Das Strafmaß für eine iranische Künstlerin könnte erhöht werden, weil sie ihrem Anwalt die Hand gab
Diese Geste führte für Atena Farghadani zu neuen Anklagen, unter anderem wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses“
Die iranische Künstlerin Atena Farghadani, die in diesem Jahr zu 12 Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt wurde, weil sie die iranische Regierung kritisierte, muss sich laut Amnesty International weiteren Anschuldigungen stellen.
Farghadani wurde im August letzten Jahres dafür verhaftet, einen Cartoon gezeichnet zu haben, der Mitglieder des Parlaments karikierte. Im Juni wurde sie von einem Teheraner Gericht neben anderen Vorwürfen der „Propaganda gegen das System“ und „des Anfertigens beleidigender Zeichnungen von Parlamentsmitgliedern“ für schuldig befunden.
Sie bildete die iranischen Parlamentarier als Affen und Ziegen ab, um gegen die Vorlage zweier Gesetzesentwürfe zu protestieren, einer, der die freiwillige Sterilisation gesetzlich verbietet und ein anderer, der den Zugang zu empfängnisverhütenden Mitteln einschränken will.
Aber sie könnte noch ein höheres Strafmaß erwarten. Amnesty sagt dazu in einer Stellungnahme: „Atenas Anwalt, Mohammad Moghimi, besuchte sie nach dem Prozeß im Gefängnis und gab ihr die Hand. Dieser Händedruck führte zu Vorwürfen wegen „illegitimer sexueller Beziehungen vergleichbar mit Ehebruch“ und „Erregung öffentlichen Ärgernisses“, die gegen beide, Atena und Moghimi erhoben werden und zu gegebener Zeit zur Anklage gebracht werden sollen.
Weiter führt Amnesty aus: „Iran hat sich als Unterzeichner des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte dazu verpflichtet, die Redefreiheit zu schützen, künstlerische Arbeit eingeschlossen.“ Die iranische Botschaft in London lehnte einen Kommentar zu dem Fall ab. (Iranian artist could see sentence extended after shaking lawyer’s hand)
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Atena Farghadani wurde das erste Mal am 23. August 2014 in ihrem Haus in Teheran festgenommen, nachdem sie von einem Krankenhausbesuch zurückkam, den sie wegen einer Handverletzung gemacht hatte. Danach hielt man sie fast zwei Monate lang in Trakt 2A des Evin-Gefängnisses fest, das unter der Kontrolle der Revolutionsgarde steht. Während ihrer Inhaftierung befand sie sich 15 Tage in Einzelhaft und hatte keinen Zugang zu ihrer Familie oder zu einem Rechtsbeistand. Am 6. November 2014 wurde sie gegen Zahlung einer Kaution freigelassen. In einem Interview im Dezember sagte sie, dass sie während der ersten eineinhalb Monate ihrer Haft täglich neun Stunden lang verhört worden sei.
Am 10. Januar wurde Atena Farghadani erneut inhaftiert. Ihre Festnahme erfolgte nach der Vorladung eines Revolutionsgerichts, möglicherweise als Vergeltungsmaßnahme für ein Video, das sie nach ihrer Haftentlassung veröffentlicht und in dem sie erklärt hatte, wie Gefängnisaufseherinnen sie geschlagen und erniedrigenden Leibesvisitationen unterzogen sowie anderen Misshandlungen ausgesetzt hatten. Ihre Eltern gaben in Interviews an, dass Atena Farghadani vor ihrer Überführung ins Gharchak-Gefängnis noch im Gerichtssaal geschlagen wurde. Im Gharchak-Gefängnis in der Stadt Varamin gibt es keinen Trakt für politische Gefangene und die Haftbedingungen sind äußerst schlecht.
Atena Farghadani trat am 9. Februar in den Hungerstreik und nahm fortan nur noch Wasser zu sich, um gegen die Fortdauer ihrer Haft im Gharchak-Gefängnis in der Stadt Varamin zu protestieren. Angaben zufolge erlitt Atena Farghadani am 25. Februar als Folge ihres Hungerstreiks einen Herzinfarkt und verlor kurzzeitig das Bewusstsein. Am 26. Februar wurde Atena Farghadani in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses gebracht und beendete ihren Hungerstreik. Am 3. März wurde sie von dem Krankenhaus in den Trakt 2A des Evin-Gefängnisses verlegt. Dort wurde sie weitere elf Wochen in Einzelhaft festgehalten. Seit der Verkündung ihres Urteils am 1. Juni befindet sich Atena Farghadani nun in einer Gemeinschaftszelle des Evin-Gefängnisses.
Am 28. Dezember 2014 veröffentlichte Atena Farghadani ein Video auf YouTube, in dem sie beschreibt, wie sie in der Haft misshandelt wurde. Sie erzählt, dass sie die Pappbecher, in denen ihr Milch zu trinken gegeben wurde, flachgedrückt und die Pappe zum Malen benutzt hatte. Nachdem die Gefängnisaufseher_innen herausgefunden hatten, dass sie die Becher zum Malen benutzt, konfiszierten sie ihre Werke und enthielten ihr weitere Pappbecher vor. So versteckte sie dann am 17. Oktober einige Pappbecher in ihrer Kleidung, die sie in den Waschräumen gefunden hatte und brachte sie in ihre Zelle. In der Videobotschaft gibt sie an, dass daraufhin Gefängnisaufseherinnen in ihre Zelle kamen und sie aufforderten, sich zu entkleiden, um eine Leibesvisitation durchführen zu können. Hierbei fluchten sie und gaben beleidigende Äußerungen von sich. Als sie die Untersuchung verweigerte, wurde sie geschlagen und trug eine Prellung am Handgelenk und Schrammen auf der Brust davon. Atena Farghadani gab an, dass die Gefängnisaufseher_innen von den Pappbechern erfahren hatten, weil in den Waschräumen und in den Toiletten Kameras installiert waren. Die Vollzugsbeamt_innen hatten den Gefangenen zuvor offenbar erklärt, dass die Kameras nicht in Betrieb seien.
Artikel 9 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), dessen Vertragsstaat der Iran ist, sieht vor, dass niemand willkürlich festgenommen oder inhaftiert werden darf. Eine Inhaftierung wird als willkürlich angesehen, wenn einer Person die Freiheit entzogen wird, weil sie die Rechte und Freiheiten ausgeübt hat, die ihr im IPbpR garantiert werden. Eine Inhaftierung kann auch dann als willkürlich betrachtet werden, wenn dem Gefangenen das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, einschließlich des Rechts auf einen Rechtsbeistand, vorenthalten wird, wenn er nicht unverzüglich einem Haftrichter vorgeführt wird, die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung nicht prüfen lassen kann und wenn ihm keine angemessene Zeit und Örtlichkeit zur Vorbereitung seiner Verteidigung zur Verfügung gestellt wird. Der Gefangene ist aus der Untersuchungshaft zu entlassen und ihm steht Schadensersatz zu, wenn er unrechtmäßig in Haft gehalten wird.
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FREE ATENA, IMPRISONED FOR DRAWING CARTOONS IN IRAN
On 1 June, Atena Farghadani, a 29-year-old painter and activist, was sentenced to 12 years and nine months in prison simply because she was seen to be critical of the Iranian regime in her art and in her peaceful activism.
Atena had used her right to freedom of expression to show her dissent at a new government Bill in a cartoon she’d drawn; she associated with the families of political prisoners; she posted anti-government messages on Facebook.
Atena’s peaceful activism led to her arrest in August 2014, a period of detention and release before being rearrested in November.
In June 2015, she was prosecuted by the Iranian state and found guilty of charges including:
- Gathering and colluding against national security
- Insulting members of parliament through paintings
- Spreading propaganda against the system
- Insulting the President and insulting the Supreme Leader.
Atena’s trial lasted just half a day. The ‘evidence’ against her relied on Atena’s answers under long stretches of interrogation, while she was held in solitary confinement without access to a lawyer or her family.
Atena is now imprisoned for 12 years and nine months, simply for being seen to be critical of the authorities.
Now facing adultery charges for shaking hands with her lawyer
Atena’s lawyer, Mohammad Moghimi, visited Atena in prison after her trial and shook her hand. The handshake led to charges of ‚illegitimate sexual relationship short of adultery‘ and ‚indecent conduct‘ being brought against both Atena and her lawyer, Mohammad Moghimi, who will be tried for those charges in due course.
Mohammad was arrested on 13 June for shaking Atena’s hand, and released three days later after he’d paid a bail amounting to around $60,000. Both Mohammad and Atena will be tried for indecent conduct and illegitimate sexual relationship for shaking hands in prison.
Prisoner of conscience
„Atena has effectively been punished for her cartoons with a sentence that is itself a gross caricature of justice. No one should be in jail for their art or peaceful activism“
Hassiba Hadj Sahraoui, Amnesty Deputy Director, Middle East and North Africa
Atena is a prisoner of conscience – she has committed no real crime. She is being unfairly punished simply for exercising her right to free speech, association and assembly.
Iran has pledged to protect free speech, including through artistic activities, as a signatory of the International Covenant on Civil and Political Rights.
Please sign the petition and call on Iran’s Supreme Leader and the Head of the Iranian Judiciary to release Atena immediately.
Beaten in detention, punished for speaking out
Last August, 12 members of the Revolutionary Guards came to Atena’s house. They confiscated her personal belongings, blindfolded her and took her to Tehran’s notorious Evin Prison.
Atena was released in November last year, but rearrested just six weeks later. In the time that she was released, she gave media interviews and posted a video on youtube describing how the prison guards had interrogated her for 9 hours every day for six weeks. She said that female prison guards had beaten her and subjected her to degrading body searches.
Just weeks after posting her youtube video, Atena was once again arrested – possibly as reprisal for speaking out.
Hunger strike in protest at prison conditions
Atena was kept in solitary confinement for over two weeks when she was detained last year in Tehran’s notorious Evin prison. During that time she was denied access to her lawyer or family. After her release from detention, she said that she’d been beaten by prison guards.
Three weeks after she was rearrested in January this year, Atena went on hunger strike to protest that she was being held in extremely poor prison conditions, in a jail that does not have a section for political prisoners. Atena’s health suffered considerably as a result; her lawyer told us that Atena had suffered a heart attack and briefly lost consciousness in late February as a result of her hunger strike.
Call on Iran to release Atena and reunite her with her family immediately: she has committed no crime.
If you would prefer to write to the Iranian authorities instead of signing the petition, please use the contact details below.
Leader of the Islamic Republic of Iran
Ayatollah Sayed ‘Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street – End of Shahid Keshvar Doust Street
Tehran, Islamic Republic of Iran
Email: Via the Ayatollah’s website
Twitter: @khamenei_ir (English), @Khamenei_ar (Arabic)
Salutation: Your Excellency
Head of the Judiciary
Ayatollah Sadegh Larijani
c/o Public Relations Office
Number 4, 2 Azizi Street intersection
Tehran, Islamic Republic of Iran
Salutation: Your Excellency
President of the Islamic Republic of Iran
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street, Pasteur Square
Tehran, Islamic Republic of Iran
Twitter: @HassanRouhani (English), @Rouhani_ir (Persian)
Points to cover
We recommend you cover the following points in your letter/tweet/email:
- Call on the Iranian authorities to release Atena Farghadani immediately and unconditionally, as she is a prisoner of conscience held solely for the peaceful exercise of her rights to freedom of expression and association;
- Urge them to ensure that her conviction and sentence are quashed;
- Remind them that Article 19 of the International Covenant on Civil and Political Rights, to which Iran is state party, protects the right to freedom of expression, which includes artistic activities.
Netzfrauen
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