EFSA warnt: Acrylamid – Krebsgefahr aus Lebensmitteln (Kaffee, Röstkartoffelerzeugnisse, bestimmte Babynahrungsmittel u. v. m.)

EFSADas krebserregende Acrylamid bereitet derzeit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Kopfschmerzen. Acrylamid nehmen wir vermutlich schon seit langem auf, denn kohlenhydratreiche Lebensmittel werden seit ewigen Zeiten gegrillt, gebacken, gebraten oder frittiert. Acrylamid hat sich im Tierversuch als erbgutschädigend und krebserregend erwiesen. Experten halten es für sehr wahrscheinlich, dass diese Wirkung auch beim Menschen auftritt. Einen Schwellenwert gibt es nicht.

Dass der bedenkliche Stoff auch in Lebensmitteln vorkommt, ist seit Jahren bekannt. Im April 2002 fanden schwedische Lebensmittelkontrolleure mit einer neuen Analyse-Methode Acrylamid in einer Vielzahl von Produkten. Die hohen Gehalte alarmierten die Experten. Sie lagen teilweise tausendfach höher als der ab 2003 gültige Grenzwert für Trinkwasser von 0,1 Mikrogramm pro Liter. Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) kam im Juni 2002 zu ähnlichen Ergebnissen.

Auf Grund einer Recherche zum Thema Kaffee stießen wir auf Acrylamid. Der Acrylamid-Gehalt muss übrigens auf der Kaffeepackung nicht angegeben werden. Die meisten Kaffees bleiben aber unter dem zulässigen EU-Grenzwert, hieß es in einem Beitrag, doch die EFSA stellt nun den EU-Grenzwert selbst in Frage. Was uns entsetzt: mehr als 10 Jahre später als die offiziellen Studien aus Schweden oder der Schweiz.

Grundsätzlich gilt bei Kaffee: Der krebserregende Stoff bildet sich umso weniger, je schonender geröstet wird. Doch gerade große Industrie-Röstereien erhitzen aus Kostengründen die Bohnen oft in kürzester Zeit auf um die 400 Grad.

Bitte lesen Sie sich die folgende Pressemitteilung  der Efsa durch.

Gutachtenentwurf der EFSA: Acrylamid in Lebensmitteln gibt Anlass zur Sorge für öffentliche Gesundheit

1. Juli 2014(!!)

Die EFSA hat frühere Bewertungen bestätigt, nach denen Acrylamid in Lebensmitteln, ausgehend von Tierversuchen, das Risiko der Krebsentwicklung bei Verbrauchern aller Altersgruppen erhöhen könnte. Acrylamid in Lebensmitteln entsteht tagtäglich bei der Zubereitung unter hohen Temperaturen (+150°C), durch die selbe chemische Reaktion, die Lebensmittel „bräunt“ und damit schmackhafter macht – in der heimischen Küche, in der Gastronomie und bei der Lebensmittelherstellung.

Wichtige Acrylamid-Quellen in der Ernährung sind Kaffee, Röstkartoffelerzeugnisse, Kekse, Kräcker und Knäckebrot, Toastbrot und bestimmte Babynahrungsmittel.

Im Verhältnis zum Körpergewicht sind Kinder die am stärksten exponierte Altersgruppe. Behörden auf europäischer und nationaler Ebene empfehlen bereits die größtmögliche Reduktion von Acrylamid in Lebensmitteln und beraten Verbraucher und Lebensmittelhersteller im Hinblick auf eine entsprechende Ernährung und Lebensmittelzubereitung.

Die EFSA startet heute eine öffentliche Konsultation zum Entwurf ihres wissenschaftlichen Gutachtens zu Acrylamid in Lebensmitteln, das vom EFSA-Gremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) erstellt wird.

Noch bis zum 15. September (2014) können Wissenschaftler und sonstige Interessengruppen im Rahmen einer öffentlichen Online-Konsultation zum Gutachtenentwurf Stellung nehmen.

Vor Fertigstellung des Gutachtens werden die Mitglieder des CONTAM-Gremiums diese Rückmeldungen gemeinsam mit den Interessengruppen, die sich an der öffentlichen Online-Konsultation beteiligt haben, in einer öffentlichen Sitzung, die für Ende des Jahres vorgesehen ist, erörtern.

Die Vorsitzende des CONTAM-Gremiums, Dr. Diane Benford, erläuterte die wichtigsten Aspekte des Gutachtenentwurfs:

„Oral aufgenommenes Acrylamid wird aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert, in alle Organe verteilt und in hohem Maße verstoffwechselt. Glycidamid, eines der Hauptstoffwechselprodukte dieses Prozesses, ist die wahrscheinlichste Ursache der in Tierversuchen beobachteten Genmutationen und Tumoren.“ Dr. Benford wies darauf hin, dass „an Menschen durchgeführte Studien zur Untersuchung der berufs- und ernährungsbedingten Exposition gegenüber Acrylamid bisher begrenzte und widersprüchliche Hinweise auf ein erhöhtes Risiko der Krebsentwicklung erbracht haben.“

Neben Krebs berücksichtigte das Gremium auch mögliche schädliche Wirkungen von Acrylamid auf das Nervensystem, die vor- und nachgeburtliche Entwicklung sowie die Fortpflanzungsfähigkeit bei Männern. Diese Wirkungen wurden ausgehend von der aktuellen ernährungsbedingten Exposition als nicht bedenklich eingestuft.

Der Gutachtenentwurf enthält vorläufige Empfehlungen für die zukünftige Erforschung von Acrylamid beim Menschen sowie Nachweis- und Risikobewertungsmethoden für Keimzellmutationen. Die Aktivitäten im Bereich der Datenerhebung können ebenfalls verbessert werden, insbesondere um genauere Angaben über Acrylamidgehalte in Lebensmitteln, die zu Hause zubereitet und verzehrt werden, zu erhalten.

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Die Frist für die endgültige Verabschiedung des Gutachtens ist auf Juni 2015 angesetzt. Nach der Fertigstellung soll die wissenschaftliche Beratung der EFSA europäische und nationale Entscheidungsträger dabei unterstützen, mögliche Maßnahmen zur weiteren Reduktion der Verbraucherexposition gegenüber dieser Substanz in Lebensmitteln zu erwägen. Dies könnte beispielsweise Empfehlungen zu Ernährungsgewohnheiten und zum häuslichen Kochen oder auch Kontrollen bei der kommerziellen Lebensmittelproduktion umfassen. Die EFSA ist jedoch nicht unmittelbar an Entscheidungen über solche Maßnahmen beteiligt.

Hinweise für die Redaktion:

  • Frühere Bewertungen. Der frühere Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss (SCF) der Europäischen Kommission veröffentlichte 2002 ein wissenschaftliches Gutachten zu Acrylamid in Lebensmitteln und kam seinerzeit zu dem Schluss, dass nicht genügend Daten vorlagen, um das tatsächliche Risiko für Verbraucher zu bestimmen. Im Jahr 2005 pflichtete eine Stellungnahme des CONTAM-Gremiums der EFSA einer Risikobewertung des gemeinsamen FAO/WHO-Sachverständigenausschusses für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) bei. Darin wies der JECFA auf Bedenken für die menschliche Gesundheit im Hinblick auf die Krebsentwicklung hin sowie darauf, dass mögliche schädliche Wirkungen von Acrylamid auf das Nervensystem bei einigen Verbrauchern mit hoher ernährungsbedingter Exposition nicht ausgeschlossen werden könnten. Der Ausschuss empfahl, dass Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Exposition zu verringern. Im Jahr 2010 bestätigte der JECFA seine frühere Bewertung. Zwischen 2009 und 2012 veröffentlichte die EFSA vier Berichte über Acrylamidgehalte in Lebensmitteln. In ihrem Bericht von 2011 nahm die Behörde auch Schätzungen der Aufnahme von Acrylamid für verschiedene Altersgruppen vor.
  • Hintergrund. Acrylamid ist eine chemische Verbindung, die typischerweise bei der Zubereitung bzw. Verarbeitung stärkehaltiger Lebensmittel unter hohen Temperaturen wie Braten, Backen oder Rösten entsteht. Die Reaktion findet zwischen reduzierenden Zuckern und bestimmten Aminosäuren statt, die in Lebensmitteln natürlich vorkommen. Die zugrundeliegende chemische Reaktion wird als Maillard-Reaktion bezeichnet. Diese chemische Reaktion führt auch zur Bräunung von Lebensmitteln und macht diese dadurch schmackhafter. Acrylamid wurde in Erzeugnissen wie Kartoffelchips, Pommes frites, Brot, Keksen und Kaffee nachgewiesen. Erstmals wurde es im April 2002 in Lebensmitteln entdeckt, dürfte aber wahrscheinlich schon immer in Lebensmitteln enthalten gewesen sein.

Zur Pressemitteilung

Wir können nur hoffen, dass endlich die richtigen gesetzlichen Massnahmen getroffen werden.

INFOBOX

Lobbyverflechtungen in der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nehmen kein Ende

Mon2Der Report „Unhappy Meal” der CEO weist dies für 122 der 209 EFSA-Experten nach.

Ziel des Berichts: Darstellung der neuen Strategien zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der EFSA-Mitglieder von Wirtschaftsinteressen. Hauptaussage: Interessenkonflikte der Ausschussmitglieder sind noch immer vorhanden.

Grundproblem: Nach Streit um die Abhängigkeit der EFSA-Mitglieder von der Wirtschaft führte die EFSA eine Prüfung zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Mitglieder ein. Dieses Ziel sei laut Autor nicht erreicht worden: 122 von 209  Wissenschaftlern haben noch immer direkte oder indirekte Bindungen zur Wirtschaft (2013). Fast alle Ausschussvorsitzenden (außer zwei) und 14 von 21 Vizepräsidenten haben Interessenskonflikte

122 von 209 Experten haben laut dem Autor noch immer starke Kontakte zur Wirtschaft (das sind 58,37 %). Diese Experten dominieren alle Ausschüsse außer einem (Plant Health). 22 Informationen von Mitgliedern wurden von dem Autor nicht bewertet, da unvollständig.

Besonders der Ausschuss für Diätprodukte, Ernährung und Allergien (NDA) ist mit 17 von 20 Mitgliedern betroffen. 460 Interessenskonflikte existieren bei der EFSA. In zehn Fällen hat die EFSA bei der Auswahl der Mitglieder die eigenen Regeln ignoriert.

Das ILSI-Problem

Eine Kategorie der Unabhängigkeitserklärung der Wissenschaftler von EFSA lautet “Gemischtes“.

In dieser werden ILSI-Aktivitäten angegeben (Laut Autor: 18). Roland Franz ist Mitglied im Ausschuss CEF (Food contact materials, Enzymes, Flavourings and Processing Aids), zudem ist er Gutachter für einen ILSI Europa Report zum Thema „mehrlagige Verpackungen für Lebensmittel und Getränke”. Claudia Heppner, Vorstand der „Lebensmittelbestandteile und Verpackungseinheit” erklärt, Franz sei nur Berater. Roland Franz ist Mitglied im wissenschaftlichen Ausschuss 2012 von ILSI Europäischen Essensverpackungen gewesen. Zudem hielt er dort eine Präsentation. Claudia Heppner verteidigt, er habe nur Ratschläge erteilt und Ergebnisse präsentiert. Roland Franz ist nur von den Ausschüssen ausgeschlossen, wenn es um PET geht, da dies einer seiner Forschungsbereiche ist. 2009 sortierte EFSA 10 Mitglieder aus und gab ihnen die Möglichkeit, sich zwischen ILSI und EFSA zu entscheiden.

Das International Life Sciences Institute (ILSI) ist eine einflussreiche Lobbyorganisation im Lebensmittelbereich.
Finanziert wird sie weitgehend durch Unternehmen der Lebensmittel-, Chemie- und Gentechnikindustrie, wie Coca-Cola, Nestlé und Monsanto. Sie ist wegen ihrer Industrienähe und der Verflechtungen mit staatlichen Aufsichtsbehörden in die Kritik geraten.

Beispiel: ILSI Health and Environmental Sciences Institute  – Sponsoring

The HESI Assembly currently consists of 55 companies from the United States, Europe, and Japan.  These companies represent the chemical, agrochemical, petrochemical, pharmaceutical, biotechnology, and consumer products industries.

http://www.hesiglobal.org/i4a/pages/index.cfm?pageid=3281

Es gibt nicht nur ILSI in Europa, sondern auch in Nordamerika, Argentinien, Brasilien, Mexiko, Nordafrika, in der Golfregion, in Südafrika –  fast über all auf der Welt und nicht nur für Nahrungsmittel, sondern auch für die Chemie- und Pharmabranche.

ILSI soll die maßgebliche Instanz bei zentralen Festlegungen sein, die alle Verbraucher betreffen: Beispielsweise über den Bedarf an Nährstoffen als Basis für Ernährungsempfehlungen (Projekt-Kürzel: EURRECA).Aktuelle Liste der EURRECA wissenschaftlichen Publikationen (Stand: August 2013) .

Als die Europäische Kommission eine konzentrierte Aktion zur Lebensmittelsicherheit in Europa startete war ILSI mit dabei (Food Safety in Europe).

http://www.ilsi.org/

Auch Wasser ist ein Thema – Sponsoring u. a. Coca Cola Thema: “Water Recovery and Reuse: Guideline for Safe Application of Water Conservation Methods in Beverage Production and Food Processing”

Bei der Sicherheitsbewertung von Gentechnik soll die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA beispielsweise Passagen aus ILSI-Stellungnahmen wörtlich übernommen haben.  Bei vielen EFSA-Entscheidungen sollen viele ILSI-Experten mitwirken, wie auch der Report „Unhappy Meal” der CEO bestätigt. Eine Kategorie der Unabhängigkeitserklärung der Wissenschaftler von EFSA lautet „Gemischtes”. In dieser werden ILSI-Aktivitäten angegeben – laut Bericht sollen es 18 sein. Quelle

Die EFSA ist nach eigenen Angaben eine unabhängige europäische Behörde. Ist sie das wirklich?

Acrylamid bereits seit 2002 unter Verdacht

Als krebserregender Stoff geriet Acrylamid bereits vor 12 Jahren in den Fokus der europäischen Lebensmittelüberwachung. Eine Studie des damaligen Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses (SCF) der Europäischen Kommission veröffentlichte 2002 ein Gutachten, das über die Krebsgefahr durch Acrylamid berichtet. Da aber die Öffentlichkeit nicht unnötig beunruhigt werden sollte, entschloss sich die Behörde damals vorerst weitere Studien in Auftrag zu geben, um eine mögliche Warnung auf sichere Daten zu stellen. Ein umfassender Abschlussbericht zu der Lebensmittelbelastung durch Acrylamid wird Mitte 2015 erwartet.

Von 2002! Acrylamid in Lebensmitteln – Neuer Schadstoff alarmiert Experten

Dipl. oec. troph. Ulrike Becker  (2002!!)

Das krebserregende Acrylamid bereitet derzeit Behörden und Herstellern Kopfschmerzen. Die schwedische Lebensmittelbehörde fand bedenkliche Mengen in Kartoffelchips, Pommes frites und Knäckebrot. Hektisch wird derzeit an einheitlichen Analysemethoden und Grenzwerten gearbeitet.

Acrylamid

Acrylamid ist in der chemischen Industrie seit Jahrzehnten bekannt. Es wird als Baustein für Kunststoffe, zum Beispiel Verpackungen, sowie zur Wasseraufbereitung eingesetzt. Bekannt ist auch, dass die Verbindung im Tierversuch krebserregend sowie erbgutverändernd wirkt. Deshalb ist ihr Einsatz gesetzlich streng geregelt. Dass der bedenkliche Stoff auch in Lebensmitteln vorkommt, ist erst vor kurzem entdeckt worden. Im April 2002 fanden schwedische Lebensmittelkontrolleure Acrylamid mit einer neuen Analyse-Methode in einer Vielzahl von Produkten. Die hohen Gehalte alarmierten die Experten. Sie lagen teilweise tausendfach höher als der ab 2003 gültige Grenzwert für Trinkwasser von 0,1 Mikrogramm pro Liter.

Bedenkliche Werte in Pommes und Chips

Nach den ersten Funden untersuchte die schwedische Behörde für Lebensmittelsicherheit mehr als 100 Lebensmittel. Darunter waren Brot, Nudeln, Reis, Fisch, Würstchen, Fleisch, Kekse, Frühstückscerealien, Pizza und Bier sowie Produkte, die auf Kartoffeln, Stärke und Mehl basieren. Hohe Mengen wiesen vor allem Kartoffelchips und Pommes frites auf; Knäckebrot, geröstete Müslimischungen und Kekse waren ebenfalls zum Teil erheblich belastet. Die schwedischen Kontrolleure fanden beispielsweise in Kartoffelchips 2300 Mikrogramm (µg) pro Kilogramm (kg), in Knäckebrot 1900 µg/kg, in Pommes frites 1100 µg/kg und in Brot 60 µg/kg. Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) kam im Juni 2002 zu ähnlichen Ergebnissen. Stark gebratene Röstis enthielten beispielsweise Acrylamid-Konzentrationen von bis zu 4500 µg/kg.

Auch Knäckebrot und Butterkekse sind mit Acrylamid belastet

Nach den Veröffentlichungen aus Schweden wurden nicht etwa die deutschen Behörden aktiv, sondern zunächst die Medien: Die Zeitschrift Stern und das ARD-Magazin Plusminus ließen 20 verdächtige Lebensmittel aus Deutschland testen. Untersucht wurden stichprobenartig Kartoffelchips, Knäckebrot, Butterkekse, Cracker, Cerealien und Pommes frites, also alles stärkehaltige Produkte, die bei der Herstellung hoch erhitzt werden. Fast alle Proben enthielten Acrylamid; in 14 Fällen lagen die Werte über 500 µg/kg. Bei fünf Proben wurden sogar mehr als 1000 µg/kg gemessen. Tester des Öko-Test-Magazins fanden in Kartoffelchips ebenfalls Bedenkliches: Die frittierten Kartoffelscheiben enthielten zwischen 340 und über 1500 µg/kg. Brot und Brötchen erwiesen sich als relativ gering belastet. Die höchsten Werte waren in der Kruste zu finden, während das Innere fast kein Acrylamid aufwies. Bei Knäckebrot gab es dagegen sowohl sehr hohe als auch sehr geringe Funde. Dasselbe zeigte sich bei Kaffee. Die Spitzenwerte lagen hier bei bis zu vier µg Acrylamid je Tasse.

Auf den persönlichen Verbrauch bezogen bedeutet das, dass in Europa Erwachsene zwischen 0,3 und 0,8 µg Acrylamid je Kilogramm Körpergewicht aufnehmen. Der Stoff ist wasserlöslich, wird vom Körper gut aufgenommen und über das Blut schnell und gleichmäßig verteilt. Experten gehen davon aus, dass die Substanz auch in Muttermilch und das Ungeborene übergeht.

Acrylamid: Kinder besonders gefährdet

Acrylamid nehmen wir vermutlich schon seit langem auf, denn kohlenhydratreiche Lebensmittel werden seit ewigen Zeiten gegrillt, gebacken, gebraten oder frittiert. Doch die Tatsache, dass Verbraucher möglicherweise bereits seit Jahren hohe Mengen an Acrylamid über Lebensmittel zuführen, macht es erst recht notwendig, das Problem rasch zu lösen, meint Dr. Dieter Arnold, Leiter des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin BgVV. Denn Acrylamid hat sich im Tierversuch als erbgutschädigend und krebserregend erwiesen. Experten halten es für sehr wahrscheinlich, dass diese Wirkung auch beim Menschen auftritt. Einen Schwellenwert gibt es nicht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt dennoch, täglich nicht mehr als 1 µg Acrylamid pro Tag und kg Körpergewicht aufzunehmen. Kinder kommen jedoch schnell auf die zehnfachen Werte, weil sie die besonders belasteten Lebensmittel wie Pommes frites und Kartoffelchips relativ häufig verzehren. Ein 10-jähriges Kind mit einem Gewicht von 33 kg nimmt beispielsweise mit einer Tüte Kartoffelchips (200 g), die eine Durchschnittsbelastung von 1000 µg/kg Acrylamid aufweist, bereits das Sechsfache der empfohlenen Höchstmenge pro Tag auf.

Wie ernst das gesundheitliche Risiko bei einer hohen Acrylamidaufnahme ist, zeigt ein Vergleich mit anderen krebserregenden Lebensmitteln. Um das Risiko abschätzen zu können, verwenden Experten die so-genannte Margin of Exposure (MOE). Die MOE gibt die Dosis an, die bei Tieren zu Tumoren führt, geteilt durch die durchschnittliche Aufnahme eines Menschen. Je kleiner die MOE, desto höher ist das gesundheitliche Risiko. Bei Acrylamid liegt die MOE bei 1000. Im Vergleich dazu wird für Aflatoxine, das heißt für krebserregende Schimmelpilzgifte, oder für Nitrosamine der Wert von 100 000 angegeben. Das bedeutet, dass das Krebsrisiko bei Acrylamid um den Faktor 100 höher ist als beispielsweise bei Aflatoxinen.

Acrylamid entsteht aus natürlicher Aminosäure und Zucker

Inzwischen ist bereits geklärt, wie der bedenkliche Stoff entsteht. Britische und Schweizer Wissenschaftler entdeckten, dass sich Acrylamid bei der so-genannten Maillard-Reaktion bildet, einer bekannten Bräunungsreaktion. Damit Acrylamid entstehen kann, müssen gleichzeitig freie Zucker und die Aminosäure Asparagin vorkommen, hohe Temperaturen auftreten und ein niedriger Wassergehalt vorliegen. Dabei ist es unerheblich, ob der Prozess industriell oder im Haushalt erfolgt. Vor allem in Produkten, bei denen durch das Erhitzen der Wassergehalt stark sinkt, entstehen offenbar besonders hohe Acrylamidgehalte. Bei Kartoffeln scheinen auch Sorte und Lagerbedingungen eine Rolle zu spielen. Betroffen sind also vor allem kohlenhydratreiche Lebensmittel, die auf Getreide oder Kartoffeln basieren und mit trockenen Erhitzungsmethoden bei deutlich über 100 Grad Celsius zubereitet werden. Dazu zählen Backen, Grillen, Braten oder Frittieren. Je höher die Temperatur und je länger das Erhitzen dauert, desto höher ist auch die Belastung. So zeigte eine Untersuchung, dass Pommes frites, die 2,3 Minuten bei 160 Grad Celsius frittiert wurden, 178 µg Acrylamid aufwiesen. Stieg die Frittierdauer um 1 Minute und die Temperatur auf 185 Grad Celsius, erhöhte sich der Wert auf 1240 µg, das heißt auf fast das Siebenfache. Andere Knabberprodukte, die nicht auf Kartoffeln basieren wie Maischips oder Erdnussflocken, enthalten dagegen relativ wenig Acrylamid. Eine Ausnahme stellt Popcorn dar, bei dem die Tester eine mittlere Belastung feststellten.

Acrylamid in Lebensmittel

Große Schwankungen bei Acrylamid unter den Herstellern

Die Werte schwanken zum Teil erheblich zwischen den Produkten verschiedener Hersteller. Die großen Unterschiede lassen vermuten, dass die Art und Weise der Produktion die Acrylamidentstehung beeinflusst. Jetzt sind die Hersteller gefordert, diese produktionsbedingten Belastungen auszumerzen. Dazu muss aber noch der genaue Prozess der Acrylamidentstehung geklärt sein. In Kürze sollen zunächst standardisierte Analysemethoden zur Verfügung stehen, um die Lebensmittel auf dem deutschen Markt genauer testen zu können. Dann erst lassen sich technologische Maßnahmen entwickeln, um den Acrylamidgehalt zu senken. Die endgültige Lösung des Problems im industriellen Bereich wird daher vermutlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Bgvv fordert „Aktionswert“ für Acrylamid

Wissenschaftlich fundierte Höchstmengen für Acrylamid in Lebensmitteln können nach Ansicht des Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) zum jetzigen Zeitpunkt nicht festgesetzt werden. Das Institut empfiehlt daher als ersten Schritt die Einführung eines „Aktionswertes“ von 1000 µg Acrylamid pro Kilogramm Lebensmittel. „Wir halten die Acrylamid-Aufnahme über Lebensmittel für bedenklich,“ betont der Leiter des BgVV. „Wir fordern die Hersteller deshalb nachdrücklich auf, alle Anstrengungen zu unternehmen, die Gehalte so schnell und so weit wie möglich zu senken“. Der Aktionswert soll der Industrie und der amtlichen Lebensmittelüberwachung als Richtwert dienen. Zunächst sollen die Hersteller von häufig verzehrten Lebensmitteln, die mehr als 1000 µg Acrylamid pro kg enthalten, versuchen, die hohe Belastung zu verringern.

Verbraucherschützer fordern von den Firmen, dass sie vorab besonders belastete Produkte freiwillig zurückrufen und über die Acrylamidbelastung informieren. Im Zweifelsfall sollten Kunden direkt beim Hersteller eine Auskunft über seine Produkte verlangen. Dadurch können die Verbraucher den Druck auf die Unternehmen erhöhen.

Sind Bratkartoffeln noch erlaubt?

Acrylamid entsteht nicht beim herkömmlichen Kochen. Erst wenn Temperaturen von deutlich über 100 Grad Celsius erreicht werden, bildet sich die Substanz. Für das Kochen am eigenen Herd bedeutet das, je geringer die Temperatur und je kürzer die Zeit in der Bratpfanne oder im Backofen ist, desto weniger Acrylamid wird voraussichtlich gebildet. Umgekehrt heißt das, je knuspriger und gebräunter ein Lebensmittel auf den Tisch kommt, desto mehr des krebserregenden Stoffes ist möglicherweise entstanden. Das gilt allerdings nur für besonders stärkehaltige Speisen. Gebratenes Fleisch oder Fisch, Pizza, Gemüsebratlinge oder Pfannkuchen zeigten keine oder nur eine geringe Belastung. Toastbrot sollte also nicht zu braun getoastet, Bratkartoffeln nicht zu kross gebraten und Pommes frites, Kartoffelchips, Knäckebrot und geröstete Frühstückscerealien wie Weizenpops oder Crunchy höchstens einmal pro Woche verzehrt werden. Insbesondere Kinder sollten – bis neue Daten bzw. veränderte Produkte vorliegen – die Produkte von ihrem täglichen Speiseplan streichen. Quelle: Becker, U.: UGB-Forum 5/2002, S. 263-266

Wenn Sie selbst gerne kochen und backen, sollten Sie darauf achten, dass die Bratkartoffeln oder das Toastbrot nur leicht gebräunt sind nach dem Motto „Vergolden ist besser als Verkohlen“. Je dunkler der Toast, desto mehr Acrylamid und desto größer das Krebsrisiko.

Netzfrau Doro Schreier

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