Preisdumping wohin man schaut. Hauptsache billig, und Sie fühlen sich gut?
Wie sind Jeans für 10 Euro und Computer für wenige 100 Euro möglich? Die Antwort ist in China und Bangladesh zu suchen. Hier arbeiten Menschen zehn Stunden am Tag, sieben Tage die Woche unter entwürdigenden Bedingungen. Eine aktuelle Reportage der BBC zeigt, auch bei Apple fühlt man sich veräppelt. Denn die drastischen Arbeitsbedingungen bei Apple-Zulieferern – unter anderem auch Kinderarbeit, wurden nicht beigelegt, wie ein aktueller Bericht zeigt.
Zucchini für 19 Cent das Stück, ein Damen-Jogginganzug für 12 Euro, Badelatschen für einen Euro, der Billig-Laptop, man muss nur Schlange stehen! Wie kommen diese Preise zustande?
Schädliche Chemikalien in Kleidung können Allergien auslösen oder sogar wichtige Organfunktionen stören. Wir Netzfrauen verurteilen den Einsatz solcher Substanzen bei der Textilproduktion daher scharf. Jetzt reagiert der Lebensmitteldiscounter Lidl auf die Kritik: Das Unternehmen will ab dem Jahr 2020 bei der Herstellung von Kleidung und Schuhen auf giftige Chemikalien verzichten. Doch was ist bis dahin? Noch fünf weitere Jahre gesundheitsschädliche Substanzen?
Lidl mache einen gewaltigen ersten Schritt nach vorne, lobte Manfred Santen, Chemie-Experte von Greenpeace. „Nun müssen Aldi, Penny, Tesco, Carrefour und Wal-Mart nachziehen. Danke Greenpeace, aber immer wieder werden wir getröstet, dass sich 2020 etwas ändert, nur solange dürfen wir krank werden. Das ist für uns ein No Go! Zur Studie: Dreckige Discounter – Gefährliche Chemikalien in Supermarkt-Kleidung
INFOBOX
Um Textilien zu färben, sie weich oder langlebig zu machen, werden in der Textilindustrie Chemikalien eingesetzt. Weichmacher sind zum Beispiel Kunststoffe, die Kinderkleidung flexibler, flauschiger oder schlagfester machen. Die süßen bunten Textilien mit farbenfrohen Motiven mögen nett an den Kleinen aussehen, kommen aber auch nur durch hochkonzentrierte Farbstoffe zustande, die gesundheitlich problematisch sind und der empfindlichen Kinderhaut zusetzen. In erster Linie gefährlich sind so-genannte Dispersionsfarben, die bei Kontakt mit der Haut Allergien auslösen können.
Zudem können Farbstoffe in Kleidung giftige und krebserregende Stoffe freisetzen. Um ein Zerknittern oder Einlaufen der Kleidung zu verhindern, werden den Baumwollmaterialien Formaldehyde beigemischt. Auch Formaldehyd löst Allergien bei Kindern aus und wirkt genverändernd. Nicht zuletzt sind auch so-genannte Weißmacher, sprich optische Aufheller, in Kinderkleidung enthalten und alles andere als hautverträglich und unbedenklich.
BBC: Apple versagt beim Schutz von Arbeitern chinesischer Zulieferer
Immer wieder heißt es von den Konzernen, wenn ein Skandal aufgedeckt wird, man würde sich darum kümmern, doch dabei scheint es zu bleiben.
„Apples gebrochene Versprechen“ – so lautet der Titel einer neuen Dokumentation der BBC, die jetzt für Schlagzeilen sorgt. Der Sender hat Reporter bei dem chinesischen Zulieferbetrieb Pegatron nahe Shanghai eingeschleust, die dort undercover gedreht haben. Sie werfen Apple vor, dass sie ihre Zusagen nicht einhalten, chinesische Arbeiter bei Auftragsherstellern besser zu schützen. Für das investigative Magazin BBC Panorama filmten sie heimlich eine iPhone-Fertigungsstraße beim Auftragsfertiger Pegatron. Ihr hartes Resümee lautet, dass der iPhone-Hersteller laufend seine Versprechen bricht.
Die vorgegebenen Standards für Arbeitszeiten, Ausweiskontrollen, Schlafsäle, Arbeitsbesprechungen und minderjährige Arbeiter wurden demnach nicht eingehalten. Die Dokumentation zeigt Arbeiter, die während ihrer 12-stündigen Schichten in Pegatrons Werken in den Außenbezirken von Shanghai vor Erschöpfung eingeschlafen sind. Ein Undercover-Reporter in einer Fabrik, die Teile für Apple-Computer herstellt, berichtete von erzwungenen 18 Arbeitstagen am Stück, obwohl er wiederholt um einen freien Tag bat.
Ein weiteres Team des britischen Senders reiste nach Indonesien, um die Herkunft des in Apple-Produkten eingesetzten Schwermetalls Zinn zu klären. Sie stießen auf klare Hinweise, dass Zinn aus illegalem und lebensgefährlichem Abbau in Apples Lieferkette landet. Dabei fanden sie sogar Kinder, die in bedrohlichen Situationen mit bloßen Händen an Zinnerz zu kommen versuchten – in einer hochgiftigen Schlammgrube und von einem möglichen Bergrutsch bedroht. Bilder aus der Dokumentation finden sich bei Business Insider. Apple teilte mit, dass das Problem nicht einfach zu lösen sei, und betonte, dass die teils korrupten Regierungen der Länder den Arbeitsbedingungen keine Aufmerksamkeit schenken. Lesen Sie dazu auch: U2 & Apple: Bono verkauft sich an Apple und unterstützt somit den Krieg im Kongo
Billig, billiger, am billigsten
Besonders bei der jungen Generation ist das gemeinsame Shoppen zu einer regelmäßigen Freizeitbeschäftigung geworden. Wenn dann auch noch der Preis stimmt – ein T-Shirt für 5 Euro oder eine Jeans für 10 Euro, müssten nicht spätestens beim Bezahlen eines solchen Kleidungsstücks alle Alarmglocken klingeln? Müsste nicht jedem klar sein, dass den eigentlichen Preis einer solchen Ware ein anderer zahlt?
Dass der Preis durch miserable Lohnzahlung und die Gier nach Profit entstand, ist für die meisten uninteressant. Natürlich möchte niemand Kleidung tragen, bei deren Herstellung Menschen ausgebeutet werden oder gar zu Tode kommen. Aber hat man das hübsche Teil erst einmal in den Händen oder gar schon anprobiert, rücken solche Bedenken schnell in den Hintergrund und der niedrige Preis lockt einmal wieder zum Kauf. Lesen Sie dazu auch Die billige Masche von H&M – Die Karawane zieht weiter: „Made in Ethiopia“
Der Preis für billiges Obst und Gemüse
In der südspanischen Provinz Almería reifen rund ums Jahr Obst und Gemüse für den Export nach Europa. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen der meist ausländischen Tagelöhner sind hart. Daran hat sich in den letzten Jahren kaum etwas geändert.
Tomaten, Paprika, Gurken, Auberginen, Melonen – obwohl längst Winter ist, hat sich im Angebot der Gemüsehändler hierzulande nicht viel geändert. Dabei gedeihen diese Feldfrüchte jetzt nicht in Mitteleuropa. Sie kommen meist aus den Treibhäusern Südeuropas. Das größte Anbaugebiet für den deutschen Gemüsemarkt liegt in der südspanischen Provinz Almeria. In der Gegend mit den meisten Sonnenstunden Europas steht auch die größte zusammenhängende Gewächshausanlage des alten Kontinents. Die bietet besonders im Sommer ein seltsames Bild: Die ganze Ebene leuchtet schneeweiß durch den Kalk, der als Sonnenschutz auf die Treibhausdächer gestreut wird. Die Gemüse unter den Dächern wachsen häufig nicht auf natürlichem Boden, sondern in Hydrokultur auf Substraten wie Steinwolle und Perlit oder auf Kokosfasern. Dreihundert Millionen Kubikmeter Wasser werden dafür jährlich aus dem Boden gepumpt. Die Grundwasservorräte in dem extrem niederschlagsarmen Gebiet schwanden schon in den 80er-Jahren, Meerwasser strömte nach.
Früher bestellten die andalusischen Bauern ihre Felder nur, wenn es im Frühling regnete. Heute ernten Gastarbeiter aus Marokko oder Schwarzafrika auf den riesigen Anbauflächen zweimal im Jahr. Übrig bleiben gigantische Mengen von organischem Abfall. Auch die Plastikplanen der Gewächshäuser müssen alle zwei bis drei Jahre gewechselt werden. 40 000 Tonnen Polyethylen, häufig vermischt mit Pflanzenschutzmitteln, landen dadurch jährlich auf dem Müll. Anlagen zum Recycling und Kompostieren gibt es zwar, flächendeckend sind sie aber noch lange nicht. So gammeln die Abfälle vielerorts vor sich hin. Wie in anderen großen Anbaugebieten führen die riesigen Monokulturen auch in der Küstenebene von Almeria häufig zu Schädlingsplagen. Dagegen gibt es Pestizide, welche Krankheiten diese auslösen können, darüber haben wir bereits mehrfach geschrieben.
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Warum schalten die Netzfrauen Werbung?
Die folgende Dokumentation von „betrifft“-Autor Mirko Tomic zeigt, was mit dem Billig-Wahnsinn angerichtet wird. Er war mit einem Filmteam dort und hat sich die Arbeitsbedingungen angesehen. Genauso wie Vertreter von Hilfsorganisationen und Gewerkschaften, die gegen die Gier nach dem Profit auf dem Rücken anderer kämpfen. Bisher vergeblich. Die kleinen Preise gewinnen am Ende immer. Auch, weil Verbraucher die Augen fest verschließen, wenn der Preis stimmt.
Kinderarbeit und Umweltverstöße
Der Filmautor machte sich auf den Weg zu den Produktionsorten der Billigangebote: in China, wo die PCs hergestellt werden, für Löhne zwischen 80 und 100 Dollar im Monat, in Bangladesch, wo fast alle europäischen Verkäufer ihre Kleiderwaren nähen lassen für noch geringere Löhne, und in Almeria in Spanien, wo marokkanische und lateinamerikanische Frauen für ein paar Cent unter Plastikplanen Gemüse anbauen, das dann in Deutschland supergünstig zu haben ist.
Die Verbraucher freut’s, das Personal kommt mit dem Anbringen der neuen Preisschilder nicht mehr nach. Permanent werden die Preise gesenkt. Doch zu welchem Preis?!
Lesen Sie dazu auch :Geiz ist NICHT geil – Wie an europäischen Lebensmitteln die Welt verhungert
Netzfrau Doro Schreier
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