Der kritische Bestseller „Wer baut Wien?“ von Reinhard Seiss hat dazu geführt, dass Bauprojekte von Großinvestoren noch unverfrorener an der betroffenen Bevölkerung vorbei durchgewinkt werden, sodass die „Stadtplanung“ einigen Millionären bereitwillig überlassen und der Magistrat auf eine Steigbügelhalterfunktion für Investoren zurückgestutzt wurde. „Miethaie“ und „Reichensteuer“ sind damit als unglaubwürdige, populistische Worthülsen entlarvt. Der verfassungsgesetzliche Grundsatz, demzufolge die Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf, wird vielfach ignoriert und durch verfassungs- sowie gesetzwidrige Normen verhöhnt. Versuche, die planmäßige Aushöhlung der Hoheitsverwaltung durch Privatinteressen strafrechtlich zu ahnden, sind bislang an der Strafjustiz abgeprallt.
Nun hat Aktion 21, der Dachverband der Wiener Bürgerinitiativen, anhand zweier besonders krasser Fälle die derzeitigen Praktiken strafrechtlich analysiert und in einer 18-Seiten-langen detaillierten Sachverhaltsdarstellung der Korruptionsstaatsanwaltschaft mit dem Ersuchen um Prüfung zur Kenntnis gebracht.
Anlässlich der auch heuer wieder stattfindenden Demonstration werden sich viele Initiativen einfinden, um beim Bundesdenkmalamt, beim Bundeskanzleramt und beim Rathaus zu zeigen, dass sie unzufrieden sind und dies lautstark kundtun.
Forderungen
Wir nehmen nicht mehr hin:
– die rasant fortlaufenden Zerstörungen historischer Bauten und Ensembles in Wien, auch innerhalb von Schutzzonen (z.B. Zögernitz, Türkenwirt, Cottage, Karmeliterviertel, Donaukanal, Neustift, Mauer)
– die zunehmende Zerstörung des Wiener Kultur‐ und Naturerbes durch Verbauung in Randzonen, Grün‐ und Erholungsgebieten
– die Zerstörung von Kulturlandschaften sowohl in den Weingärten der Heurigendörfer als auch in historischen Gartenanlagen wie beispielsweise im denkmalgeschützten Augarten
– die Zerstörung weltweit anerkannter Kulturgüter, zum Beispiel im Otto-Wagner-Spital am Steinhof durch geplante Wohnbauten im Ostareal
– die drohende Stadtbildzerstörung durch Hochhäuser in historischen Bauensembles, insbesondere aktuell die Hochhausplanung innerhalb der Kernzone des Weltkulturerbes Wien im Bereich Eislaufverein, Hotel Intercontinental und die damit verbundene Gefahr des Verlustes des UNESCO-Weltkulturerbeprädikats
– Dachaufbauten, die das Stadtbild beeinträchtigen
Forderungen an die Stadt Wien:
* Erhaltung der Kulturlandschaft wie z.B. Heurigenorte mitsamt deren Weinhängen
* Erhaltung der Wiener Grün- und Erholungsgebiete (Parkanlagen, Spitäler und Friedhöfe, z. B. Semmelweisareal, Am Steinhof und Neustift)
* besserer Schutz vor Verbauung für historische Gärten und Parks (z. B. Augarten), historische Sportstätten (Hohe Warte, Krieau) und alte Innenhöfe
* Keine Verbauung des Wiener Naturerbes z. B. in den Randzonen des Wienerwald-Areals
* großzügige Ausweitung von Schutzzonen wie im Schutzzonenmodell von 1996 angedacht
* bessere Erhaltung in Schutzzonen: Vorrang des „öffentlichen Interesses“ vor der Entscheidung auf Erteilung einer Abbruchbewilligung (technische/ wirtschaftliche Abbruchreife), Durchsetzung der Wiederherstellung des baulich guten Zustandes
* Erhöhung des Kulturförderbeitrages für die Altstadterhaltung statt Senkung (wie in den letzten Jahren)
* viel mehr bestandsgenaue Widmungen in Schutzzonen, um keine Anreize für Zerstörung von historischem Bestand sowie für unpassende Dachausbauten zu geben
* Hochhausausschlusszonen in historischen Bauensembles, insbesondere innerhalb des UNESCO-Weltkulturerbes Wien (z. B. Eislaufverein, Hotel Intercontinental)
* Respekt und Achtung vor dem Weltkulturerbe und der damit verbundenen Einhaltung der Bestimmungen im Geiste der UNESCO-Konvention für den Schutz des Welterbes (statt Konfrontation mit der beratenden Fachorganisation ICOMOS)
* Verschärfung von Strafen bei rechtswidrigem Abriss oder Veränderung historisch wertvoller Häuser im Sinne einer tatsächlich abschreckenden Wirkung (wie die Wiederherstellung eines zerstörten Hauses)
Forderungen an das Parlament / an den Bund:
* Erhaltungspflicht für Denkmäler statt nur Verbot der Zerstörung, d. h. “aktiver Denkmalschutz” (Konvention von Granada, 1985)
* Umgebungsschutz für Denkmäler, der den Namen verdient
* Ausweisung und Schutz von Naturerbestätten gemäß Unesco-Welterbe-Konvention
* Denkmalschutz muss Bundeskompetenz bleiben – darf nicht „verländert“ werden
* bessere personelle sowie finanzielle Ausstattung des Denkmalamtes (gemäß Rechnungshofbericht)
* Sondermaßnahmen für die rasche Unterschutzstellung der über 30 000(!) schützenswerten, aber noch immer nicht geschützten Denkmäler (lt. parlamentarischer Beantwortung 2010)
Wir fordern Transparenz und Auskunftspflicht, umfassenden Informationszugang sowie Parteistellung für NGOs zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses in allen den Kulturgüter- und Umweltschutz sowie die Raumordnung (insbesondere Widmungen) betreffenden Verfahren.
Kommt alle zur Demonstration!
sowohl in den Weinbergen als auch in historischen Anlagen wie beispielsweise am Steinhof wie auch der Zerstörung des Naturerbes und historischer Gärten (Augarten), Friedhöfe (Neustift), Parks und Sportstätten (Hohe Warte, Krieau) muss Einhalt geboten werden! 3 Tage vor dem Tag des Denkmals (www.tagdesdenkmals.at) wollen wir wieder dagegen demonstrieren:
Do., 24. September 2015
- Demonstration
“Kulturerbe und
Naturerbe Wien –
Für die Erhaltung
Stoppt die Zerstörung!”
TREFFPUNKT: ab 17:45 Uhr, vor dem Wiener Eislaufverein, Lothringer Straße 22, in 1030 Wien (zwischen Hotel Intercontinental
und Konzerthaus) – Abmarsch: 18:00 Uhr
GEPLANTE WEGSTRECKE*: Lothringer Straße [A] – Schwarzenbergplatz – Kärntner Ring – Oper – Albertinaplatz – Augustiner Straße – Michaelerplatz
ca. 18:50 Uhr: HOFBURG Bundesdenkmalamt [B] –
ca. 19:15 Uhr: BALLHAUSPLATZ Kanzleramt [C] –
ca. 19:40 Uhr: RATHAUS [D], bei Rathausplatz
* Route kann kurzfristig polizeilich geändert werden
Wir bitten Sie, zahlreich zu erscheinen. Setzen Sie ein Zeichen gegen die Zerstörung von Kulturgut und den Verlust historischer Bauwerke!
Netzfrau Lisa Natterer