Menschenrechtsverletzung: Ohne Jungfräulichkeitstests in Indonesien keine Zulassung für Mädchen – Dispatches: Indonesia ‘Virginity Tests’ Run Amok

IndonesienEs ist nicht das erste Mal, dass dieses Thema in Indonesien für Aufsehen sorgt. So gab zum Beispiel Ende vergangenen Jahres die Polizei des Landes zu, Jungfräulichkeitstests bei weiblichen Bewerbern durchzuführen. Ein Sprecher argumentierte, dass es sich dabei lediglich um einen Routine-Gesundheitscheck handele.

Mit 250 Millionen Einwohnern und einem Wirtschaftswachstum von 5,7 Prozent ist Indonesien einer der größten wirtschaftlichen Hoffnungsmärkte der Welt. Insgesamt 190 Milliarden US-Dollar will Indonesien bis 2025 in die wirtschaftliche Entwicklung des aufstrebenden Landes stecken. Und wenn Sie diesen Beitrag lesen, werden Sie wieder mal feststellen müssen, dass Menschenrechte nicht berücksichtigt werden.

Was zählt, ist der Profit. Allerdings haben sowohl die Niederlande als auch Brasilien ihre Botschafter nach Hinrichtungen im Januar 2015 aus Jakarta abgezogen. Um so erstaunter sind wir, dass Indonesien für „Gute Regierungsführung“ Entwicklungshilfe bekommt. Und auch Österreich hat großes Interesse an Wirtschafts-Kooperationen in Indonesien, so das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in Österreich. 

Jungfräulichkeitstests für indonesische Schülerinnen

Weibliche Oberstufenschüler in Indonesien könnten sich hinkünftig mit einer neuen Hürde für den Schulabschluss konfrontiert sehen: ein von der Stadtregierung angeordneter Jungfäulichkeits-Test.

Ein Vorschlag, der letzte Woche vorgestellt wurde, zielt darauf ab, Oberstufen-Schülerinnen, die vorehelichen Sex hatten, den Erhalt des Schulabschlusses, den sie sich bereits erarbeitet haben, zu verweigern. Männliche Schüler sind von dieser Anforderung freilich ausgenommen.

Diese Initiative ist abstoßend, aber nicht direkt überraschend.

Die Nationale Polizei in Indonesien zwingt diese missbräuchlichen und erniedrigenden Tests Tausenden von Bewerberinnen auf, und das schon seit 1965, obwohl dieses Vorgehen ganz klar gegen ein Gesetz verstößt, welches vorschreibt, dass die Rekrutierung sowohl frei von Diskriminierung als auch menschlich sein muss.

Am 19. November 2014 teilte Indonesiens koordinierender Minister für Politik, Gesetz und Sicherheit, Tedjo Edhi, Reportern mit, dass solche Tests auch lange für Militär Rekrutinnen verpflichtend gewesen seien.

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Im August 2013 hat HM Rashid, Erziehungsverantwortlicher im Bezirk Prabumulih in Süd Sumatra, Berichten zufolge versucht, verpflichtende „Jungfäulichkeits-Tests In Oberstufen einzuführen, um das Problem des vorehelichen Sex und der Prostitution in Angriff zu nehmen.

Erst als Indonesische zivilgesellschaftliche Organisationen Rasyids Vorschlag als „gegen die Menschenrechte“ angriffen und dann auch noch Indonesiens Unterrichtsminister Mohammad Nuh die Idee als „herabwürdigend und diskriminierend“ bezeichnete, zog Rasyid zurück und bestand in weiterer Folge darauf, von den einheimischen Medien falsch zitiert worden zu sein.

Die Indonesische Regierung kann hier nicht vorheucheln, dass ihr der missbräuchliche Charakter solcher „Tests“ nicht bekannt wäre.

Diese Tests wurden international als Verstöße gegen das „Menschenrecht, nicht diskriminiert zu werden“ anerkannt, und weiter als Verstoß gegen das Verbot von „grausamer, unmenschlicher, oder herabwürdigender Behandlung“, welche in internationalen Menschenrechtsverträgen festgesetzt wurden, die auch Indonesien unterschrieben und ratifiziert hat.

Tatsächlich hat die WHO (Welt-Gesundheits- Organisation) völlig unzweideutig festgestellt, „dass es keinen Platz für Jüngfräulichkeits- (oder auch Zweifinger-)Tests gibt; sie haben absolut keine wissenschaftliche Aussagekraft/Gültigkeit.

Die Toleranz der Indonesischen Regierung gegenüber dieser Gewalt gegen Frauen muss zu einem Ende kommen!

President Joko Widodo sollte ein lautes und unmissverständliches Signal setzen, indem er Jungfäulichkeits-Tests durch lokale Behörden sowie auch beim Indonesischen Militär, der Polizei und den Zivilen Diensten gesetzlich verbietet. Behörden sollten dies unterstützen, indem sie Beamte, die Jungfäulichkeits-Tests durchführen und propagieren, feuern und entsprechend gesetzlich verfolgen, um sicherzustellen, dass Frauen künftig vor derlei Missbrauch geschützt sind. Bis der Präsident dies tut, schweben die Mädchen und deren Erziehung in Jember in Gefahr.

Wir haben den Beitrag von Human Rights Watch für Sie übersetzt

INFOBOX

Profit vor Menschenrechte – auch Hinrichtungen geduldet

Das 250-Millionen-Einwohner-Land Indonesien ist der bevölkerungsreichste muslimische Staat der Welt. In der säkular ausgerichteten Nation wird eher eine moderate Form des Islam praktiziert.

Viele seiner Landsleute sehen in ihm einen Hoffnungsträger: Joko Widodo, genannt „Jokowi“. Er wurde im Oktober 2014 als neuer indonesischer Präsident vereidigt. Bei der Wahl versprach er, der selbst aus armen Verhältnissen stammt, mehr Gerechtigkeit.  An der Zeremonie im Parlament, die landesweit live ausgestrahlt wurde, nahmen unter anderen US-Außenminister John Kerry und der australische Premierminister Tony Abbott teil. Joko Widodo wurde im Juli 2014 mit 53 Prozent der Stimmen zum neuen Staats- und Regierungschef gewählt.  Der 54-Jährige gilt als neuer Typ eines Spitzenpolitikers in Indonesien, da er weder aus den Reihen des Militärs stammt noch aus dem Dunstkreis der Polit- und Geschäftsclique aus der Ära des früheren Diktators Suharto.

Er hat sich aus armen Verhältnissen hochgearbeitet. Er ist studierter Forstwirt, war Möbelhändler und Bürgermeister der Stadt Solo. Zuletzt profilierte er sich als Gouverneur der Hauptstadt Jakarta. Viele Menschen sehen in ihm einen Hoffnungsträger: Sie empfinden ihn als volksnah, als einen Reformer und Kämpfer gegen Korruption. Quelle

Was hat sich unter seiner Regentschaft geändert? Hoffnungsträger? Dazu ein Beispiel vom Januar 2015:

Trotz internationaler Gnadenappelle hat Indonesien fünf Ausländer und eine Einheimische wegen Drogenvergehen hingerichtet. Es waren die ersten Hinrichtungen, die unter dem neuen Staatschef Joko Widodo vollstreckt wurden. Die Verurteilten aus den Niederlanden, aus Brasilien, Vietnam, Malawi, Nigeria und Indonesien wurden von Exekutionskommandos erschossen. Aus Protest beriefen die Niederlande ihren Botschafter in Jakarta vorübergehend ab und auch Brasilien zog kurzfristig seinen Botschafter ab. Sowohl der niederländische König Willem-Alexander und Ministerpräsident Mark Rutte als auch Präsidentin Dilma Roussef hätten mit dem indonesischen Präsidenten in Kontakt gestanden und haben „alles in ihrer Macht stehende“ versucht, um die Hinrichtungen zu stoppen. Quelle

Frauenrechte in Indonesien: „Durch die Scharia wird die Bevölkerung zum Schweigen gebracht“

Azriana Rambe Manalu und Samsidar gehören zu den bekanntesten Frauenrechtlerinnen der indonesischen Provinz Aceh. Im Gespräch mit Christina Schott berichten sie über die Auswirkungen der Scharia auf das gesellschaftliche Zusammenleben seit Einführung des islamischen Rechts in Aceh.

Rambe Manalu: Zwar können Frauen in Aceh heutzutage als Bürgermeisterinnen, Schulrektorinnen oder Geschäftsführerinnen agieren. Doch erfüllen sie dabei immer vorgegebene Aufgaben und haben keinen kreativen Spielraum. Sie müssen sich an strenge Kleidervorschriften halten, in manchen Gegenden dürfen sie nicht einmal allein ausgehen. Nicht nur in Aceh, sondern in Indonesien insgesamt gibt es mittlerweile rund 300 Scharia-Verordnungen, die Frauen diskriminieren.

Samsidar: Die in Aceh praktizierte Prügelstrafe, die für alle gleichermaßen gilt, hat für Frauen zum Beispiel viel schlimmere Auswirkungen als für Männer. Ein Mann, der öffentlich für Alkoholgenuss, Glücksspiel oder unehelichen Sex gezüchtigt wird, kann danach meist sein Leben normal weiterführen. Für Frauen ist die soziale Ächtung viel größer: Sie werden öffentlich beschimpft, verlieren ihren Arbeitsplatz, ihre Männer lassen sich scheiden und die Kinder trauen sich nicht mehr in die Schule.

Samsidar: Nicht wirklich. Die sexuelle Gewalt gegen Frauen ist in den letzten drei Jahren um 30 Prozent gestiegen, davon betroffen sind überdurchschnittlich viele minderjährige Opfer. Ein Grund für den Anstieg ist vermutlich, dass sich immer mehr Opfer melden, weil sie durch verstärkte Aufklärungskampagnen von ihren Rechten erfahren haben. Allerdings drängt sich der Verdacht auf, dass die Gewalt gegen Minderjährige zugenommen hat, weil es angesichts der Präsenz der Scharia-Polizei immer schwieriger wird, sich mit gleichaltrigen Partnern zu treffen. Ein älterer Mann mit einem kleinen Mädchen erregt jedoch kaum Verdacht, weil man ihn für einen Angehörigen hält. Lesen Sie das vollständige Interview hier. Das Interview führte Christina Schott auf Qantara.de 

Wirtschaftsbeziehungen Deutschland – Indonesien  – Auskunft vom Auswärtigem Amt

Zur Zeit sind ca. 300 deutsche Unternehmen in Indonesien vertreten, neben den „global players“ zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen, die ein breites Spektrum der deutschen Wirtschaft abdecken – davon viele mit eigenen Produktionsanlagen.

Die deutsch-indonesische Industrie- und Handelskammer (AHK Indonesien / EKONID) vertritt die Interessen ihrer mehr als 500 Mitgliedsunternehmen und fördert den bilateralen Handel sowie Investitionen zwischen Indonesien und Deutschland. Die AHK berät deutsche und indonesische Unternehmen bei der Markterschließung, unterstützt bei der Anbahnung von Geschäftsbeziehungen und arbeitet intensiv mit Partnerorganisationen aus Indonesien und Europa zusammen (www.indonesien.ahk.de).

Die Germany Trade & Invest (GTAI) berät als Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland indonesische Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit auf den deutschen Markt ausdehnen wollen und unterstützt deutsche Unternehmen, die den indonesischen Markt erschließen wollen, mit Außenwirtschaftsinformationen (Externer Link, öffnet in neuem Fensterwww.gtai.de).

Das Deutsche Zentrum (German Centre Indonesia) in Serpong (www.germancentre.co.id) leistet mittelständischen Firmen Starthilfe bei ihrem Markteintritt in Indonesien, es bietet Produktions- und Büroflächen mit kompletter Infrastruktur und einer modernen Medienanbindung.

Weiterhin sind die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit mbH (GIZ), die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die zur KfW gehörende Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG) in Indonesien vertreten.

Die Deutsche Botschaft steht in engem Kontakt mit diesen Institutionen und vermittelt gerne entsprechende Kontakte.

In den letzten Jahren reisten mehrfach Delegationen des Deutschen Bundestages sowie von Bundes- und Landesministerien zu wirtschafts- und fachpolitischen Gesprächen zusammen mit relevanten Institutionen, Unternehmen und Behörden nach Indonesien.

Entwicklungspolitische Zusammenarbeit

Indonesien ist ein Schwerpunktland für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. Die deutsch-indonesische Zusammenarbeit besteht bereits seit den 1950er Jahren. Das bilaterale Portfolio konzentriert sich auf die drei Schwerpunkte Energie und Klimawandel, breitenwirksames Wachstum sowie gute Regierungsführung(!!!!!) Deutschland ist mit Leistungen von insgesamt rund 3,4 Mrd Euro viertgrößter bilateraler Partner Indonesiens nach Japan, Australien und den USA. Über multilaterale Institutionen wie die Vereinten Nationen, den Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria, die Weltbank, die Asiatische Entwicklungsbank und den Haushalt der Europäischen Union unterstützt Deutschland mit erheblichen Beiträgen Entwicklungsprogramme in Indonesien.

Die Auszahlungen betrugen 2013 für die Finanzielle Zusammenarbeit (FZ) 21 Mio Euro und für die Technische Zusammenarbeit (TZ) 24 Mio Euro. Mehr Informationen erhalten Sie beim Auswärtigen Amt- Beziehungen zwischen Indonesien und Deutschland

Bures: Großes Interesse in Indonesien an Wirtschafts-Kooperation mit Österreich

Infrastruktur- und Energie-Kooperationsabkommen abgeschlossen

Infrastrukturministerin Bures: „Ich freue mich über das intensive Interesse der indonesischen Regierung an Know-how aus Österreich. Indonesien ist mit 250 Millionen Einwohnern das viertgrößte Land der Welt. Es ist ein wirtschaftlich dynamisches Land, in dem Technologie und Erfahrung aus Österreich sehr gefragt sind. Ich hoffe, dass diese Abkommen rasch mit Leben erfüllt werden. Zu diesem Zweck sind bei dem Treffen mit den MinisterInnen interministerielle Arbeitsgruppen beschlossen worden, die ganz konkrete Projekte definieren werden.“ Quelle

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Dispatches: Indonesia ‘Virginity Tests’ Run Amok

FEBRUARY 9, 2015 Phelim Kine Human Rights Watch

Female high school students in Indonesia’s city of Jember in east Java may have a new hurdle to graduation: a municipal government-imposed “virginity test.” A proposal unveiled last week explicitly aims to bar female high school students who have engaged in premarital sex from receiving the high school diploma they have earned. Boys are exempt from the requirement. The initiative is appalling – but not surprising.

Indonesia’s National Police have imposed these abusive and degrading tests on thousands of female applicants since as early as 1965, despite their contravention of National Police principles that recruitment must be both “nondiscriminatory” and “humane.” On November 19, 2014, Indonesia’s coordinating minister for politics, law, and security, Tedjo Edhi, told reporters that such tests have long been obligatory for female military recruits as well. In August 2013, HM Rasyid, education chief of Prabumulih district in South Sumatra, reportedly sought to impose mandatory “virginity tests” on female high school students to tackle perceived problems of “premarital sex and prostitution.”

Only after Indonesian civil society organizations attacked Rasyid’s proposal as “against human rights” and then-Indonesian Education Minister Mohammad Nuh skewered the idea as “degrading and discriminatory,” did Rasyid back off, insisting that he had been misquoted by domestic media.

The Indonesian government can’t feign ignorance about the abusive nature of such “tests.” The tests have been recognized internationally as violations of the right to non-discrimination and the prohibition against “cruel, inhuman or degrading treatment” under international human rights treaties that Indonesia has ratified. Indeed, in November 2014, the World Health Organization stated unambiguously that “There is no place for virginity (or ‚two-finger‘) testing; it has no scientific validity.”

The Indonesian government’s tolerance for this violence against women and girls needs to end.

President Joko Widodo should send a loud and unambiguous message forbidding “virginity tests” by local government as well as the Indonesian military, police, and civil service. The authorities should back that up by firing and appropriately prosecuting officials who promote or perpetrate “virginity tests” to ensure that women are protected from such abuse. Until he does, high school girls and their education in Jember will remain in peril.

Claus Ascher und Doro Schreier – Netzfrauen

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