Die Taten erinnern an Tugce – 22-Jähriger wollte helfen und bezahlte Zivilcourage mit dem Leben

zivilcourageIn Hamburg wurde ein 22-jähriger Mann erstochen, weil er einer Frau helfen wollte. Der einzige Hinweis, dass hier ein junger Mann gestern erstochen wurde, ist eine Blutlache, die mit rotem Sand bestreut wurde.

Tatzeit: 10. 05. 2015, ca. 03:50 Uhr Tatort: Hamburg-Billstedt, Billstedter Hauptstraße – das ist, was bleibt. Helfen statt wegschauen – in Hamburg endete die Zivilcourage für den Helfer tödlich. Nach ersten Erkenntnissen soll sich der 20-jährige Tatverdächtige, der sich wenige Stunden nach der Tat der Polizei stellte, mit seiner Freundin auf dem Gehweg der Billstedter Hauptstraße gestritten haben.

Der 22-Jährige bemerkte mit drei Bekannten den Streit und wollte der Frau helfen. Hierbei wurde er unmittelbar von dem Tatverdächtigen mit einem unbekannten, spitzen Gegenstand niedergestochen. Sein Körper wies mehrere Stichverletzungen auf, eine Obduktion wurde angeordnet.

Die Staatsanwaltschaft und die Mordkommission übernahmen die Ermittlungen. Am Montag soll der mutmaßliche Täter dem Haftrichter vorgeführt werden. Dieser wird dann entscheiden, ob der 20-Jährige in Untersuchungshaft kommt, wie die Polizei Hamburg am Montagmorgen mitteilte.

Der mutmaßliche Täter flüchtete zunächst. Gegen 7.45 Uhr stellte er sich an der Außenstelle des Polizeikommissariates 42 in Hamburg-Horn und wurde vorläufig festgenommen. „Bislang hat er nicht ausgesagt“, sagte ein Polizeisprecher. Die Beamten der Mordkommission sichern Tatortspuren und führen erste Zeugenvernehmungen durch. Quelle 

So geht Zivilcourage richtig – 6 Tipps von der Polizei:

1. Einschreiten ohne sich selbst zu gefährden – falls das nicht geht:
2. Aktiv andere Passanten zur Hilfe auffordern und eine Gruppe bilden
3. Beobachten und Tätermerkmale einprägen
4. Notruf 110 wählen
5. Sich um das Opfer kümmern
6. Als Zeuge für die Polizei zur Verfügung stehen

Dazu ein Fall aus der Familie einer Netzfrau – bei dem die Zivilcourage fast ein Leben kostete

Der Neffe war mit seinem Schwiegervater bei einer Veranstaltung. Anschließend ging man noch in ein Restaurant. Der Neffe ging vor die Tür, um eine Zigarette zu rauchen, und bemerkte einen Mann, der eine Frau verprügelte. Er bat den Mann aufzuhören, da drehte sich dieser um und stach ihn mit dem Messer in den Hals. Der Schwiegervater hörte zum Glück das laute Schreien und leitete alle Maßnahmen eingeleitet, so waren die Polizei und auch der Krankenwagen sofort zur Stelle. Der Neffe kam ins Krankenhaus und der Täter wurde festgenommen. Auf die Frage hin, warum der Neffe nicht gleich die Polizei gerufen hat – antwortete er, es sei reiner Reflex gewesen, und dass der Täter ein Messer bei sich haben könne, damit rechnet man nicht.

Der 22-Jährige aus Hamburg bezahlte seine Hilfe mit dem Leben, nein hier stehen keine Kerzen, die darauf aufmerksam machen, dass hier jemand gestorben ist, der Zivilcourage zeigte. Laut Kieler Nachrichten ist es nicht der einzige Fall, bei dem an diesem Wochenende couragierte Helfer zu Opfern wurden. Auch ein Polizist, der in Berlin privat mit seinem Bruder unterwegs war, wurde schwer verletzt. Er hatte beobachtet, wie ein 25-Jähriger einer jungen Frau an den Po und zwischen die Beine fasste. Als er dazwischen geht, werden sein Bruder und er von dem 25-Jährigen und dessen Begleitern zusammengeschlagen.

Wenn Zivilcourage tödlich endet

Zivilcourage sollte für jeden eine Selbstverständlichkeit sein, doch leider werden die Mutigen am Ende häufig selbst zum Opfer.

Im Dezember 2014 wurde ein 21 Jahre alter Supermarkt-Kunde in Hannover getötet, als er einen bewaffneten Räuber zu überwältigen versuchte. Ein Unbekannter hatte die Kassiererin mit einer Waffe bedroht und Geld gefordert. Die Frau tat, was der Täter von ihr verlangte. Dann schritt der 21-Jährige ein, lieferte sich mit dem Räuber ein Handgemenge und wurde dabei von einem tödlichen Schuss getroffen.

Im Mai 2010 bezahlte der Nigerianer Emeka Okoronkwo seine Zivilcourage mit dem Leben. Der 21-Jährige schritt ein, als er sah, wie Männer zwei Frauen belästigten. Seine Zivilcourage bezahlte er mit dem Leben.

Im September 2009 starb der 50-Jährige Dominik B., weil er sich einmischte. In der Münchner S-Bahn sah er, wie zwei 17- und 18-Jährige die 13- bis 15-Jährigen verprügelten. Dominik B. griff ein, als die anderen Fahrgäste wegschauten. Er rief über sein Handy die Polizei und blieb bei den verängstigten Mädchen und Jungen, als sie wenig später an der S-Bahnstation Solln ausstiegen. Die beiden Jugendlichen, Markus S. und Sebastian L., gingen am Bahnsteig auf ihn los, schlugen und traten immer wieder auf den Geschäftsmann ein, auch als er längst am Boden lag. Als die Polizisten und ein Notarzt endlich eintrafen, war der Mann nicht mehr zu retten. Angeblich erlitt er mehr als 22 einzelne Verletzungen. Wenig später starb er in einer Klinik. Totgeschlagen von zwei Jugendlichen, weil er Courage zeigte, weil er half, als Hilfe nötig war – und weil er allein war.

Die Taten erinnern an den Fall Tugce. Die Studentin war im vergangenen Jahr gestorben, nachdem sie vor einem Schnellrestaurant niedergeschlagen wurde, als sie sich für eine Gruppe Menschen einsetzte. Bei McDonald’s verprügelte Studentin Tuğçe A. ist gestorben, weil sie Zivilcourage zeigte. In Darmstadt läuft derzeit der Prozess gegen den Verdächtigen Sanel M.

In einer brenzligen Situation bleibt in der Regel keine Zeit, lange nachzudenken. Man sollte hinsehen, aber nicht den Helden spielen, rät die Polizei. Je schneller die Polizei informiert wird, desto besser können die Täter ermittelt werden. Der Notruf 110 ist schnell gewählt – gebührenfrei. Bei Ihrem Anruf kommt es darauf an, dass Sie der Polizei das Geschehen in wenigen Worten, aber dennoch umfassend schildern.  Mehr Informationen erhalten Sie hier: Polizei-Beratung.de

Um Zivilcourage zu beweisen, muss man nicht die Nachbarin aus der brennenden Wohnung retten oder einen Ertrunkenen wiederbeleben. Zivilcourage fängt schon viel früher und im Kleinen an. Nicht wegschauen sondern helfen. Bei einem telefonischen Notruf müssen Sie folgende Punkte beachten: Sagen Sie Ihren  vollständigen Namen! Was ist wo passiert? Von wo aus rufen Sie an? Nicht gleich auflegen, sondern Fragen abwarten! Machen Sie Fotos mit Ihrem Handy und versuchen Sie soviel wie möglich Hilfe zu organisieren. Tipps erhalten Sie auch hier: http://www.eingreifen.de/  und http://www.zeig-courage.de/courageinfos

„Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben – nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die daneben stehen und sie gewähren lassen.”
       Albert Einstein

Unser Mitgefühl gilt allen Angehörigen, die einen mutigen Mitmenschen verloren haben, dessen Zivilcourage zum Verhängnis wurde.

Netzfrau Doro Schreier

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