Demnächst gibt es wieder Lebensmittel aus Fukushima. Die EU lockert die Bestimmungen für Lebensmittel-Importe aus Japan. Fast alle Lebensmittelprodukte der Präfektur Fukushima werden wieder für den Handel in der EU freigegeben. Vor dreißig Jahren explodierte der vierte Reaktor des Atomkraftwerks Tschernobyl. Große Flächen sind bis heute verseucht. Würden Sie Lebensmittel aus dieser Region kaufen?
Am 11. März 2011 traf eine Tsunami-Welle das Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi an der Pazifikküste und löste die größte Atomkatastrophe seit Tschernobyl 1986 aus. Nach mehreren Kernschmelzen und Explosionen in den Reaktorgebäuden des Kraftwerks gelangten große Mengen radioaktiven Iods und Cäsiums in die Umwelt und kontaminierten Wasser, Luft und Böden. Zehntausende Menschen aus dem Umland mussten ihre Heimat verlassen, die Gebiete rund um das Kraftwerk wurden zum Sperrgebiet erklärt. Noch immer wird vieles verschwiegen. In Anbetracht dessen, dass Japans autoritäre Regierung von Shinzo Abe den Informationsfluss von Fukushima zu einem Staatsgeheimnis erklärt hat, gelangt nur wenig in die Öffentlichkeit.
Wir wissen, dass 300 Tonnen radioaktives Wasser täglich in den Pazifik gelangen und dass die verbrauchten Brennstäbe immer noch einfach auf dem Gelände herumliegen. Tokyo Electric Power konnte zwar die Brennstäbe aus der Einheit Vier bergen, aber viele hunderte Brennstäbe aus den anderen Einheiten bleiben der Luft ausgesetzt.
Die Präfektur Fukushima war eine der wichtigsten landwirtschaftlichen Regionen Japans. Unmittelbar nach der Katastrophe waren viele Lebensmittel stark verstrahlt und durften nicht exportiert werden. Nach nur fünf Jahren ist aber alles vorbei und sicher.
Nach Angaben der New York Times wurde jetzt radioaktiv verstrahlter grüner Tee aus der japanischen Präfektur Chiba südöstlich von Tokio nach Hongkong verschifft. Eine Probe pulverisierter Tee enthielt Spuren von radioaktivem Cäsium 137. Daraufhin gab die Regierung in Hongkong am späten Donnerstagabend bekannt, dass diese noch unter dem gesetzlichen Höchstgrenzen waren. Die Entdeckung war nicht die erste ihrer Art. Center for Food Safety bewerteten drei Proben von Gemüse aus Japan mit „ungenügend“. Die Menschen in Hongkong fragen sich nun, ob jeder, der sich eine Mahlzeit servieren lässt, sich mit einem Strahlungsmesser bewaffnen muss. Genau das sollten wir uns auch fragen, denn in der Tat sind ab morgen Lebensmittel aus der Präfektur Fukushima von den Pflichtstrahlungsprüfungen der EU befreit.
Im April wurden radioaktive Stoffe an Kanadas Küsten gefunden. Von Japan bis Vancouver Island verbreiteten sie sich über den gesamten Pazifik ! Zwar sind die Werte sehr gering, aber die Ozeane werden weiter überwacht. Bei der Katastrophe Fukushima handelt es sich um die weltweit größte Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Ozeane. Immer noch fällt radioaktives Wasser an, das unkontrolliert in den Pazifik gelangt. Nun sollen wir Fische aus der Region essen?
Das Umweltinstitut München misst seit der Katastrophe von Tschernobyl u. a. Wildpilze, Waldbeeren und Wildfleisch, die auch 30 Jahre nach der Katastrophe zum Teil noch erheblich mit radioaktivem Cäsium belastet sind. Muss man sich da nicht fragen, wie es möglich ist, dass es keine Langzeitfolgen durch den atomaren Gau in Fukushima gibt? Was unterscheidet Fukushima von Tschernobyl?
Vielleicht ist der Grund, dass die EU und Japan seit 2013 über ein Freihandelsabkommen verhandeln, dessen Abschluss sich Merkel bis Ende des Jahres wünscht? Siehe dazu auch unser Beitrag: Fukushima: Freihandelsabkommen mit Japan – „strahlende“ Freundschaft
Doch ist Ihnen bekannt, dass die EU bereits 2014 Änderungen bezüglich der Einfuhrbestimmungen aus Japan vorgenommen hat? Und zwar unbemerkt ab Ende März 2014. Kein Scherz: Die Einfuhrbedingungen wurden entschärft. Die Aufnahme von Radionukliden (radioaktive Atomsorten) wie Cäsium-137 über Nahrungsmittel stellt nach einem Atomunfall wie in Fukushima oder in Tschernobyl langfristig die größte Gefahr für die Gesundheit der Menschen dar.
Dennoch sind ab dem 28. März 2014 die Einfuhrbedingungen aus Japan gelockert worden. Die japanische Regierung und Tepco haben verkündet, alles sei sicher. Sogar der IOC, das Olympische Komitee, vergab gleich die Olympiade 2020 an Japan. Bis dahin hat auf jeden Fall die Radioaktivität zu verschwinden, was danach geschieht, ist egal. Dann darf sie gerne wieder zurückkommen.
Wie oft haben wir schon erlebt, dass von der Politik alles vom Tisch gewischt wurde. Einige von diesen Wischern haben nun ein sicheres Pöstchen in der Industrie. Denken wir nur an Herrn Pofalla, der hoch, warm und trocken bei der Deutschen Bahn sitzt.
Dass Atomkraftwerke sicher sind, sehen wir auch an Belgien. Die total maroden Atomkraftwerke wurden wieder ans Netz genommen und Jodtabletten für den Fall der Fälle wurden an die Bevölkerung verteilt. Siehe Jodtabletten? Belgiens ältester Reaktor Doel 1 nach Panne wieder am Netz – Deutsche Bank, Allianz und Blackrock unterstützen umstrittene Atomkraftwerke
Wie sicher Atomkraftwerke sind, sehen wir auch an Sellafield, England. Dort steht der älteste und größte Atomkomplex in Europa und eine Wiederaufbereitungsanlage. Die Atomanlage in Sellafield steht seit langem in der Kritik. Immer wieder ist es dort zu Pannen gekommen. Hier sind nicht nur Fische von der radioaktiven Strahlung betroffen, sondern Daily Record berichtete, dass Spuren von Strahlung in Obst, Kartoffeln und Gemüse nachgewiesen wurden. Siehe: Guten Appetit!? Radioaktive Belastung in britischen Lebensmitteln
Wenn also Fukushima so sicher ist, wie ist es dann möglich, dass radioaktives Cäsium aus dem Fukushima-Unfall von 2011 sich weiterhin in Zitrusfrüchten und anderen Pflanzen nachweisen lässt – und das sogar in Florida, das wirklich weit entfernt ist? Siehe Fukushima: Spuren von radioaktivem Caesium-137 in Floridas Zitrusfrüchten-Trace levels of radioactive cesium-137 from Fukushima now being detected in Florida citrus fruits
Fukushima hat ein atomares Müllproblem
Die Bürger in der Region um Fukushima erleben gerade ein „strahlendes“ Erlebnis. Sie wurden aufgerufen, Grundstücke zur Verfügung zu stellen, damit der radioaktive Müll irgendwo gelagert werden kann. Dementsprechend sind auch die derzeitigen Meldungen auf Twitter – die da lauten – dass kann doch nicht ernst gemeint sein, bis hin zu – aber bitte nicht streuen – oder vertrauen Sie auf Tepco – die lügen nie!
Pls do not litter. We trust your conscience, says TEPCO in the signboard. Some kind of joke? @mt3678mt pic.twitter.com/d8hADEi5BO” #Fukushima
— Nemesisネメシス (@zodiac0088) 2. Januar 2016
Pls do not litter. We trust your conscience, says TEPCO in the signboard. Some kind of joke? @mt3678mt pic.twitter.com/d8hADEi5BO” #Fukushima
— Nemesisネメシス (@zodiac0088) 2. Januar 2016
Tepco bittet auf einem Schild um das Vertrauen. Bei der Antwort – handelt es sich um „schwarzern Humor“.
Verfolgt man die Meldungen auf Twitter, so machen sich viele Menschen rund um die Welt Sorgen. Einige berichten von grünen Tee aus Fukushima, der entdeckt wurde, aber auch die aktuelle Nachricht, dass die EU nun die Importe aus Fukushima lockert, sorgt für Empörung und Unverständnis, zumal das Müllproblem immer noch aktuell ist. Da der Platz für den radioaktiven Müll sich dem Ende neigt, weiß keiner wohin damit. Verstecken im Vorgarten des Nachbarn?
Was zeit das folgende Foto: Einkaufen in Fukushima? Radioaktiver Müll wird doch sicher nicht in Plastiktüten transportiert, oder doch? Ach nee, kann ja nicht, da ja alles so sicher ist! Jeder nimmt etwas mit nach Hause und vergräbt es dort. Sorry, „ganz schwarzer Humor“ , aber so sehen es die Menschen, wenn man sich die Neuigkeiten von Tepco, der japanischen Regierung oder auch der Verantwortlichen in der EU anschaut.
Mmh Yummy @EU_Commission eases Japan food imports, almost all agricultural goods #Fukushima https://t.co/8bgL0uD3m3 pic.twitter.com/5GpBEyYHbm
— Reinhard Uhrig (@reinharduhrig) 8. Januar 2016
EU lockert Bestimmungen für Fukushima-Lebensmittel
Japan ist erleichtert, das teilt auch heute die the-japan-news mit. Reis, Buchweizen und einige andere Nahrungsmittel aus den japanischen Präfekturen Iwate, Miyagi, Ibaraki, Tochigi, Gunma und Chiba dürfen wieder bedenkenlos in die EU importieren. Die Einfuhrbeschränkungen werden aufgehoben.
Die Europäische Union wird im wesentlichen ihre Beschränkungen für Lebensmittel aus der Präfektur Fukushima ab Samstag erleichtern, gab Japans Landwirtschaftsminister heute bekannt. Gemüse, Obst und tierische Erzeugnisse aus der Präfektur dürfen importiert und sind von den Pflichtstrahlungsprüfungen der EU befreit, so das japanische Ministerium für Landwirtschaft, Forst und Fischerei. Guten „strahlenden“ Appetit!
Netzfrau Doro Schreier
Rote Karte für grünen Tee? Wie stark sind Lebensmittel aus Japan radioaktiv belastet?
Fukushima: Freihandelsabkommen mit Japan – „strahlende“ Freundschaft
Pingback: Fukushima: Der Super-GAU ist noch lange nicht vorbei | Watergate.tv