Draghi, Staatsanleihen und Deflation.. Das alles sagt Ihnen nichts? Gar nicht schlimm: Wir erklären Ihnen diese Begriffe ganz einfach.
Für hunderte Milliarden Euro will die Europäische Zentralbank Staatsanleihen kaufen. Das soll die Konjunktur ankurbeln und in der Euro-Zone für Preisstabilität sorgen. Banken wie beispielsweise die Europäische Zentralbank kaufen massenhaft Staatsanleihen. Das führt kurzfristig dazu, dass das betreffende Land wieder liquide ist.
Der EZB-Rat hat heute über den umstrittenen Kauf von Staatsanleihen im großen Stil beraten. Die EZB wird von März 2015 bis Ende September 2016 monatlich für 60 Milliarden Euro Staatsanleihen und andere Wertpapiere aus den Euroländern kaufen. Das sagte EZB-Chef Mario Draghi. Diese Anleihenkäufe waren schon im Vorfeld umstritten. Wir erklären Ihnen warum.
In der letzten Woche gab Generalanwalt Pedro Cruz Villalonin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) bekannt, dass die Europäische Zentralbank Staatsanleihen grundsätzlich kaufen darf. Ein entsprechendes Programm der Notenbank sei rechtmäßig, so der Generalanwalt in seinem Gutachten (Rechtssache C-62/14). Damit bestätigte er die bisherige Krisenpolitik der EZB. Konkret ging es um einen Beschluss der Notenbank vom September 2012. Die EZB hatte damals angekündigt, notfalls unbegrenzt Anleihen von Euro-Krisenstaaten zu kaufen. Kommen Sie noch mit? Wenn nicht, kein Problem.
Für die Staaten hat das den angenehmen Effekt: Die Zinsen auf ihre Schuldtitel gehen wegen der zusätzlichen Nachfrage durch die Notenbanken weiter zurück und das Schuldenmachen wird billiger. Für Banken, die Euro-Staatsanleihen besitzen, ergibt sich ein Kursgewinn. Sie kauften die Anleihen vorher, als sie noch nicht so gefragt waren, zu einem niedrigeren Kurs und stehen jetzt besser da. Klingt gut – oder?
Die EZB hofft, dass die Staaten ihre Vorteile für mehr Investitionen nutzen und die Banken mit ihren Gewinnen mehr Kredite ausgeben. Das könnte dann wieder das Wachstum ankurbeln, das ja alle verzweifelt suchen. Das wäre auch wichtig, sagt Mario Draghi. Er ist der Chef der Europäischen Zentralbank. Es geht darum, die Gefahr einer Deflation zu verringern; denn die EZB fürchtet, dass ein solcher Preisverfall auf breiter Front möglich ist. Hm.. Wovon spricht er? Also versuchen wir, das nun zu erklären.
Mario Draghi
Erst einmal zu Mario Draghi, Mister EZB, der gute Kontakte zu anderen Bankern hat, besonders zu denen von Goldman Sachs. Die Liste seiner „besonderen“ Freunde können Sie in unseren Beitrag “Group of Thirty” – Mario Draghis verschwiegene Freunde sehen.
Mario Draghi ist ein italienischer Bankmanager und Wirtschaftswissenschaftler. Er war von 2006 bis 2011 Präsident der Italienischen Nationalbank und ist seit dem 1. November 2011 Präsident der Europäischen Zentralbank.
Bleiben wir in Italien, da kennt er sich ja aus.
Die Statistik zeigt die Staatsverschuldung in Italien von 2004 bis 2014. Die Angaben beziehen sich auf den Gesamtstaat und beinhalten die Schulden des Zentralstaats, der Länder, der Gemeinden und Kommunen sowie der Sozialversicherungen. Im Jahr 2013 betrug die Staatsverschuldung Italiens geschätzt rund 2,07 Billionen Euro.
Wir Netzfrauen fragten uns bereits im Dezember 2013: Italien, das zweite Zypern?
INFOBOX
Aus unserem Beitrag: Italien, das zweite Zypern?
Der Finanzbedarf des italienischen Staats ist weiter hoch. In den kommenden drei Jahren wird die durchschnittliche jährliche Verschuldung des „Bel Paese” weit höher sein als im Rest der Euro-Zone. Im kommenden Jahr werden Anleihen in Höhe von 326 Mrd. € fällig, hinzu kommen Zinszahlungen von fast 58 Mrd. €. Da die Banken mit einem Anteil von 23 % zu den wichtigsten Anleihen-Investoren zählen, bemüht sich der italienische Staat darum, neue Investoren zu mobilisieren. Dabei sind vor allem inländische Privatanleger beliebt, da diese typischerweise Obligationen bis zum Verfall halten und – anders als ausländische Investoren – in schwachen Marktphasen nicht mit raschen Verkäufen reagieren. Eine tiefere Volatilität wäre das Ergebnis.
Schon seit Ausbruch der Schuldenkrise versucht die Schuldenverwaltung Italiens, primär inländische Privatanleger als Investoren zu gewinnen. Werbekampagnen, bei denen die Fussball-Nationalmannschaft zum Einsatz kommt, appellieren an den Patriotismus der potenziellen Obligationäre. Siehe: Italien, das zweite Zypern?
Deflation einfach erklärt
Was sind Staatsanleihen?
Damit Staaten ihr Kapital aufbessern können, geben sie Anleihen aus und erhalten dafür einen Kredit. Eine Anleihe kann gehandelt werden und besitzt immer einen festen Wert, einen bestimmten Zinssatz sowie eine gewisse Laufzeit. Letzteres ist sowohl für das Risiko auf Seiten des Anlegers als auch für den Zins ausschlaggebend, denn mit zunehmender Laufzeit erhöhen sich Zins und Risiko. Ebenso viel Einfluss besitzt das Ansehen des Schuldners: Je schlechter es ist, desto höher fällt das Risiko für den Anleger aus und desto höher steigt der Zinssatz. Zudem spielt die Bonität eines Staates eine entscheidende Rolle. Bonitätsschwache Länder können nur mit extrem hohen Renditen einen Anreiz für Anleger schaffen.
Wer stellt die Bonität fest?
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Warum schalten die Netzfrauen Werbung?
Es sind die Rating-Agenturen, die versuchen, das Ausfallrisiko einzelner Staaten richtig einzuschätzen. Dieser Prozess ist kompliziert und langwierig und verläuft im Prinzip so, als ob Ihre Kreditwürdigkeit überprüft wird.
Auch Staaten wie Deutschland, Frankreich oder Italien benötigen Kapital, um ihre Haushalte oder andere Projekte zu finanzieren. Also leihen sie sich im Prinzip Geld durch die Ausgabe von Staatsanleihen. Der Käufer dieser Anleihen wird durch den Kauf Gläubiger und der Staat Schuldner, der die Verzinsung und die Rückzahlung gewährleistet. Die Forderung des Gläubigers gegenüber dem Schuldner ist in einer Urkunde, der Anleihe, verbrieft.
Wie das funktioniert – einfach und lustig erklärt
Mandy besitzt eine leider nicht sehr erfolgreiche Kneipe in Berlin-Kreuzberg. Um den Umsatz zu steigern, beschließt sie, die Getränke der Stammkundschaft (hauptsächlich alkoholkranke Hartz-IV-Empfänger) auf den Deckel zu nehmen, ihnen also Kredit zu gewähren.
Das spricht sich in Kreuzberg schnell herum und immer mehr Kundschaft drängt sich in Mandys Bar. Da die Kunden sich um die Bezahlung keine Sorgen machen müssen, erhöht Mandy die Preise für Bier und Schnaps und steigert damit auch massiv ihren Umsatz.
Der junge und dynamische Kundenberater der lokalen Bank bemerkt Mandys Erfolg und bietet ihr eine unbegrenzte Kreditlinie an.
Um die Deckung macht er sich keinerlei Sorgen, er hat ja die Schulden der Trinker als Deckung. Zur Refinanzierung – eine Bank muss ja ihr Geld irgendwo herkriegen – taufen top-ausgebildete Investmentbanker die Bierdeckel in verbriefte Schuldverschreibungen um, nennen sie SUFFanleihen, ALKanleihen und KOTZanleihen.
Diese Papiere laufen unter der modernen Bezeichnung SPA (Super Prima Anleihen) und werden bei einer usbekischen Online-Versicherung per E-Mail abgesichert.
Daraufhin werden sie von mehreren Rating-Agenturen mit ausgezeichneten Bewertungen versehen. Niemand versteht zwar, was die Abkürzungen bedeuten oder was genau diese Papiere beinhalten, aber dank steigender Kurse werden diese Konstrukte ein Renner für Hedgefonds und Banken.
SPA ist ein Hit, Vorstände und Investmentspezialisten der Bank erhalten Boni im dreistelligen Millionenbereich.
Eines Tages, obwohl die Kurse immer noch steigen, stellt ein Risiko-Manager (der später wegen seiner negativen Grundeinstellung selbstverständlich entlassen wurde) fest, dass es an der Zeit sei, die ältesten Deckel von Mandys Kunden langsam abzukassieren („fällig zu stellen“ nennen das die Banker).
Überraschenderweise können weder die ersten noch die folgenden Kneipenkunden ihre Schulden bezahlen, von denen viele inzwischen ein Vielfaches ihres Jahreseinkommens betragen,.
SUFFANLEIHEN, ALKANLEIHEN und KOTZANLEIHEN verlieren 98 %. Mandys Kneipe geht pleite. Der Wein- und der Schnapslieferant gehen Konkurs.
Beide hatten sich von Mandy lange und gerne mit Super Prima Anleihen bezahlen lassen. Der Bierlieferant wird wegen der besonderen Bedeutung der Bierindustrie vom Staat teilweise entschuldet und von einer amerikanischen Investorengruppe übernommen.
Die Bank wird durch den Staat mit Steuergeldern gerettet. Der Bankvorstand verzichtet für das abgelaufene Geschäftsjahr auf den Bonus.
Jetzt verstanden?
Seit der Finanzkrise 2007 und der sich anschließenden Euro-Schuldenkrise 2009 hat sich die Wirtschaft im Euro-Raum nicht wieder richtig erholt. Vor allem der Wirtschaft innerhalb der südeuropäischen Krisenländer fehlt das Wachstum. Hohe Arbeitslosenquoten vor allem unter Jugendlichen machen da wenig Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Zur Erinnerung:
Von Irland bis Spanien, von Großbritannien bis Zypern: Die Banken haben mit ihren Problemen ganz Europa in Geiselhaft genommen. Die Steuerzahler haben dafür bereits 1 600 000 000 000 Euro geblecht.
1,6 Billionen: das ist so, als müsste jeder einzelne Deutsche 20 000 Euro zahlen.
Die Finanzkrise ist eine gigantische Umverteilung vom Steuerzahler zu jener Minderheit von Bonibankern und Bankaktionären, die in guten Zeiten von den gefährlichen Geschäften profitierten, für die sie im Nachhinein selten haften. Im Gegenteil, während die Bürger sparen müssen, lassen sich die Zocker AGs diese mit Millionen versüßen. 2012 verdienten 3529 europäische Banker jeweils mehr als eine Million Euro! Siehe: Finanzkrise: Europäische Banker lassen sich ihre Schandtaten mit Millionen versüßen
Die Europäische Zentralbank (EZB) will sich von Blackrock beraten lassen, doch schauen wir uns diesen Konzern einmal genauer an.
EZB-Präsident Mario Draghi hatte Ende August 2014 erklärt, BlackRock Solutions, eine Sparte von BlackRock, werde die EZB beraten. Wir haben Ihnen die BlackRock bereits schon vorgestellt: BlackRock – Wer regiert die Welt wirklich? Vier Billionen gegen Deutsche Bank. Hier noch einmal ein Auszug aus unserer Recherche:
BlackRock – Investieren in eine neue Welt.
Blackrock ist unvorstellbar groß, größer als die Deutsche Bank, Goldman Sachs oder JP Morgan zusammen. Der Finanzkonzern verwaltet vier Billionen Dollar. Und als größter Einzelaktionär haben sie eingekauft, darunter BASF, Daimler, Lufthansa und die Deutsche Bank.
Deutschland und Österreich zählen zu den strategischen Kernmärkten von BlackRock. Derzeit verwaltet BlackRock weltweit über 1000 Fonds, von denen in Deutschland und Österreich über 200 Fonds Privatanlegern zur Verfügung stehen. Mit einem verwalteten Vermögen von 4,324 Billionen US-Dollar per 31. Dezember 2013 wurde BlackRock zum weltweit größten Vermögensverwalter. Lesen Sie dazu: Gigantische Bankenrettung ganz aktuell!
Was aus der Catalunya Banc in Spanien wurde: Diese war 2011 im Zuge von Kreditausfällen ins Trudeln geraten und musste verstaatlicht werden, lesen Sie bitte hier: Das große Fressen: Blackstone und der Ausverkauf von Spanien, Spanien investierte 12,6 Milliarden Euro zur Rettung der Bank und im Dezember 2012 bekam Spanien zur Rettung seiner Banken insgesamt 39 Milliarden Euro von den Euro-Partnern.
Haben Sie nun noch Fragen?
Das Schöne an der Börse sei, lobte einst Altmeister André Kostolany, dass sich dort tausend Prozent gewinnen, aber nur hundert Prozent verlieren ließen. Genauso funktioniert das auch in den Kasinos dieser Welt, dort verschwindet aber das Geld zumindest mit Glamour.
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