Wir wenden uns an Kanzlerin Merkel, Wirtschaftsminister Gabriel und Außenminister Steinmeier bezüglich der Menschenrechte.
Kaum jemand von uns würde sich wissentlich mit Mördern, Folterern oder Kriegstreibern zum Essen an einen Tisch setzen.
Unsere Politiker tun dies häufig, auf Staats- und somit auf unsere Kosten. Sie tun das, um zu verhandeln und Abkommen auszuarbeiten, die uns betreffen. Und sie tun es, um in unserem Namen Geschäfte zu tätigen – mit Nationen, denen Menschenrechte am Allerwertesten vorbeigehen.
Sollte es nicht im Interesse der Allgemeinheit liegen, die Welt ein Stückchen besser und menschlicher zu machen für uns, unsere Kinder und alle weiteren nachfolgenden Generationen?
Fordern wir unsere Politiker – hier vertreten durch Frau Merkel, Herrn Gabriel und Herrn Steinmeier – auf, endlich Verantwortung zu übernehmen…
Sehr geehrte Frau Merkel,
sehr geehrte Herren Gabriel und Steinmeier,
wir sind empört über Ihr politisches Gebaren und Ihre Gleichgültigkeit, die Sie augenscheinlich den Menschenrechten entgegenbringen.
Als die im Auftrag der deutschen Regierung Agierenden sollten Sie sich zukünftig mehr Gedanken darüber machen, mit welchen Ländern Handel getrieben wird und mit wem Abkommen getroffen werden – denn viele von Deutschlands Handelspartnern halten sich nicht an die Menschenrechte.
Jedes Jahr verkauft Deutschland für mehrere Milliarden Euro Waffen und Rüstungsgüter in alle Welt – mehr als jedes andere Land in Europa.
Die Emirate gelten als einer der weltweit größten Importeure von Rüstungsgütern. Deutschland zählt zu den wichtigsten Lieferanten. In den vergangenen Jahren wurden beispielsweise Fuchs-Spürpanzer und Minenjagdboote aus Deutschland in das arabische Land geliefert, das zwar nur fünf Millionen Einwohner hat, aber über die siebtgrößten Ölreserven der Welt verfügt.
Die Türkei ist nach den Vereinigten Staaten das Land mit der zweitgrößten Armee innerhalb der NATO. An den Grenzen zu Syrien und zum Irak sind zurzeit Tausende von Soldaten im Einsatz – unterstützt auch von der Bundeswehr, die in der Stadt Kahraman-Márasch Patriot-Abwehrraketen stationiert hat.
Welche Politik verfolgen Sie, Frau Merkel ? Denn ganz offensichtlich haben Sie ihrem türkischen Bündnispartner einen Blankoscheck ausgestellt bei seinem Krieg gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK. Die Folgen dieser Politik könnten grausam werden, nicht nur im Nordirak oder der Türkei, sondern auch hier in Deutschland.
Wie weit darf ein Mann gehen, den man einen „Verbündeten“ nennt, in dessen Land die Gewalt eskaliert, Gewalt, die auch auf unsere Straßen überspringen könnte, ein Mann, der verspricht, seine Kampfjets gegen den IS-Terror starten zu lassen; dessen Bomben jedoch seit Wochen ganz andere treffen.
Der brutale Krieg der Türkei gegen die Kurden hat vor zwanzig Jahren schon einmal zu blutigen Unruhen hier in Deutschland geführt. Sollten sich solche Bilder bald wiederholen, dann sind Sie, Frau Bundeskanzlerin, dafür mitverantwortlich. Solange jedenfalls, solange Sie den türkischen Ministerpräsidenten einfach gewähren lassen. Lesen Sie dazu auch unseren Beitrag: Erdogans Krieg und Merkels Schweigen
Sie, Herr Gabriel. waren kurz nach dem Atomabkommen mit dem Iran der erste Spitzenpolitiker aus dem Westen, der zusammen mit Vertretern der deutschen Wirtschaft in das Land reiste. Ob nun Saudi-Arabien, Iran oder andere Länder, in denen keine Menschenrechte existieren, geht es nur um wirtschaftliche Beziehungen, so auch im März 2015 in Katar. Sie haben bei Ihrem Besuch in Katar für einen fairen Umgang mit dem Land plädiert und nahmen Katar auch noch in Schutz. Haben Sie nicht die 10 000 Gastarbeiter gesehen, die unter oft unwürdigen Bedingungen schuften – viele davon auf den Großbaustellen für die ohnehin umstrittene Fußball-WM 2022?
In vielen anderen Ländern wie dem Iran wird nach wie vor die Todesstrafe praktiziert – sogar in Notwehrfällen, wie auch beim Urteil gegen Reyhaneh Jabbari. Sie wurde am 25. Oktober 2014 in Iran gehängt.
Sie, Herr Außenminister Steinmeier, warben 2014 für das Boomland Angola. Auch Sie reisen immer wieder mit einer Delegation von Unternehmern von einem Land ins nächste – und auch hier werfen wir Ihnen vor, dass Ihnen wirtschaftliche Interessen wichtiger sind als die Menschenrechte. Beispiel Angola: Gold, Diamanten, Erdgas und Erdöl, ja, Angola verfügt über immense Bodenschätze. Sie haben sich zusammen mit Unternehmern nun selbst ein Bild davon machen können. Sie wollen die Wirtschaft vorantreiben – zum Nutzen Deutschlands. Das haben auch Sie, Frau Merkel, bei Ihrem Besuch in 2011 gewollt und sogar Rüstungsgüter versprochen.
Angola, ein Beispiel für Rüstungsgüter gegen Rohstoffe – Entwicklungshilfe: bewaffnet für die Menschenrechte
„Armut ist ebenso wenig naturgegeben wie Sklaverei und Apartheid“, sagt der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela. „Sie ist von Menschen gemacht und kann von Menschen überwunden werden.“
Angola ist einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschlands in Afrika. Deutsche Unternehmen sind u.a. im Bereich der Infrastruktur ebenso engagiert wie in der Landwirtschaft. Die Bundesregierung unterstützt die wirtschaftliche Entwicklung Angolas auch mit Rüstungsgütern. Dass die Menschen immer noch hungern und nicht von dem Boom Angolas profitieren, darauf machen Sie nicht aufmerksam. Lesen Sie dazu: Rüstungsgüter gegen Rohstoffe- besichert durch Steuergelder
In Spanien wurden Flüchtlinge erschlagen – unter den Augen der spanischen Polizei! Seit mehreren Wochen herrschen auf Kos chaotische Zustände. Täglich erreichen mehrere hundert Flüchtlinge von der nahe gelegenen Türkei den Hafen – Seit Monaten versuchen Tausende Flüchtlinge, über den Eurotunnel von Frankreich nach Großbritannien zu gelangen. Österreich verletzt fast alle Menschenrechtskonventionen, kranke Flüchtlinge bleiben unversorgt, Frauen müssen sich vor Männern nackt ausziehen, Minderjährige leben ohne Betreuungsperson.
Der Friedensnobelpreisträger Europa will die Flüchtlinge nicht – nirgends wird das klarer als in Calais. Dort ist Leben für die Flüchtlinge unerträglich geworden – und Hilfe scheint nicht in Sicht – im Gegenteil – die Flüchtlingspolitik versagt in ganz Europa. Nun wird die Flüchtlingshilfe outgesourced – an die Schweizer ORS. Diese ist vor allem eine gewinnorientierte Aktiengesellschaft. Und was machen Sie? Wie immer SCHWEIGEN – oder besser gesagt AUSSITZEN. Auch dazu haben wir für Sie einen Bericht geschrieben: Eine Schande! Friedensnobelpreisträger EU mit Schlagstöcken und Tränengas gegen Flüchtlinge
Insbesondere in der Außenwirtschaftspolitik wie beispielsweise bei der Genehmigung von Rüstungsexporten in Länder, die Menschenrechte massiv verletzen, werden Werte den Wirtschaftsinteressen geopfert. [Auszug aus dem Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2013 pdf]
- Der Anstieg der Exporte in Drittländer ist mit einem Anteil von 62% so hoch ist wie nie zuvor.
- Unter den Top 20 Empfängerländern bei den Genehmigungen sind 9 Drittländer, darunter Saudi-Arabien, Algerien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Indonesien.
- Bei den Genehmigungen von Munition für Kleinwaffen ist die Bundesregierung noch gewissenloser geworden und genehmigte fast dreimal so viel wie im Vorjahr (2013: 52,51 Millionen Euro, 2012: 18,04 Millionen Euro). Der beste Kunde bei Munitionskäufen für Kleinwaffen waren die Vereinigten Arabischen Emirate. Die Bundesregierung genehmigte die Ausfuhr von 1 Million Stück Gewehrmunition, rund 19 000 Stück für Maschinenpistolen sowie 8,17 Millionen Stück Teile für Gewehrmunition im Gesamtwert von 1,3 Millionen Euro.
Hervorhebung weiterer Exportgenehmigungen
- Für Algerien wurden Genehmigungen im Wert von 825,73 Millionen erteilt. Der hohe Wert erklärt sich aus dem Aufbau einer Lizenzproduktion von Fuchs-Transportpanzern und weiterer Fahrzeuge.
- Ägypten konnte im Jahr 2013 Rüstungsgüter im Wert von 13,92 Millionen aus Deutschland beziehen. „Teile für gepanzerte Fahrzeuge” hatten am Genehmigungswert einen Anteil von 27%. Ägypten stellt den Radpanzer Fahd her, der auf deutschen Entwicklungen beruht und für dessen Produktionen deutsche Unternehmen seit vielen Jahren Komponenten liefern.
- Für die Ukraine wurden Genehmigungen im Wert von 4,82 Millionen Euro genehmigt. Hier handelt es sich vor allem um Handfeuerwaffen, auf die rund 62% des Genehmigungswertes entfielen. Der Rest entfiel auf Geländewagen mit Sonderschutz sowie Teile für ballistischen Schutz.
- Der Wert der Genehmigungen für Russland beträgt 38.2 Mio €, rund 42% entfallen auf Handfeuerwaffen, rund 26% auf die Kategorie Raupenfahrzeuge, Geländewagen mit Sonderschutz etc.
Und noch immer werden Rüstungsgüter besichert mit Steuergeldern.
Wir fordern Sie auf, dass Menschenrechte bei Rüstungsexportgenehmigungen verbindlich und vorrangig berücksichtigt werden müssen. Rüstungstransfers dürfen nicht stattfinden, wenn ein offenkundiges Risiko besteht, dass diese in den Empfängerländern zu schweren Menschenrechtsverletzungen oder zum Bruch humanitären Völkerrechts beitragen.
Der Albtraum Folter ist Realität für unzählige Menschen weltweit. Amnesty hat in den letzten fünf Jahren festgestellt, dass in 141 Ländern gefoltert und misshandelt wurde. Selbst in den USA, mit denen in Kürze das Freihandelsabkommen getroffen werden soll, sind Folter und Todesstrafe keine Seltenheit, wie ein Senatsbericht enthüllt. Zu der CIA-Folter zählten Schlafentzug, Stresspositionen, Gefangenschaft in Kisten und Waterboarding – simuliertes Ertränken. Weitere Details werden erwartet, unter anderem über Todesfälle unter Gefangenen, berichtete der Sender CNN unter Berufung auf Regierungsbeamte.
Und auch dort ist die Schuld der Angeklagten nicht immer zweifelsfrei erwiesen, wie der Fall von Claudia Medina beweist.
Ihre Gehälter fallen nicht vom Himmel – sie werden von unseren Steuergeldern gezahlt! Werden wir gefragt, ob wir mit unseren Geldern Terror, Folter, Morde oder Kindesmissbrauch finanzieren möchten? Verhalten Sie sich wenigstens so anständig, wie sich die Mehrheit von uns verhalten würde. Zeigen Sie Respekt und Achtung vor der menschlichen Würde, dem menschlichen Leben und lächeln Sie nicht jene an, die diese mit Füßen treten!
Wer schweigt, ist mit Schuld!
Wir fordern Sie auf: Nutzen Sie Ihren Einfluss! Stellen Sie Bedingungen an Ihre Geschäftspartner! Zeigen Sie, dass Sie Menschenrechtsverletzungen nicht tolerieren!
Die Netzfrauen
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