Angefangen hat alles mit einer Meldung zu einem 90km langen Stau in Calais. Lastwagen müssen sowohl in England als auch in Frankreich auf den Standstreifen warten und dies bei einer Hitze von 35 Grad. Was wir bei der Recherche vorfanden, hat uns so entsetzt, dass wir Ihnen dieses nicht vorenthalten wollen. 3000 Menschen lagern in Calais unter unmenschlichen Bedingungen. Die Spannungen zwischen Flüchtlingen, der Bevölkerung und der Polizei werden immer größer. Aber auch streikende französische Hafenarbeiter haben zum zweiten Mal in einer Woche den Eurotunnel Richtung Großbritannien versperrt und wurden bereits mit Tränengas von Polizisten vertrieben, aber sie kommen wieder, denn sie haben Angst um ihre Arbeitsplätze. Es spielen sich gerade grausame Szenen in Europa ab – und wir erfahren nichts – sind wir nicht alle Europa?
Es begann mit dieser Nachricht:
„Warum berichten die Medien wie RTL, N24 oder NTV nicht über die katastrophale Situation in Calais? In Calais gibt es aktuell vom Fährhafen bis zur belgischen Grenze Stau… fast 90km!!! Und in England vor Dover sieht es nicht viel anders aus. Im Fährhafen Calais streikt das Fährpersonal, der Eurotunnel ist ebenfalls blockiert. Unzählige Fahrer müssen in ihren Fahrzeugen bei Temperaturen um 35°C ausharren…
Aber es sind ja nur LKW-Fahrer, wen kümmerts?Darf gerne mal geteilt werden, gerade für die Leute, die jeden Abend zuhause sein können mit ihren „9 to 5 Jobs“ und die vergessen, wer ihnen die Bananen in den Supermarkt bringt oder Benzin zur Tankstelle liefert…“
Dieses teilte Mark gestern auf seiner Pinnwand mit, der in diesem Stau saß, aber jetzt wieder wohlbehalten zurück ist.
Wir Netzfrauen sind der Bitte gern nachgekommen und berichten über diesen Stau, der uns wirklich nicht bekannt war, und haben uns deshalb auf Recherche begeben.
Fotos die Mark gestern postete
Zuerst einmal einige Twittermeldungen, die zeigen, was sich dort in Calais/ Frankreich abspielte und sich immer noch abspielt!
Seeleute des Fährunternehmens MyFerryLink blockierten am Dienstagmorgen aus Protest gegen den geplanten Verkauf der Fährschiffe an einen Konkurrenten den Hafen der französischen Stadt Calais und den Eingang zum Eurotunnel (Tunnel sous la Manche). Die Polizei kam mit Tränengas und verscheuchte diese Demonstranten. Das war am 23. Juni 2015 – doch die Dramatik geht weiter.
Eurotunnel blocked by MyFerryLink workers, reportedly using fire blockades. Strike expected to last until 20:00. http://t.co/rNr4cvpLO9
— @b9AcE (@b9AcE) 23. Juni 2015
Die demonstrierenden Arbeiter wurden von der Polizei mit Tränengas vertrieben. Das erinnert uns an USA. Können Sie sich noch daran erinnern, dass ein Polizist während der Occupy-Wallstreet-Bewegung den Studenten Tränengas in die Augen sprühte, obwohl diese an den Händen festgebunden waren und auf dem Boden saßen? Weltweit machte sich Empörung breit – doch wie sollen wir uns über diese Aktion empören, die sich gerade in Calais/Frankreich abspielt, wenn es nicht mal berichtet wird?!
Laut BBC versuchen Dutzende Flüchtlinge, erneut von Calais aus den Eurotunnel zu stürmen Die Autobahn wurde für den Güterverkehr um etwa 01.00 Uhr BST geschlossen
#Calais migrants try to storm Channel Tunnel. Symptoms broken EU migration system. http://t.co/klTdC7Fu2H #SOSEurope pic.twitter.com/tb1eWNknea — Gauri van Gulik (@GaurivanGulik) 4. Juli 2015
I am on the #Eurostar RT Calais chaos: Migrants stop #Eurostar services after storming freight trains http://t.co/DDDWK3jJjJ — Bianca Jagger (@BiancaJagger) 4. Juli 2015
Amateur footage shows migrants on Eurotunnel tracks at Calais http://t.co/XfqcyJpanU pic.twitter.com/Rhb4aJChqI — BBC News England (@BBCEngland) 4. Juli 2015
Calais strikers bring chaos to Kent http://t.co/sv3C369YbD (Getty) pic.twitter.com/YlY1qt9Key — The Times of London (@thetimes) 3. Juli 2015
Migrants try to storm Channel tunnel at Calais, sparking further delays http://t.co/UyGxYozNm2 — Isabela (@isabelavrba) 4. Juli 2015
Calais crisis: Channel Tunnel entrance blocked with burning barricade http://t.co/DPsshFnaOV pic.twitter.com/XsjNkx3HRS — Telegraph News (@TelegraphNews) 30. Juni 2015
War Ihnen bekannt, dass in Calais sich ein Flüchtlingsdrama abspielt? Schauen Sie sich bitte dieses Video an – es zeigt die Fahrt von Calais nach Dover
Amateur footage shows migrants on Eurotunnel tracks at Calais http://t.co/XfqcyJpanU pic.twitter.com/Rhb4aJChqI — BBC News England (@BBCEngland) 4. Juli 2015
Wer mit Flüchtlingen an Bord erwischt wird, gilt schnell als Menschenschmuggler und muss mit harten Strafen rechnen. http://t.co/z1FQcTXhKO — maik (@truckblog) 3. Juli 2015
Veröffentlicht am 02. 07. 2015 von Euronews – Flüchtlinge in Calais sollen “zurück nach Afrika” geschickt werden
Frankreich und Großbritannien wollen verstärkt gegen illegale Einwanderung von Flüchtlingen durch den Eurotunnel vorgehen.
Wegen des Protests von Hafenarbeitern in Calais war der Tunnel unter dem Ärmelkanal vorübergehen gesperrt gewesen. Zahlreiche Migranten hatten versucht, auf wartende LKWs zu klettern, um so nach Großbritannien zu gelangen.
Rund 3000 Migranten aus Afrika und dem Nahen Osten harren seit Wochen in provisorischen Lagern in der französischen Hafenstadt Calais aus. Sie hoffen auf eine Gelegenheit, um nach Grossbritannien zu gelangen.
Eine Ärztin der Hilfsorganisation Ärzte der Welt (Médecins du Monde) berichtet von ihrer Arbeit mit den Migranten: “Es gibt viele Verletzungen bei den Versuchen, nach England zu gelangen. Die Menschen leiden auch unter psychischen Traumata. Jeden Tag hoffen sie, dass sie es schaffen – doch am nächsten Tag sehen wir sie hier wieder”.
Das französische Calais ist einer der Brennpunkte der europäischen Migrationskrise. Die EU-Mitgliedsländer haben bisher keine gemeinsame Antwort auf den anhaltenden Flüchtlingsstrom über das Mittelmeer gefunden.
LESEN SIE MEHR: http://de.euronews.com/2015/07/02/flu…
Thinking of people I met in #Calais yesterday, from Sudan, Eritrea, Syria, Afghanistan. Living in tents in this heat. pic.twitter.com/gMYS8H1JwZ
— Izza Leghtas (@IzzaLeghtas) 1. Juli 2015
Die folgende Meldung fanden wir auf http://www.eurotransport.de/:
Blockade in Calais – Verbände laufen Sturm
„Die Verbindung Großbritannien-Frankreich ist gekappt. Streikende Seeleute blockierten laut dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) den Fährhafen in Calais mit brennenden Barrikaden. Am Dienstag machten die Seeleute demnach die Zufahrt zum Eurotunnel im französischen Coquelles dicht. Aktuell stünden darum tausende Lkw beiderseits des Ärmelkanals still. In England werden die Lkw laut BGL von den Ordnungsbehörden auf den Standstreifen der Autobahnen geparkt, ohne Verpflegungsmöglichkeiten oder sanitäre Einrichtungen. Besonders chaotisch seien die Zustände auf französischer Seite. Laut dem Verband Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL) bildeten sich in Calais bereits in der Vergangenheit Hüttensiedlungen, in denen Flüchtlinge auf eine illegale Passage nach England warten. Werde ein Lkw nicht ausreichend bewacht, schlichen sich die Flüchtlinge an Bord. Schon seit Jahren setze man daher Atemluftkontrollen und Röntgenaufnahmen ein, um illegale Einwanderer aufzuspüren. Prekär für Fahrer und Spediteure: Wer mit Flüchtlingen an Bord erwischt wird, gilt schnell als Schleuser und Menschenschmuggler und muss mit harten Strafen rechnen. Nun, so der VVWL, sei die Situation jedoch eskaliert. Die Hemmungen fielen demnach von den Flüchtlingen ab, sodass sie sich nicht mehr heimlich versteckten, sondern Lkw regelrecht entern. Menschen umzingeln demnach Lkw, brechen Ladetüren und Staukästen auf und werfen zur Not Ladung auf die Straße, falls der Platz im Lkw nicht ausreicht. Wehre sich ein Lkw-Fahrer, werde er massiv bedroht. Anfragen der Verbände bei den französischen Behörden endeten lediglich in Versprechungen. „Die langen Wartezeiten und die unhaltbaren Zustände verursachen bei den betroffenen Transportunternehmen erhebliche zusätzliche Kosten“, so der BGL. Diese erreichten existenzbedrohliche Ausmaße. „Die Fahrer dürfen nicht als schwächstes Glied in der Kette dazu missbraucht werden, dass im Europa des 21. Jahrhunderts eine Flüchtlingskrise einfach weiter ignoriert werden kann“, so der VVWL.“
Uns erzählte ein LKW-Fahrer, dass er in England pro Mensch 3000 Englische Pfund zahlen muss, wenn er Flüchtlinge auf seinen LKW hat. .
Noteinsatz in Europa: Im #calais #jungle werden die für humanitäre Krisen entwickelten UN-Standards nicht eingehalten. pic.twitter.com/ECubUPJoCu — Ärzte der Welt (@aerztederwelt) 3. Juli 2015
Riesiger Stau in Calais, da der Hafen wieder durch Streik blockiert ist
Wegen dauerhafter Streikaktionen bleibt der Hafen in Calais blockiert. Keine Fähren können den Kanal überqueren und die Züge werden zunehmend leerer, weil Demonstranten die Eingänge blockieren. Auf der A16 und der A26 ist der Ausgang zu den Fährenterminals geschlossen, genauso auch die Ausgänge 43 und 44 zum Kanaltunnel. Die Flüchtlinge wiederum sind verzweifelt und versuchen, sich in und auf die LKWs zu schmuggeln. Seit Wochen harren sie dort aus, 3000 Menschen und nur 30 Waschbecken – dies mitten in Europa. Leidtragende sind auch die LKW-Fahrer, die Strafe zahlen müssen, sollten sie mit einem Flüchtling erwischt werden, auch wenn sie es nicht wussten.
Wir haben Ihnen mit der Zusammenfassung dieser Nachricht einen Einblick in die Dramatik geben wollen, damit Sie erfahren, was in Europa los ist.
War Ihnen bekannt, dass sich zurzeit wieder in Calais ein Flüchtlingsdrama abspielt?
Wir fordern die EU auf, sofort den Friedensnobelpreis zurück zugeben!!!!! Es ist unmenschlich, was da passiert!
Und was die EU-Kommission macht, ist für uns nicht mehr nachvollziehbar.
Das ist Mord auf Raten!!!!! Menschen zählen überhaupt nicht mehr in der EU!!!
Nur noch Geld für Banken mit irgendwelchen Rettungsaktionen zählt – und wo bleiben wir? – Es reicht!!!!!!!!
Zurzeit versuchen 150 Flüchtlinge, den Eurotunnel zu stürmen – Staus von bis zu 90 km – und die Dramatik nimmt stetig zu, nicht nur in Frankreich, sondern auch in anderen Ländern der EU.
#RIP Boat People – Massenmord im Mittelmeer
Eine kleine Geschichte von einem jungen Mann zum Abschluss:
Die Route: Mouaz reiste im Februar 2014 aus Damaskus aus. Er wollte zu seiner Familie, die bereits nach Jordanien geflohen war. Von dort reiste er in die Türkei, wurde aber nicht an der dortigen Universität angenommen. Also versuchte er, nach England zu kommen, ging über Algerien und Libyen. Dann überquerte er das Mittelmeer mit dem Schiff und kam in Calais an. Dies war am 07. Oktober 2014. Am 27.Oktober 2014 wurde er tot am Strand in den Niederlanden gefunden. 67 Tage später wurde ein fast gleicher Neoprenanzug , wie ihn Mouaz trug, bei Lista – Norwegen gefunden. Auch diese Person war ertrunken. Quelle
Die Menschen, die nicht mit LKWs flüchten können, versuchen zu schwimmen. Nur weil sie glauben, in England hätten Sie es besser, doch England will keine Flüchtlinge, nur woher sollen diese Menschen das wissen? Lesen Sie zum Thema auch unseren Beitrag: Einfach unbegreiflich! Kein Geld für Flüchtlingsrettung
Wacht auf, denn eure Träume sind schlecht!
Bleibt wach, weil das Entsetzliche näher kommt.
Auch zu dir kommt es, der du weit entfernt wohnst von den Stätten, an denen Blut vergossen wird,
auch zu dir und deinem Nachmittagsschlaf, worin du ungern gestört wirst. Wenn es heute nicht kommt, kommt es morgen,
aber sei gewiß. Günter Eich
Netzfrauen Lisa Natterer und Doro Schreier
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