns“, sagt Japolina Jaimez, eine Hilfskraft bei Rene Produce, der Tomaten, Paprika und Gurken im Nordwesten der Provinz Sinaloa anbaut. „Sie können ja selbst sehen, wie wir leben.“
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Er zeigt auf seine Kollegen und ihre Kinder, die in den Bewässerungskanälen baden, da die Duschen des Camps mal wieder kein Wasser führen.
Auf den Mega-Farmen, die die großen US-amerikanischen Handelsunternehmen beliefern, wurde zumindest die Kinderarbeit inzwischen unterbunden. Aber auf zahlreichen kleinen und mittelgroßen Farmen findet man immer noch Kinder auf den Feldern, die die Chilis, Tomatillos und andere Produkte ernten, die dann mithilfe von Mittelsmännern ebenfalls in den US-Märkten landen. Rund 100 000 Kinder unter 14 arbeiten für geringen Lohn beim Ernteeinsatz mit – so eine aktuelle Schätzung der mexikanischen Regierung.
Während ihrer 18-monatigen Recherche bereisten die Times-Mitarbeiter neun mexikanische Staaten, besuchten die dortigen Arbeitscamps der Farmen und interviewten Hunderte Arbeiter.
Bei der Hälfte der rund 30 Camps wurden die Gehälter der Arbeiter einbehalten, sodass diese gezwungen waren, vor Ort zu bleiben
Einige der übelsten Camps gehören zu Unternehmen, die von Regierung und Branche mit Lob bedacht worden waren. Mindestens zwei von ihnen wurden durch Enrique Peña Nieto, dem Präsidenten Mexikos, mit dem Titel „Exporter of the Year“ geehrt.
Dank der Exportdaten der mexikanischen Regierung, verschiedener Lebensmittelsicherheitsberichte unabhängiger Auditoren, einiger Pestizid-Studien und verschiedenster Interviews mit Firmen- und Branchenvertretern konnte die Times den Weg der Produkte vom Feld bis in die Regale der US-amerikanischen Supermärkte verfolgen.
Obwohl illegal, ist das Zurückhalten von Löhnen in Mexiko speziell bei indigenen Arbeitern gängige Praxis – das wurde von Regierungsverantwortlichen und durch einen Bericht des Federal Secretariat of Social Development bestätigt. Die Arbeiter verpflichten sich vertraglich für drei Monate und erhalten ihren Lohn erst am Ende der Vertragslaufzeit. Laut Gesetz sind wöchentliche Zahlungen vorgeschrieben.
Die Mitarbeiter der Times besuchten fünf große Exportfarmen, bei denen die Gehälter von Hunderten Arbeitern ebenfalls zurückgehalten wurden.
Wal-Mart, das größte Handelsunternehmen der Welt, bezieht Produkte direkt oder über Mittelsmänner von mindestens drei dieser Farmen. Die Times stellte fest, dass Bioparques de Occidente, der größte Produzent Mexikos im Bundesstaat Jalisco, nicht nur die Löhne zurückbehält, sondern Hunderte Arbeiter in Lagern gegen ihren Willen festhält. Wer fliehen will, wird zusammengeschlagen – so berichten Arbeiter aber auch Mitarbeiter mexikanischer Behörden.
Auf Nachfrage, wie man mit Bioparques und anderen Farmen, auf denen die Arbeiter ausgebeutet werden, zusammenarbeite, gab es seitens Wal-Mart folgende Aussage:
„Die Männer und Frauen in unserer Lieferkette sind für uns wichtig. Wir sind uns der Herausforderungen, die in unserer Branche noch bestehen, sehr bewusst. Wir wissen, dass die Welt sehr groß ist. Wir sorgen mit unseren Standards und Audits dafür, dass die Dinge weltweit besser werden, können aber nicht jeden Einzelfall erfassen, wo Menschen sich nicht korrekt verhalten.“
“Die Wahrheit ist, wir sind Arbeitstiere auf den Feldern.“ — Pasqual Garcia, Farmarbeiter
Bei Rene Produce in Sinaloa trafen die Times-Mitarbeiter auf hungrige Arbeiter auf der Jagd nach Abfall. Sie konnten es sich einfach nicht leisten, im Firmenladen einzukaufen.
Der Hersteller, der 2014 Tomaten im Wert von $55 Millionen exportierte, beliefert Supermärkte überall in den USA. Dazu gehört auch Whole Foods, die erst kürzlich mit einer ganzseitigen Werbeanzeige auf ihr Engagement für soziale Verantwortung aufmerksam gemacht haben.
In ihrem Kommentar zu der Situation sagte Whole Foods, dass man nicht erwarte, weitere Produkte „direkt“ von Rene zu erwerben, da dieser nur ein weniger bedeutender Lieferant sei.
Edmund LaMacchia, einer der Global Vice Presidents für Beschaffung bei Whole Foods sagte: „Wir nehmen Ihre Informationen sehr ernst, besonders da Rene unsere Vereinbarung in Bezug auf soziale Verantwortung unterschrieben hat.“
Rene Produce wurde im September als eines der Export-Unternehmen des Jahres in Mexiko gekürt. COO Jose Humberto Garcia sagte, dass man sich mit externen Fachleuten berate, wie man die Situation der Arbeiter verbessern könne: “Wir haben in den letzten Jahren versucht, das Leben der Arbeiter zu verbessern. Man kann natürlich noch mehr tun. Man kann immer noch mehr tun.“
Führungskräfte bei Triple H in Sinaloa, einem anderen Export-Unternehmen des Jahres und Distributor für die wichtigsten Supermarktketten in den USA sagte, dass man überrascht sei, von derart ausbeuterischen Arbeitspraktiken auf den Farmen wie Agricola San Emilio, einem der eigenen Lieferanten, zu erfahren.
„Es widerspricht sämtlichen unserer Richtlinien“, sagt Heriberto Vlaminck, Generaldirektor bei Triple H.
Sein Sohn Heriberto Vlaminck Jr., kaufmännischer Direktor des Unternehmens, ergänzt: „Es ist unglaublich, dass Menschen unter derartigen Bedingungen arbeiten müssen.“
In dem weiterführenden Artikel werden die Arbeits- und Lebensbedingungen auf unterschiedlichen Farmen und Camps detailliert beschrieben. Dabei kommen auch weitere Supermarktketten und Händler aus den USA sowie mexikanische Verantwortliche zu Wort. Letztlich lässt sich der Artikel sehr einfach pointiert zusammenfassen: das Freihandelsabkommen mit den USA bedeutet für die mexikanischen Arbeiter brutale Ausbeutung durch im Wesentlichen US-amerikanische Konzerne. Lassen wir es in Europa besser nicht soweit kommen.
Hardship on Mexico’s farms, a bounty for U.S. tables
Photography & Video by Don Bartletti
A Times reporter and photographer find that thousands of laborers at Mexico’s mega-farms endure harsh conditions and exploitation while supplying produce for American consumers.
The tomatoes, peppers and cucumbers arrive year-round by the ton, with peel-off stickers proclaiming „Product of Mexico.“
Farm exports to the U.S. from Mexico have tripled to $7.6 billion in the last decade, enriching agribusinesses, distributors and retailers.
American consumers get all the salsa, squash and melons they can eat at affordable prices. And top U.S. brands — Wal-Mart, Whole Foods, Subway and Safeway, among many others — profit from produce they have come to depend on.
These corporations say their Mexican suppliers have committed to decent treatment and living conditions for workers.
But a Los Angeles Times investigation found that for thousands of farm laborers south of the border, the export boom is a story of exploitation and extreme hardship.
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The Times found:
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Many farm laborers are essentially trapped for months at a time in rat-infested camps, often without beds and sometimes without functioning toilets or a reliable water supply.
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Some camp bosses illegally withhold wages to prevent workers from leaving during peak harvest periods.
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Laborers often go deep in debt paying inflated prices for necessities at company stores. Some are reduced to scavenging for food when their credit is cut off. It’s common for laborers to head home penniless at the end of a harvest.
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Those who seek to escape their debts and miserable living conditions have to contend with guards, barbed-wire fences and sometimes threats of violence from camp supervisors.
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Major U.S. companies have done little to enforce social responsibility guidelines that call for basic worker protections such as clean housing and fair pay practices.
The farm laborers are mostly indigenous people from Mexico’s poorest regions. Bused hundreds of miles to vast agricultural complexes, they work six days a week for the equivalent of $8 to $12 a day.
The squalid camps where they live, sometimes sleeping on scraps of cardboard on concrete floors, are operated by the same agribusinesses that employ advanced growing techniques and sanitary measures in their fields and greenhouses.
The contrast between the treatment of produce and of people is stark
In immaculate greenhouses, laborers are ordered to use hand sanitizers and schooled in how to pamper the produce. They’re required to keep their fingernails carefully trimmed so the fruit will arrive unblemished in U.S. supermarkets.
„They want us to take such great care of the tomatoes, but they don’t take care of us,“ said Japolina Jaimez, a field hand at Rene Produce, a grower of tomatoes, peppers and cucumbers in the northwestern state of Sinaloa. „Look at how we live.“
He pointed to co-workers and their children, bathing in an irrigation canal because the camp’s showers had no water that day.
At the mega-farms that supply major American retailers, child labor has been largely eradicated. But on many small and mid-sized farms, children still work the fields, picking chiles, tomatillos and other produce, some of which makes its way to the U.S. through middlemen. About 100,000 children younger than 14 pick crops for pay, according to the Mexican government’s most recent estimate.
During The Times‘ 18-month investigation, a reporter and a photographer traveled across nine Mexican states, observing conditions at farm labor camps and interviewing hundreds of workers.
At half the 30 camps they visited, laborers were in effect prevented from leaving because their wages were being withheld or they owed money to the company store, or both.
Some of the worst camps were linked to companies that have been lauded by government and industry groups. Mexico’s President Enrique Peña Nieto presented at least two of them with „exporter of the year“ honors.
The Times traced produce from fields to U.S. supermarket shelves using Mexican government export data, food safety reports from independent auditors, California pesticide surveys that identify the origin of imported produce, and numerous interviews with company officials and industry experts.
The practice of withholding wages, although barred by Mexican law, persists, especially for workers recruited from indigenous areas, according to government officials and a 2010 report by the federal Secretariat of Social Development. These laborers typically work under three-month contracts and are not paid until the end. The law says they must be paid weekly.
The Times visited five big export farms where wages were being withheld. Each employed hundreds of workers.
Wal-Mart, the world’s largest retailer, bought produce directly or through middlemen from at least three of those farms, The Times found.
Bosses at one of Mexico’s biggest growers, Bioparques de Occidente in the state of Jalisco, not only withheld wages but kept hundreds of workers in a labor camp against their will and beat some who tried to escape, according to laborers and Mexican authorities.
Asked about its ties to Bioparques and other farms where workers were exploited, Wal-Mart released this statement:
„We care about the men and women in our supply chain, and recognize that challenges remain in this industry. We know the world is a big place. While our standards and audits make things better around the world, we won’t catch every instance when people do things that are wrong.“
“ The real truth is that we’re work animals for the fields. — Pasqual Garcia, farmworkeR
At Rene Produce in Sinaloa, The Times saw hungry laborers hunting for scraps because they could not afford to buy food at the company store.
The grower, which exported $55 million in tomatoes in 2014, supplies supermarkets across the U.S., including Whole Foods, which recently took out full-page newspaper ads promoting its commitment to social responsibility.
Asked for comment, Whole Foods said it did not expect to buy any more produce „directly“ from Rene, which it described as a minor supplier.
The produce pipeline: A case study »
Agricola San Emilio is a Mexican agribusiness where workers endured abusive conditions. Using public records, private market data and interviews, The Times traced produce from San Emilio to the United States.
„We take the findings you shared VERY seriously, especially since Rene has signed our social accountability agreement,“ Edmund LaMacchia, a global vice president of procurement for Whole Foods, said in a statement.
Rene Produce was named one of Mexico’s exporters of the year in September.
Jose Humberto Garcia, the company’s chief operating officer, said Rene had consulted with outside experts about ways to enhance worker welfare. „We have tried in recent years to improve the lives of our workers,“ he said. „There’s still room for improvement. There’s always room for improvement.“
Executives at Triple H in Sinaloa, another exporter of the year and a distributor for major supermarkets across the U.S., said they were surprised to hear about abusive labor practices at farms including one of their suppliers, Agricola San Emilio.
„It completely violates our principles,“ said Heriberto Vlaminck, Triple H’s general director.
His son Heriberto Vlaminck Jr., the company’s commercial director, added: „I find it incredible that people work under these conditions.“
In northern Mexico, agro-industrial complexes stretch for miles across coastal plains and inland valleys, their white rows of tent-like hothouses so vast they can be seen from space.
Half the tomatoes consumed in the U.S. come from Mexico, mostly from the area around Culiacan, the capital of Sinaloa. Many farms use growing techniques from Europe. Walls of tomato vines grow 10 feet tall and are picked by laborers on stilts.
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Thanks to Los Angeles Times
Netzfrau Andrea Escher
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