Liebe Fussballfreunde, liebe Landsleute, liebe Menschen vor den Fernsehern
Hier spricht Ihr Rüdiger, nein, eigentlich heiße ich ja Joseph, Sepp oder so – meine Güte, das Alter. Etwas Ungeheuerliches ist geschehen. In meiner Zeit als Fussball-Zar – ich meinte natürlich als Präsident der FIFA … so etwas habe ich noch nicht erlebt! Mitarbeiter meines Großreiches haben sich scheinbar bestechen lassen! Zuerst habe ich gar nicht gewusst, worum es geht, als sie abgeführt wurden, dann habe ich mich erst einmal informieren müssen, was Bestechung überhaupt bedeutet, so fremd kam mir das Wort vor!
Jetzt bin ich aber wieder auf dem neuesten Stand und darf Ihnen, liebe Untergebene…, ich meinte Mitarbeiter und Menschen vor den Fernsehern, versichern, das ich völlig schockiert bin, dass selbst Mitarbeiter aus meinem engsten Stab und Arbeitsumfeld darin verwickelt sein sollen. Als Präsident oder vielmehr Noch-Präsident, oder Eventuell-Präsident, vielleicht auch als zukünftiger, der ja wahrscheinlich zurückgetreten ist, aber das selbst auch nicht so genau weiß, ist es mir ein Rätsel, wie das alles, was sich in meinem Königreich FIFA momentan ereignet, passieren konnte.
Bei all den globalen Ereignissen, Kriegen, Konflikten etc. muss man doch feststellen, dass Gott scheinbar auch nicht überall gleichzeitig sein kann, und mir geht es genauso in meiner FIFA. Wenn es gut läuft, können sie versichert sein, dass es etwas mit meinen Fähigkeiten als Präsident zu tun hat, läuft es hingegen schlecht – was ja nie vorkommt, aber falls doch einmal –, dürfen sie versichert sein, dass das nicht an mir liegt, denn sonst wäre es gar nicht soweit gekommen.
Als ich die Namen der Beschuldigten las, musste ich mich erst einmal davon überzeugen, ob sie überhaupt bei mir und für mich arbeiten. Im ersten Moment konnte ich weder mit den Namen noch mit den beschuldigten Mitarbeitern selbst etwas anfangen und das zeigt doch, dass ich überhaupt nicht in irgendetwas involviert sein kann, was mit dieser Angelegenheit zu tun hat. Wie oft hat man mich in der Vergangenheit für alles Mögliche verantwortlich gemacht und mich zu Unrecht beschuldigt, unter meiner Führung gäbe es Korruption, Vettern- und Misswirtschaft etc. Eine Ungeheuerlichkeit, die sich wieder einmal nicht bestätigt hat, außer, dass ich angeklagt werden sollte, dann sieht natürlich alles ganz anders aus, aber selbst dann bin ich unschuldig. Glauben Sie mir, niemand außer mir hat bisher so wenig – eigentlich nichts – getan, um diesen haltlosen Vorwürfen von angeblicher Korruption und sonstigen Anschuldigungen etc. entgegenzuwirken, zählt denn das gar nicht?
Und weil dem so ist, kann ich mich mit ruhigem Gewissen zurücklehnen und weitermachen wie bisher. Lassen sie mich die Gelegenheit beim Schopf packen und an dieser Stelle auch einmal etwas Ergänzendes zur Fussballweltmeisterschaft in Katar sagen. Hier ist ja immer wieder von Menschenrechtsverletzungen die Rede, von Todesfällen, unzumutbaren Arbeitsbedingungen etc. Dabei arbeiten dort noch nicht einmal Menschen, sondern Nepalesen, Pakistani und Inder, also Leibeigene ohne Rechte. Menschen, die noch nicht einmal wissen, wer oder was Europa und die FIFA sind, weil sie weder lesen noch schreiben können. Es kann also bei diesen Volksgruppen keine Rede von unzumutbaren Arbeitsbedingungen sein, geschweige denn von Menschenrechtsverletzungen. Sogar von Todesfällen vor Ort und sklavenähnlichen Zuständen war da die Rede – lassen sie mich ihnen versichern, dass ich beide Wörter noch nicht einmal buchstabieren könnte, deswegen gibt es diese für mich auch gar nicht.
Im alten Ägypten wurden die Pyramiden auch unter schwierigsten Bedingungen errichtet und niemand hat sich beschwert oder darüber aufgeregt, und schauen Sie heute: Das Land ist ein Touristenmagnet oder war es einmal. Nichts anderes geschieht in Katar, auch hier herrschen ähnliche Arbeitsbedingungen, aber man wird mir noch dankbar dafür sein, dieses Land sportlich in den Mittelpunkt gerückt zu haben. Was kann es Schöneres geben, als bei Temperaturen zu spielen, die jede Klimaanlage Amok laufen lassen? Jetzt unterstellt man, dass es in Katar keine Pressefreihheit gäbe, meine Güte, wer braucht die denn überhaupt?
Sobald der Ball erst einmal rollt, das erste Spiel angepfiffen ist, interessiert sich doch kein Mensch mehr für die Reklamationen, die angeblichen Todesfälle und die völlig haltlosen Behauptungen über unmenschliche Arbeitsbedingungen. Man kann mich doch nicht für alles verantwortlich machen, vor allem nicht für das, wofür ich eigentlich verantwortlich wäre. Gott hat die Welt in sieben Tagen erschaffen und sich keine Pause gegönnt – auch darin sind wir beide uns ähnlich!
Es gibt bereits erste Pläne, die Fußball-WM auch einmal am Nord-, Süd-, West- oder Ostpol auszurichten, dort ist es auch nicht so heiß und auf Schnee und Eis spielt es sich auch viel flüssiger. Sie sehen also, die Kritik, dass es in einzelnen Ländern zu heiß zum Spielen sei, prallt nicht einfach an mir ab, sondern wir entwickeln etwas Konstruktives daraus.
Ihr FIFA Noch-oder Wieder-Präsident, aber vielleicht auch nicht
Sepp
Der FIFA-Präsident, der FIFA-Pressesprecher und der FIFA-Finanzchef sitzen gemeinsam in einem Auto. Wer fährt?
Die Polizei! Dieses Witzchen hat den FIFA-Pressesprecher den Job gekostet ;)
Günter Neugebauer (Schweiz) für die Netzfrauen
Mehr zu FIFA:
Aberkennung Bundesverdienstkreuz von Herrn Blatter
#EqualPay – FIFA Siegesprämie: Weltmeisterinnen $2 Millionen – Weltmeister $35 Millionen
Razzia in Zürich – Korruption bei der FIFA? Na sowas… Wer hätte das gedacht?!
1 Kommentar » Schreibe einen Kommentar