Ein tragischer Zwischenfall in Kundus – bei einem Luftangriff kommen 12 Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen ums Leben. Der Bombenangriff auf ein Krankenhaus der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen im afghanischen Kundus in der Nacht auf Samstag hat weltweit für Empörung gesorgt. Für die Organisation besteht kein Zweifel, dass das Krankenhaus von der US-geführten Militärkoalition bombardiert wurde.
„Patienten, die nicht fliehen konnten, verbrannten in ihren Betten“, berichtet ein Augenzeuge.
Wir Netzfrauen sind schwer über das Unglück in Kundus erschüttert, zumal wir die Arbeit der Ärzte ohne Grenzen sehr schätzen.
Die Nato erklärte, möglicherweise sei die Klinik bei einem Luftangriff der Militärallianz getroffen worden. In einer Erklärung war von einem möglichen „Kollateralschaden“ die Rede. Die USA bestätigten Luftangriffe nahe der Klinik und sagten Aufklärung zu.
Für die Organisation Ärzte ohne Grenzen besteht kein Zweifel, dass das Hospital von der US-geführten Militärkoalition bombardiert wurde. Dies bestätigte die Organisation in einer Presseerklärung.
Wir haben Ihnen die schrecklichen Ereignisse zusammengefasst.
Diese Twitter-Meldung erschütterte uns am 3. Oktober 2015. Mittlerweile ist die Todeszahl der Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen laut einer Meldung auf 12 gestiegen.
Aktuelle Zahlen aus #Kundus: 37 Verletzte und mind. 16 Tote, davon 9 Mitarbeiter, 7 Patienten aus der Notaufnahme, unter ihnen 3 Kinder
— Ärzte ohne Grenzen (@msf_de) 3. Oktober 2015
Nach dem mutmaßlichen US-Luftangriff auf das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen im nordafghanischen Kundus ist dieses nicht mehr nutzbar. Die Hilfsorganisation zieht sich aus der Stadt zurück. Laut Twitter handelt es sich bei den toten Ärzten um AbdulSattar, AbdulSalam, AminSalarzai, EhsanOsmani, TehseelHaqmal und MuhibWahidi Eine Nachricht vom 1. Oktober, 2 Tage vor dem dramatischen Unglück:
#Afghanistan: 1. Foto aus Kundus. Unser Spital ist überfüllt mit Verletzten, auch viele Kinder https://t.co/P6cyIUs29Q pic.twitter.com/Ldgaq9d4PV — Ärzte ohne Grenzen (@MSF_austria) 1. Oktober 2015
Vom 29. September 2015
#Afghanistan: Nachschub für unser Team in Kundus, das schon 171 Verletzte behandelt hat https://t.co/P6cyIUs29Q pic.twitter.com/vL03hGK97S
— Ärzte ohne Grenzen (@MSF_austria) 29. September 2015
Kurz nach dem Unglück am 03. Oktober 2015
#Kundus: Teams leisten Erste Hilfe, versorgen Verletzte im noch bestehenden OP-Saal des schwer beschädigten Spitals. pic.twitter.com/sv4Tszij47 — Ärzte ohne Grenzen (@MSF_austria) 3. Oktober 2015
Dann das Unglück
#Kundus: #MSF-Spital bei Luftangriff stark zerstört – bisher 3 Tote, 30 vermisst https://t.co/FgywpdK3dn #Afghanistan pic.twitter.com/FZMxa5CSWB
— Ärzte ohne Grenzen (@MSF_austria) 3. Oktober 2015
Afghanistan: Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen bei Luftangriff auf Krankenhaus in Kundus getötet
Kabul, 3. Oktober 2015 – Das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) in Kundus ist in der Nacht zum Samstag während anhaltender Bombardements mehrmals getroffen und sehr stark beschädigt worden. Dabei sind neun Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen getötet worden. 37 Personen wurden schwer verletzt, darunter 19 Mitarbeiter. Die Hilfsorganisation verurteilt den Angriff auf die vollbelegte medizinische Einrichtung auf das schärfste und stellt klar, dass die präzise Lage des Krankenhauses (GPS-Koordinaten) an alle Konfliktparteien klar kommuniziert wurde, auch in Kabul und Washington.
Die genaue Lage des Krankenhauses war allen Konfliktparteien bekannt
Seit Ausbruch der Kämpfe am vergangenen Montag hat Ärzte ohne Grenzen 394 Verletzte behandelt. Als der Luftangriff um 2.10 Uhr am Samstagmorgen das Krankenhaus traf, waren 105 Patienten und deren pflegende Angehörige im Krankenhaus sowie mehr als 80 internationale und einheimische Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen. Wie in allen Konfliktgebieten hat Ärzte ohne Grenzen alle Konfliktparteien über die genaue Lage aller Einrichtungen der Organisation – Krankenhaus, Unterkünfte, Büro und Stabilisierungsklinik in Chardara, nordwestlich von Kundus – informiert, zuletzt am 29. September. Obwohl amerikanische und afghanische Militärs in Kabul und Washington informiert wurden, wurde das Bombardement noch 30 Minuten lang fortgesetzt. Ärzte ohne Grenzen verlangt dringend Aufklärung darüber, was genau vorgefallen ist und wie es zu diesem schrecklichen Vorfall kommen konnte. Das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen ist die einzige Einrichtung dieser Art im Nordosten von Afghanistan. Es bietet kostenlose lebensrettende chirurgische Hilfe an, durch die bei vielen Patienten Amputationen verhindert werden können.
Afghanistan: Ärzte ohne Grenzen fordert Erklärung nach tödlichen Luftangriffen auf Krankenhaus in Kundus
Kabul/Brüssel, 3. Oktober 2015: Die internationale medizinische Organisation Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) verurteilt die schrecklichen Luftangriffe auf das Krankenhaus der Organisation in Kundus aufs Schärfste. Zwölf Mitarbeiter und mindestens sieben Patienten, darunter drei Kinder, wurden dabei getötet – 37 Menschen, darunter 19 Mitarbeiter, wurden verletzt. Dieser Angriff stellt eine schwere Verletzung internationalen humanitären Rechts dar. Derzeit deutet alles darauf hin, dass die Bombardierungen von den Truppen der Internationalen Koalition in Afghanistan durchgeführt wurden. Ärzte ohne Grenzen fordert vollständige und transparente Aufklärung von der Internationalen Koalition über die Angriffe vom Samstagmorgen. Ärzte ohne Grenzen verlangt zudem eine unabhängige Untersuchung, damit ein Maximalmaß an Aufklärung sichergestellt wird. „Dieser Angriff ist eine abscheuliche Verletzung internationalen humanitären Rechts“, sagte Meinie Nicolai, Präsidentin der belgischen Sektion von Ärzte ohne Grenzen. „Wir fordern von den Truppen der Internationalen Koalition vollständige Transparenz. Es ist für uns inakzeptabel, dass dieser große Verlust an Menschenleben einfach als ‚Kollateralschaden‘ abgetan wird.“ Ärzte ohne Grenzen ist seit 1980 in Afghanistan tätig. Die Organisation eröffnete das Kundus Träume-Zentrum 2011, um qualitativ hohe kostenlose medizinische Hilfe und chirurgische Versorgung für Menschen mit Verletzungen durch Verkehrsunfälle und Kriegsverwundungen durch Bombenexplosionen und Schussverletzungen zu ermöglichen. Ärzte ohne Grenzen unterstützt auch das Gesundheitsministerium im Ahmad-Shah-Baba-Krankenhaus im Osten Kabuls, in der Frauenklinik Dasht-e-Barchi im Westen Kabuls und im Boost-Krankenhaus in Lashkar Gah in der Provinz Helmand. In Khost im Osten des Landes betreibt Ärzte ohne Grenzen eine eigene Mutter-Kind-Klinik. Ärzte ohne Grenzen verwendet für seine Arbeit in Afghanistan ausschließlich private Mittel und nimmt keinerlei Gelder von Regierungen an.
DOCTORS WITHOUT BORDERS GETS BOMBED BY USA IN AFGHANISTAN EVEN AFTER THE NGO INFORMED USA OF ITS EXISTENCE AND… http://t.co/cINPzvDPZ7 — J. Carlo Diaz (@gattaca7) 4. Oktober 2015
Aftermath of MSF hospital bombing in Afghanistan – in pictures http://t.co/1eQ32YeYxq pic.twitter.com/bpiOtfJic7
— The Guardian (@guardian) 3. Oktober 2015
„Unspeakable“: An MSF Nurse Recounts the Attack on MSF’s Kunduz Hospital
Doctors Without Borders/Médecins Sans Frontières (MSF) nurse Lajos Zoltan Jecs was in Kunduz trauma hospital when the facility was struck by a series of aerial bombing raids in the early hours of Saturday morning. He describes his experience:
“It was absolutely terrifying.
I was sleeping in our safe room in the hospital. At around 2am, I was woken up by the sound of a big explosion nearby. At first I didn’t know what was going on. Over the past week we’d heard bombings and explosions before, but always further away. This one was different, close and loud.
At first there was confusion, and dust settling. As we were trying to work out what was happening, there was more bombing.
After 20 or 30 minutes, I heard someone calling my name. It was one of the Emergency Room nurses. He staggered in with massive trauma to his arm. He was covered in blood, with wounds all over his body.
At that point my brain just couldn’t understand what was happening. For a second I was just stood still, shocked.
He was calling for help. In the safe room, we have a limited supply of basic medical essentials, but there was no morphine to stop his pain. We did what we could.
I don’t know exactly how long, but it was maybe half an hour afterwards that they stopped bombing. I went out with the project coordinator to see what had happened.
What we saw was the hospital destroyed, burning. I don’t know what I felt, just shock again.
We went to look for survivors. A few had already made it to one of the safe rooms. One by one, people started appearing, wounded, including some of our colleagues and caretakers of patients.
We tried to take a look into one of the burning buildings. I cannot describe what was inside. There are no words for how terrible it was. In the Intensive Care Unit six patients were burning in their beds.
We looked for some staff that were supposed to be in the operating theater. It was awful. A patient there on the operating table, dead, in the middle of the destruction. We couldn’t find our staff. Thankfully we later found that they had run out from the operating theater and had found a safe place.
Just nearby, we had a look in the inpatient department. Luckily untouched by the bombing. We quickly checked that everyone was OK. And in a safe bunker next door, also everyone inside was OK.
And then back to the office. Full, patients, wounded, crying out, everywhere.
It was crazy. We had to organize a mass casualty plan in the office, seeing which doctors were alive and available to help. We did an urgent surgery for one of our doctors. Unfortunately he died there on the office table. We did our best, but it wasn’t enough.
The whole situation was very hard. We saw our colleagues dying. Our pharmacist…I was just talking to him last night and planning the stocks, and then he died there in our office.
The first moments were just chaos. Enough staff had survived, so we could help all the wounded with treatable wounds. But there were too many that we couldn’t help. Somehow, everything was very clear. We just treated the people that needed treatment, and didn’t make decisions. How could we make decisions in that sort of fear and chaos?
Some of my colleagues were in too much shock, crying and crying. I tried to encourage some of the staff to help, to give them something to concentrate on, to take their minds off the horror. But some were just too shocked to do anything. Seeing adult men, your friends, crying uncontrollably—that is not easy.
I have been working here since May, and I have seen a lot of heavy medical situations. But it is a totally different story when they are your colleagues, your friends.
These are people who had been working hard for months, non-stop for the past week. They had not gone home, they had not seen their families, they had just been working in the hospital to help people… and now they are dead. These people are friends, close friends. I have no words to express this. It is unspeakable.
The hospital, it has been my workplace and home for several months. Yes, it is just a building. But it is so much more than that. It is healthcare for Kunduz. Now it is gone.
What is in my heart since this morning is that this is completely unacceptable. How can this happen? What is the benefit of this? Destroying a hospital and so many lives, for nothing. I cannot find words for this.”
Ärzte ohne Grenzen“ leisteten großartige Hilfe in den schwierigsten Einsatzgebieten der Welt für die Ärmsten und Notleidendsten.
Wir sprechen den Angehörigen unser tiefst empfundene Mitgefühl und Beileid aus.
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