Wie Europa wieder aus der Zwinge des Finanzmarktes herauskommen kann und was gerade Deutschland hierzu beitragen kann.
Dies möchten wir Ihnen im dritten und letzten Teil unseres Beitrages erläutern.
Wie Solidarität fast alle Probleme in kürzester Zeit lösen könnte in Europa und wie wichtig es ist, diejenigen endlich dafür bezahlen zu lassen, welche schon lange hiervon profitieren, anstatt die Schuld denjenigen anzulasten, die genau deswegen schon die ganze Zeit leiden mussten.
– Im ersten Teil erklärten wir Ihnen, wie die USA wegen des nicht zu gewinnenden Vietnamkriegs eine Weltwirtschaftskrise auslösten, die bis heute andauert und zeigt, wie groß der Schuldenberg der USA bereits ist. Eigentlich sollte ihnen schon alleine auf Grund der Zahlen klar werden, dass geplante Freihandelsabkommen mit den USA keine gute Idee für Europa sind. Sehen Sie hier bitte: Die Lösung der Eurozone: Die gemeinsame Schuldengrenze
– Im zweiten Teil zeigten wir Ihnen, wie groß die Macht des Finanzmarktes und der systemrelevanten Banken ist, dass Geld aus dem Nichts erschaffen wird und dass es diesen Banken sogar egal ist, wenn die Geld verlieren, denn die Garanten sind ja schließlich wir. Sehen Sie hier bitte: Die Lösung der Eurozone: Die gemeinsame Schuldengrenze – Teil 2
Mit dem dritten Teil möchten wir Ihnen aufzeigen, wie einfach die Lösungen sind. Außerdem wird erklärt, warum es für Europa eher ein Nachteil ist, vor allem für die ärmeren Länder, wenn der Euro eine harte Währung bleiben soll, und warum Europa so im Nachteil ist gegenüber den USA.
Die USA haben ihre Schulden nie zurückbezahlt, warum eigentlich? Der einfach Grund hierfür ist, dass wenn man von der USA als Schuldner eine Summe zurückfordern wollte, diese ganz einfach den Wert des Dollars senken würden und man so massiv Geld verlieren würde!
Nun zum Beitrag:
Das erste EU-Land, das im November 2009 den Staatsbankrott erklärt, ist Griechenland.
Der neu gewählte Präsident Giorgos Andrea Papandreou verkündete damals die wahren Zahlen, die die früheren Regierungen geheim gehalten hatten, das Staatsdefizit war damals 129 % zum BIP.
Also bereits weit über die 60 % vom Maastricht -Vertrag. Papandreou schlug Alarm damals.
Giorgos Andrea Papandreou sagte:
„Es ist eine dringende nationale Notwendigkeit, unsere europäischen Partner offiziell darum zu bitten, den Hilfsmechanismus zu aktivieren, welchen wir gemeinsam schufen“.
Diese Ankündigung traff Europa hart. Die Eurozone lief Gefahr, zerrissen zu werden.
Angela Merkel sprach vor dem deutschen Bundestag:
„Wir denken auch an die Zukunft, Europa ist unser aller Zukunft. Deshalb hat Wolfgang Schäuble auch Vorschläge gemacht für Europa und nicht nur für Griechenland. Es geht darum, ein Vertragswerk zu schaffen, in welchem sogar festgeschrieben werden kann, dass ein Land wieder aus der EU ausgeschlossen wird, falls es die Bedingungen dort nicht erfüllt”.
Konnte sich die EU an den Maastrichter Vertrag halten, welcher der EZB Finanzspritzen für verschuldete Länder untersagt?
Die europäischen Instanzen konnten sich nicht zu einer Entscheidung durchringen. Der Wert der griechischen Staatsschulden brach ein.
Würde Europa für Griechenland bürgen?
„Wir alle kennen die Zahlen und wissen, dass wichtige und mutige Entscheidungen getroffen werden müssen”.
„Da gibt es ein Prinzip. Zunächst aber warten wir die Entwicklung ab, um geeignete Maßnahmen zu treffen. Für diese Strategie müssen die Märkte und Entscheidungsträger Verständnis aufbringen”.
Doch Europa zögerte. Sollten die griechischen Staatsschulden umstrukturiert werden oder zum Teil erlassen oder helfen die Gläubiger Griechenlands auszuzahlen?
Lee Buchheit, Staatsrechtler, New York:
„Eine Umstrukturierung der griechischen Staatsschulden kam nicht in Frage, da sich die Finanzmärkte sonst aus Italien, Spanien und den weiteren schwächeren europäischen Ländern zurückgezogen hätten.
Dies wollte die EU um jeden Preis verhindern. Man hielt es für besser, Griechenland finanziell zu unterstützen, damit es seine Schulden zurückbezahlen kann, statt das Risiko einzugehen, dass die Finanzmärkte Europa wirtschaftlich herunterstufen”.
Erst 6 Monate später lieh Europa Griechenland das dringend benötigte Geld. Griechenlands Schulden wurden weder erlassen noch umstrukturiert.
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„Dieses Geld ist nicht geschenkt, es ist lediglich ein Kredit, welchen Griechenland zurückbezahlen muss, sobald es dem Land wieder besser geht. Nur so ist dieses Hilfspaket glaubwürdig”.
„Hilfsprogramme für Griechenland heißt, dass die EU-Staaten sich an die Stelle privater Gläubiger setzen, um die Finanzierung des griechischen Staatsdefizits zu gewährleisten”.
„2010 wurde Griechenland kein einziger Euro erlassen, man wechselte lediglich die Gläubiger aus. Vor 2010 waren das die Anleihe-Inhaber, danach der IWF und die EU. Wenn man eine Krise auf eine solche Art bewältigen kann, dann ist diese danach tatsächlich beendet”.
Leider erwiesen sich diese Maßnahmen als nicht genügend. Zwei Jahre später erließ die EU Griechenland einen Teil seiner Schulden und gab dem Land einen zweiten Kredit.
Durch die Zögerung in der EU zu diesem Thema wurde das Interesse der Spekulanten geweckt. In den südeuropäischen Ländern schossen die Zinsen in die Höhe, während die Staatsverschuldungen rasant anstiegen.
„Im Mai 2010 entdeckte man dann, wie hoch Griechenland wirklich verschuldet war. Seit Jahren wurden die Berichte gefälscht, hierfür machte man Griechenland verantwortlich. Doch das Problem war ganz einfach. Das griechische Staatsdefizit war so hoch, dass dies niemand mehr finanzieren wollte. Hätte die EU wie ein einziger, großer Block reagiert und gesagt, dass Griechenland zur Eurozone gehört und dass die Eurozone diese Schulden bereinigen würde, dass dies nun unsere gemeinsame Sache ist, hätte es in Europa keine Krise gegeben. Doch diesen Weg wollte damals niemand gehen. Im Mai 2010 ließen es die EU-Staaten zu, dass die Eurozone durch die Attacken der Finanzmärkte ihren inneren Zusammenhalt verlor. Seither schwimmen wir gegen den Strom und es macht uns große Mühe, ständig gegen diesen anzukämpfen”.
Angélique Kourounis, Griechenland-Korrespondentin, sagt:
„Die Griechen fühlen sich, als würden sie ein Experiment durchleben, sie fühlen sich wie Laborratten! Diese Politik hat für sie weitreichende Konsequenzen. Die derzeitige Sparpolitik ist völlig wirkungslos, gar im Gegenteil, sie verschlimmert die ganze Lage noch. Der Börsencrash von 1929 war für die Griechen nicht so schmerzhaft wie die momentane Situation. Die derzeitige Sparpolitik verschlimmert die Defizite, erhöht die Staatsverschuldung, vermindert das BIP und raubt den Menschen die Orientierung”!
Verschuldet sein heißt eben nicht nur jemandem Geld zu schulden, sondern eben jemandem etwas schuldig zu sein!
Neben den finanziellen Problemen lastet nämlich auch eine moralische Schuld auf den Griechen gegenüber ihren europäischen Freunden.
Eine doppelte Strafe also!
Néda Kanellopoulou-Malouchou, Professorin für Staatsrecht in Athen, sagt:
„Zu Beginn der Krise hat man uns eigentlich in eine Falle gelockt. Im Ausland hieß es, der griechische Staat sei korrupt, die Griechen seien zu faul zum Arbeiten. Der Staat würde das ganze Geld verschleudern. Es wurde behauptet, es würde viel zu viel ausgegeben, die Griechen sollen auf großen Fuß leben. Genau durch diese Aussagen fingen die Griechen an, sich schuldig zu fühlen, die Strafe auf sich zu nehmen. Zuerst wurde diese Strafe wohl in der Bevölkerung akzeptiert, da sie einem weit verbreiteten Schuldgefühl entsprach”.
Diese Schuldenlast erzeugt ein kollektives Schuldgefühl, welches in unser Bewusstsein sickert und sich bei jedem einzelnen manifestiert.
Doch jeder EU-Bürger nimmt dies anders war, je nach Kultur und Erziehung.
Ulrich Kater, Chefvolkswirt, DekaBank, Frankfurt, meint hierzu:
„In Nordeuropa wird ein Kredit wesentlich ernster genommen, ja er wird geradezu moralisch, da die Schuld eben auch eine moralische Bedeutung in der deutschen Sprache hat. Dies erklärt, warum die Rolle des Kredits in der Wirtschaftspolitik aber auch in der Wirtschaft unterschiedlich gewichtet wird”.
Bernard Maris, Wirtschaftswissenschaftler, Autor:
„Diese permanente Verschuldung erhält ein System aufrecht, in welchem man sich schuldig fühlt. Wir werden so erzogen, dass wir das Gefühl haben, immer bezahlen zu müssen, mehr rückerstatten zu müssen, hierfür mehr arbeiten zu müssen, um so die zusätzliche Schuld decken zu können. Nun wo Schulden immer mehr erhalten bleiben, fühlen sich die Menschen permanent in der Pflicht und fühlen sich ständig schuldig. Dies ist eine moderne Art der Sklaverei! Ungefähr so wie früher bei den Römern, wo Schuldner und ihre Frauen Sklavenarbeit leisten mussten, wenn sie nicht zurückbezahlen konnten. Wir leben heute in einem System, in dem man seine Arbeitskraft ständig verkauft, um Schulden zu begleichen. Dies hat nicht mehr viel mit einer Demokratie zu tun, sondern eher mit einer autoritären, moralischen Bevormundung! Die Menschen werden schuldig gemacht, zu gut gelebt zu haben früher, und nun müssen sie hierfür bezahlen! Wie bei der Fabel die „Ameise und die Grille“. Sehen sie hier in Wikipedia“
Ulrich Kater, Chefvolkswirt, DekaBank, Frankfurt, sagt weiter:
„In schlechten Zeiten wurden Kredite aufgenommen, um in schlechten Zeiten die Nachfrage zu stimulieren. In guten Zeiten jedoch hatte man jedoch nicht gespart, sodass der Kredit permanent beansprucht wurde und so die Schuldenlast auch permanent wuchs. Dies war also kein symmetrisches System der Stabilisierung, dies wäre nämlich in Ordnung so und würde auch funktionieren. In der Wirklichkeit war es eben ein unsymmetrisches System, in schlechten Zeiten wurde ausgegeben und in guten Zeiten wurde nicht gespart. Dies kann natürlich so nicht funktionieren“.
David Graeber, Anthropologe, London, School of economics, fragt:
„Nur weil ich per Zufall in Griechenland lebe, bin ich nun ein Sünder oder ein schlechter Mensch?
Weil ein paar Politiker falsch handelten?
Deshalb sollen wir nun akzeptieren, dass Leben zerstört werden?
Das Leute hungern und im Müll nach Essen wühlen müssen?
Das Krebspatienten die Behandlung verweigert wird?
Dieser Logik müssen wir uns endlich entziehen und endlich die Schuldigen hierfür verantwortlich machen!
Anstatt die Gemeinde kollektiv hierfür verantwortlich zu machen!“
„Schulden haben keinen moralischen Aspekt. Es handelt sich lediglich um einen reinen Vertrag und dieser kann eingehalten werden oder eben nicht. Dies bedeutet gleichzeitig, dass Schulden kein Anlass für ein schlechtes Gewissen sein sollten. Es ist keine Sünde, sich zu verschulden und es ist bedauerlich, dass manche Kulturen oder politische Ansätze Schulden mit etwas Moralischem gleichsetzen! Das Ganze ist ein reiner Wirtschaftsvertrag, niemand braucht Gewissensbisse zu haben.“
Um die Schuldenkrise in Griechenland zu bewältigen, gewährte die EU finanzielle Unterstützung.
Im Gegenzug gab es ein Sparprogram, Griechenland wurde unter Aufsicht gestellt, es verlor so einen Teil seiner Souveränität!
Die Trojka überwachte Griechenland, einem Gremium aus drei Vertretern, nämlich:
– EU-Kommission
– Zentralbank
– IWF
Angélique Kourounis, Griechenland-Korrespondentin, sagt weiter:
„Diese Leute, welche angeblich so tüchtig, tugendhaft und lobenswert sind, behaupteten, sie wollen, dass der kranke griechische Staat wieder funktioniert, damit Steuern fließen und es mit Griechenland wieder aufwärts geht.
So die Versprechen der Trojka. Doch dies war nie ihre Hauptaufgabe. Die Hauptaufgabe der Trojka ist es, die Gläubiger Griechenlands auszuzahlen, es sind nämlich keine Investoren, sondern Gläubiger, die Griechenland jahrelang genötigt haben, Kredite aufzunehmen trotz der damaligen wackligen Wirtschaft. Nur darum geht es! Worum sich aber niemand kümmert, sind die Folgen dieser Politik für die griechische Gesellschaft. Seit drei Jahren werden nun die griechischen Schulen nicht mehr beheizt.
Kinder müssen mit Handschuhen, Schal und Anorak zur Schule in Griechenland im Winter! Die Löhne und Renten sind in Griechenland zwischen 35 und 60 % gefallen! So geht das einfach nicht mehr weiter!“
Die Leute in Griechenland wollen nicht mehr länger die Zeche dieser Politik bezahlen!
PIGS, so nennt man die Länder wie Portugal, Irland, Griechenland und Spanien.
Diese Länder fühlen sich vom restlichen Europa zu Schweinen abgestempelt!
In Spanien sind rund die Hälfte aller Jugendlichen arbeitslos und die Staatsverschuldung zum BIP ist auf fast 100 %.
Die Schulden wären nicht rechtmäßig, da dieses Geld nie der Bevölkerung zugute kam.
Diese Schulden sind kein Fehler des Systems, sondern sind Teil dieses Systems.
Ihr Erlass würde zu einer politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Umwälzung führen. Sie sind ein Vorwand, um das Budget für Gesundheit und Bildung zu kürzen und uns arm zu machen.
Schuld oder Leben?
Immer heißt es, es gäbe nur die eine Möglichkeit, nämlich zu sparen.
Die Menschen in Spanien haben genug von dieser Politik, genauso wie in Griechenland.
Die Proteste waren nun bereits bis nach Brüssel vorgedrungen.
Die Trojka wurde inzwischen zu einem roten Tuch. Das EU-Parlament berief eine außerordentliche Sitzung ein, in der Abgeordnete der Länder die Vertreter der EU zu Rede stellten.
Dimitrios Papadioulis, EU-Abgeordneter aus Griechenland, hatte ein paar Fragen, mit Hoffnung auf Antworten:
„Meine Fragen richte ich an die EU-Kommission und den EU-Rat. Sind Sie eigentlich zufrieden mit den Folgen des Sparprogramms für Griechenland?
Dieses hat nämlich eine verheerende Rezession im Land, eine enorme Arbeitslosigkeit und eine schwere humanitäre Katastrophe ausgelöst!
Warum brauchen Sie vier Jahre, um zu erkennen, dass die Trojka in Griechenland weder eine demokratische Legitimation noch demokratische Kontrolle hat?
Warum verschieben Sie die Frage nach einem Schuldenschnitt immer weiter nach hinten?“
Darauf antwortete José Manuel Barroso, der Ex-Präsident der EU-Kommission:
„Ich bin absolut davon überzeugt, dass die Situation, in der Griechenland heute ist, ohne die Einführung dieses Sparprogramms noch weitaus schlimmer wäre.
Wir wissen, welche Opfer und Schwierigkeiten dies für Griechenland bedeutet, doch ich versichere Ihnen, selbst wenn Griechenland nicht mehr Teil der Eurozone oder Mitglied der EU wäre, müsste es ein ähnliches Programm durchlaufen.“
Marianna Mortagua, Abgeordnete für Portugal, konterte damals:
„Auf die Behauptung der Kommission, das Programm der Trojka wäre ein Erfolg, sage ich ganz klar Nein! Es ist KEIN Erfolg für die verarmte Bevölkerung, die nun noch ärmer ist als vorher.
Das EU-Parlament muss erkennen, woher dieses Defizit stammt und es darf nicht gegen die Interessen der Bürger entscheiden.“
Othmar Karas, EU-Abgeordneter aus Österreich, sagte:
„Wenn ein Land kein Geld bekommt auf dem Finanzmarkt und seine Gemeinwohltätigkeit wie Bildung, Sicherheit, Soziales oder Gesundheit nicht mehr gewährleisten kann, kein Geld für Wachstum, Beschäftigung und Investitionen bekommt, dann wird ein Mechanismus benötigt, damit diese Tätigkeiten weiter wahrgenommen werden können.“
Alejandro Cercas, EU-Abgeordneter aus Spanien, sagte hierzu:
„Wir haben alle historischen Rekorde gebrochen. Innerhalb von drei Jahren hat sich die Arbeitslosigkeit verdoppelt. In manchen Ländern hat die Armut erstaunliche Ausmaße angenommen.
Die Jugend wandert in Massen aus, aus Irland genauso wie aus Spanien. Wir verlieren eine ganze Generation! Wir haben die Ziele von Europa 2020 komplett verfehlt. Ohne Solidarität in der Eurozone wird Europa seine Währung niemals retten können!
So rettet es weder seine Wirtschaft noch seine Gesellschaft. So verliert Europa nur sein Ziel aus den Augen.“
Norbert Lammert, Präsident des Bundestages, meinte:
„Wie kommen diese Programme zustande? Sie kommen durch eine Vereinbarung aller Beteiligten zustande.
Und wenn ich das richtig sehe, hat im griechischen, spanischen, irischen und portugiesischen Parlament jeweils eine Anhörung und Abstimmung darüber stattgefunden. Mangel an demokratischer Legitimation sehe ich da ganz sicher nicht.
Worüber wir reden müssen ist, ob die Programme die Wirkung zeigen, welche von ihnen erhofft wurde. Ob dies, was wir mit diesen Programmen erreichen wollten, so stattfindet, wie wir uns das vorgestellt haben. Hierüber sind Zweifel erlaubt und darüber lohnt sich der Streit.
Diesen Streit nun zu führen ist im Wesentlichen die Aufgabe der Parlamente, nationale sowie europäische. Ich sehe auch nicht, wer uns daran hindern sollte, diese Auseinandersetzung zu führen. Wir sollten bloß nicht so tun, als würden uns finstere Mächte daran hindern, unsere Rolle als Parlamentarier hierzu wahrzunehmen!“
Europa und damit die Europäer waren und sind enttäuscht. Die Sparprogramme wurden falsch angewandt und falsch erklärt.
Europa erscheint wie ein Monster, welches die arme Bevölkerung bedroht.
Nationalistische Parteien haben plötzlich wieder Zuwachs. Auch die Parteien der Finanzkritiker und Eurogegner haben regen Zulauf.
In Griechenland erhebt sich die recht-gesinnte „Partei Goldene Morgenröte“, doch auch in Großbritannien und in Frankreich werden so diese ideologisch rechten Parteien gefördert.
Ann Pettifor, Wirtschaftswissenschaftlerin, „PRIME economics“, London, sagt hierzu:
„Wir werden Reaktionen auf den neoliberalen Kurs erleben, wie in den 1920er-Jahren und dies wird schlimm! Es ist schon schlimm!
In Griechenland genauso wie in Frankreich.
In vielen europäischen Ländern denken die Leute, wenn der Staat nicht meine Interessen vertritt, wenn er es nicht schafft, Arbeit für meine Kinder zu beschaffen,
dann brauchen wir einen starken Mann, welcher Arbeit für meinen Mann garantiert und die Schule für meine Kinder gewährleistet.
Was für ein starker Mann dies ist, ist mir egal, selbst wenn er ein Faschist ist, solange er mir und meiner Familie Stabilität garantiert, dann stehe ich hinter ihm.
Genau dies könnte nun passieren und ich glaube, unsere Politiker haben die Gefahr, die so für uns alle droht, noch nicht erkannt.“
Karine Berger, Abgeordnete des französischen Parlaments, sagt:
„Die EU-Kommission hat den ärmeren Ländern eine Sparpolitik auferlegt, welche aus Negativmaßnahmen zusammengestellt ist. Diese Maßnahmen unterhöhlen den gesamten europäischen Aufbau, die europäische Dynamik und die wirtschaftliche Realität dieser Länder.
Was mit Griechenland passierte, ist absurd, gefährlich und wirtschaftlich gesehen einfach nur noch der Wahnsinn!
Es ist eine Reaktion auf ideologische Reflexe und absolut ergebnislos. Wenn man den Reichtum eines Landes in sich zusammenbrechen lässt und die Verschuldung nicht kleiner wird, bedient man damit nur die Schuldendynamik und genau das geschah nun in Griechenland.
Je mehr die Sparpolitik vorangetrieben wird, desto mehr explodiert die griechische Staatsverschuldung.“
Heute sind wir endlich an einem Punkt angekommen, an dem die Sparprogramme hinterfragt werden.
Doch welche Lösungen bieten sich uns an, um diese Krise endlich zu beenden?
An welchen wirtschaftlichen Hebeln könnte man drehen, um die Schuldenmaschinerie wieder aufzuhalten?
Gérard Béaur, Wirtschaftswissenschaftler, Paris, sagt:
„Es gibt die sanfte Lösung, die Inflation. Diese Lösung wurde in der Vergangenheit oft bevorzugt, weil sie sich langsam einschleicht. Man belässt alles beim alten, erhöht einfach die Geldmenge, die Preise steigen, um die Staatsschulden wieder zu senken.“
Karine Berger, Abgeordnete des französischen Parlaments, meint hierzu:
„Die USA haben ihre Schulden nie zurückbezahlt, warum eigentlich?
Der einfach Grund hierfür ist, dass, wenn man von den USA als Schuldner eine Summe zurückfordern wollte, diese ganz einfach den Wert des Dollars senken würden und man so massiv Geld verlieren würde!
Ein ganz einfacher Trick, der in etwa so in den USA funktioniert. Man müsste der Eurozone fast raten, sich ein Beispiel an den USA zu nehmen, also ganz einfach den Wechselkurs zu nutzen, um die Bonität etwas flexibler zu halten.“
Gérard Béaur, Wirtschaftswissenschaftler, Paris, sagt weiter:
„Dies ist eine sehr sinnvolle Lösung, welche man nach dem ersten Weltkrieg und nach 1940 wiederentdeckte. Hierdurch wurden manche Probleme gelöst.“
Nach dem 2. Weltkrieg war die Staatsverschuldung von Frankreich und Deutschland zwei bis drei Mal so hoch wie heute!
Doch glichen Wachstum und Inflation diese wieder aus.
Thomas Pikett, Wirtschaftswissenschaftler, Paris, sagt:
„In Frankreich hatten wir von 1945-1948 eine Inflationsrate von 50 %. Vier Jahre, in denen die Preise jeweils um 50 % anstiegen. Vier Jahre später hatten sich die Preise also verdreifacht, doch die Staatsverschuldung war wieder fast gleich Null.
1945 lag die Staatsverschuldung noch bei über 100 % des BIP, 1950 lag diese bereits bei unter 20 %. Sie wurde also eliminiert.“
Gérard Béaur, Wirtschaftswissenschaftler, Paris, sagt weiter:
„Diese Lösung hat man nicht komplett aufgegeben, jedoch ist sie in Europa nicht mehr praktikabel. Das Eurosystem untersagt nämlich die Entwertung zwischen den Ländern, weil der Euro die Einheitswährung ist.“
Thierry Philipponnat, Mitbegründer von Finance Watch, Brüssel, sagt:
„Durch den Beitritt zur Eurozone gibt ein Staat sein Recht zum Geldprägen auf, wie dies früher hieß. Hiermit verzichtet der Staat jedoch auf ein möglicherweise nützliches Hilfsmittel und die Hände des Staates sind vor allem dann gebunden, wenn es sinnvoll wäre, frei zu agieren.“
Die Inflation, also das bewusste Erhöhen der Geldmenge hat in der Vergangenheit dramatische Spuren hinterlassen.
Gérard Béaur, Wirtschaftswissenschaftler, Paris, sagt weiter:
„Im Jahre 1923 war die zügellose, galoppierende Inflation für die Deutschen schrecklich. Wer ein Brot kaufen wollte, brauchte hierfür eine Schubkarre voll Geld. Die Wirtschaft geriet aus den Fugen.
Dies möchte man nun um jeden Preis verhindern. Außerdem sehnt sich Deutschland zurück nach der Währung, welche ihren Wohlstand gesichert hat, die Deutsche Mark. Lange hat man sich auf diese Währung gestützt, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Daher kommt auch die Vorstellung, dass eine harte Währung unverzichtbar sei.“
Markus Ferber, EU-Abgeordneter aus Deutschland, welcher meint:
„Wir Deutschen sind es gewöhnt, mit der harten Währung der deutschen Mark Waren zu exportieren und wir haben es geschafft. Dies bedeutet, andere Länder können es auch schaffen.
Deswegen soll die Politik nicht darin liegen, den Euro zu anderen Währungen niedrig zu machen, sondern selber Anstrengungen zu unternehmen, um wettbewerbsfähig zu sein, denn ein harter Euro heißt: Die Ersparnisse der Menschen sind wirklich vorhanden und haben einen Wert.
Auch hier gilt, wer den Euro weich macht, auch im Außenwert, der macht die Menschen arm und es kann nicht Aufgabe der Politik sein, Menschen arm zu machen.“
Néda Kanellopoulou-Malouchou, Professorin für Staatsrecht in Athen, sagt:
„Deutschland will einen starken Euro. Doch ein starker Euro stützt eigentlich nur die eigene Wirtschaft, dies ist so nicht kompatibel mit der südeuropäischen Wirtschaft. Es ist zwar gut und schön, den Euro zu schützen, doch man muss auch sehen, dass es für südeuropäische Länder sehr schwierig ist, einen Euro zu stützen, welcher sich an der deutschen Wirtschaft als Maßstab orientiert.“
Ungleichheit der Länder gegenüber dem Euro, erschwerte Kapitalbeschaffung, Inflation als Tabu. Eine unmögliche Situation für die ärmeren Teilnehmer der Eurozone.
Fällt Europa bald auseinander oder wie lässt sich dieser Trend wieder umkehren?
Karine Berger, Abgeordnete des französischen Parlaments, erläutert:
„Wirtschaftswachstum ist unabdingbar, ohne Wirtschaftswachstum ist keine Entschuldung möglich. Es braucht also ein nominales Wachstum, sowohl ein echtes Wachstum als auch eine gewisse Inflation.
Wir brauchen dieses Wirtschaftswachstum, um unseren Schuldenberg abzubauen und das Defizit zu verringern. Doch wir müssen auch dafür sorgen, dass staatliche Ausgaben nicht explodieren. Natürlich muss vermieden werden, die staatlichen Einnahmen zu stark zu erhöhen, doch sie müssen steigen.“
Bernard Maris, Wirtschaftswissenschaftler, Autor, erklärt:
„Es heißt immer, Wachstum wäre der beste Weg. Doch es gibt kein Wachstum auf Grund der Verschuldung. Und wenn es kein Wachstum gibt, können Schulden nicht zurückbezahlt werden, welche so stetig ansteigen.
Es wird so nie und nimmer ein Wachstum geben, machen wir uns doch nichts vor! Hiermit ist es nun endgültig vorbei…“
Philippe Lamberts, EU-Abgeordneter, Belgien, sagt:
„Man muss schon verrückt, blind und taub sein, um an ein erneutes Wachstum zu glauben. Wir müssen immer mehr Schulden in den Motor stecken, um das Wachstum anzukurbeln, so wie wir es in den letzten 30 Jahren gemacht haben.
Für ein durchschnittliches Wachstum von 2 Prozent mussten wir uns in den letzten 30 Jahren immer weiter verschulden. Mit Wachstum werden wir die Schulden so nicht senken. Im Gegenteil. Um Wachstum zu haben, müssen wir uns noch weiter verschulden, so funktioniert es nicht.“
Bernard Maris, Wirtschaftswissenschaftler, Autor, erklärt weiter:
„Die Zeiten sind vorbei, was wir nun tun müssten, ist relativ einfach. Wir sehen und wissen es alle. Wir müssen den Maastrichter Vertrag endlich einhalten lernen, welchen wir ja schließlich alle zusammen unterzeichnet haben. Der Vertrag sagt ganz klar: 60 % Staatsverschuldung zum BIP, und nicht mehr!
Und für diese 60 % ging man von 3 % Wachstum aus. Es ist klar, man kann diese 60 % Staatsverschuldung zum BIP nur einhalten, wenn ein Wachstum von 3 % generiert wird. Ansonsten nicht, denn sonst steigt die Verschuldung an auf gigantische Höhen und genau dies ist ja passiert.
Kommen wir einfach wieder zurück auf den Vertrag von Maastricht und die Verschuldung über 60 % wird einfach kollektiv umverteilt. Für Portugal, Griechenland, Frankreich und Deutschland gilt also, dass alles was über den 60 % ist, in einen gemeinsamen Topf kommt.
Für diese Schulden bürgt ganz einfach gesagt dann einfach ganz Europa. Und dann endlich werden die Finanzmärkte die EU in Ruhe lassen! Dann ist es vorbei, und die Leute können endlich wieder aufatmen!“
Wieso eigentlich nicht… heißt es nicht etwa wie bei einer Hochzeit: Wie in guten so in schlechten Zeiten?
Schulden aller europäischen Länder vereinigt euch!
Karine Berger, Abgeordnete des französischen Parlaments, erläutert:
„Da wir in der Eurozone eine gemeinsame Währung haben, sollten auch der Zinssatz und der Preis der Währung einheitlich sein. Folglich sollten wir auch eine einheitliche, gemeinsame Verschuldung haben.
Inzwischen gibt es hierfür Überlegungen im Zusammenhang mit dem europäischen Stabilitätsmechanismus, doch diese stehen noch ganz am Anfang. Hierfür müssten wir erst einmal eine gemeinsame Verschuldung festlegen.“
Joachim Nagel, Vorstandsmitglied, Bundesbank, Frankfurt, erklärt hierzu:
„Bei diesem Thema wird aus meiner Sicht immer ausgeblendet, dass wir uns „NUR“! in einer monetären Union befinden, nicht in einer politischen Union.
Wenn man nun möchte, dass Europa eine stärkere Gemeinschaft bildet, dann muss man den konsequenten, richtigen Weg in eine Fiskalunion gehen.“
Eine gemeinsame Schuldenpolitik bisher nur ein frommer Wunsch?
Weshalb eigentlich ist die Umsetzung so schwierig?
Deutschlands Beitrag trägt fast ein Drittel zur Finanzierung der Eurozone bei, während Griechenlands Beitrag gerade mal bei 2.5 % liegt.
Wie kann man wirtschaftlich so verschiedene Länder miteinander vereinen?
Vincent Truglia, Wirtschaftswissenschaftler, ehem. Direktor „Sovereign Risks“, Moody’s, sagt:
„In einer Währungsunion werden die produktiveren Regionen, oder wie im Falle der Eurozone, die produktiveren Länder immer produktiver und wohlhabender, während die ärmeren oder weniger produktiven Länder immer ärmer und weniger produktiv werden.
Süditalien wurde industrialisiert, bis das Land in den 1860-ern und 1870-ern vereinigt wurde. Danach stellten sich die Investoren im Süden die Frage, weshalb sie Geld im Süden investieren sollten, wenn sie doch viel mehr Geld im Norden mit Investitionen verdienen konnten, als Beispiel in Milano.
Der Süden Italiens wurde deshalb immer ärmer und die Italiener mussten tun, was sie nun schon seit langer Zeit regelmäßig tun, sie pumpten regelmäßig Geld in den Süden, nicht als Darlehen, sondern als Geschenk.
Früher gab es die große „cassa del mezzogiorno“ (Wikipedia), einen Fonds für Süditalien, welcher über ein Jahrhundert lang einige 10-Milliarden Dollar auszahlte, es war uferlos.
Die wohlhabenderen Provinzen schickten den ärmeren Provinzen Geld, nicht als Darlehen, sondern als Geschenk.“
Eine verlockende Idee, welche jedoch leider dem Vertrag von Maastricht widerspricht. Erst spät entschieden sich die reicheren EU-Länder den ärmeren Ländern mit Finanzspritzen auszuhelfen.
Sven Giegold, EU-Abgeordneter, Deutschland, sagt:
„Deutschland sollte lernen, im Alltag weniger Arroganz an den Tag zu legen. Dass wir so gut dastehen im Moment, ist nämlich nicht nur unser eigener Verdienst, sondern auch der Effekt der Krise der anderen.
Daraus folgt, dass Deutschland sehr wohl mehr helfen sollte, als Beispiel in ein Investitionsprogramm, in ökologische und soziale Programme in Krisenländern, damit diese eben auch schneller wieder aus der Krise herauskommen.
Das sind Maßnahmen, von denen deutlich zu wenige ergriffen wurden, deshalb waren wir bisher nicht bereit, obwohl wir viele Vorteile aus der Krise heraus erhalten, mit anderen Staaten zu teilen!
Echte Hilfe für die Menschen und die Wirtschaft dort hat es bisher nicht gegeben, sondern wir haben lediglich das Bankensystem stabilisiert, dies ist jedoch deutlich zu wenig, um zu verhindern, dass die Menschen in Südeuropa den europäischen Traum letztendlich verlieren werden!“
Karine Berger, Abgeordnete des französischen Parlaments, weiter:
„Die Eurozone wurde geschaffen, damit man überall mit dem gleichen Geld bezahlen, die gleiche Art finanzieren und zum gleichen Preis investieren konnte. Währungsstabilität bedeutet zunächst einmal, dass überall der gleiche Zinssatz gelten muss, für Darlehen sowie für Investitionen.
Dieser Grundsatz wurde im Mai 2010 abgeschafft, als Griechenland so gesehen sich selbst überlassen wurde. Die Folgen daraus sind dramatisch. In Spanien und Italien sind die Zinsen für die Unternehmen fast genauso hoch, als wären diese Länder NICHT Teil der Eurozone.
Dies ist sehr dramatisch, denn diese Länder bemühen sich, den Auflagen für die Staatsfinanzen im Vertrag der Eurozone zu entsprechen. Doch sie profitieren so gar nicht von den Vorteilen, welche ihnen die Eurozone bringen sollte, nämlich den gleichen Zinssatz wie in Deutschland oder in Nordeuropa.“
Im Jahre 2012 wurde die Kluft zwischen den Ländern in Europa immer größer, und die Finanzmärkte spekulierten auf dem Rücken der ärmeren Länder der Eurozone.
Im Gegenzug kündigte der damals neue Chef der EZB Mario Draghi neue Maßnahmen an, welche alles verändern sollten.
Mario Draghi damals:
„Der Euro ist nicht umkehrbar. Wie werden im Rahmen unseres Mandats alles Erforderliche tun, um für eine einheitliche Währungspolitik und Stabilität in der Eurozone zu sorgen und so den Euro zu erhalten. Die Angst vor der Abschaffung des Euros ist unbegründet.
Wir werden die entsprechenden Maßnahmen unseres Mandats konsequent verfolgen.“
Karine Berger, Abgeordnete des französischen Parlaments, weiter:
„Im Herbst 2012 war die Eurozone praktisch nicht mehr existent. Mario Draghi traf damals die einzig richtige Entscheidung. Er sagte, die Länder der Eurozone können nicht unterschiedlich behandelt werden oder diskriminiert werden.
Er meinte, er als Chef der EZB sorge dafür, dass alle Länder der Eurozone, unabhängig davon, wie es ihnen gehe, maximale finanzielle Förderungen erhalten, damit diese in der Eurozone bleiben könnten. Er als Chef der EZB mache keinen Unterschied zwischen den Ländern und alle bekämen die gleichen Zinssätze.
Wenn die Finanzmärkte nicht in der Lage wären, diese Zinssätze zu vergeben, dann vergebe diese eben er selbst. Erst in so einem Moment, wo die EZB solche Maßnahmen ankündigt, knicken die Finanzmärkte ein. Sie wissen, dass sie verloren haben und dass die EZB am längeren Hebel sitzt,
da sie bereit ist, falls nötig, und dies nicht zum ersten Mal, Geld in Umlauf zu bringen, um alle Länder der Eurozone gleich zu behandeln.“
Als Mario Draghi ankündigte, dass er für die Schulden der Eurozone bürgen würde, warf man ihm vor, gegen die europäischen Verträge zu verstoßen und er stieß auf heftigen Widerstand.
Karine Berger, Abgeordnete des französischen Parlaments, weiter:
„Deutschland war gerne bereit, die D-Mark aufzugeben und den Euro einzuführen, allerdings nur unter der Bedingung, dass der Euro eine genauso stabile Währung werden würde, wie es die D-Mark einmal war.
Wenn man der europäischen Zentralbank die Möglichkeit einräumt, Geld in Umlauf zu bringen und Staaten Kredite zu geben, gefährdet man damit die von Deutschland geforderte in seinem Grundgesetz festgeschriebene Währungsstabilität.
Eine Reihe von deutschen rechts-konservativen Abgeordneten erhoben deshalb im Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage, mit der Begründung, was die EZB hier tue, widerspräche dem Grundgesetz, welche die Währungsstabilität zusichere, indem Staatsdarlehen durch die EZB untersagt werden.“
Diese Maßnahme dieser Abgeordneten stieß bei einem Teil der deutschen Öffentlichkeit auf offene Ohren, welche der Auffassung ist oder war, dass die Eurorettung hauptsächlich deutschem Geld zu verdanken wäre.
Doch das Verfassungsgericht in Karlsruhe wies die Klage zurück und verwies an den europäischen Gerichtshof, bei welchem das Verfahren immer noch ist.
Die Beilegung der Schuldenkrise erfordert mehr Solidarität! Auch müsste die EU ihre Gründungsverträge überdenken und überarbeiten! Doch könnte man in der Zwischenzeit nicht einfach alle Schulden erlassen?
David Graeber, Anthropologe, London School of Economics, erklärt:
„Ich persönlich halte einen Schuldenschnitt für eine gute Lösung. Das hat es in der Geschichte schon mehrfach gegeben. Erst in jüngster Zeit haben ultra-konservative Regierungen wie Saudi-Arabien, Kuwait und eventuell auch Bahrain Schulden erlassen, um soziale Unruhen zu vermeiden.
Dies war ihre erste Maßnahme im arabischen Frühling. Der heutige deutsche Wohlstand gründet sich auf den Schuldenschnitt nach dem zweiten Weltkrieg. Umso ironischer scheint es, dass Deutschland so wenig Bereitschaft zeigt, um über die Schulden anderer Länder zu verhandeln.
Griechenland ist in den Köpfen der meisten Deutschen ein Schuldensünder, dabei wurden doch die eigenen Schulden damals einfach komplett erlassen! ERST DIESE SCHULDENFREIHEIT VON DAMALS MACHTE DAS WIRTSCHAFTSWUNDER IN DEUTSCHLAND MÖGLICH!“
Sven Giegold, EU-Abgeordneter, Deutschland, sagt:
„Ich bin nicht der Meinung, dass man ärmeren Ländern einfach die Schulden erlassen sollte, da dies eigentlich gar keine armen Länder sind.
In all diesen Ländern gibt es hohen, privaten Reichtum, auch in Deutschland. Dieser private Reichtum, auch in den Krisenländern, muss zuerst mal seinen Beitrag leisten, um mit der öffentlichen Verschuldung klarzukommen.
Dies bedeutet, der Kampf gegen die Steuerflucht und die Steuervermeidung aber auch für Vermögensabgaben bleibt ganz wichtig, damit der Staat nicht die Zeche der Krise bezahlen muss.“
Philippe Lamberts, EU-Abgeordneter, Belgien, sagt:
„Wer hat eigentlich von der Schuldenökonomie in den letzten 30 Jahren profitiert? Die Vermögenden! Schuldzinsen kommen nun einmal denen zugute, welche Geld verleihen, und dies ist die besitzende Klasse. Die Europäer verfügen heute über ein Vermögen von 60 Billionen Euro.
Nur 1 % der Europäer gehören 25 % dieser Summe. Den reichsten 10 % der Europäer gehören 60 % dieses Vermögens. Diese Leute werden dank der Verschuldung jedes Jahr reicher. Weil Ihnen der Hauptanteil plus die Zinsen darauf gehört.
Logisch wäre es deshalb, zumindest den staatlichen Anteil der Verschuldung durch eine Vermögenssteuer zu regeln. Dies findet sogar der IWF. Es sollte also eine Krisen-Sonderabgabe für diejenigen geben, welche von den wilden Jahren der Verschuldung profitierten.
Damit würden wir uns aus der linken Tasche holen, was wir in die Linke einzahlen. Dies wäre eine andere Form des Schuldenerlasses.“
Wir Netzfrauen finden, dies wäre eine gerechtere Form des Schuldenerlasses. Erlassen von denjenigen, die profitiert haben und das Geld genommen haben all die Jahre und nun nicht für die Zeche geradestehen möchten!
„Die progressive Vermögenssteuer ermöglicht das gleiche wie die Inflation. Sie reduziert Privatvermögen und somit können Staatsschulden zurückbezahlt werden. Dabei kann man kleinere Vermögen ausnehmen und auf größeres Vermögen etwas mehr erheben.“
Gérard Béaur, Wirtschaftswissenschaftler, Paris, sagt:
„Die französische Vermögenssteuer funktioniert wunderbar, jedoch bezahlen die Reichsten diese nicht. Man muss sich nur ansehen, wer seinen Wohnsitz nach Belgien verlegt. Dies sind nicht nur Einzelpersonen wie Gérard Dépardieu, sondern Hunderte.
Dies sind keine normalen Vermögenden, welche ihren Wohnsitz dahin oder anderswo verlegen, dahin wo es keine Vermögenssteuer gibt.“
„Die progressive Kapitalbesteuerung hat den Nachteil, dass sie im Alleingang nicht funktioniert. Als Beispiel in Griechenland: Griechenland wird aufgefordert, von der vermögenden Klasse Steuern einzufordern. Die Idee ist gut, das Steuersystem nicht gerade brillant, denn Griechenland hat häufig sehr reiche Leute, welche aber keine Steuern bezahlen. Das große Problem ist, wenn Griechenland dies im Alleingang tut, ist dies sehr schwer. Ein Knopfdruck eines reichen Griechen reicht, um sein Finanzportfolio in ein anderes Land zu verlegen.
Wenn Griechenland also im Alleingang ein gerechteres Steuersystem einführen wollte, würde es scheitern. Es muss eine gemeinsame Steuerkoordination geben zwischen den Ländern, sowie eine automatische Übermittlung von Bankinformationen, über welche die Vermögensverhältnisse geschaffen werden, zumindest innerhalb der EU.“
Europa war lange Zeit machtlos gegen die Steuerflucht. Heute ergreift es endlich Maßnahmen und fordert mehr Transparenz.
Auch die Oasen des Bankgeheimnisses, die Schweiz, Österreich und Luxemburg gaben ihre Zustimmung.
„Finanzmittel haben eine dienende Funktion und müssen diese auch behalten, auf keinen Fall dürfen sie die Herrschaft übernehmen! Finanzen sind nur ein Mittel, kein Selbstzweck.“
Philippe Lamberts, EU-Abgeordneter, Belgien:
„Dass wir die Banken für eine funktionierende Wirtschaft brauchen, ist klar.
Doch um mal einen biologischen Vergleich damit zu machen: Wir brauchen rote sowie weiße Blutkörperchen. Wenn die weißen Blutkörperchen sich plötzlich völlig unkontrolliert vermehren, ist dies schlecht für die Gesundheit.
Wenn Wachstum zum Selbstzweck wird, gleicht dies einem tödlichen Krebsgeschwür! Wenn ein Finanzsektor nur noch davon besessen ist, größtmögliche Gewinne zu erzielen, dann kann dieser Finanzsektor eine Gesellschaft ersticken!“
Bernard Maris, Wirtschaftswissenschaftler, Autor, erklärt weiter:
„Im Grunde muss man Ökonomen so sehen wie Buchhalter oder Zahnärzte. Diese Berufsgruppen entscheiden auch nicht über die Zukunft einer Nation! Sie sind zwar praktisch, wenn man diese braucht, doch sie sind Techniker und nicht Ideologen.
Wir haben unsere Moral im Wirtschaftskontext aufgebaut, eine Moral, welche enorm hart und unerbittlich ist, welche uns das Leben schwer macht. Das Leben im Kapitalismus ist sehr hart und brutal, auch wenn wir uns nicht die ganze Zeit gegenseitig an die Gurgel gehen.
Es ist eine permanente Quälerei für die Leute: Du musst, Du musst, Du musst! Du bist schuldig, Du hast Schulden, also bist Du schuldig und hast nun eine Pflicht. Dieses Wirtschaftssystem verdanken wir einem Ökonomen.“
David Graeber, Anthropologe, London School of Economics, schließt ab:
„Sobald man Verschuldung mit Schuld gleichsetzt, wird das Leben zu einer Abfolge von Tauschgeschäften, dies ist aber so nicht wahr!
Leben ist viel mehr! Wir gehen Verbindungen und Verpflichtungen ein, welche nicht mit Zahlen zu messen sind.“
Verschuldung, Wirtschaft und Finanzen prägen heute unser Denken.
Schulden, ihre Last und ihr Diktat bestimmen unseren Alltag.
Wir alle sind in dieser monetären Maschinerie gefangen.
Doch wir sollten uns langsam damit beschäftigen, wie wir uns wieder von ihr befreien können!
Ende des Beitrags.
Dokumentation Staatsschulden – System außer Kontrolle
Schlusswort:
Die Lösungen der Eurozone wären gar nicht so schwierig, wie die Politik dies uns dies verkaufen möchte.
Hilfe braucht Europa von niemandem, außer von den Europäern selbst.
Schon gar nicht von den USA, welche ein Staatsdefizit haben, welches wir wohl erst in Jahrzehnten erreichen würden, selbst wenn wir mit diesem neoliberalen Finanzsystem weiterfahren würden.
Wir, die Netzfrauen, glauben und hoffen jedoch auf die Vernunft und Solidarität jedes Europäers gegenüber den schwächeren Mitgliedern.
Durch eine solche Solidarität würde sich Europa zu einem wunderschönen Platz auf unserer Erde entwickeln und alle europäischen Völker könnten und dürften endlich den europäischen Traum leben!
Wir appellieren an die Menschen und die Politik, nun endlich zu reagieren und den Menschen vor allem in den südeuropäischen Ländern das verdiente, menschenwürdige Leben zurückzugeben!
Seien auch sie endlich einsichtig, dass man Geld nicht essen kann, dass Geld einfach produziert wird von den Banken, dass Geld niemals glücklich machen wird!
Sollen diejenigen die Zeche der Krise bezahlen, welche von dieser Krise und von all den armen Menschen, die unter dieser Krise leiden mussten, profitierten!
Wir wünschen uns ein Europa der Zukunft, ein Europa, in welchem alle Europäer Träume leben dürfen!
Herzlichen Dank für Ihre Zeit und hoffentlich auf ein neues und besseres Europa!
Netzfrauen-Mann (Schweiz) Dominik Crimi
Unfassbar! Moderne Sklaverei in Griechenland
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