Lebensmittel sind nicht mehr preiswert, sie sind billig. Die Rotstift-Aktionen von Aldi und Co. haben Auswirkungen auf den gesamten Handel. Viele Wettbewerber orientieren sich in der Gestaltung von Preisen am Discount-Marktführer und versuchen, sich wiederum zu unterbieten. Es kommt zu einem Preiskampf zwischen Aldi und den Rivalen wie Lidl oder REWE und EDEKA. Doch wer bezahlt den wahren Preis?
Billiges wird auch billig produziert. Möglich sind die Dumpingpreise nur, weil diese auf Kosten der Produzenten, Lieferanten und schließlich der ArbeiterInnen ausgetragen werden. Beim näheren Hinsehen ist billig gar nicht so billig, denn Sie zahlen gleich doppelt, u. a. mit Steuergeldern.
Während billige Lebensmittel gefördert werden, geraten viele Bauern und Erzeuger in eine Notlage. Kleinbäuerliche Betriebe werden verdrängt statt unterstützt. Biolandwirte geben aus Kostengründen auf und Nutznießer sind vor allem Massenproduzenten.
Dumpingpreise – Darunter leidet die Qualität der Lebensmittel. Eine nachhaltige Land- und Viehwirtschaft ist kaum noch möglich. Die zahlreichen Lebensmittelskandale sind nur eine Folge der „Geiz ist geil“- Mentalität. Wie viel die Produktion kostet und wie viele Subventionen in jedem einzelnen Produkt stecken, wird verschwiegen. Was wir mit unserer „Geiz ist geil“- Mentalität mithilfe der EU anrichten, davon wollen wir heute berichten.
Leseempehlung
Der deutsche Lebensmittelhandel wird von den so-genannten Big Four beherrscht. Nur vier große Lebensmittelkonzerne vereinen 85 % des Absatzmarktes auf sich.
Dieses Übergewicht gibt ihnen die Macht über die Konsumenten, denn die meisten Deutschen kaufen dort ihre Lebensmittel, angelockt durch billige Angebote.
Diese Marktmacht hat Folgen für Zulieferer und Produzenten: Da ihnen nur die vier Konzerne als Abnehmer zur Verfügung stehen, können diese ihre Konditionen weitgehend diktieren. Preisverhandlungen laufen nur selten auf Augenhöhe ab. Einschüchterungen und Drohungen gegenüber den Produzenten sind fast zur Regel geworden. Lesen Sie dazu unseren Beitrag: The Big Four – Die Macht von Aldi, Edeka & Co.
Die Landwirtschaft wird von der EU pro Jahr mit 58 Milliarden Euro subventioniert. Das ist aber noch nicht alles: Hinzu kommen weitere Milliarden aus den nationalen Haushalten.
In vielen Ländern stammt so mindestens die Hälfte aller Agrareinkommen aus europäischen und nationalen Zuwendungen, wie unsere Infografik zeigt, die das Statistikportal Statista für ZEIT ONLINE erstellt hat. Innerhalb der Euro-Zone ist Malta Spitzenreiter, dicht gefolgt von Frankreich, Estland und den Niederlanden. In der gesamten Europäischen Union nimmt Großbritannien mit 90 Prozent den Spitzenplatz ein.
Beispiele:
Milch nach Indien – Indien ist einer der am schnellsten wachsenden Märkte für Milchprodukte
Seit 2008 gibt es eine deutsch-indische Arbeitsgruppe Agrar, in der die Fachministerien Deutschlands und Indiens in den Bereichen Landwirtschaft und Verbraucherschutz zusammenarbeiten. Die jährlichen Treffen finden auf der Ebene der Staatssekretäre abwechselnd in Deutschland und Indien statt.
Handel mit Deutschland (Stand 2012)
Der Handel zwischen Deutschland und Indien nahm 2012 deutlich zu. Der Gesamtwert indischer Exporte nach Deutschland betrug 7,5 Mrd, € (+20,2 % gegenüber 2011), auf die Land- und Ernährungswirtschaft entfielen davon 617 Mio. € (+24,7 %). Die wichtigsten indischen Exportprodukte für den deutschen Markt (nach Handelswert) sind Früchte, Kaffee, Pflanzenöle und -fette, Tee, Fisch, Tabak, Ölfrüchte und Reis.
Der Wert deutscher Exporte nach Indien beläuft sich auf 10,87 Mrd. € (+17,1 %), davon sind 36
Mio. € (+88 %) Güter der Land- und Ernährungswirtschaft. Hauptexportprodukte nach Handelswert
waren Milch und Milcherzeugnisse (ohne Butter und Käse), Zucker und Zuckererzeugnisse,
Hopfen, Futtermittel, Branntwein, Obst- und Gemüsesäfte sowie Schokoladenprodukte.
Wir beschäftigen uns mit den Milcherzeugnissen, denn was diese anrichten können, sehen wir am Beispiel Indien: Indien ist heute der weltgrößte Milchproduzent. Mit Geld der Weltbank wurde ein Vermarktungsnetz für Millionen von kleinen Milchbauern aufgebaut. Mehr als 67 Millionen indische Haushalte produzieren Milch, 93 Prozent der Beschäftigten sind Frauen. Mit den subventionierten Produkten aus der EU konnten die Inder aber nicht mithalten. Um die heimischen Bauern zu schützen, führten die Inder daher einen Schutzzoll ein.
Mexiko – billiger US-Mais – NAFTA
Die Agrarexportländer bezahlen also Exportsubventionen, um ihre Produkte auf dem Weltmarkt unter den Produktionskosten verkaufen zu können. Seit Jahren ist bekannt, dass diese die Bauern und Bäuerinnen ärmerer Länder ruinieren. Aber nicht nur Milch in Indien, sondern auch billiger US-Mais in Mexiko oder billiges EU-Geflügelfleisch in Westafrika.
Subventionen sind Steuergelder, nichts anderes.
Geplante Abkommen wie zum Beispiel das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP oder Tafta) oder auch die Transpazifische Partnerschaft (TPP) versprechen keine Besserung, im Gegenteil, wie uns NAFTA zeigt. Die größte Zahl der kaum subventionierten mexikanischen Bauern und ganz besonders die Kleinbauern von Südmexiko sehnen sich sicherlich die Zeit zurück, bevor der Nordamerikanische Freihandelsvertrag (USA-KANADA-MEXIKO) vor 20 Jahren in Mexiko Einzug hielt.
Wie sollten sie mit den US-amerikanischen, stark subventionierten Agrarkonzernen – die ihre Wettbewerbsfähigkeit paradoxerweise auch durch die zahlreichen illegalen mexikanischen Arbeitskräfte erhalten – konkurrieren? Seit die USA gentechnisch veränderten Mais in großem Rahmen anbauen, tobt um Mexiko ein Kampf. 1994 trat der Nordamerikanische Freihandelsvertrag (NAFTA) in Kraft. Stark subventionierter Mais aus den USA überschwemmte den mexikanischen Markt und trieb viele Kleinbauern und -bäuerinnen in den Ruin. Mitte der 1990er Jahre konnte sich Mexiko noch selbst mit Mais versorgen, heute importiert das Land ein Drittel des heimischen Bedarfs. Zur Abhängigkeit vom Nachbarn USA gesellte sich ein weiteres Problem: Über ein Drittel des in den USA erzeugten Maises stammt von genveränderten Pflanzen. Da keine Kennzeichnungspflicht für Genmais besteht, kann nicht verhindert werden, dass dieser mit den Importen nach Mexiko gelangt. Lesen Sie dazu auch Freihandelsabkommen: Ausbeutung und Not in Mexiko, um amerikanische Konsumenten mit Lebensmitteln zu versorgen – Hardship on Mexico’s farms, a bounty for U.S. tables
Afrika – Hähnchenreste auf Reisen – Das Geschäft mit unserem Abfall
Schauen Sie bei den Discountern in die Fleischtruhe, sehen Sie Hähnchenfilet, Hähnchenschnitzel und Hähnchenschenkel, doch wo bleibt der Rest? Alle wollen vom Hähnchen nur das Beste und das, was sich in Europa nicht verkaufen lässt, wird nach Afrika transportiert und dort verwertet und ruiniert mit den Dumpingpreisen, da ja aus der EU subventioniert, nicht nur die dortigen Geflügelzüchter, sondern sind ist auch eine Gefahr für die Gesundheit. Sie können sich sicherlich vorstellen, was die große Hitze ohne ausreichende Kühlung des Fleisches anrichtet.
Die Geflügelwirtschaft versucht, ihr Image zu retten, und schreibt dazu im Fakten-Check:
„Auch – entgegen weniger anderslautender Meinungen – exportiert die deutsche Geflügelwirtschaft natürlich keine Geflügelteile in Drittländer, um Entsorgungskosten in Deutschland zu sparen. Ganz im Gegenteil: Die Geflügelwirtschaft ist gerade mit Blick auf die aktuell diskutierte Lebensmittelverschwendung bemüht, alle vom Tier gewonnenen und für den menschlichen Verzehr als uneingeschränkt genießbar eingestuften Produkte zu vermarkten, anstatt die in Deutschland weniger nachgefragten Stücke einfach zu entsorgen. Gerade die in unserer Kultur oft unbeliebten Teile des Geflügels, wie beispielsweise Flügel, Schenkel, Rücken oder Füße, werden in vielen anderen Ländern dagegen sehr gerne gegessen. Infolgedessen werden diese Hähnchenteile von Händlern aus Drittländern in Deutschland eingekauft. Dementsprechend erfolgt der Export von Geflügelfleisch, wenn überhaupt, nach den Kräften des Marktes von Angebot und Nachfrage.
Richtig ist, dass die deutschen Exporte von Geflügelfleisch nach Südafrika gestiegen sind: von rund 2000 Tonnen 2011 auf rund 22 800 Tonnen 2013.“
Der Punkt Lebensmittelverschwendung klingt doch gut, denn wie wir bereits in unserem Beitrag „Verschwendung! Während die einen hungern, ist anderen die Nahrung nicht perfekt genug“ berichteten, landet die Hälfte aller Lebensmittel auf dem Müll und dies bei 870 Millionen hungernden Menschen. Einer von acht Menschen weltweit muss jeden Abend hungrig schlafen gehen. Jährlich werden vier Milliarden Tonnen Lebensmittel produziert. Bis zu 50 Prozent davon landen auf dem Müll. Während die einen hungern, ist anderen die Nahrung nicht perfekt genug.
Doch wenn die Geflügelwirtschaft alle ihre vom Tier gewonnenen und für den menschlichen Verzehr als uneingeschränkt genießbar eingestuften Produkte versucht zu vermarkten, stellt sich die Frage, warum wird nicht einfach weniger produziert? Schauen Sie sich die abgepackten Hähnchenteile in den Kühltruhen der Discounter doch an, nur Brustfilets oder Schnitzel und dann nicht mehr preiswert, sondern billig! Wir sollten verlangen, dass die Packungen mit einem Etikett „Hinweis: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder …“ versehen werden. Das, was hier nicht gegessen wird, landet dann einschließlich der Antibiotika in Afrika. Und demnächst gibt es XXL-Hähnchen bei Wiesenhof, denn der amerikanische Pharmariese Eli Lilly ist Anbieter von Impfstoffen, Antiparasitika und Produkten im Bereich der Antibiotika für Schweine, Geflügel und Rinder und demnächst auch bei Wiesenhof! [Siehe: Demnächst XXL Hähnchen bei Wiesenhof und McDonald’s?]
Eine Reportage über den wahren Preis des Billiggeflügels
Nein, nicht preiswert, sondern billig und Billiges wird auch billig produziert. Es mag zurzeit billig sein, aber irgendwann zahlen Sie teuer für dieses billige Zeugs. Die Konzerne haben mittlerweile ihre eigene Pharmasparte, die kassieren nach dem Konsumieren.
Also zahlen Sie dreifach, einmal den Preis beim Discounter, dann die Subventionen, damit es BILLIG produziert werden kann und am Schluss bedienen Sie die Pharmaindustrie. Wollen Sie das wirklich?
Preiskampf – Was ist unser Essen wert?
Eine gerechte und umweltverträgliche Lebensmittelproduktion setzt bei den Produzenten und Konsumenten ein Umdenken voraus. Die Dokumentation nimmt in diesem Zusammenhang die Subventionsproblematik unter die Lupe. Ausgehend von konkreten Produkten zeigt sie die Auswirkungen EU-politischer Entscheidungen für den Verbraucher. Prädikat: sehenswert!
Die Dokumentation zeigt Mechanismen und Folgen der EU-Agrarsubventionen am Beispiel von Milchwirtschaft, Broterzeugung und Fischfang auf. Deutlich wird, warum Massenproduktion von Lebensmitteln so profitabel ist, aber auch, dass sie auf Kosten der Tiere und der Qualität geht, dass die ökologischen Probleme in der Landwirtschaft zunehmen und immer mehr Kleinbetriebe in den Ruin getrieben werden.
Die Verbraucher freut’s, das Personal kommt mit dem Anbringen der neuen Preisschilder nicht mehr nach. Permanent werden die Preise gesenkt. Doch zu welchem Preis?! Und das alles mit Exportsubventionen, auch Exporthilfe genannt. Das sind staatliche Leistungen für Warenexporte, um Waren auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu machen. Diese zerstören in den armen Ländern, die hauptsächlich Agrargesellschaften sind, die Landwirtschaft und damit deren Lebensgrundlage.
Nicht preiswert, sondern billig – billig auf Kosten Anderer!! Was ist unser Essen wert?!
Netzfrau Doro Schreier
Konzerne und ihre Verflechtungen – was Sie wissen sollten
Schweine für den Müllcontainer – Warum ist das Fleisch so billig und woher kommt es?
Das bittere Geschäft mit den Orangen
Bangladesch: Nähen bis in den Tod – Keine Entschädigung für Näherinnen
Wir haben es satt: Lebensmittel-Lügen der Lebensmittelindustrie
Mogelpackungen – „Schmutzige” Schokolade incl. – Nestlé hat Patent auf Kakao!