English follows German – Fakt ist, dass die Bienen sterben. Immer mehr Studien belegen die Ursachen dafür – die manchem Lobbyisten definitiv nicht gefallen. Wie eine Studie analysiert und interpretiert wird, hängt nicht selten von der Position desjenigen ab, der analysiert und interpretiert.
Die erneute Analyse einer Studie der Food and Environment Agency scheint sich jetzt als das Gegenteil von dem zu erweisen, was man zunächst daraus ableitete.
Sie belegt jetzt offensichtlich, dass neonicotinoid-haltige Pestizide eben doch für den Niedergang der Bienen verantwortlich sind.
UK zog laut Wissenschaftlern falsche Schlüsse aus einer Neonicotinoid-Studie
Ein Bericht von Karl Mathiesen vom Guardian, den wir für Sie übersetzt haben:
Die Studie, anhand derer die britische Regierung davon ausgeht, dass Neonics keine Gefahr für Bienen darstellen, scheint sich als der erste überzeugende Beweis zu erweisen, dass sie genau das tun, so ein führender Bienenforscher.
Dave Goulson, Professor für Biologie an der University von Sussex, reanalysierte die Studie aus 2013 der Food and Environment Research Agency (Fera) bezüglich der Effekte des weltweit am häufigsten verwendeten Pestizids auf Hummeln.
Die Wissenschaftler von Fera hatten gesagt, dass Bienenkörbe in Anwesenheit von Neonics überlebensfähig und produktiv bleiben würden. Trotzdem sagte Goulson, das Experiment habe herausgefunden, dass alle Bienenkörbe, bei denen das gängige Neonic Clothianidin eingesetzt wurde, eine reduzierte Anzahl an Bienenköniginnen aufwiesen.
Goulson sagt: „Die Schlüsse, die man hier erkennt, stehen scheinbar im Widerspruch zu ihrem eigenen Ergebnisbericht.
Sie finden heraus, dass es in 100 % der Fälle eine negative Beziehung zwischen der Pestizidmenge im Nest und der Leistung des Nests gibt, gleichzeitig kommen sie zu dem Schluss, dass die Studie keinen signifikanten Wirkzusammenhang von diesen Pestiziden auf Bienenstöcke belege. Das ergibt keinerlei Sinn“.
Die Studie wurde nie in einem von Experten begutachteten Journal veröffentlicht und wurde auch seitens der EU Safety Authority zurückgewiesen. Trotzdem wird sie vom Department of Environment, Food and Rural Affairs (Defra) auf der Webseite als Beleg zur Unterstützung für diese Pestizide aufgeführt.
Ein Sprecher der Fera scheint zu bestätigen, dass die Regierung die falschen Schlüsse aus der Studie bezogen habe.
„Im Management Summary des Berichts von 2013 machten wir deutlich, dass unsere Experimente nicht ausreichen, um eindeutige Schlüsse auf die Wirkung von mit Neonicotinoiden behandeltem Saatgut auf die Gesundheit von Hummeln zu ziehen. Auch wenn wir keinen Beweis für die Hypothese fanden, dass Neonics die Bienen schädigen, ist das auch kein Beleg dafür, dass sie das nicht tun“, so seine Aussage.
Laut einer Sprecherin der Defra werde die neue Analyse durch ein unabhängiges Beratungsteam für Pestizide überprüft. Damit wolle man sicherstellen, dass „man das Vorgehen auf die bestmögliche, wissenschaftlich verfügbare Beweislage abstütze“.
Kürzlich erschienene Studien zeigten, dass Neonics zu Schäden in den Bienenstöcken führen. Aber da die Versuche nicht draußen auf den Feldern durchgeführt wurden, gab es Kritik. Feldexperimente sind jedoch auf Grund des vagabundierenden Verhaltens der Bienen sowie des bereits in der Natur vorkommenden Anteils an Neonics extrem schwierig durchzuführen.
Goulson sagt, dass das Fera-Experiment, bei dem kontrollierte Stöcke mit Pestiziden verunreinigt wurden, fehlerhaft gewesen war. Nachdem ihre erste Versuchsanordnung scheiterte, verwendeten die Wissenschaftler von Fera komplizierte statistische Analysen, um herauszufinden, ob es eine Korrelation zwischen der Menge an Neonicotinoiden in einem Stock und der Anzahl an erzeugten Königinnen gibt.
Laut Goulson war der Ansatz „eigenartig“, aber „akzeptabel“. Trotzdem zogen die Wissenschaftler die falschen Schlüsse aus ihren Daten.
„Entgegen der Schlussfolgerungen, die seitens Fera zunächst vorgenommen wurden, scheinen die Daten glasklare Beweise zu liefern, dass freifliegende Völker, die Neonics im Rahmen der normalen landwirtschaftlichen Arbeiten ausgesetzt wurden, signifikant davon beeinflusst werden. Das macht sich in reduziertem Wachstum der Kolonie ebenso deutlich wie in der niedrigeren Erzeugung von Königinnen“, stellt Goulson in seinem Bericht fest.
Fehler in der experimentellen Methodik der Wissenschaftler von Fera wurden bereits durch die European Food Safety Authority (Efsa) hervorgehoben. Die Ergebnisse der Studie wurden daher durch die Efsa nicht berücksichtigt, als diese 2013 ihre Empfehlungen an die EU veröffentlichten, dass Neonicotinoide ein „inakzeptables“ Risiko für die Gesundheit der Bienen darstellten.
Der führende Autor des Fera-Berichts verließ die Agentur nur wenige Monate nach der Veröffentlichung und begann, für Syngenta zu arbeiten – einem großen Hersteller von Neonicotinoiden. Das führte zu dem Verdacht, dass die Empfehlungen der Regierung der Pestizid-Branche zu nahe stehen.
Der frühere Verantwortliche für Umwelt Owen Paterson nahm die Studie als wesentlichen Anlass, um sich gegen das EU-Moratorium gegen Neonics zu stellen. Der Bann war 2013 ausgesprochen worden trotz britischer Lobbyarbeit und der abschließenden Gegenstimme im Rahmen der Abstimmung. Die Gesetzgebung wird im Dezember erneut überprüft
Matt Shardlow, Vorsitzender der Wohltätigkeitsorganisation für wirbellose Lebewesen Buglife sagt: „Owen Paterson rechtfertigt die britische Entscheidung für Neonicotinoide mit der Feldstudie von Fera. Und das, obwohl Zweifel an der „Ausführung und Interpretation“ der Resultate von zahlreichen Wissenschaftlern in der EU geäußert wurden. Die erneute Analyse der Studie revidiert die Interpretation. Jetzt ist es offensichtlich, dass die mit Neonicotinoiden belasteten Stöcke weniger Königinnen hervorbringen. Damit wird die wissenschaftliche Integrität der Defra in Frage gestellt“.
Wäre der Fera-Bericht einem normalen wissenschaftlichen Prozess durch Experten-Reviews unterzogen worden, hätte man die Defizite vorher festgestellt, so die Aussage von Goulson, der hinzufügt, dass die Regierung hinterfragen sollte, ob sie ihre wesentlichen Richtlinien auf nicht-überprüfte Berichte abstützt.
„Es ist … irritierend, dass die gleiche Datenbasis in so extrem unterschiedlicher Weise von verschiedenen Wissenschaftlern interpretiert werden kann. Das unterminiert das Vertrauen der Öffentlichkeit in die wissenschaftlichen Prozesse“.
Anmerkung Netzfrauen:
Der Skandal – Helen Thompson, die die Studie erstellte, arbeitet jetzt für die Agrarindustrie Syngenta, den Konzern, der nun gegen das Neonicotioide-Verbot der Europäischen Kommission klagt und die Pestizide herstellt.
Unglaubliches geschieht zur Zeit wegen des Massensterbens von Bienen durch Neonicotinoide/Pestizide.
Mehr als 125 Interessengruppen forderten Präsident Obama und die Umweltschutzbehörde auf, eine schnelle und sinnvolle Maßnahme zu ergreifen, die die Bestäuber vor giftigen Pestiziden schützt. Der richtete auch eine Task Force ein, die über die Bienen entscheiden soll, doch diese Woche meldeten sich die Landwirte: Alles sei falsch, die Zahl der Bienen habe einen neuen Rekord in den USA und in Europa zu verzeichnen.
Dabei meldeten Deutschlands Imker, dass etwa 30 Prozent der Bienenvölker den vergangenen Winter nicht überlebten. Auch in Österreich sind die Verlustmeldungen alarmierend. In Großbritannien, das ebenfalls einen starken Rückgang der Bienen meldete, tut sich ein Skandal auf. Eine zwei Jahre alte Studie, die von der Regierung bezahlt worden war, erwies sich als falsch – die Forscherin arbeitet heute bei Syngenta, und dieser Chemieriese klagt mit Bayer gegen das Teil-Pestizid-Verbot der EU, das dieses Jahr endet.
Doch das ist noch längst nicht alles, nun kommt eine Studie, die von „unabhängigen“ Forschern erstellt wurde, die ebenfalls in den USA diese Woche herauskam, die besagt, alle bislang erstellten Studien seien falsch. Wie unabhängig diese Studie ist, haben wir aufgezeigt. Dann gibt es noch die Raps-Lobby, die ebenfalls sowohl in der EU als auch in den USA ein Wörtchen mitreden will – wen interessieren denn schon Bienen, wenn es um Profit geht?!
Hier der sehr ausführliche Bericht: Wissenschaftlicher Skandal in Großbritannien – Bienen vs. Chemie-Lobby im Weißen Haus
INFOBOX
Dave Goulson ist ein englischer Biologe. Er ist Professor an der University of Sussex und bekannt als Fachmann für Bionomie und den Schutz der Hummel. 2006 gründete Goulson den Bumblebee Conservation Trust, eine gemeinnützige Organisation, die sich für den Schutz der Hummeln einsetzt.
Goulson forscht seit 20 Jahren an Hummeln. Wie viele Forscher in der Task Force hat er teilweise eigenes Geld und Forschungsmittel der Universität für das Projekt eingesetzt. Gegründet wurde die Task Force vor fünf Jahren von dem Niederländer Martin Bijleveld aus Lexmond. Mittlerweile kommt auch finanzielle Unterstützung von Nicht-Regierungsorganisationen und aus Forschungsfonds. Die Task Force berät zwei Kommissionen der Weltnaturschutzunion IUCN.
Neonicotinoide und die Europäische Union
Die Zulassung für Wirkstoffe erteilt die Europäische Union. Federführend ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, EFSA – eigentlich eine als industriefreundlich bekannte Behörde. Bei den Neonicotinoiden hat aber auch die EFSA Anfang 2013 eine Reihe von Risiken für Bienen identifiziert. Die EU-Kommission erließ daraufhin ein zweijähriges Moratorium, das den Gebrauch der Mittel eingrenzt. Für Hummelforscher Goulson zu wenig:
„Die EU sollte mindestens ihr Moratorium aufrechterhalten. Ich denke aber, wir müssen auch das große Ganze betrachten: Denn die Chemikalien werden ja weiter benutzt. Wo sie nicht mehr genutzt werden können, wird den Landwirten von der agrochemischen Industrie geraten, einfach ein anderes Pestizid zu nutzen. Das löst aber nicht das große Problem, dass wir komplett von Pestiziden abhängig sind”.
Goulson fordert daher, dass die EU unabhängige Forschung finanziert und selbst die Landwirte im großen Stil zu alternativen Pflanzenschutzmitteln berät. Langfristig wünschen sich er und seine Kollegen sogar den globalen Ausstieg aus der Nutzung der systemischen Pestizide. Quelle
UK drew wrong conclusion from its neonicotinoids study, scientist says
Karl Mathiesen Thursday 26 March 2015 theguardian
Reanalysis of a Food and Environment Agency study may provide first conclusive evidence that neonicotinoids pesticides are a key factor in bee decline, despite it originally being used to support the opposite view
A study on which the UK government bases its position that neonicotinoid pesticides do not threaten bees may actually be the first conclusive evidence that they do, according to a leading bee scientist.
Dave Goulson, a professor of biology at the University of Sussex, reanalysed a 2013 study on the effect of the world’s most heavily used pesticides on bumblebees by the UK’s Food and Environment Research Agency (Fera).
Fera’s scientists said that bee hives “remained viable and productive in the presence of the neonicotinoid pesticides under these field conditions”. Yet, Goulson said the experiment found that all hives where clothianidin, a common neonicotinoid, was present had reduced numbers of queen bees.
Goulson said: “The conclusions they come to seem to be completely contrary to their own results section.”
“They find that 100% of the time there is a negative relationship between how much pesticides were found in the nest and how well the nest performed, and they go on to conclude that the study shows that there isn’t a significant effect of pesticides on bee colonies. It doesn’t add up.”
The study was never published in a peer-reviewed journal and has been rejected by the EU’s safety authority. Yet the Department of Environment, Food and Rural Affairs (Defra) cites it on their website as a foundation for its support of the pesticides.
A Fera spokesman appeared to agree that the government has drawn the wrong conclusion from the study.
“In the executive summary of our 2013 report we clearly stated that our experiment lacked the power to reach any firm conclusions about the impact of seed coated neonicotinoid on bumblebee health. Whilst there was an absence of evidence to support the hypothesis that neonicotinoids harm bees, this does not lead to the conclusion that they are benign,” he said.
A Defra spokeswoman said the new analysis would be reviewed by the independent advisory committee on pesticides to ensure their policy was “based on the best scientific evidence available”.
Recent studies have shown that neonicotinoids damage the health of bee hives. But they have been criticised for not being conducted in the field. Field experiments are notoriously difficult because of the roving behaviour of bees and the massive amount of neonicotinoids already pervading the environment.
Goulson said the Fera experiment, in which controlled hives became contaminated with pesticides, was flawed. After their original design failed, the Fera scientists used a complicated statistical analysis to assess whether there was a correlation between the amount of neonicotinoids present in a hive and the number of queens produced.
Goulson said the approach was “peculiar” but “acceptable”. However the scientists had drawn the wrong inferences from their data.
“Despite the conclusions originally drawn by Fera, their data appear to provide the first clear evidence that colonies of free-flying bumblebees exposed to neonicotinoids used as part of normal farming practice suffer significant impacts in terms of reduced colony growth and queen production,” said Goulson in his report.
Flaws in the experimental method of the Fera scientists have previously been pointed out by the European Food Safety Authority (Efsa). The findings of the study were discounted by Efsa when making its 2013 recommendation to the EU that neonicotinoids posed an “unacceptable” risk to bee health.
The lead author on the Fera report left the agency just months after its publication to work for Syngenta – a major producer of neonicotinoids. This lead to suggestions that the government was too close to the pesticide industry.
The former environment secretary, Owen Paterson, relied heavily on the research to make his case against the EU moratorium on neonicotinoids. The ban was introduced in 2013, despite the UK lobbying, and eventually voting, against it. The legislation will be reviewed in December.
Matt Shardlow chief executive of the invertebrate charity Buglife said: “Owen Paterson justified the UK’s pro-neonicotinoid position using the Fera bumblebee field study. However concerns about its ‘elaboration and interpretation’ of results were soon raised by an EU scientific body. The new reanalysis of the study reverses the interpretation, it now clearly shows that neonicotinoid polluted bumblebees produce fewer queens, and calls into question Defra’s scientific integrity.”
Goulson said if the Fera report had been subject to the normal scientific process of peer review then it may have been discredited earlier. He said government should reconsider basing policy on non-reviewed reports.
“It is … concerning that the same data set can be interpreted in such wildly contrasting ways by different scientists, for this is likely to undermine confidence amongst the general public in the scientific process.”
The ongoing story of the mass die-off of bees due to neonicotinoids/pesticides beggars belief.
More than 125 interest groups demanded that President Obama and the environment protection agencies urgently put in place a meaningful policy to protect the pollinators from toxic pesticides. He convened a Task Force to decide on the plight of the bees but this week the farmers reported – falsely – that the number of bees in the US and the EU has reached a new record.
Germany’s beekeepers, however, report that some 30% of bee populations has not survived the winter. In Austria, too, the losses reported are cause for alarm. In the UK, where a sizeable decline was also recorded, a scandal has erupted. A two year old study. paid for by the government has been proven false – the researcher is now employed by Syngenta, which chemical concern has joined Bayer in sueing the EU for its Partial Pesticide Ban, set to end during this year.
But that is not all by a long stretch. A study by ‚independent‘ researchers was published in the USA, also this week, which claims that all studies to date are a sham. We have investigated just how independent this latest study is. Finally, there’s the RapsLobby – also seeking to put in its two pennies‘ worth: who cares about the bees when there’s money to be made?
Please read the article and share, preferably with all MEPs so that their decision will go against Syngenta and Bayer. The extensive article can be found here Wissenschaftlicher Skandal in Großbritannien – Bienen vs. Chemie-Lobby im Weißen Haus
In Europa klagen die Agrarchemie-Konzerne BASF, Bayer und Syngenta gegen die EU-Kommission, um das vorläufige EU-Verbot der drei neonicotinoide Wirkstoffe Imidacloprid, Clothianidin und Thiametoxam zu Fall zu bringen.
Wir alle müssen uns dafür einsetzen, dass ihnen das nicht gelingt. Hochgiftige Pestizide und genmanipulierte Lebensmittel sind eine große Gefahr für Bienen, Mensch und Natur.
Mehr Informationen Bienensterben – Lebensmittelversorgung bedroht
Netzfrau Andrea Escher
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