Freibrief für die EZB
Die EZB hat einen Freibrief vom Europäischen Gerichtshof für den irrsinnigen Ankauf von Staatsanleihen bekommen. Was ist darunter zu verstehen?
Schauen wir uns den EuGH mal genauer an. Während momentan alle Welt auf Griechenland blickt, hat die EZB aus Luxemburg die Bestätigung ihrer irrsinnigen Politik bekommen. Nichtsdestotrotz ist es ratsam, das undurchsichtige Treiben der Zentralbank genauer unter die Lupe zu nehmen.
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Nachdem in Deutschland mehrere tausend Bürger gegen das OMT-Programm (Anleihenankaufprogramm der EZB) geklagt hatten, hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Programms an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen.
Am 16. Juni 2015 wies der EuGH in Luxemburg die Klage ab und entschied somit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) Staatsanleihen von kriselnden Euro-Ländern kaufen darf.
Grünes Licht für Staatsanleihen
Somit bekam die EZB von höchst richterlicher Instanz grünes Licht für den irrsinnigen Ankauf von Staatsanleihen. Das Gericht sieht den Vorwurf der verdeckten Staatsfinanzierung somit nicht gegeben. Nicht nur Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht das wesentlich anders: „Die EuGH-Entscheidung widerspricht in den meisten Punkten der Empfehlung des Bundesverfassungsgerichts“. Auch Clemens Fuest, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, vertritt die Meinung, dass der EuGH sich irrt. Das Anleiheprogramm sei ein Rettungsprogramm der EZB für die hoch verschuldeten Peripherie-Staaten. Außerdem vertritt er die Meinung, dass dies Fiskalpolitik und keine Geldpolitik sei. Peter Gauweiler sieht in dem Urteil einen Freibrief für die Umverteilung von Haushaltsrisiken unter den EU-Staaten in Höhe von Hunderten Milliarden Euro.
Laut Gauweiler segnet der EuGH damit die von der EZB bewirkte Vergemeinschaftung der Haftung für Staatsschulden ab, die es nach dem Willen der Vertragsstaaten nicht geben sollte. Dem schließen wir uns an. Das ist der pure Wahnsinn und ein somit „rechtmäßiges“ Notenbankexperiment par excellence, welches definitiv scheitern wird. Leider ist wieder einmal die nationale, und dieses mal richtige, Rechtsprechung durch europäische Rechtsprechung übertrumpft worden.
Schauen wir uns den EuGH mal genauer an:
Präsident des EuGH ist ironischerweise ein griechischer Landsmann namens Vassilios Skouris. Ob er bei der Entscheidung einen Hintergedanken verfolgte, bleibt offen. Fakt ist: Von dieser Entscheidung profitiert vor allem der krisengeplagte Süden und auch Griechenland. Skouris wird im Oktober dieses Jahres seinen Posten verlassen und in Rente gehen. Mehrfach wurde er schon der Vetternwirtschaft bezichtigt, aber er wurde nie belangt. Nun deckte die französische Zeitung „Liberation” auf, dass Skouris pikanterweise seinen treu dienenden Büroleiter, den deutschen Dieter Kraus, in eine unkündbare Beamtenposition hievte mit dem höchstmöglichen Salär von ca. 15 000 Euro pro Monat und das, obwohl der kein Beamter ist! Dies nur am Rande. Aber wenn die Institution, die Recht sprechen soll, so geführt wird, weckt dies kein Vertrauen in uns.
Etwas Elementares hätte eine Zustimmung dieser Klage offenbar doch – sie hätte auch den ESM auf die Probe gestellt. Denn nur wer bereits den ESM oder ESF in Anspruch genommen und sich einem strikten Reformplan unterworfen hat, darf seine toxischen Papiere via Outright Monetary Transactions (OMT) in die EZB „verklappen“. Bislang wurde das OMT-Programm noch nicht angewendet, doch es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis OMT seine Anwendung findet.
Was ist eigentlich darunter zu verstehen?
Man könnte die aktuelle Geldpolitik durchaus als einen Kreislauf des Wahnsinns bezeichnen. Notenbanken finanzieren bankrotte Staaten und „verklappen“ im Anschluss die aufgekauften Papiere in die EZB. Durch diesen Vorgang werden die Notenbanken mit frischer Liquidität versorgt und das Spiel beginnt von Neuem. Mit dem vor kurzem gestarteten QE-Programm der EZB können nun zunächst mehr als 1,1 Billionen Euro in Staatsanleihen, öffentliche Anleihen sowie Covered Bonds und ABS-Papiere „investiert” werden. Der Handel mit dem „Giftmüll” läuft bereits auf Hochtouren. Es ist jedoch zu beachten, dass irgendwann jemand für diese Halde aufkommen muss, denn es ist nicht von der Hand zu weisen: Die Schulden des Einen sind die Guthaben des Anderen.
Der Blogger Jens Blecker stellte sich vor kurzem eine brisante und spannende Frage: Steht das aktuelle Quantitative Easing Programm (QU-Programm) der EZB im Zusammenhang mit den zu verhandelnden Outright Monetary Transactions? Sprich, hat das Urteil eine Auswirkung auf die mindestens 1,14 Billionen Liquidität durch Anleihenkäufe?
Bereits den Namen dieses Programms zu finden, da überall nur von QE oder Anleihekäufen die Rede war, stellte sich nicht einfach dar. Von der EZB erhielt er schlussendlich den Namen “Public sector purchase programme (PSPP)“. Die Frage, ob die beiden Programme in irgendeiner Weise miteinander in Verbindung stehen und das Urteil des EuGH Einfluss auf das PSPP hätte, wurde verneint. Auch auf die Frage, ob anhängige Klagen bekannt seien, kam die Antwort, da sei nichts bekannt.
Aus diesem Grund spielt das Urteil des EuGHs offensichtlich keine Rolle. Man kann es also durchaus als eine leere Hülle bezeichnen, um die es geht. Der Billioneneurokübel wird trotzdem ausgeleert, und bis es zu Klagen und schlussendlich zu einer Verhandlung kommt, sind die Katakomben der EZB bereits bis unter die Decke mit dem wertlosen Finanzgiftmüll gefüllt.
Bei Licht betrachtet, war das OMT offensichtlich eine clevere Nebelkerze. Gauweiler und Konsorten versammelten all die Bürger hinter sich und bekämpften eine leere Hülle, während die EZB auf Umwegen durch die Hintertür die wahre Geldbombe platziert und gezündet hat und nun mit dem PSPP den Markt mit Liquidität überflutet. Das Urteil in Luxemburg scheint also nichts weiter als eine Farce zu sein.
Von Marc Friedrich für die Netzfrauen
Die beiden Finanzexperten, Querdenker und Honorarberater Matthias Weik und Marc Friedrich schrieben 2012 zusammen den Bestseller „Der größte Raubzug der Geschichte“. Es war das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2013. Seit April 2014 gibt es eine aktualisierte und überarbeitete Taschenbuchausgabe. Auch mit ihrem zweiten Buch, „Der Crash ist die Lösung“, haben sie wieder das erfolgreichste Wirtschaftsbuch 2014 geschrieben.
Wir Netzfrauen bedanken uns für die Zusammenarbeit mit Matthias Weik und Marc Friedrich und freuen uns auf weitere Beiträge, die wir Ihnen zur Verfügung stellen werden.
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