Dass beim konventionellen Landbau viel gespritzt wird, ist allgemein hin bekannt. Dass aber auch im Supermarkt noch so einige der giftigen Pestizide im Obst und Gemüse stecken, dessen sind sich die Verbraucher häufig nicht bewusst.
Kopfsalat, Tomaten, Gurken, Äpfel und Lauch. Wer gerne Obst und Gemüse isst, der sollte besser auf dessen Herkunft achten. Denn neben Vitaminen enthalten auch gesunde Lebensmittel Schadstoffe wie Pestizide. Bevor sie im Supermarktregal landen, werden viele Pflanzen mit Pflanzenschutzmitteln vor Schädlingen geschützt. Doch auf dem Teller erwartet der Konsument Vitamine statt Pestizide. Immer mehr Konsumenten sind verunsichert.
Im Jahr 2014 wurden am CVUA Stuttgart insgesamt 813 Proben Frischgemüse aus konventionellem Anbau auf Rückstände von über 700 verschiedenen Pestiziden, Pestizidmetaboliten sowie Kontaminanten untersucht. 737 dieser Proben (91 %) wiesen Rückstände von insgesamt 208 verschiedenen Pestizid-Wirkstoffen auf.
Rückstände und Kontaminanten in Frischgemüse aus konventionellem Anbau 2014
Insgesamt wurden 3587 Rückstände gefunden. Bei 128 Gemüseproben (16 %) wurden Rückstandsgehalte über den gesetzlich festgelegten Höchstmengen festgestellt.
Im Vergleich zu den Vorjahren lag die Beanstandungsquote damit deutlich höher (2013: 39 Proben (4,4 %), 2012: 57 Proben (6,4 %), 2011: 53 Proben (7,0 %)). Ursächlich hierfür ist die Ausweitung des Untersuchungsspektrums auf polare Pestizide und der hohe Anteil an Überschreitungen der Höchstmenge für den Wirkstoff Chlorat.
Ausweitung des Untersuchungsspektrums für alle Proben:
2014 wurden alle Proben routinemäßig auch auf 30 sehr polare Stoffe untersucht (QuPPe-Methode, siehe auch http://quppe.eu), die mit der QuEChERS-Multi-Methode nicht erfasst werden können.
Dazu gehören die im Jahr 2012 erstmals untersuchten Fungizide Fosetyl und Phosphonsäure, die auch im Gemüsebau eingesetzt werden, die ZusatzstoffeMorpholin, Di- und Triethanolamin, die in der EU nicht zugelassen sind, jedoch in Drittländern in Wachsen verwendet werden, das Herbizid Chlorat sowie Perchlorat, das als Kontaminant eingestuft wird.
Beispiel:
- Rucola (Italien) mit 9 verschiedenen Wirkstoffen, insgesamt 36,4 mg/kg Pestizide (ohne 45 mg/kg Fosetyl, Summe)
- Kopfsalat (Belgien) mit 12 verschiedenen Wirkstoffen, insgesamt 22,4 mg/kg Pestizide (ohne 2,3 mg/kg Fosetyl, Summe)
- eine Probe Gemüsepaprika aus der Türkei enthielt 20 verschiedene Wirkstoffe.
INFOBOX
Chlorat
Chlorate sind Salze der Chlorsäure, sie sind starke Oxidationsmittel und wirken als Pflanzenvernichtungsmittel (Herbizide) und als Desinfektionsmittel (Biozide). Chlorat ist ein in der EU seit dem Jahr 2008 nicht mehr zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff. Auch in Biozidprodukten darf Natriumchlorat nicht mehr angewendet werden.
Die Definition „Pestizidrückstände“ der VO (EG) Nr. 396/2005 umfasst Rückstände von (ggf. nicht mehr zugelassenen) Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in Lebensmitteln unabhängig von der Quelle der Verursachung. So gilt für Chlorat als nicht mehr zugelassenes Pflanzenschutzmittel EU-weit der allgemeine Höchstgehalt von 0,01 mg/kg gemäß VO(EG) Nr. 396/2005. Chlorat hemmt reversibel die Aufnahme von Jodid in die Schilddrüse und kann insbesondere bei empfindlichen Personengruppen wie Kindern, Schwangeren oder Personen mit Schilddrüsenfunktionsstörungen unerwünschte gesundheitliche Effekte verursachen. Neben Auswirkungen auf die Schilddrüsenfunktion kann Chlorat auch Schädigungen der Erythrocyten (Methämoglobin-Bildung, Hämolyse) bewirken. Eine umfassende toxikologische Bewertung der Chlorat-Rückstände wird derzeit von der Europäischen Behörde für die Lebensmittelsicherheit (EFSA) erarbeitet. Quelle
Perchlorat
Im Herbst 2013 hat die EU-Kommission vorläufige Grenzwerte für Perchlorat in Lebensmitteln festgelegt – allerdings in einer Höhe, die alles andere als akzeptabel ist. So sind etwa für Tomaten 0,5 mg/kg erlaubt, was mehr als doppelt so viel ist, wie in den von uns kritisierten Bio-Tomaten enthalten war, schreibt Ökotest. Auch das BfR hält die verabschiedeten Werte für nicht geeignet, Verbraucher ausreichend vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Perchlorat zu schützen – vor allem diejenigen nicht, die viel Obst und Gemüse essen. Das Institut würde allenfalls Gehalte von 0,05 mg/kg akzeptieren. Quelle
Einzelheiten und Ergebnisse finden Sie im ausführlichen Beitrag als PDF-Dokument.
Lieber Vitamine statt Pestizide auf dem Teller – Unter Verdacht: Pflanzenschutzmittel
Pestizide auf unserem Teller
3Sat Mo, 16.03.2015 22:25 – 23:15 Uhr Film von Pietro Boschetti und Jean-Bernard Menoud
Kopfsalat, Tomaten, Gurken, Äpfel und Lauch. Wer gerne Obst und Gemüse isst, der sollte besser auf dessen Herkunft achten. Denn neben Vitaminen enthalten auch gesunde Lebensmittel Schadstoffe wie Pestizide. Bevor sie im Supermarktregal landen, werden viele Pflanzen mit Pflanzenschutzmitteln vor Schädlingen geschützt. Doch auf dem Teller erwartet der Konsument Vitamine statt Pestizide. Immer mehr Konsumenten sind verunsichert. Hans-Peter Hutter ist Humanmediziner sowie Landschaftsökologe und hat Antworten auf die dringlichsten Fragen.
Neue Arten von Pestiziden bleiben nicht an der Schale haften, sondern dringen ins Gemüse oder Obst. Dass Pestizide nicht nur auf, sondern auch im Grün drin sind, wissen die wenigsten Konsumenten. Wie schädlich sind solche Pestizide für den Körper – und für die Seele?
Bei den Konsumenten ist bisher angekommen, dass beispielsweise Schalen von Äpfeln deutlich mehr Vitamine und Mineralstoffen enthalten als Fruchtfleisch. Es wird angeraten, Schalenobst nur nach gründlichem Waschen zu konsumieren. Dass Pestizide auch „unter der Schale sitzen“ und sich durch keine oberflächliche Reinigung entfernen lassen, ist auch ein Thema. Vergleichsweise sind deutlich weniger Rückstände im Fruchtfleisch als außen zu finden. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen möchten, sind Produkte aus dem ökologischen Anbau zu bevorzugen. Bei dieser Landbewirtschaftung sind Agrochemikalien verboten.
Der Gesetzgeber hat Höchstgrenzen für Pestizidrückstände festgelegt. Spuren solcher Pflanzenschutzmittel sind dennoch in unterschiedlichen Mengen auf und in vielen Produkten zu finden. Konsumenten essen das Pflanzengift unbemerkt. Zwar in kaum nachweisbaren Dosen – aber dafür regelmäßig. Ab welchen Mengen tritt eine Gefährdung ein?
Das ist sehr schwer zu sagen. Es hängt von der Toxizität des jeweiligen Pestizids ab und auch von der Konzentration, die verzehrt wird. Es geht eben bei den Verbrauchern nicht um hohe Mengen und folglich nicht um akute, sofort auftretende Symptome. Ein Aspekt ist mir in dieser Hinsicht wichtig: Wenn sich Pflanzenschutzmittel auf oder im Obst finden, müssen sie auch von jemandem aufgebracht worden sein. Vor allem bei Produkten aus Entwicklungsländern wirft das eine bedeutende Gesundheitsfrage auf. Aus Berichten und eigenen Erfahrungen weiß ich, dass häufig völlig unzulängliche Arbeitsbedingungen etwa beim Mischen und beim Sprayen der Pestizide vorherrschen.
Viele Landarbeiter vergiften sich praktisch täglich, wenn sie die Agrargifte ausbringen – speziell bei Pestiziden, die bei uns bereits verboten sind. Schutzmaßnahmen wie Masken, Handschuhe sind nicht vorhanden oder können wegen Hitze beispielsweise nicht verwendet werden. Hier können wir alle helfen, indem wir uns bewusst für sozial- und umweltverträgliche Produkte entscheiden – selbst wenn sie logischerweise teurer sind.
Die Langzeitwirkung von Pestiziden auf den menschlichen Körper ist nicht umfänglich erforscht. Das Bundesamt für Gesundheit in der Schweiz entwarnt: diese Rückstände seien für die Gesundheit nicht schädlich. Können Sie dem zustimmen?
Die Frage stellt sich, was unter „nicht gesundheitsschädlich“ zu verstehen ist. Wenn darunter akute Effekte nach Genuss wie Reizbarkeit, Taubheitsgefühle oder Lähmungserscheinungen gemeint sind, kann ich dem zustimmen. Wenn damit Effekte nach Langezeitexposition gemeint sind, also bei regelmäßiger Aufnahme klein dosierter Mengen, kann ich nicht zustimmen. Gesundheitseffekte chronischer Belastungen treten eben nicht unmittelbar auf – sondern erst viel später. So wurden für etliche Pestizide endokrine Wirkungen nachgewiesen. Solche Biozide können als so-genannte endokrine Disruptoren nachweislich das Hormonsystem negativ beeinflussen: Beeinträchtigungen der Fortpflanzungsfähigkeit wie verfrühte Pubertät oder Einflüsse auf Spermienqualität, aber auch erhöhtes Risiko für hormonabhängige Tumore können Folgen sein. Daher ist ein gewisses Gesundheitsrisiko für Konsumenten sicher nicht gänzlich auszuschließen – wie die Phrase „nicht gesundheitsschädlich“ suggerieren möchte.
Wie sich der Pestizidcocktail insgesamt auswirkt, ist also unklar. Wir kommen überall in Berührung mit Chemikalien. Kann der Körper Chemikalien wie die Pestizide in unserem Essen wieder abbauen?
Der menschliche Organismus hat eine hohe Kompensationsfähigkeit, wodurch er gewisse Belastungen durch Fremdstoffe ausgleichen kann. Dem sind natürlich auch Grenzen gesetzt. Voraussetzung für den „Abbau“ von solchen Substanzen – im Sinne eines gut funktionierenden Stoffwechsels – ist, dass man sich nicht noch zusätzlich vermeidbare Belastungen „einkauft“. Das Stichwort Lifestyle mit den üblichen wenig klugen Angewohnheiten wie zu viel Zucker, Fett zu sich nehmen und schließlich auch bei körperlicher Bewegung einzusparen.
Auch Sie sind Konsument, wie verhalten Sie sich beim Einkaufen von Obst und Gemüse?
Ich kaufe prinzipiell Produkte aus ökologischem Landbau. Falls diese nicht erhältlich sind oder ich unterwegs bin, wasche ich sie gründlich oder schäle sie. Jedenfalls ist für mich klar, dass ich auf Obst und Gemüse nicht verzichte – schon deshalb, weil es mir sehr gut schmeckt.
Den Genuss am Essen sollten wir uns dennoch nicht verderben lassen. Kann ich von außen erkennen, ob Obst oder Gemüse mit Pestiziden belastet ist?
Von außen ist dies praktisch nicht zu erkennen. Das gilt für alle Pestizide. Hier hilft nur ein pragmatischer Ansatz: Nämlich auf lokal erzeugte Bioprodukte „auszuweichen“, die auch als solche gekennzeichnet sind. Das ist so gut wie die einzige Möglichkeit, sich vor möglichen Wirkungen von Agrarchemikalien vorsorglich zu schützen. Diese Empfehlung ist nicht nur aus „chemischen“ Gründen von Bedeutung: Auch aus Klimaschutzgründen empfehle ich solche Produkte. Nicht zuletzt können wir damit auch teils drastische ökotoxische Folgen und Einbußen der Biodiversität vermeiden Quelle 3SAT
Wenn wir es zulassen, dass die Weltmarktführer der Pestizidproduktion, nämlich Monsanto, Dow und DuPont aus den USA, Syngenta aus der Schweiz oder Bayer und BASF aus Deutschland wie bisher ihre Giftbrühe auf den Feldern versprühen, so ist es “Mord auf Raten”.
Eine nicht sichtbare Gefahr lauert auf unseren Tellern. Pestizide, wohin man auch schaut.Forscher finden Pflanzengift in Mensch und Tier – Glyphosat
IHRE Produktion von Umweltgiften gefährdet die Gesundheit, die Biodiversität, das Wasser, die Luft, die Böden. Die Produktion von Pestiziden muss sofort gestoppt werden.
Netzfrauen Doro Schreier
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