Viele Kinder unter den Toten bei Plastiktütenfabrikeinsturz in Pakistan

PakistanEin Fabrikgebäude in der Stadt Lahore – Pakistan, in dem Plastiktüten hergestellt wurden, war am Mittwochabend gegen 19.00 Uhr (Ortszeit) eingestürzt und hatte die Arbeiter der Abendschicht, darunter viele Kinder, unter sich begraben. Lokale Medien berichteten, dass darunter auch 14- bis 16-Jährige gewesen seien. Kinderarbeit ist in Pakistan verbreitet.

Das Foto zeigt eine verzweifelte Mutter, die von den anwesenden Soldaten getröstet wird. Sie weint um ihren vermissten Jungen.

Die Rettungskräfte zogen am Samstag weitere vier Leichen aus den Trümmern einer eingestürzten Fabrik in Sunder Estate, somit stieg die Zahl der Todesopfer auf 45.

Die Soldaten und Rettungskräfte suchen weiterhin nach den Vermissten. Sie durchschneiden Stahl und arbeiten sich durch die Trümmer des Gebäudes, in der Hoffnung, noch Überlebende zu finden. Viele der Arbeiter seien Kinder gewesen, so die Rettungskräfte vor Ort.

Mindestens 109 Überlebende konnten aus den Trümmern des vierstöckigen Rajput Polyester Plastikbeutel Fabrik in der Nähe von Lahore gezogen werden. Die Rettungskräfte bestätigten, dass in der Morgendämmerung nach dem Unglück noch 167 Menschen im Gebäude eingeschlossen waren.

Das Unglück könnte möglicherweise auf Fahrlässigkeit des Besitzers zurückgehen: Fabrikarbeiter hatten schon vor Tagen auf Risse am Gebäude aufmerksam gemacht, die nach dem schweren Erdbeben 26. Oktober 2015 aufgetaucht waren. Trotzdem seien Bauarbeiten an einem weiteren Stockwerk fortgesetzt worden.

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Die Stadtbezirksregierung und das Punjab-Arbeitsministerium erheben schwere Vorwürfe gegen die Fabrikbesitzer. Ihnen werden unter anderem schwere Verstöße hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Kinderarbeit und der Überprüfung der Sicherheit der Fabrikanlagen vorgeworfen.

Yousaf Baloch, Vorsitzender des Nationalen Gewerkschaftsbundes Pakistans, forderte sofortige Maßnahmen und macht den Fabrikbesitzer für die große Fahrlässigkeit verantwortlich. Punjab Chief Minister Shahbaz Sharif machte darauf aufmerksam, dass durch das Erdbeben am 26.Oktober 2015 bereits 400 Menschen in Pakistan und Afghanistan gestorben seien, die Toten und Verletzten dieser Katastrophe hätten vermieden werden können. Mindestens 24 Menschen starben letztes Jahr, ebenfalls in dieser Stadt, nachdem eine Moschee zusammengebrochen war. 2014 verloren 200 Menschen ihr Leben, nachdem Häuser aufgrund von sintflutartigem Regen zusammengebrochen waren.

Im Jahr 2012 wurden mindestens 255 Arbeiter getötet, nachdem ein Feuer in einer Textilfabrik in Karachi ausgebrochen war. Pakistan hat Maßnahmen zu Bauvorschriften und zur Sicherheit der Arbeitnehmer in der Industrie und des verarbeitenden Gewerbes des Landes vorgeschrieben, die auch  zu gewährleisten sind.

Bei einem Brand in einer Fabrik, in der u.a. Sweatshirts für C&A genäht wurden, starben 112 Menschen in den Flammen, Hunderte wurden verletzt. Wenige Wochen später der nächste Brand: 11 Tote. Und am 24. April 2013 stürzte kurz nach Schichtbeginn das neungeschossige Rana-Plaza-Gebäude außerhalb von Dhaka ein, in dem fünf Textilfabriken untergebracht waren. 1132 Menschen starben, 2500 wurden verletzt. Hier ließen u. a. Adler Modemärkte, Kik und NKD produzieren. Lesen Sie dazu: Bangladesch: Nähen bis in den Tod – Keine Entschädigung für Näherinnen

Erschreckend; zum einem die Kinderarbeit, die immer noch nicht in Pakistan gestoppt werden konnte, zum anderen die Erkenntnis, wo die Plastiktüten, die wir gar nicht wollen, hergestellt werden. Also nicht nur Schuhe und Millionen von Hemden und T-Shirts werden in Pakistan genäht. Die schwer verletzten Näherinnen fordern noch immer Schadenersatz von den Weltkonzernen .

Sie aber ziehen bereits weiter, erst gestern berichten wir, dass die Karawane auch nach Äthiopien zieht, aber auch Myanmar möchte nach jahrzehntelanger isolierter Militärdiktatur das neue Bangladesch werden. Wöchentlich eröffnen Textilfabriken, auch deutsche Unternehmen wittern ihre Chance. 

In Bangladesh wie in Kambodscha boomt das Geschäft mit der allerbilligsten Arbeitskraft. 90 % der Textilarbeiter in Kambodscha sind Frauen und Mädchen unter 24. Den größten Teil ihrer Exporterlöse erwirtschaften beide Länder mit Arbeit für extrem niedrige Löhne. Die betragen in Bangladesh monatlich 50 Euro, in Kambodscha 59 Euro – und liegen damit deutlich unter den 110 Euro in China. Dafür sind die Fabriken immer häufiger in chinesischer Hand.

In den Textil- und Schuhfabriken in Kambodscha sollen Arbeiterinnen künftig mehr Geld bekommen. Noch gilt Kambodscha im Textilbereich als Billiglohnland. Nur Sri Lanka, Bangladesch und Pakistan haben nach einer Zusammenstellung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO noch niedrigere Mindestlöhne.  

Hauptsache: Billig, billig, billig!

Es geht noch billiger ….Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederwarenindustrie: auf nach Afrika, in ein Land, in dem zurzeit die schlimmste Dürre seit 30 Jahren herrscht – Äthiopien.

Im Zuge eines umfassenden Strukturwandels sind große Teile der textilverarbeitenden Industrie in den letzten Jahren in Niedriglohnländer abgewandert. Auch wenn mit Adidas, Puma und Hugo Boss einige der führenden Modemarken der Welt ihren Sitz in Deutschland haben, ist die Fertigungsstufe weitgehend ausgelagert. Heute importiert Deutschland mehr Textilien und Bekleidung, als es exportiert. Die wichtigsten Herkunftsländer liegen dabei im asiatischen Raum. China, Vietnam und Bangladesch nehmen hier prominente Positionen ein. Doch zwei weitere Länder kommen hinzu, zum einen das durch Brandrodungen zerstörte Land Indonesien und das, in dem zurzeit die schlimmste Dürre seit 30 Jahren herrscht: Äthiopien.

Die Einkäufer der internationalen Bekleidungsfirmen, wozu auch die Schuhproduktion dazugehört, sind wie Nomaden, die es immer dorthin zieht, wo besonders günstig eingekauft werden kann. Vor allem im Billigsegment zählt fast nur der Preis. Internationale Textil- und Bekleidungshersteller wissen das und versuchen deshalb auch ihrerseits, immer neue und noch billigere Standorte ausfindig zu machen. Siehe Was haben Indonesien, Äthiopien, Monsanto, H&M mit ihren Schuhen gemeinsam?

PRIMARK – Mode zum Wegwerfen

Der irische Textil-Discounter Primark erobert mit seiner Wegwerfmode die Fußgängerzonen. Immer Riesenverkaufsflächen, immer Toplagen. Ein T-Shirt für zwei Euro, eine Hose für elf Euro. ZDFzoom fragt: Wie kann PRIMARK so billig sein?

Kaufen, anziehen, wegwerfen. Auf dem Internetportal Youtube tummeln sich begeisterte Teenies mit Videos über ihre Einkaufsbeutezüge, genannt „PRIMARK-Hauls“.

Laut Firmenangaben lässt PRIMARK unter anderem in Bangladesch produzieren, in rund 100 Fabriken. Als eine von vielen Textilketten ließ PRIMARK auch im Rana-Plaza-Gebäude in der Nähe der Hauptstadt Dhaka fertigen. Im April 2013 stürzte das Gebäude ein. Mehr als 1100 Menschen verloren ihr Leben, größtenteils Textilarbeiterinnen.

Immer wieder klagen Kunden über einen unangenehmen „giftigen“ Geruch in den PRIMARK-Geschäften. ZDFzoom forscht nach: Woher kommt der penetrante Geruch? Ist die Raumluft durch Schadstoffe aus den Textilien belastet?

Was können wir tun?

Ein Imageschaden ist immer noch der Albtraum jedes Konzerns. Das Entsetzen, das der Fabrikeinsturz in Bangladesch bei vielen Konsumenten ausgelöst hat, führte dazu, dass immer mehr Konsumenten darauf achten, wo und vor allem unter welchen Bedingungen diese hergestellt werden. Das wissen auch die großen Konzerne und sollten eigentlich für eine Reihe von Verbesserungen sorgen.

Mit dem gleichen Druck sollten wir Konsumenten auch auf Gewalt und Repression reagieren, mit der Löhne unter dem Existenzminium erzwungen werden. Und wenn sich die Konsumenten ihrer Rolle bewusst werden und ein paar alte Einkaufsgewohnheiten überdenken, könnte sich noch mehr zum Besseren wenden.

Die Mode ist schnelllebig und das bedeutet für die Konzerne ein gewinnbringendes Wachstum. Doch seien wir ehrlich, haben wir nicht ausreichend Kleidung im Schrank?

Kaufen Sie nicht das Billigste, denn Sie können davon ausgehen, dass die billigsten T-Shirts in Sklavenarbeit und unter Missachtung aller Umweltauflagen hergestellt worden sind. Fragen Sie nach, wo die Produkte hergestellt wurden und informieren Sie auch Ihre Familienmitglieder.

Wichtige Informationen erhalten Sie auch in unserer Recherche vom September 2013 Für den Billigjob sterben. In Bangladesch ist das ein tägliches Risiko. “Nähen bis es brennt”, und die Karavane zieht weiter: Mode Made in Afrika.

Netzfrau Doro Schreier

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