Alte Medikamente für den vierzigfachen Preis und teure neue Arzneien nicht ohne Risiko

TaNeue Medikamente  sind im Schnitt 25 Prozent teurer als herkömmliche. Ein bewährtes Krebsmedikament wird unter neuen Namen als Mittel gegen Multiple Sklerose wieder auf den Markt gebracht – für den vierzigfachen Preis!

Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes hat unter anderem das Ziel, die Verordnung von Medikamenten ohne erkennbaren Mehrnutzen im Vergleich zu etablierten Arzneien zu senken. Doch der AMNOG-Report der DAK-Gesundheit zeigt aktuell, dass solche Medikamente noch immer häufig verordnet werden, „auch wenn ihnen kein therapeutischer Fortschritt bescheinigt wird.“

Wie hier zu Lasten aller Patienten getrickst wird, möchten wir in diesem Beitrag aufzeigen.

Medikamente: Neu heißt nicht besser

Trotz gesetzlicher Neuregelung verschreiben die Ärzte weiter Medikamente, deren Nutzen die Wirksamkeit älterer und preiswerter Arzneien nicht übersteigt. Das geht aus einer Studie der DAK hervorgeht. Danach würde die „kritische wissenschaftliche Bewertung der Präparate ein anderes Verordnungsverhalten der Ärzte erwarten lassen“, sagte DAK-Chef Herbert Rebscher bei der Vorstellung des Reports in Berlin.

In dem Bericht kommt die Kasse zu dem Schluss, dass das 2011 beschlossene Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarkts (AMNOG) sich zwar grundsätzlich bewährt hat, es aber dennoch Schwachstellen aufweist. Es sollte unter anderem die Verordnung von neuen und damit teureren Medikamenten ohne Zusatznutzen im Vergleich zu den eingeführten verringern – zum Vorteil der Patienten aber auch der Krankenkassen.

58 Wirkstoffe im Test

Für die Untersuchung hat die DAK 58 Wirkstoffe untersucht, die zwischen 2011 und 2013 neu auf den Markt gekommen sind. Davon wies laut DAK aber nur jeder zweite neu zugelassene Arzneimittelwirkstoff einen Zusatznutzen auf, obwohl auch diese Medikamente häufig von Ärzten verschrieben würden.

Seit 2011 werden neue Medikamente auf ihren Zuatznutzen getestet. Dieser bestimmt dann den Preis.

Beispielsweise habe die Prüfung des Multiple-Sklerose-Mittels Fampyra ergeben, dass es keinen Nutzen hat, der über den älterer Medikamente hinausgeht. Dennoch habe sich der Umsatz des Präparats in den folgenden zwei Jahren verdoppelt.

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Warum schalten die Netzfrauen Werbung?

Warum die Ärzte neue Mittel verschreiben, obwohl damit keine Verbesserung für den Patienten zu erwarten ist, bleibt aber offen. Rebscher zufolge könnten Informationsmängel ein Grund sein: „Die kritische wissenschaftliche Bewertung der Präparate würde eigentlich ein anderes Verhalten der Mediziner erwarten lassen.“  Hier die vollständige Pressemitteilung: Arzneimittel ohne Mehrwert werden trotzdem verordnet

Die Pharmakonzerne entwickeln immer mehr hochwirksame, aber sündhaft teure Medikamente. Für die Arznei Yervoy zur Behandlung von Hauttumoren etwa verlangt der US-Hersteller Bristol-Myers Squibb knapp 16 000 Euro pro Packung.

Wie kommt der Abgabepreis für verschreibungspflichtige Arzneimittel zustande?

Die Pharmaindustrie erwirtschaftet die höchsten Renditen aller Branchen, sie beherrscht die medizinische Forschung, verkauft teure Medikamente, über deren Unwirksamkeit und Gefahren sie längst Bescheid weiß. Immer wieder werden negative Studienergebnisse über produzierte Medikamente verheimlicht.

Im Jahr 2014 dürften im weltweiten Pharmamarkt etwa 1,1 Bio. US-$ (748 Mrd. €) umgesetzt werden, so das IMS Institute for Health Informatics. Die USA zeichnen dabei für mehr als ein Drittel des gesamten Marktvolumens verantwortlich, gefolgt von der EU und Japan. [Siehe: „Die Top 10 der Pharmakonzerne:Die Gesundheit (Krankheit) des Menschen ist ein einträgliches Geschäft“]

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Das Pharmaunternehmen kann seinen Verkaufspreis für Arzneimittel zunächst frei bestimmen. Apotheken und der Großhandel erheben auf ihre Einkaufspreise Zuschläge. Der Staat schreibt nur die Höhe der Zuschläge vor, mit denen die Leistungen des pharmazeutischen Großhandels und der Apotheken vergütet werden. Die Zuschläge werden auf den Abgabepreis des Herstellers erhoben. Für ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel gilt immer der gleiche Zuschlag, egal in welcher Apotheke das Arzneimittel verkauft wird. Der Zuschlag, den die Apotheken erheben dürfen, beträgt drei Prozent des Einkaufspreises. Hinzu kommt ein Fixbetrag von 8,35 Euro je Packung zuzüglich 16 Cent zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes. Der Großhandel erhält seit dem 01. Januar 2012 einen prozentualen Aufschlag von 3,15 Prozent je Packung, höchstens jedoch 37,80 Euro zuzüglich eines Festzuschlages je Packung von 70 Cent, um die Beschaffung, Bevorratung und Verteilung von Arzneimitteln von den Herstellern an die Apotheken zu vergüten. Deshalb hat ein bestimmtes rezeptpflichtiges Arzneimittel in jeder Apotheke den gleichen Preis, egal ob in der Stadt, auf dem Land oder auf der Insel.
Quelle

Wie man mit alten Medikamenten noch mal ganz neu Geld verdienen kann

Weil der französische Pharmakonzern Sanofi (#6 der TOP 10 – Umsatz: 32,95 Mrd. €) sein einstiges Leukämiemittel Lemtrada jetzt für Multiple-Sklerose-Patienten vermarktet, kostet der Wirkstoff das 40-fache. Bereits Anfang November 2013 hatte die FDA Sicherheitsbedenken angemeldet und vor möglicherweise tödlichen Risiken des Mittels gewarnt, das auch unter dem Namen Alemtuzumab bekannt ist.

Sanofis US-Tochter Genzyme habe nicht zeigen können, dass der Nutzen des Mittels die ernstzunehmenden Risiken überwiege, erklärte die FDA im Dezember 2013. Vor einer Zulassung seien weitere Untersuchungen nötig.

Die FDA hat Sanofis ergänzenden Antrag angenommen, teilte das Unternehmen im Mai 2014 mit. Ein 6-Monats-Berichtszeitraum wurde gestartet, eine endgültige Entscheidung ist im vierten Quartal dieses Jahres zu erwarten. Sollte das Medikament zugelassen werden, dürfte wieder mit einem enormen Umsatz gerechnet werden. Quelle

Um den Milliardenmarkt der Blutverdünner ist ein heftiger Kampf entbrannt.

Bislang war die Therapie günstig, denn für die alten Mittel ist der Patentschutz längst abgelaufen. Eine Jahrestherapie damit kostet gerade mal um die 60 Euro. Die neuen Medikamente sind 20 Mal teurer, ein gigantischer Kostenschub für die Krankenkassen.
Bislang nehmen die Patienten ein Mittel zur Blutverdünnung einen anderen Wirkstoff, am bekanntesten ist das Mittel Marcumar. Doch dabei muss regelmäßig Blut abgenommen werden, um die Wirkung zu kontrollieren. Bei den neuen Präparaten sei dies nicht nötig.

Ein wichtiges Werbeargument der Hersteller:

»Bei Pradaxa ist es nicht erforderlich, die Blutgerinnung regelmäßig zu prüfen. Es ist auch nicht erforderlich, die Dosis immer wieder anzupassen.«

Die Verschreibungszahlen steigen: Bei Pradaxa um rund 80, bei Xarelto von Bayer sogar um mehr als 200 Prozent. Experten wie Prof. Wolf-Dieter Ludwig sind der Meinung, die neuen Mittel sollten nur in bestimmten Fällen eingesetzt werden, etwa wenn die alten nicht vertragen werden.

Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft:

»Da wir kein Gegenmittel haben, ist es dann möglicherweise sogar mit schwerwiegenden Komplikationen verbunden. Und ich denke, dass wir langfristig, wenn wir weitere Daten haben, aus sogenannten Registern, also Langzeitbeobachtungen unter Alltagsbedingungen, möglicherweise sehen werden, dass das Blutungsrisiko möglicherweise höher ist oder gleich wie bei den älteren Blutverdünnern.«

Im Jahr 2014 sind beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mehr als 2600 Verdachtsmeldungen über unerwünschte Nebenwirkungen bei den neuen Blutverdünnern eingegangen, darunter 244 Todesfälle.

Wenn Sie Blutverdünner einnehmen und Fragen haben, handeln Sie nicht eigenmächtig, sondern gehen Sie zunächst zum Arzt und lassen sich von ihm beraten. Quelle 

Die Tricks der Pharma-Industrie

Wie oben bereits erwähnt, ist auch Xarelto ein modernes Mittel zur Blutverdünnung, das zur Vorbeugung von Herzinfarkten und Schlaganfällen massiv beworben wird, ist in Kritik geraten. Es führt gelegentlich zu schweren Blutungen, die kaum beherrschbar sind. „Das Problem dieser Blutungen ist, dass es kein Gegenmittel gibt“, sagt Professor Hans Gombotz, Intensivmediziner am Linzer AKH, „Warum die zugelassen werden, ohne dass es ein entsprechendes Gegenmittel gibt, kann ich auch nicht sagen. Wir wissen nur, dass wir dadurch zum Teil enorme Probleme bekommen“. Bei der Staatlichen Überwachungsbehörde AGES sind bereits 274 Meldungen schwerer Nebenwirkungen und 16 Todesfälle im Zusammenhang mit Xarelto dokumentiert.

Kurt Langbein ist Mitautor des Bestsellers „Bittere Pillen“. Erstmals erschien das Buch vor genau 30 Jahren und hat inzwischen eine Auflage von 2,7 Millionen erreicht. Langbein, der vor Kurzem mit dem renommierten Axel-Corti-Preis ausgezeichnet wurde, begibt sich auf einen aktuellen Streifzug durch die Tricks und Täuschungen der Arzneimittelhersteller mit konkreten Beispielen, Betroffenen und den Verantwortlichen.

Gekaufte Leitlinien – Kritische Mediziner zeigen auf: Bei den Expertengremien, welche die Behandlungsleitlinien erstellen, gibt es dutzende Interessenskonflikte – Die Autoren stehen auf der Payroll der Industrie. Insider enthüllen, wie die Industrie mit Ghostwritern die angeblichen Arbeiten der Professoren manipuliert. Und ein Professor gesteht, dass die Konsensusberichte der Fachgesellschaft zu den Antidepressiva von Vertretern der Industrie redigiert wurden. Die Firmenmanager jedoch zeigen sich gegenüber den enthüllten Praktiken nur wenig auskunftsfreudig. Das kommt uns auch aus anderen Branchen bekannt vor.

Das Freihandelsabkommen (TTIP) – eine Katastrophe auch für das Gesundheitswesen?

Im Sektor Pharma z.B. könnte es für deutsche Krankenversicherte eine drastische Erhöhung der Arzneimittelpreise bedeuten. Experten befürchten, dass die Pharmaindustrie Einfluss auf die Verhandlungen zu TTIP nimmt. Vor allem die Schiedsgerichtsverfahren, die es (Pharma-)Unternehmen möglich machen würden, Regierungen wie die Bundesrepublik Deutschland zu verklagen, sieht Jörg Schaaber von der BUKO Pharma-Kampagne kritisch. Firmen, denen durch die Nichterstattung von Medikamenten ohne Zusatznutzen Geschäfte entgehen, könnten Deutschland verklagen. [Siehe: „Das Freihandelsabkommen (TTIP) – eine Katastrophe auch für das Gesundheitswesen?“]

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker….

Netzfrau Doro Schreier

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