Am heutigen 10. März 2015 findet die weltweite Aktion ‚Flagge zeigen für Tibet’ statt. Auch wir Netzfrauen beteiligen uns an dieser Aktion.
Nach der Machtübernahme der Kommunistischen Partei und Gründung der Volksrepublik China unter Führung von Mao Zedong im Oktober 1949 erwachte der Anspruch auf Tibet und dessen Anschluss an das chinesische „Mutterland“ erneut.
Die Absicht der Befreiung Tibets vom „britischen, imperialistischen Joch“ durch Chinas Volksbefreiungsarmee wurde im Januar 1950 durch Radio Peking verkündet. Am 7. Oktober 1950 erreichte die Armee die tibetische Stadt Qamdo, wo sie nur auf minimalen Widerstand der schlecht ausgerüsteten tibetischen Armee traf. Einen Monat nach der Kapitulation der Armee in Osttibet durch den Gouverneur von Kham, Ngapoi Ngawang Jigmê, übernahm in Lhasa der 14. Dalai Lama im Alter von 15 Jahren, drei Jahre früher als üblich, die Regierung Tibets.
Ein anschließender Appell an die Vereinten Nationen blieb erfolglos; er scheiterte wegen des „ungeklärten Rechtsstatus‘ Tibets“ an der Ablehnung durch Großbritannien und Indien.
- Die Invasion Tibets durch China von 1950 mit 40 000 Soldaten stellt einen Akt nicht provozierter Aggression dar. Es gibt keine allgemein akzeptierte völkerrechtliche Basis für den Herrschaftsanspruch Chinas über Tibet.
- Zehn Jahre später flohen 100 000 Tibeter mit dem Dalai Lama, dem geistlichen und weltlichen Oberhaupt Tibets.
Am 10. März 1959 versammelten sich Tausende von Tibetern in Lhasa, um den Dalai Lama vor dem Zugriff der chinesischen Truppen zu schützen. Es war das Startsignal für den tibetischen Volksaufstand. Nicht weniger als 300 000 Tibeter sollen es gewesen sein, die sich an diesem 10. März 1959 vor dem Norbulinka-Palast in der Hauptstadt Lhasa einfanden, um einen menschlichen Schutzwall um die Residenz des Dalai Lama zu legen. Sie befürchteten, die chinesischen Machthaber könnten das spirituelle Oberhaupt der Tibeter nach Peking entführen oder gar ermorden. Mit dieser Massenversammlung spitzte sich eine Situation entscheidend zu, die bereits seit längerem gespannt war.
- 1993 bearbeitete das UN Flüchtlings-Hochkommissariat 3700 Fälle von tibetischen Flüchtlingen.
- Um der Entdeckung zu entgehen, sehen sich viele Flüchtlinge, die äußerst dürftig gekleidet und ausgerüstet sind, gezwungen, den 19 000 Fuß hohen Nangpa-La Pass in der Everest-Region zu überqueren. Die nepalesischen Behörden liefern weiterhin Flüchtlinge, die sie aufgreifen, den Chinesen aus.
- Mit dem 17-Punkte-Abkommen von 1951 verpflichtete sich China, nicht in das bestehende Regierungs- und Gesellschaftssystem Tibets einzugreifen, aber in Ost-Tibet hielt es sich überhaupt nie an dieses Versprechen, und 1959 brach es den Vertrag im gesamten Tibet.
- China hat zwei von den drei Hauptprovinzen Tibets zu Teilen der chinesischen Provinzen Qinghai, Gansu, Sichuan und Yunnan erklärt und die übrig gebliebene Provinz U-Tsang in Tibetische Autonome Region (TAR) umbenannt.
- Der Anspruch Chinas, daß die TAR autonom sei, widerspricht völlig den Tatsachen: Die gesamte lokale Gesetzgebung unterliegt der Billigung durch die Zentralregierung in Peking; die lokale Regierung untersteht ganz der regionalen KP, deren Chef noch niemals ein Tibeter war. Die Durchführung von chinesischen Gesetzen erfolgt weitgehend ad hoc und hängt von der Interpretation an Ort und Stelle ab, wobei die Definitionen oft gewollt zweideutig gehalten sind.
- Vergeltungsmaßnahmen gegen den Volksaufstand von 1959 kosteten 87 000 Tibeter das Leben, eine Zahl, die von den Chinesen in einer Sendung von Radio Lhasa vom 1. Oktober 1960 genannt wurde. Tibeter im Exil geben jedoch an, dass 430 000 Menschen während des Aufstandes und der darauf folgenden 15 Jahre währenden Guerilla-Kampfoperationen starben.
- Man schätzt, dass seit 1950 etwa 1,2 Mio. Tibeter den Chinesen zum Opfer fielen.
- Die Internationale Juristenkommission kam in ihren Berichten von 1959 und 1960, die sich mit der Zeit vor der Kulturrevolution befassen, zu dem Schluss, dass es sich hierbei um einen eindeutigen Fall von Völkermord handelt, der von den Chinesen an dem tibetischen Volk begangen wurde.
- China hat zugegeben, dass es nukleare Abfallprodukte auf dem tibetischen Plateau lagert. In der Nähe des Kokonor-Sees, des größten Sees der tibetischen Hochebene, gibt es eine 20 km2 große Deponie für radioaktiven Schadstoffe.
Von 1956 an in den Provinzen Kham und Amdo – und nach dem Volksaufstand auch in Zentraltibet – begann die Volksbefreiungsarmee mit der systematischen Plünderung und Zerstörung aller tibetischen Kulturdenkmäler sowie der Tempel und Klöster. Dieses Werk fand später in der Kulturrevolution seinen Abschluss. Von insgesamt 6259 Klöstern und Tempelanlagen blieben nur 12 übrig. Eine architektonische und bildhauerische Hochkultur wurde dem Erdboden gleichgemacht. „Von dem, was übrig blieb, wurden die Steine teilweise benutzt, um Häuser zu bauen. Teilweise wurden die Klöster aber auch als Getreidespeicher oder Parteiplenarsäle genutzt. Ein riesiger Anteil der Kunstschätze wurde völlig zerstört oder gegen harte Dollars verkauft. Die Bewohner der Klöster, die Mönche und Nonnen, wurden zum großen Teil in Arbeitslager deportiert. Einige wurden sogar zum Geschlechtsverkehr in der Öffentlichkeit gezwungen, um ihr Gelübde zu brechen“, berichtet der Tibetologe David Holler.
Auch wenn sich die allerschlimmsten Verfolgungen seit dem Ende der Kulturrevolution gemildert haben, so leben die Tibeter noch immer in Unfreiheit und Unterdrückung.
Grundlegende Menschenrechte wie Meinungs- und Redefreiheit werden systematisch unterdrückt. Es wird versucht, die tibetische Religion, Sprache und Kultur gezielt auszurotten.
Die Argumentationslinie Chinas hat sich ein weiteres Mal verschoben: Nun behauptet China, Tibet sei immer schon ein Teil Chinas gewesen, und somit sei der Autonomieanspruch Tibets historisch absolut unbegründet.
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Der Dalai Lama residiert seit seiner Flucht in Dharamsala in Indien. Mehr als 120 000 Tibeter sind ihm bereits ins indische Exil gefolgt, doch die Exilregierung hat ebenso wie die Tibeter die Hoffnung auf ein freies Tibet nicht aufgegeben. Man bemüht sich um eine Annäherung und folgt nun dem vom Dalai Lama vorgeschlagenen „Mittleren Weg“. Statt Unabhängigkeit gibt man sich nun mit einer echten Autonomie innerhalb des chinesischen Staatsverbands als Verhandlungsbasis zufrieden, inkludierend echter Religions- und Meinungsfreiheit sowie der Wahrung der Menschenrechte.
Doch China ist nach wie vor nicht zu wirklichen Verhandlungen bereit.
Und so kommt es nach wie vor zu (meist friedlichen) Aufständen in Tibet, die von China jedes Mal brutal niedergeschlagen werden.
Und es gibt einen guten Grund, warum China Tibet nicht aufgeben wird :
Über 126 Mineralien wurden als Bodenschätze identifiziert, darunter einige der bedeutendsten Vorkommen der Erde an Uran, Chromit, Lithium, Bor, Borax und Eisen. Die Vorkommen an Erdöl, Erdgas, Gold, Silber, Kupfer und Zink haben globale Bedeutung, und zusätzlich finden sich im tibetischen Hochland Korund, Vanadium, Titanium, Magnesit, Schwefel, Glimmererde, Caesium, Rubidium, Arsen, Graphit, Lepidolith und Pottasche.
Da Chinas Industrialisierung in großem Maße von einem riesigen Verbrauch an Mineralien und Energie abhängig ist und viele seiner eigenen Lagerstätten beinahe erschöpft sind, gewinnen die reichen Vorräte Tibets nun höchste Wichtigkeit. Eine Autarkie bei Rohstoffen hilft China, seine Auslandsschulden zu reduzieren, wobei alle Überschüsse exportiert werden.
Tibets Ökosysteme sind vielerorts seit der chinesischen Besetzung grundlegend gestört und zerstört worden. Im Gegensatz zum buddhistischen Prinzip der Achtung aller Lebewesen betrachten die chinesischen Besatzer die natürlichen Ressourcen des Landes ausschließlich als eine wirtschaftliche Quelle zum Gewinn und Nutzen der Menschen. Ihre materialistische Ideologie und die damit verbundene ausbeuterische Handlungsweise haben zu einem rapiden Verlust der Artenvielfalt und der natürlichen Lebensräume in Tibet geführt. Die folgenden drei Beispiele verdeutlichen die Zerstörung von Tibets Umwelt seit der chinesischen Besetzung.
Die einst so artenreiche Tierwelt Tibets wurde von den Besatzern zumeist durch Jagd und Wilderei hemmungslos dezimiert. Laut WWF gelten inzwischen über 140 Tierarten in Tibet als gefährdet, darunter an prominenter Stelle der Schneeleopard und die Tibetantilope, deren Fell bzw. Wolle zu horrenden Preisen auf dem Schwarzmarkt verkauft werden. Zwar sind im chinesischen Rechtssystem einige Gesetze zum Schutz der Tierwelt enthalten, doch lässt ihre Umsetzung sehr zu wünschen übrig.
Der Rohstoff Holz ist in China rar, darum wurden die Wälder im Südosten Tibets bis weit in die 1990er zur Holzgewinnung rücksichtslos abgeholzt. In Tibet existiert heute nur noch etwa die Hälfte der früheren großen Waldbestände. Die Folgen der Abholzung sind Erosion und Überschwemmungen, da die kahlen Hänge den starken Monsunregen nicht halten können. Auch durch den Bau von immer mehr Zugangsstraßen und Forstwegen für den effizienten Abtransport des Holzes wurde stark in Tibets Naturgebiete eingegriffen. Erst mit der gigantischen Überschwemmung am Jangtse 1996, bei der über 10 000 Menschen ums Leben kamen, realisierte die chinesische Regierung, dass man sich an Tibets Rohstoffen nicht unerschöpflich und ohne Konsequenzen bedienen kann.
Die Bodenschätze Tibets werden rücksichtslos abgebaut und verwendet, ohne dass Tibet dafür entschädigt wird.
Anlässlich des Besuches des Dalai Lama im März 2012 in Österreich forderten heimische Tibeter-Organisationen, sich zur „repressiven Politik in Tibet“ zu äußern. So auch Unterstützer Hubert von Goisern. Zudem solle eine EU-Delegation nach Tibet reisen, um sich selbst ein Bild von der sich „drastisch verschlechternden Situation“ zu machen, so der Tenor beim Besuch des Dalai Lama in Wien.
Auch der langjährige Tibet-Unterstützer Hubert von Goisern zeigte sich „frustriert“, dass bei der Selbstbestimmung der Tibeter sogar „Rückschritte“ gemacht werden. Während seiner Schilderungen über eine kürzlich erfolgte Reise in die Region war der Alpenrocker den Tränen nahe: „Es ist so was von absurd“.
Er schäme sich außerdem „seit Jahrzehnten“ für die heimischen Politiker und deren „Umgang mit dem Problem des Status‘ Tibets“.
Einen Seitenhieb gab es für Bundespräsident Heinz Fischer, der als „deklarierter Freund Chinas“, wie ihn der Sänger nannte, ein Treffen mit dem Dalai Lama verweigere. Es sei ihm lieber, wenn sich der „Bundespräsident einbringen würde“, er sitze hier, weil es Fischer nicht tue, so von Goisern.
Auch Heinrich Harrer hat einen Nahbezug zum Dalai Lama. Der gebürtige Hüttenberger – Forschungsreisender, Sportler, Bergsteiger und Schriftsteller („Sieben Jahre in Tibet“) – brachte von seinen Reisen faszinierende Exponate und einzigartige Bilddokumente mit. Ihm gelang die Flucht aus dem Kriegsgefangenenlager Dehra Dun am Fuß des Himalaya. Nach vielen Wirren arbeitete Harrer zunächst als Übersetzer und Fotograf für die tibetische Regierung, wurde später Lehrer (für Englisch, Geografie und Mathematik) und zuletzt Freund des jungen 14. Dalai Lama. Ein herzliches Verhältnis verband beide bis zu Harrers Tod 2006.
Wegen des tibetisch-chinesischen Konflikts von 1950/51 floh Harrer 1951 nach Indien, zunächst den Dalai Lama bis an die Landesgrenze begleitend. Von dort kehrte Harrer im nächsten Jahr nach Europa zurück. Über seine Erlebnisse begann er bereits in Indien das Buch „Sieben Jahre in Tibet“ zu schreiben, das ein Bestseller und auch verfilmt wurde.
Nach Harrers Tod wurden die Angriffe, die nach der Buchveröffentlichung begannen, als einem breiten Publikum bekannt wurde, dass er seinerzeit auch Mitglied der NSDAP und SA war, sogar SS-Nähe wurde spekuliert, wieder lauter. Halbwahrheiten und Unwahrheiten lösten einander ab – seine Erklärungen ab 1996 wurden zerpflückt, widerlegt, wieder bestätigt – die volle Wahrheit wird vermutlich mit ihm zu Grabe getragen worden sein. Für Österreich ist Harrer jedoch ein Bestandteil des Lebens des jungen Dalai Lamas und somit Tibets.
In den vergangenen Jahren kämpfte der Dalai Lama vermehrt gegen die zunehmende Überfremdung seines Landes, gegen den Verlust der tibetischen Identität und gegen den Untergang seines Volkes. Für den 14. Dalai Lama ist die Lage Tibets ernster als je zuvor, weshalb er sogar seine Wiedergeburt auf annektiertem tibetischen Boden in Frage stellt: „Ich weiß nicht, ob es einen 15. Dalai Lama geben wird. Diese Entscheidung liegt beim tibetischen Volk. Jedenfalls werde ich nicht unter chinesischer Herrschaft wiedergeboren werden, um ihnen keine Möglichkeit zu geben, mich als ihr Werkzeug zu benutzen.“
1989 wurde ihm der Friedensnobelpreis verliehen. Das Nobelpreiskomitee schrieb in seiner Begründung u. a.: „Der Dalai Lama hat seine Friedensphilosophie auf der Grundlage von großer Ehrfurcht vor allen Lebewesen und der Vorstellung einer universellen Verantwortung entwickelt, die sowohl die gesamte Menschheit, als auch die Natur umfasst.“
Die Chinesen kümmert das wenig – sie planen Fluss-Kraftwerke, die die Landschaft Tibets auf immer verändern, den Menschen das Wasser nehmen wird, das Lebensgrundlage für sie und ihre Landwirtschaft ist.
Immer mehr Chinesen werden in Tibet angesiedelt, man lockt sie mit höheren Gehältern als daheim, dadurch werden heilige Plätze entehrt und die Tibeter in manchen Provinzen zu einer Minderheit im eigenen Land gemacht.
Die Welt sieht zu und tut nichts gegen dieses Unrecht, denn keiner will sich mit der Weltmacht China anlegen, niemand auf diesen Markt verzichten.
Am 10. März ist trauriger 56. Jahrestag des tibetischen Volksaufstandes und überall auf der Welt gibt es wieder Gedenkveranstaltungen.
In Wien, Graz, Paris, vielen Städten Deutschlands und anderen europäischen Städten aber rund um den Globus ebenfalls.
On 10 March 1959, tens of thousands of Tibetans took to the streets of Lhasa, Tibet’s capital, rising up against China’s illegal invasion and occupation of their homeland.
Every year thousands of Tibetans and their supporters take to the streets across the world to mark the anniversary of Tibetan National Uprising Day.
Netzfrau Lisa Natterer
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