Beschämend – Thüringer SPD-Chef Bausewein fordert eine Aussetzung der Schulpflicht bei Kindern von Asylbewerbern

OberbürgermeisterKinder sind Menschenrechtsträger, ihr Recht auf Bildung kann nicht mit Verweis auf Status der Eltern beschnitten werden!

Bausewein schreibt: „Basierend auf den Erfahrungen der letzten Wochen und Monate und angesichts der Tatsache, dass die Stimmung innerhalb der Bevölkerung zu kippen droht und ich kein weiteres ,Heidenau‘ – weder in Erfurt noch in einer anderen Stadt – haben möchte, sehe ich mich veranlasst, Ihnen als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Erfurt diesen Brief zu schreiben.“

Der Thüringer SPD-Chef und Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein will die Schulpflicht für Kinder von Asylbewerbern aussetzen lassen. Das solle solange gelten, bis deren Aufenthaltsstatus geklärt sei, schreibt Bausewein in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke). Diese Regelung müsse zumindest bei Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern gelten.

Wer ein zweites Heidenau verhindern will, sollte bei den Tätern ansetzen, nicht bei den Opfern.

„Ich glaube, es ist nicht schädlich, ein Buch zu lesen. Bücher lesen ist gut für Kinder, Erwachsene, Großeltern, für jedermann in jedem Alter. Man kann nie genug wissen und das muss gepflegt werden. Die Menschen müssen fürs Lesen begeistert werden, dann lesen sie auch. Es gibt zu viele Kinder, die nicht lesen können, das müssen wir ändern. Sind die Kinder mit Lesen beschäftigt, stellen sie nichts Dummes an. Schauen Sie sich die Kinder an, sie verplempern die Zeit, langweilen sich und reden nur noch bla, bla, bla. Ein gutes Buch kann da schon Wunder bewirken“, so Philani Dladla. Er ist 24 Jahre alt, lebt in Johannisburg, Südafrika, war drogenabhängig, hat alles verloren und war obdachlos. Erst gerade haben wir seine unglaubliche Geschichte veröffentlicht. Lesen Sie hier seine Geschichte: What an amazing guy! The Pavement Bookworm – Der Bücherwurm vom Bürgersteig

 Bücher im Kampf gegen Armut, Gewalt und Drogen. Bücher für eine bessere Welt.

Was hat sich Bausewein dabei gedacht? Das Mindeste, was wir den Kindern hier in diesem Land bieten können, ist Bildung.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef zeigte sich am Dienstag alarmiert über Bauseweins Brief und verwies auf die UN-Konvention über die Rechte des Kindes, die den Ausschluß von Kindern aus der Schule und von Bildung verbietet. Auch Deutschland hat sie 1992 ratifiziert. Schulpflicht besteht zudem in Deutschland für alle 6- bis 16-Jährigen, sie bekam in Deutschlands erster demokratischer Verfassung, der von Weimar 1919 sogar Verfassungsrang. Wegen der Kulturhoheit der Länder gibt es freilich Unterschiede im Detail. Einen Sonderstatus für nichtdeutsche Kinder gibt es nicht. Beziehungsweise: Es gibt ihn nicht mehr. Bis in die 60er Jahre hinein waren ausländische Kinder ausgenommen, noch bis in dieses Jahrhundert hinein hatten die Söhne und Töchter von Asylbewerbern in einigen Bundesländern zwar das Recht auf den Schulbesuch, aber keine Pflicht dazu – also etwa der Zustand, zu dem Bausewein jetzt zurück möchte.

Doch Bausewein bekommt heftige Kritik auch aus den eigenen Reihen – und das ist gut so.

Aus dem Norden kommt heftige Kritik an Thüringens SPD-Chef Bausewein. Der will die Schulpflicht für Asylbewerber aussetzen.

Die Schulpflicht bleibt im Norden unantastbar und gilt auch für die Kinder von Asylbewerbern. „In Schleswig-Holstein stellen wir uns der Herausforderung. Wir haben keine Veränderungen geplant“, sagte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) am Mittwoch dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag . „Lehrkräfte in den Erstaufnahmeeinrichtungen kümmern sich um den möglichst frühen Spracherwerb von jungen Flüchtlingen und bereiten sie auf den Schulbesuch vor“, so die Ministerin weiter.

Ernst betont im Gegensatz zu ihrem Parteilkollegen aus Thüringen: „Wir sind in diesem Jahr von deutlich gestiegen Flüchtlingszahlen ausgegangen und sind zum Schuljahresbeginn sehr gut aufgestellt.“ Mit zusätzlichen Bundesmitteln für Flüchtlinge seien 240 Lehrerstellen an den allgemeinbildenden Schulen geschaffen worden. „Sonst könnten wird unser vorrangiges Ziel, die Unterrichtsversorgung für alle zu verbessern, nicht erreichen.“

In Schleswig-Holstein werden in etwa 6000 Kinder unter anderem aus Syrien, Afghanistan, Eritrea oder Serbien ab kommender Woche die Schulbank drücken.

Ein Kommentar von Holger Loose:

Von wegen Willkommenskultur: Thüringens SPD-Chef Andreas Bausewein fordert, Kinder von Asylbewerbern von der Schulpflicht zu befreien –  und erntet völlig zu Recht schärfste Kritik auch aus den eigenen Reihen. Die öffentliche Forderung klingt nicht nur aberwitzig, sie ist es auch. Zustimmung bekommt Bausewein dafür in erster Linie aus Kreisen, mit denen ein aufrechter Sozialdemokrat eigentlich nichts zu tun haben möchte.

Es ist gut möglich, dass Bausewein, zugleich Erfurts Oberbürgermeister, mit seinem offenen Brief an die Bundeskanzlerin eigentlich nur notwendige Veränderungen in der Asylpolitik anmahnen und seiner Forderung nach einem Einwanderungsgesetz Nachdruck verleihen wollte. In Sachen Schulpflicht hat er sich aber eindeutig vergaloppiert. In Deutschland gibt es ein Recht auf Bildung. Das kann und muss selbstverständlich für alle gelten – auch und gerade für Kinder von Asylbewerbern. Wir sprechen doch immer von schnellstmöglicher Integration. Da können wir doch nicht einfach die Schulen für die Kinder dicht machen, für die das Erlernen gerade der deutschen Sprache so eminent wichtig ist.

In einem Punkt mag der SPD-Mann aus Erfurt Recht haben. Die höheren Schülerzahlen werden die Schulen überall im Land vor neue Herausforderungen stellen. Deshalb ist der Ruf der Gewerkschaften nach mehr Geld für mehr  Lehrerstellen auch nachvollziehbar. Schleswig-Holsteins Landesregierung hat hier schon nachgebessert. Die Zahl der Lehrer in den Erstaufnahmestellen wird bis zum Jahresende auf 30 ansteigen. Die Volkshochschulen erhalten zusätzliches Geld für Lehrausbildung. Ob das am Ende ausreichen wird, kann noch niemand sagen. Fest steht aber, dass das Recht auf Bildung auch für junge Asylbewerber weder am Geld und schon gar nicht am Veto von Populisten scheitern darf.

Wir haben diesen Kommentar für Sie veröffentlicht, da wir auch der Ansicht sind, dass das Recht auf Bildung auch für junge Asylbewerber ein einem Land wie Deutschland, mit der „schwarzen Null“ nicht scheitern darf.

„Bildung ist die mächtigste Waffe, um die Welt zu verändern.“ Mandela

Der offene Brief von Erfurts Oberbürgermeister im Wortlaut:

„Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

die Zahl der Flüchtlinge, die in Deutschland Asyl beantragen, ist steigend. Die Prognosen werden in immer kürzeren Abständen nach oben korrigiert. Wie lange dieser Zustand anhalten wird, ist nicht in Sicht. Die Unterbringung und Versorgung dieser Menschen ist eine Aufgabe, der wir uns nicht nur aus moralischen Gründen stellen müssen, sondern für die ein effizientes Regelwerk initiiert werden muss. Die zunehmende Anzahl der aufzunehmenden Flüchtlinge stellt eine außerordentliche Belastung insbesondere für die aufnehmenden Kommunen dar. Fest steht: Wir stoßen mit dieser Aufgabe nicht nur an unsere Grenzen, wir haben sie bereits überschritten. Basierend auf den Erfahrungen der letzten Wochen und Monate und angesichts der Tatsache, dass die Stimmung innerhalb der Bevölkerung zu kippen droht und ich kein weiteres „Heidenau“ – weder in Erfurt noch in einer anderen Stadt – haben möchte, sehe ich mich veranlasst, Ihnen als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Erfurt diesen Brief zu schreiben und folgende Forderungen zu formulieren: Überarbeitung der Liste sicherer Herkunftsländer und keine Verteilung auf die Kommunen. Die bestehende Liste der sog. sicheren Herkunftsländer muss dringend überarbeitet und den aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Asylsuchende, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit als ausreisepflichtig festgestellt werden, sollten bestenfalls in einem beschleunigten Verfahren das Land verlassen müssen und nicht erst auf die kommunalen Aufnahmestellen verteilt werden. Zügige Ausreise unmittelbar ausreisepflichtiger und abgelehnter Asylbewerber. Die Ausreise von Asylbewerbern, die nicht als Flüchtlinge anerkannt werden, deren Asylgesuch abgelehnt wird und die keinen Anspruch auf Duldung haben, sollte konsequent erfolgen und wenn nötig mittels Abschiebung umgesetzt werden. Die vorhandenen Unterkünfte sind vielerorts überfüllt, neue werden eröffnet.

Zu den aktuell 19 Gemeinschaftsunterkünften (GU) der Landeshauptstadt Erfurt kommen bis Ende dieses Jahres weitere sechs GUs mit einer Gesamtkapazität von knapp 1.000 Plätzen hinzu. Wir wissen bereits heute, dass diese perspektivisch nicht ausreichen werden. Eine konsequente Rückführung der unmittelbar ausreisepflichtigen Bewohner würde hier für etwas Entspannung sorgen – sowohl innerhalb der Einrichtungen als auch in Bezug auf die damit verbundenen Kosten. Änderung der Gesetzlichkeit zur Schulpflicht: Aussetzen der Schulpflicht bis zur Feststellung des Aufenthaltsstatus der Kinder/Familien und keine Schulpflicht bei laufenden Verfahren, jedenfalls für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern. Nach aktuell geltendem Recht werden alle schulpflichtigen Kinder zwischen 6 und 16 Jahren nach dreimonatigem Aufenthalt in Deutschland eingeschult. In den speziell geschaffenen Sprachklassen herrscht ein ständiger Wechsel, wenn Kinder ausreisen. Die Zahl der schulpflichtigen Kinder ohne Aufenthaltsstatus ist sehr hoch. Die Kapazitäten der Schulen sind ausgereizt. Die wenigen zur Verfügung stehenden Räume, die bisher nicht in der Nutzung waren, müssen bauseitig hergerichtet werden. Die Kosten (ca. 6.000 Euro pro Raum) werden vom Schulträger getragen. Bei gleichbleibend hohen Flüchtlingszahlen muss über den Bau von zusätzlichen Schulen nachgedacht werden, um alle schulpflichtigen Kinder beschulen zu können. Hinzu kommen folgende, insbesondere an den Freistaat Thüringen gerichtete Forderungen:

  • Anerkennung des von der Kommune als notwendig festgestellten Bewachungsumfangs und vollumfängliche Erstattung der daraus entstehenden Kosten. Die Vorkommnisse in Suhl haben gezeigt, dass die von vielen Kommunen geforderte Anerkennung des 24-Stunden-Wachdienstes unumgänglich ist. Allein in Erfurt läuft in diesem Jahr ein Minus von mindestens 600.000 Euro auf, da der Freistaat die vor Ort festgestellt Notwendigkeit nicht anerkennt und die Bewachungskosten nur zum Teil erstattet.
  • Anhebung der Unterkunftspauschale von derzeit 206,00 Euro auf mindestens 245,00 Euro, alternativ Erstattung der tatsächlichen Kosten. Die angespannte Unterbringungssituation hat zu einer enormen Kostensteigerung bei der Anmietung von Unterkünften oder der Beschaffung zugehöriger Dienstleistungen geführt.
  • Anhebung der Betreuungspauschale von derzeit 31,00 Euro auf mindestens 45,00 Euro pro Flüchtling und Monat.
  • Ausweitung der Investitionspauschale auf Einzelunterkünfte.
  • Bei der Beschulung von Flüchtlingskindern mit keinen oder wenigen Deutschkenntnissen sollten diese Kinder bei der Zahlung des Schullastenausgleiches wie Kinder mit Förderbedarfen behandelt werden, damit der Schulträger die zusätzlichen Kosten für die Ausstattung der Räume erstattet bekommt. Sollte dies nicht möglich sein, sollten die Kommunen ein zusätzliches Budget für die Mehrkosten, die bei der Beschulung von Flüchtlingskindern entstehen, erhalten.
  • Der Freistaat Thüringen sollte Gelder für die Finanzierung von Dolmetschern/Integrationshelfern zur Verfügung stellen, damit die Kommunikation mit den Schülern und Familien gelingen kann.
  • Mit der für Oktober erwarteten Novellierung des SGB VIII zum Thema UMA/UMF und dem avisierten Inkrafttreten ab dem 01.01.2016 bedarf es dringend und sehr zeitnah einer darauf bezogenen Landesgesetzgebung und entsprechender Durchführungsverordnungen/Förderrichtlinien. Insbesondere die Frage der Refinanzierung der Mehraufwendungen für die Kommunen im Bereich Personal- und Sachkosten bedarf einer verbindlichen Regelung.
  • Das Verwaltungsverfahren bei der Abrechnung von Krankheitskosten, insbesondere zur Nachweisführung der Notwendigkeit von Behandlungen durch die Kommune wird entbürokratisiert.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

die vorgetragenen Forderungen ließen sich sicher noch erweitern. Ich bin froh, dass in der Landeshauptstadt Erfurt aktuell eine vorbildliche Willkommenskultur gelebt wird und dass Seitens der Verwaltung und der freien Träger alles getan wird, um der Lage Herr zu werden und den Flüchtlingen ein größtmögliches Maß an Würde und Privatsphäre zu gewährleisten. Aber – das ist kein Erfurter Phänomen – die personellen und finanziellen Ressourcen sind stark belastet und ich befürchte, dass die Stimmung innerhalb der Bevölkerung kippen wird, wenn nicht endlich modifizierte Regelungen auf Bundesebene getroffen werden, die die Aufnahme von Flüchtlingen ordnen. Das Recht auf Asyl ist ein hohes und schützenswertes Gut. Aber Asylrecht ist nicht gleichzusetzen mit Zuwanderungsrecht. Es bedarf dringend einer Klärung, wie wir mit den Asylbewerbern verfahren, die ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland einreisen. Ich fordere daher ein zeitgemäßes Einwanderungsgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Da auch der Strom der Kriegsflüchtlinge nicht abreißen wird, ist es umso wichtiger, die Kräfte für diejenigen Menschen zu bündeln, die aus größter Not heraus und in Sorge um Leib und Leben ihrer Heimat den Rücken kehren und sich zur Flucht entscheiden. Ich bitte Sie, im Interesse der Kommunen Deutschlands und der Menschen vor Ort zu handeln – auch, weil es letztlich denen zugutekommt, die unsere Hilfe benötigen.

Mit freundlichen Grüßen, Andreas Bausewein“ Quelle

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