„Atomic Africa“ – Uranbergbau, Atomindustrie & Widerstand in Afrika – und notfalls mit Gewalt

e615357615Der französische Staatskonzern AREVA betreibt den Uranbergbau bereits seit über 40 Jahren in der ehemaligen Kolonie Niger. Dabei werden große Umwelt- und Gesundheitsprobleme erzeugt.

Aus dem Wüstenstaat am südlichen Rand der Sahelzone bezieht AREVA rund 40 Prozent des für den Betrieb der 58 Atomkraftwerke in Frankreich erforderlichen Urans.

Der Niger ist nach Kanada und Australien der drittgrößte Uranproduzent weltweit. Die ersten Uranvorkommen wurden 1969 in den Gebirgsregionen im Norden des Landes entdeckt. Die hier lebende Bevölkerung hat bereits mehrfach zu den Waffen gegriffen, um sich gegen die Bedingungen zur Wehr zu setzen, unter denen die Uranförderung vom multinationalen Konzern Avera betrieben wird.

Die Gruppe ist Weltmarktführer im Bereich der Atomtechnik. AREVA ist nicht nur im Kongo, sondern u. a. auch in Mali und im Niger aktiv. Der Konzern ist dort der größte Arbeitgeber im Land, die Uranmine die weltweit größte. Rund um die Städte Arlit und Akokan sollen sich mittlerweile ca. 35 Mio. Tonnen Abraum türmen, jährlich sollen einige 100 000 Tonnen hinzukommen.

KritikerInnen werfen der AREVA vor, die Gesundheit der Menschen zu gefährden und die Umgebung radioaktiv zu kontaminieren. Die Zustände um den Uranbergbau werden zunehmend schlimmer und die NGOs in Afrika und anderen vom Uranbergbau bedrohten Regionen, die sich dagegen zur Wehr setzen, werden bedrängt. Sie brauchen dringend internationale Solidarität.

Seit Jahren schon sind es afrikanische Staaten, die weltweit die Riege der Länder mit dem stärksten Wirtschaftswachstum anführen. Doch der neue Boom braucht Energie. Stromausfälle sind an der Tagesordnung. Immer mehr afrikanische Regierungen wollen deshalb auf Atomkraft setzen. Nach einer Prognose der Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA sollen bis 2050 in Afrika 40 neue Atomkraftwerke gebaut werden, ganz nach dem Motto: „We want power, no arms“ („Strom statt Waffen“).

„Françafrique“ – ein Wort für Einmischung

„We want power, no arms“ („Strom statt Waffen“) skandieren viele Menschen in den Städten Afrikas. Doch sie bekommen weiterhin Waffen, auch um den Einfluss der europäischen Staaten, allen voran Frankreichs zu sichern. Frankreich bezieht den Hauptteil seines Urans aus Afrika und Uran ist für die auf Kernspaltung ausgerichtete Stromgewinnung in Frankreich extrem wichtig. Das Engagement der Pariser Regierung in Nordafrika und Mali gilt nicht zuletzt der Sicherung der Uranversorgung. Mali, in dem Frankreich mit 3500 Soldaten kämpft, grenzt an den Niger, wo das französische Unternehmen Areva eines der größten Uranvorkommen ausbeutet. Auch im Niger und anderen Stützpunkten in Westafrika sind schätzungsweise noch einmal 1100 französische Soldaten stationiert.

Im Januar 2013 kündigte der französische Verteidigungsminister an, den Uranbergbau in Arlit, Akouta und Imouraren im Norden Nigers künftig von französischen Elitesoldaten schützen zu lassen. Die Einmischung in die Belange Afrikas ist so häufig, dass es im Französischen einen eigenen Begriff dafür gibt: „Françafrique“.

INFOBOX

Südafrika baut neue Atommeiler – Trotz Fukushima

Russland wird in den kommenden neun Jahren acht Atomreaktoren an Südafrika liefern. Mit ihnen solle bis 2023 das erste Atomkraftwerk russischer Bauart auf dem afrikanischen Kontinent entstehen.

Südafrikas Nuklearanlage liegt inmitten eines dicht besiedelten Ballungsraums mit knapp vier Millionen Einwohnern nahe Kapstadt. Das AKW befindet sich in einem Gebiet, in dem es durchaus ähnliche Erdbeben wie in Japan geben kann.
Koeberg ist das einzige kommerzielle Atomkraftwerk in Afrika und zugleich das südlichst gelegene der Welt. Es befindet sich in der Nähe des Melkbosstrandes, ungefähr 30 km im Nordwesten von Kapstadt. Der hochradioaktive Atommüll wird am Standort gelagert, schwach- und mittelradioaktive Abfälle werden auf der Straße in ein 600 km entferntes Zwischenlager nach Vaalputs in der Kalahariwüste transportiert. Der Betreiber Eskom wirbt mit einem 3000 ha großen Naturreservat, das die Anlage umgibt.

Experten warnen davor, die Erdbebengefahr in Südafrika zu unterschätzen. Es ist durchaus vorstellbar, dass das Kernkraftwerk Koeberg einem Erdbeben mit einer Stärke von über acht auf der Richterskala ausgesetzt sein könnte, meint der Geologe Chris Hartnady vom Wissenschafts-Beratungsinstitut Umvoto in Muizenberg bei Kapstadt.

Das Atomkraftwerk besteht aus zwei Druckwasserreaktoren mit je 970 MW Leistung. Koeberg-1 wurde am 14. März 1984 in Betrieb genommen, Koeberg-2 am 7. Juli 1985. Eigentümer und Betreiber der Anlage ist die ESCOM. Quelle

40 Kernkraftwerke für Afrika?

Während die Atomkraft in Deutschland ein Auslaufmodell ist, begeistert sie die Regierungen Afrikas. Doch ist ein Atomkraftwerk im Niger sicher, dem Land der Tuareg, in dem auch Ableger von Al Kaida aktiv sind? Warum beutet Europa wie zu Kolonialzeiten Afrikas Uran aus?

Nicht erst seit Fukushima weiß der Mensch, wie gefährlich Atomkraftwerke sind. [Siehe: Fukushima: Es gibt keine Rettung! Es wird hunderte Jahre dauern!]
In den USA oder in Frankreich, nein, überall auf der Welt – die „ALTEN ATOMMEILER“ sind marode.
Als ob man nicht aus der Geschichte rund um Atomkraftwerke lernen will, werden neue gebaut wie z.B. in der Türkei; denn auch die Türkei hält wie England weiter an ihrem Atomkurs fest. Für den Bau eines Atomkraftwerks in der Türkei schießt Russland 22 Milliarden Dollar vor.

In England wird übrigens ein neues Atomkraftwerk gebaut mit Hilfe von Subventionen aus der EU. Radioaktiv verseuchte Lebensmittel gibt es bereits. Nicht nur die Fische sind von der radioaktiven Strahlung betroffen, auch wurden Spuren von Radioaktivität in Obst, Kartoffeln und Gemüse nachgewiesen, das in der Nähe des AKWs angebaut wurde. Im hohen Nordwesten Schottlands sind auch die Rinder inzwischen radioaktiv belastet. Lesen Sie dazu: Guten Appetit!? Radioaktive Belastung in britischen Lebensmitteln Zehntausende Bürger haben eine Beschwerdewelle gegen Subventionen für das in Großbritannien geplante Atomkraftwerk Hinkley Point ausgelöst. Siehe AKW-Neubau Hinkley Point – Großbritannien will Österreich wegen atom-kritischer Haltung verklagen

Arlid, ein extrem verseuchtes Abbaugebiet

In Südafrika wurden große Gebiete von ca. 400 Quadratkilometern durch sechs Milliarden Tonnen radioaktiven Abraum kontaminiert. Das Uran gelang früher oder später in den Wasserkreislauf. Auch im Niger, am Rande der Sahara, wo die schon erwähnte Firma Arewa seit 50 Jahren Uran abbaut, sind die Auswirkungen auf die Umwelt immens. Im schon erwähnten Arlid und Akokan lagern 35 Mio. Tonnen Abraum (!) aus der Uranförderung meist ungeschützt unter freiem Himmel. Jährlich sollen einige 100 000 nach Angaben Arevas unbedenkliche Tonnen hinzukommen.

Environmental activists simulate a nuclear pollution clean up on the beach in Sea Point, Cape Town.

Greenpeace hat 2009 in Messreihen in der Gegend festgestellt, dass die Strahlung inzwischen allgegenwärtig ist. Sie ist in Hauswänden, in Kochgeschirr und in der Erde zu finden. Laut Greenpeace liegt der Strahlenwert in getesteten Wasserproben über der von der Weltgesundheitsbehörde WHO empfohlenen Höchstdosis für Trinkwasser.

Auch in Tansania, unweit der Hauptstadt Dodoma, wurde bei Probebohrungen Uran gefunden. Die Gegend ist auf Grund der Feuchtigkeit die Kornkammer des Landes. Tansanias Regierung ist fest entschlossen, in das lukrative Geschäft einzusteigen. Doch sollte es hier so zugehen wie im Niger oder Südafrika, wird die Kornkammer Ostafrikas verstrahlt.

Viele Aktivisten bemängeln die Umweltverschmutzung durch Strahlung, die Zerstörung der Umwelt durch die Förderung und auch die ungleiche Verteilung des Gewinns. Doch die Verknüpfungen von Atomwirtschaft und Politik scheinen in Afrika, und vor allem im Niger, allgegenwärtig. Der jetzige Präsident Mahamadou Issoufou (seit Juni 2011) arbeitete mehrere Jahre für eine Uranabbau-Gesellschaft. So ist es nicht verwunderlich, dass am Rand des Nigerflusses schon bald das größte Atomkraftwerk Afrikas gebaut werden soll.

Der Film – Atomic Africa – Die atomaren Pläne afrikanischer Regierungen

Zwei Jahre lang reiste der Filmemacher Marcel Kolvenbach durch Afrika und recherchierte im Zeichen dieser neuen afrikanischen Atompolitik – vom Osten des Kontinents nach Südafrika, weiter in den Kongo und von dort in die Sahara.

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Stets nah bei den betroffenen Menschen zeigt der Filmemacher, wie sich der Konflikt um die Uranvorkommen des Kontinents verschärft. Vom Krieg in Mali bis hin zum Raubbau an der Natur in Tansania prägen die Interessen mächtiger Konzerne wie dem französischen Stromriesen Areva immer mehr das Schicksal ganzer Regionen

Zugleich zeigt der Film eindrucksvoll, welche Folgen der Einstieg in die Atomkraft für die Umwelt und Sicherheit eines Kontinents haben dürfte, auf dem die wenigen Atomkraftgegner um ihr Leben fürchten müssen. „Atomic Africa“ wird so zum politischen Road-Movie durch das nukleare Afrika. Quelle

Netzfrau Doro Schreier

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