TOP: Kalifornien will Pestizid-Einsatz einschränken – State puts limits on a pesticide used for strawberries and other crops

Pestizide Kalifornienzur englischen Version Kalifornien ist der Fruchtgarten der USA – Allein etwa 400 verschiedene Sorten Gemüse, Obst und Getreide werden in Kalifornien angebaut. Kein anderer Bundesstaat in den USA hat größere landwirtschaftliche Erträge. Kalifornien – der Fruit Belt, der Fruchtgarten der USA – ist eine der produktivsten Agrarregionen der Welt.

Denn dank seines streckenweise sehr milden Klimas gedeihen hier Zitrusfrüchte, Avocados und Weintrauben. Hier ist es nicht nur sehr oft sonnig, sondern auch sehr warm bis heiß.

Allerdings muss künstlich bewässert werden. Wo nichts bewässert wird, ist im Sommer alles braun verbrannt. Der US-Staat Kalifornien leidet seit drei Jahren unter der schlimmsten Dürre seit fast vierzig Jahren.  Nach dem Ausbleiben der Regenfälle sanken die Wasservorräte in Flüssen und Reservoiren auf einen Tiefstand.

Doch nicht nur die künstliche Bewässerung der Felder bereitet den dortigen Bewohnern Sorgen, sondern auch der extreme Einsatz von Pestiziden. Wir waren vor Ort und sahen, dass die Erdbeeren direkt vom Feld eher Sondermüll und auf Grund der Pestizide zum Essen nicht geeignet waren.

Kalifornien schränkt nun den Einsatz von Pestiziden ein. Es ist auch dringend erforderlich. Besser wäre es sogar, sie ganz zu verbieten, doch auch hier ist die Macht der Agrarlobby groß. So übernahm Monsanto den kalifornischen Produzenten von Obst- und Gemüsesaatgut Seminis im Jahr 2005 für 1,4 Milliarden US-Dollar.

Eine im Juni 2014 veröffentlichte US-Studie zeigt, dass Schwangere, in deren Nachbarschaft Pestizide eingesetzt werden, ein erhöhtes Risiko haben, autistische Kinder zu bekommen. Das Risiko einer Autismus-Erkrankung ist um zwei Drittel erhöht, wenn die Mutter während der Schwangerschaft in der Nähe landwirtschaftlicher Betriebe lebte, in denen Pestizide eingesetzt werden.  Außerdem besagt eine andere Studie, dass es erhebliche Entwicklungsverzögerungen (DD) bei kleinen Kindern hervorruft. Davon sind 3,9 % aller Kinder im Alter zwischen 3 bis 10 Jahre betroffen, etwa 1,7 Mal häufiger bei Jungen als Mädchen. (Boyle et al. 2011 ).PDF-Symbol PDF-Version (175 KB). Wir Netzfrauen veröffentlichten erst kürzlich einen Beitrag, der sich mit dem Thema Autismus und Pestizide beschäftigt. Lesen Sie dazu: 2050 werden die Hälfte der Kinder unter Autismus leiden – Half of All Children Will Be Autistic by 2050. Die Forscher verglichen die Wohnorte von rund tausend Müttern autistischer Kinder im US-Bundesstaat Kalifornien mit örtlichen Daten über den kommerziellen Einsatz von Pestiziden. Bei den Müttern handelte es sich um rund tausend Teilnehmerinnen einer Autismus-Studie.

Auf Grund der intensiven Diskussionen rund um TTIP könnte man den Eindruck gewinnen, in den USA sei man begeistert vom Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und GVOs. Weit gefehlt. Auch die US-Amerikaner sind besorgt und engagieren sich für bessere Umweltbedingungen. Der Artikel von Tony Barboza, den wir für Sie übersetzt haben, ist eines der positiven Signale dafür, dass das dortige Engagement Wirkung zeigt.

Kalifornien beschränkt Einsatz von Pestiziden bei Erdbeeren und anderen Feldfrüchten

Farmer in Kalifornien müssen den Einsatz von Pestiziden, die fast mit Tränengas vergleichbar sind, zukünftig auf Erdbeerplantagen und anderen Feldern einschränken. Die neuen Regeln sollen Landarbeiter und Anwohner bzw. Schulen in der Nähe von landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen schützen.

88 % der Erdbeeren des Landes kommen aus Kalifornien, speziell aus den Küstenregionen von Monterey, Santa Barbara, Santa Cruz und Ventura mit den entsprechenden Klimabedingungen. Die Bevölkerung in diesen Gegenden wuchs, Wohnbezirke und landwirtschaftliche Flächen stoßen immer enger aufeinander. Damit erhöhten sich laut Mitarbeitern der dortigen Behörden die Gesundheitsrisiken durch Pestizide, die durch die Luft in die Wohnbezirke, Schulen und Büros getragen werden.

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Chloropicrin ist ein äußerst irritierendes Mittel, das sich mit Tränengas vergleichen lässt. Laut dem  U.S. Center for Disease Control and Prevention kam dieser Stoff als Chemiewaffe im ersten Weltkrieg zum Einsatz. Erdbeerfarmen nutzen Choropicrin bereits seit Jahrzehnten, die Anwendung wurde in den letzten Jahren jedoch noch weiter erhöht. Es handelt sich um eine Alternative für Methylbromid, dessen Nutzung aufgrund internationaler Vereinbarungen sukzessive untersagt wurde.

9 Millionen Pfund Chloropicrin wurde allein 2012 auf die Felder gebracht, aktuellere Daten liegen derzeit nicht vor.

Zwischen 2002 und 2011 gab es nach offiziellen Aufzeichnungen des Bundesstaats 787 Menschen, deren Symptome wie tränende Augen, Lungenstörungen, Husten und Kopfweh, sich darauf zurückführen lassen, dass sie Chloropicrin ausgesetzt waren. Die Interessensgruppen gehen davon aus, dass die Zahl der Betroffenen deutlich höher liegt, da zahlreiche Erkrankte nicht im Bericht erfasst wurden.

Nach einer Untersuchung durch staatliche Stellen, die die gesundheitlichen Auswirkungen analysierten, begannen die Regulierungsbehörden 2010 mit der Definition strengerer Regeln für den Einsatz von Chloropicrin und folgten damit der Empfehlung, die das Belastungsrisiko durch Einschränkung der Konzentration in der Luft forderte.

„Die Rechte eines Farmers umfassen nicht die Berechtigung, andere zu schädigen“, sagt Brian Leahy, Direktor des Department of Pesticide Regulation. „Ein Teil der Kosten, die in der Landwirtschaft anfallen, sind notwendig für Schutzmaßnahmen. So wird sichergestellt, dass niemand geschädigt wird.“

Landarbeiter und Umweltschutzgruppen sagen, dass die neuen Regelungen ein Schritt in die richtige Richtung darstellen, die Empfehlungen der Wissenschaftler aber nicht ausreichend umgesetzt worden sind.

„Die Pufferzonen sind zu klein, um Anwohner, Arbeiter und Schulkinder zu schützen“, sagt Anne Katten, die sich bei der California Rural Legal Assistance Foundation um die Themen Pestizide und Arbeitssicherheit kümmert. „Langfristig müssen der Einsatz von Chlorpicrin und anderen hochgiftigen Substanzen beendet und alternative, sichere und nachhaltige Methoden eingeführt werden, um Bodenkrankheiten zu verhindern.“

Laut Aussagen von Industrievertretern könnten die Regeln zu Preiserhöhungen führen.

„Landwirte in Kalifornien unterliegen bereits härteren Gesetzen als Farmer in anderen Staaten. Diese neuen Regeln führen zu weiteren Kosten – inklusive der 20 Millionen Dollar im Jahr für den Erwerb neuer Planen“, sagt die Sprecherin der California Strawberry Commission Carolyn O’Donnell. Die Agentur repräsentiert eine Branche mit rund 2-3 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr.

Die Regeln werden nahezu jedes Erdbeerfeld betreffen, die jedes Jahr vor der Bepflanzung begast werden und zu rund 70 % des Chloropicrin-Verbrauchs führen. Darüber hinaus wird das Pestizid zum Schutz vor verschiedenen Erkrankungen bei Himbeeren, Mandeln, Paprika, Tomaten und Melonen eingesetzt.

Bei einem Unfall 2012 erkrankten 15 Bewohner und 2 Feuerwehrleute aus dem Bezirk Ventura an Augenstörungen, da das ausgebrachte Chloropicrin die Luft belastete. Im Jahr 2005 klagten über 300 Personen in Monterey über brennende und tränende Augen, Nasenirritationen, Husten und Kopfweh. Die Ursache war der Wind, der das Chloropicrin von den Feldern in die Wohnbezirke getragen hatte.

Ein Bericht des California Department of Public Health aus dem vergangenen Jahr stellt fest, dass Chloropicrin dasjenige Pestizid mit gesundheitlichen Belastungen ist, das am häufigsten in Umkreis einer Viertelmeile von öffentlichen Schulen angewendet wird.

Hier endet die Übersetzung, jedoch wollen wir Ihnen von dem „Fruchtgarten der USA“ einen kleinen Einblick geben. Es ist in der Tat so, dass massenweise Pestizide eingesetzt werden. Bei unserer Vor-Ort-Recherche sahen wir viele Arbeiter, die ungeschützt auf Erdbeerfeldern arbeiteten. Zur Kostprobe kauften wir direkt bei einem Feld Erdbeeren und  stellten fest, dass sie auf den Sondermüll gehören. Sie waren nicht genießbar, denn es war so, als hätte man diese erst kurz vorher mit Pestiziden behandelt. Was nicht künstlich bewässert wird, hat schon längst die grüne Farbe verloren.

Aber nicht nur Erdbeeren werden mit Pestiziden behandelt, nein, auch die Weinfelder und ebenso auf den Orangen-Plantagen kommen Pestizide zum Einsatz. Gerade die Orangen-Plantagen, wenn die Bäume ihre Blütenpracht zeigen, sind wunderschön, doch auch hier wäre es ratsam, eine Gasmaske aufzusetzen. Der Duft der Blüten war ein Traum, aber der Pestizide-Gestank ein Albtraum. Wir könnten Ihnen noch viele Videos zeigen, aber anhand dieser Beschreibung können Sie sich sicher auch so vorstellen, welche katastrophale Auswirkung dieser extreme Pestizid-Einsatz für Mensch, Tier und Natur hat. Bienen und sonstige Insekten haben wir auf unserer Reise nicht gesehen.

Daher begrüßen wir die Entscheidung von Kalifornien, endlich den Einsatz von Pestiziden einzuschränken, aber besser wäre es, dieses ganz zu verbieten. Vieles erledigt sich allerdings von ganz allein, denn die Böden sind zum Teil nicht mehr zu bewirtschaften und auf Grund des Wassermangels können diese enormen Felder auch nicht mehr künstlich bewässert werden. Die Natur hat ihre eigenen Gesetze, dieses müssen auch die USA schmerzlich feststellen. Die Aufnahmen stammen aus dem Monat April 2012.

State puts limits on a pesticide used for strawberries and other crops

Los Angeles Times January 14,2015

Pestizide Kalifornien 1

California farmers must restrict their use of a tear gas-like pesticide applied to strawberries and other crops under new rules designed to protect farmworkers and people who live, work and go to school near agricultural fields.

California produces about 88% of the nation’s strawberries, mostly in temperate coastal regions, including Monterey, Santa Barbara, Santa Cruz and Ventura counties. The population in those areas has grown, pushing residents and agricultural fields closer together and increasing health risks from pesticides drifting into neighborhoods, schools and work sites, state officials said.

Chloropicrin is „an irritant with characteristics of a tear gas“ that was manufactured as a chemical warfare agent during World War I, according to the U.S. Centers for Disease Control and Prevention. Strawberry growers have applied chloropicrin for decades, but its use has increased in recent years as an alternative to methyl bromide, which is being phased out under an international treaty.

California growers applied more than 9 million pounds of chloropicrin in 2012, the most recent year for which data are available.

From 2002 to 2011, 787 people suffered symptoms including watery eyes, irritated lungs, coughing and headaches as a result of exposure to chloropicrin gas, state records show. Advocacy groups say the number of incidents is probably higher because many illnesses are not reported.

State pesticide regulators began drafting more stringent rules for chloropicrin after completing a 2010 health review that recommended reducing the risk of human exposure to the pesticide by limiting its airborne concentration.

„The right to farm does not include the right to harm,“ said Brian Leahy, director of the Department of Pesticide Regulation. „Part of the cost of doing business is putting protective measures in place that ensure that no one is getting hurt.“

Farmworker and environmental advocacy groups said that the new rules for chloropicrin are a step in the right direction, but that they fall short of scientists‘ recommendations.

„The buffers are not large enough to protect residents, workers and schoolchildren,“ said Anne Katten, who monitors pesticide and worker safety for the California Rural Legal Assistance Foundation. „The long-term solution is to phase out the use of chloropicrin and other high-toxicity soil fumigants and move to alternative measures to control soil pests that are safer and more sustainable.“

Industry groups said the rules could raise produce prices.

„California farmers already follow stricter regulations than farmers in any other state, and these added regulations equal added costs,“ including up to $20 million a year to purchase new tarps, said Carolyn O’Donnell, spokeswoman for the California Strawberry Commission, a state government agency that represents the $2.3-billion industry.

The rules will affect mostly strawberry fields, which are fumigated each year before planting and account for about 70% of all chloropicrin use, according to the state. The pesticide is also used to protect raspberries, almonds, peppers, tomatoes and melons against a variety of pests and diseases.

In a 2012 incident, 15 Ventura County residents and two firefighters reported eye irritation after chloropicrin that was applied on a strawberry field drifted into the air. More than 300 people in Monterey County experienced burning and tearing eyes, nose irritation, coughing and headaches in 2005 when the wind carried chloropicrin from a field into a residential area.

A report last year by the California Department of Public Health found that chloropicrin is the agricultural pesticide of health concern that is applied most heavily within one-quarter of a mile of public schools.

tony.barboza@latimes.com

Netzfrauen Andrea Escher  (Übersetzung) und Doro Schreier (Zusatzinformationen)

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