Aus keinem anderen europäischen Land kamen im ersten Halbjahr 2015 so viele Flüchtlinge wie aus dem Kosovo. Bittere Armut, Arbeits- und Perspektivlosigkeit treiben die Menschen aus ihrer Heimat. Dabei hatte Deutschland sogar Krieg geführt, um die Situation der Kosovo-Albaner zu verbessern und versprach den Kosovaren Wohlstand und Frieden.
Doch stattdessen: Korrupte Regime, versickerte Hilfsgelder, verfehlte Entwicklungspolitik – 16 Jahre nach dem Kampfeinsatz der NATO geht es dem Großteil der Kosovaren heute wesentlich schlechter als zuvor.
Opfer falscher Versprechen von kriminellen Schleuserbanden
Ein Familienvater, der mit seiner Frau und zwei Kindern aus dem Kosovo nach Dortmund kam berichtete dem WDR, dass er 1300 Euro für die Reise gezahlt habe. 200 Euro davon habe er an einen Serben gezahlt, der ihnen half, den kritischsten Punkt der Reise, die Grenze zwischen Serbien und Ungarn, also in die EU, zu überwinden. Einige Flüchtlinge gehen davon aus, dass es mehrere Monate bis zu einem Jahr dauern könne, bis eine Ablehnung und Rückführung erfolgt. Die Ablehnung ist sehr wahrscheinlich. Im letzten Jahr lag nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Quote der Asyl-Anerkennungen für den Westbalkan zwischen 0,0 und 0,3 Prozent.
Seit Jahren fliehen die Menschen aus dem Kosovo in Richtung Westen. Ihr Ziel: Ungarn, Österreich oder Deutschland. Sie verlassen ein Land, in dem bittere Armut herrscht und dessen Status bis heute ungeklärt ist. Denn obwohl der Kosovo-Krieg seit 16 Jahren als beendet gilt, hat die Region ihren Platz in der europäischen Welt noch nicht gefunden. Länder wie Serbien blockieren die Entwicklung des Kosovo, indem sie dessen Unabhängigkeit nicht anerkennen. Die Wirtschaft liegt brach. Viele Menschen sind arbeitslos.
Kaum Chancen in Europa
Kosovos Unabhängigkeitserklärung von Serbien am 17. Februar 2008 hatten die Bewohner noch mit ausgelassene Freudenfeiern begleitet. Seitdem hat es auch keine neuen blutigen Konflikte und Vertreibungen gegeben, die befürchtet worden waren. Doch am tristen Alltag hat sich wenig geändert. Ein Drittel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze. Die Arbeitslosenrate wird auf mindestens 45 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit auf 75 Prozent geschätzt.
Kosovo-Flüchtlinge – Deutschlands Versagen auf dem Balkan
Georg Restle: „Erstaunlich an der ganzen Flüchtlingsdebatte ist auch, dass über die Fluchtursachen eher selten gesprochen wird. Und fast gar nicht darüber, welchen Anteil die deutsche und europäische Politik daran hat, dass Millionen Menschen weltweit aus ihren Ländern fliehen. Vor allem auch aus Ländern, in denen Deutschland und die NATO Kriege geführt haben. Vor diesem Hintergrund grenzt es fast schon an Zynismus, dass diese Bundesregierung Flüchtlinge aus dem Kosovo jetzt so schnell wie möglich abschieben will. In ein Land, dem deutsche Regierungen nach dem Krieg immer wieder Frieden und Wohlstand versprochen haben. Nikolaus Steiner und Andrea Miosga haben eine Familie begleitet, die letzte Woche in den Kosovo abgeschoben wurde. Und Menschen getroffen, die von Deutschland bitter enttäuscht sind.“
Hier endet der Traum vieler Flüchtlinge. Der Flughafen von Kosovos Hauptstadt Priština. Fast täglich landen hier Abschiebeflieger aus Deutschland. Gerade ist Familie Murtezi aus Düsseldorf angekommen. Sie sind erschöpft, aber bereit, uns nach Hause mitzunehmen. In ein Zuhause, in das sie nie wieder zurück wollten. Vor zwanzig Jahren herrschte in der Region noch ein Bürgerkrieg. Die Spuren sind an vielen Häusern auch heute noch zu sehen.
Georg Restle: „So sieht also ein künftiges sicheres Herkunftsland aus. Vielleicht sollten wir uns klar machen, dass Sicherheit voraussetzt, dass man überhaupt eine Lebensgrundlage hat.“
Netzfrauen
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