Ein Kartell des Schweigens: Nebenwirkungen Reserveantibiotika

schweine8Fluorchinolone gelten als Reserveantibiotika und können zu jahrelang anhaltenden oder permanenten Nervenschädigungen führen.

Das Wort Antibiotikum stammt aus dem Griechischen und dem Lateinischen und bedeutet übersetzt „gegen das Leben“. Doch geht es nicht dem, der sie einnimmt, an den Kragen, sondern den Keimen, die ihm das Leben schwer machen. Antibiotika sind nach wie vor eine Wunderwaffe, die Leben retten können. Allerdings müssen sie dafür richtig eingesetzt werden. Antibiotika können eine Reihe von Nebenwirkungen auslösen, die den Körper zusätzlich belasten. Zudem können Bakterien mit der Zeit resistent gegen Antibiotika werden, wenn Patienten die Medikamente zu häufig einnehmen. Im schlimmsten Fall bleibt die Wirkung der Antibiotika also auch bei infektiösen Krankheiten irgendwann aus.

Reserveantibiotika in Tierhaltung – Agrarminister spricht sich gegen Verbot aus

Vor einem Jahr hatte ein Ausbruch des multiresistenten gramnegativen Erregers (MRGN) die Uniklinikum Schleswig-Holstein in Kiel in Atem gehalten. Bei 31 Patienten war der Keim nachgewiesen worden, 18 von ihnen starben. Bei drei der Patienten war die Infektion ursächlich für den Tod. In den anderen Fällen läuft ein Todesermittlungsverfahren gegen das UKSH. Insgesamt kostete die Keimkrise das Klinikum nach Angaben von Ott 6,5 Millionen Euro. Wie gravierend das Problem ist, zeigt eine Studie der Charité Berlin. Demnach soll die Zahl der Toten von jetzt weltweit etwa 700 000 pro Jahr ohne Gegenmaßnahmen bis 2050 auf zehn Millionen steigen. Für Europa wird ein Anstieg von jetzt 23 000 auf 400 000 Tote prognostiziert.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) hat sich gegen ein Verbot von Reserveantibiotika in der Tierhaltung ausgesprochen. „Das Verbieten, das ist rechtlich und medizinisch nicht möglich“, sagte er am Freitag im ARD-Morgenmagazin. Reserveantibiotika sind in der Therapie von Menschen bedeutsam, wenn herkömmliche Antibiotika nicht mehr helfen. Sie sind das letzte Mittel gegen resistente Keime. Schmidt kündigte an, ihren Einsatz in der Tierhaltung reduzieren zu wollen. Demnach sollen sie nur noch eingesetzt werden, wenn es der Tierarzt für notwendig hält.

Germanwatch zufolge wird sowohl bei Milchvieh als auch in der Mast eine zunehmende Verwendung von Reserveantibiotika beobachtet, wir Netzfrauen hatten bereits 2014 darüber berichtet.

Und auch gegen die Reserve-Antibiotika Tigecyclin und Colistin gibt es zunehmend Resistenzen.

Die Multiresistenz von Bakterien gegen Antibiotika ist ein weltweit verbreitetes Problem, vor allem in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.

Gründe dafür sind der massenhafte Einsatz von Antibiotika – nicht nur beim Menschen. Viel zu oft erfolgt die Gabe außerdem vorschnell oder es wird das falsche Antibiotikum verabreicht. Wir haben schon mehrfach darüber berichtet. Lesen Sie dazu unseren Beitrag: Klinik-Keime: 40 000 Patienten sterben an multiresistenten Erregern

Antibiotika-Resistenz „Superbakterien“

Diese Animation erklärt, wie die antibiotikaresistenten Superbakterien, die sich in den Eingeweiden von Millionen von Nutztieren (Massentierhaltung) bilden, in der ganzen Welt verbreitet werden. Diese Animation ist in englischer Sprache, aber Bilder sagen bekanntlich mehr als tausend Worte. Außerdem ist es bezüglich des bevorstehenden Freihandelsabkommens wichtig zu erfahren, was uns aus den USA hinsichtlich der Ernährung erwartet.

Der amerikanische Pharmariese Eli Lilly ist Anbieter von Impfstoffen, Antiparasitika und Produkten im Bereich der Antibiotika für Schweine, Geflügel und Rinder und demnächst auch bei Wiesenhof! Siehe dazu: Demnächst XXL-Hähnchen bei Wiesenhof und McDonald’s?

Antibiotika – hohe Dunkelziffer bei tatsächlich erkannten Nebenwirkungen

Zahlreiche schwere bakterielle Infektionen sind dank Antibiotika gut in den Griff zu bekommen. Doch bei manchen Patienten können sie schwerwiegende Nebenwirkungen hervorrufen. 

Durch Antibiotika werden in der Regel nicht nur die krankheitserregenden Bakterien abgetötet, sondern auch nützliche Bakterien. Dazu zählen etwa die Darmbakterien, die für die Verdauung wichtig sind, oder die Milchsäurebakterien, die den sauren pH-Wert in der Scheide aufrechterhalten. Durch die Einnahme von Antibiotika kommt es daher relativ häufig zu Magen-Darm-Beschwerden (z.B. Durchfall und Blähungen) sowie zu Scheidenpilzinfektionen.

Dass die Einnahme eines Antibiotikums Achillessehnenentzündungen und sogar -risse hervorrufen kann, klingt für viele Menschen absurd. Selbst mancher Orthopäde, der bei Achillessehnenbeschwerden in der Regel konsultiert wird, hat von dieser möglichen Nebenwirkung der Antibiotikagruppe der Fluorchinolone noch nichts gehört. Kein Wunder also, dass ein Kausalzusammenhang häufig weder erkannt, geschweige denn gemeldet wird. Eine hohe Dunkelziffer bei den durch Fluorchinolone hervorgerufenen Sehnenbeschwerden ist die Folge. WDR Service Zeit 17.10.14.

Nebenwirkungen am Auge

Am 30. 07. 2014 gab das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu dem Wirkstoff Fluorchinolone bekannt (Fluorchinolone sind eine Untergruppe der Chinolone. Die Verbindungen werden als Antibiotika eingesetzt):

Die Produktinformationen fluorchinolonhaltiger Arzneimittel zur systemischen Anwendung sind hinsichtlich eines Warnhinweises zu möglichen Augensymptomen zu ergänzen. Das BfArM gibt hiermit die im Vergleich zu der am 2. 07. 2014 veröffentlichten Version sprachlich leicht geänderten deutschen Texte bekannt.

Fluorchinolone: Nebenwirkungen am Auge (PDF, 67KB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm)

Die US-Arzneimittelzulassungsbehörde FDA warnt am 16. 8. 2013 vor jahrelang anhaltenden oder permanenten Nerven-Schädigungen

Diese schweren Nervenschäden werden möglicherweise durch Fluorchinolone verursacht. Diese können schon kurz nach der Einnahme der Medikamente auftreten und dauerhaft sein.

Periphere Neuropathie ist eine Nervenstörung, die in den Armen oder Beinen auftreten. Symptome sind Schmerzen, Brennen, Kribbeln, Taubheitsgefühl, Schwäche oder eine Veränderung in der Empfindung von leichter Berührung, Schmerz oder Temperatur. Es kann während der Behandlung mit Fluorchinolonen zu jeder Zeit auftreten und es kann, nachdem das Medikament gestoppt wurde, Monate bis Jahre dauern oder dauerhaft sein.  http://www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm365050.htm

Nachdem wir Ihnen nun die Nebenwirkungen von Antibiotika bzw. das Fluorchinolone als Reserveantibiotika vorgestellt haben, kommen wir nun zu dem Einsatz in der Massentierhaltung.

Massentierhaltung – Einsatz von Antibiotika

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 1238 Tonnen Antibiotika an Tierärzte in Deutschland abgegeben. Das sind 15 Prozent weniger als im Vorjahr und sogar 27 Prozent weniger als 2011. Damals wurde die an Veterinäre abgegebene Menge Antibiotika erstmals von den Behörden erfasst und an das Umweltbundesamt weitergeleitet. Im Vergleich zu 2011 hat die Vergabe von Reserve-Antibiotika um die Hälfte zugenommen. Das sehen insbesondere Humanmediziner kritisch.

Die Ärzte-Initiative gegen Massentierhaltung hält sowohl die Gesamtmenge der Antibiotika als auch die Menge der Reserve-Antibiotika, die in den Mastställen verwendet wird, für bedenklich. Die Initiative fordert eine Reduzierung der Abgabemenge um 50 Prozent in drei Jahren (wie in den Niederlanden) sowie ein sofortiges Verbot der Verwendung von Reserve-Antibiotika in der Tiermedizin. Dieses für den Menschen so bedeutsame Medikament dürfe seine Wirkung nicht durch den Einsatz in der Mast verlieren, meint Peter Sauer von der Initiative.

 Ein Kartell des Schweigens

Was bis heute verschwiegen wird, ist die Gesamtmenge an verwendeten Antibiotika. Tierärzte haben ihre eigene Apotheke und sicher könnte man am Umsatz ausrechnen, wie viele Antibiotika verkauft wird, doch wie hoch ist diese Dunkelziffer? Seit über 150 Jahren dürfen die Tierärzte verschreiben und gleichzeitig verkaufen und zwar fast ohne Kontrolle. Mit der industriellen Massentierhaltung wuchsen auch die Veterinärpraxen und deren Absatz. In den Niederlanden gibt es sogar eine Jobbörse, Vetjobs.nl, die sich in den Niederlanden und Belgien ganz auf den Veterinärbereich konzentriert und als Beispiel: „Der Lintjeshof“ angibt. Diese Seite beschreibt sich als eine moderne, ISO-zertifizierte Tierarztpraxis mit eigener Apotheke und einer umfangreichen Diagnostik im eigenen Labor.

Pro Jahr werden in Deutschland 250 bis 300 Tonnen Antibiotika in der Humanmedizin verbraucht.

In der Veterinärmedizin sind es bei der kritischen Klasse der Fluorchinolone 13 Tonnen und 1452 Tonnen Antibiotika wurden an Tierärzte verteilt.

Verschiedene EU-Mitgliedsstaaten haben Systeme zur Erfassung der Abgabe- oder Verbrauchsmengen von Antibiotika in der Veterinärmedizin etabliert, doch nicht so Deutschland. Hierzulande schreiben die Leitlinien der Bundestierärztekammer vor, dass Antibiotika nur dann eingesetzt werden sollen, wenn es nicht zu vermeiden ist.

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Die Realität sieht aber offenbar anders aus. So zeigen die Ergebnisse eines vom BfR in Auftrag gegebenen Forschungsprojekts, dass Mastschweine während ihres Lebens durchschnittlich 5,9 Mal mit Antibiotika behandelt werden, Milchrinder pro Lebensjahr 2,5 Mal und Mastkälber pro Lebensjahr 2,3 Mal. Eine Studie zum Antibiotikaeinsatz in der Hähnchenmast in Nordrhein-Westfalen ergab, dass fast alle Hähnchen zumindest einmal in ihrem Leben antibiotisch behandelt werden (96,4 Prozent). Um die weitere Zunahme von Resistenzen zu verhindern, müsste daher nicht nur in der Humanmedizin besonnener mit Antibiotika umgegangen werden, sondern auch in der Veterinärmedizin und Tiermast. Quelle 

Dass es ein weltweites Problem darstellt und schon lange bekannt ist, weiß auch der  Bundeswehr-Sanitätsdienst :

  • Multiresistenz von Bakterien gegen Antibiotika ist ein weltweit verbreitetes Problem, vor allem in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Gründe dafür sind der massenhafte Einsatz von Antibiotika, nicht nur beim Menschen. Viel zu oft erfolgt die Gabe außerdem vorschnell oder es wird das falsche Antibiotikum verabreicht.

Eindämmung der Ausbreitung von Superbakterien

In den USA wurde eine Petition gestartet, die den intensiven Missbrauch von Antibiotika verhindern wollte. Sie nennen die gefährlichen Antibiotika-resistenten Bakterien „Superbakterien“. Durch diese entstehen für die Amerikaner zusätzliche Kosten für das Gesundheitswesen bis zu 26 Milliarden Dollar pro Jahr.

Als Verbraucher können wir die Fleischindustrie dazu bewegen, eine saubere Lösung zu finden. Schließlich sind wir alle betroffen, uns und unsere Familien im Kampf vor diesen „Superbakterien“  zu schützen.

Text der Petition:  Ich möchte mich und meine Familie vor Superbakterien schützen. Ich will, dass mein Fleisch mit weniger Antibiotika produziert wird.

Diese Aktion wurde in den USA von der NRDC  durchgeführt. Sie hat 1,4 Millionen Mitglieder und hat das Know-How von mehr als 350 Anwälten, Wissenschaftlern und andere Fachleute – und sie war erfolgreich!!

Kalifornien erlässt das strengste Antibiotika-Gesetz für Tiere in den USA. Sogar Subway verzichtet in Zukunft auf Antibiotika im Fleisch Siehe Nach Protesten – USA sagen Antibiotika den Kampf an – California Enacts Strictest Animal Antibiotic Law in the U.S.

Es ist bereits seit Jahren bekannt, dass der Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung reduziert, wenn nicht sogar gestoppt werden sollte. Die Politik muss endlich handeln.

Netzfrau Doro Schreier

Weitere Informationen:

Klinik-Keime: 40.000 Patienten sterben an multiresistenten Erregern

Fleisch für die Tonne

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Nach abgetriebenen menschlichen Föten für Nahrungsmittelindustrie – nun Blut tragender Stuten für Ferkelindustrie

Es geht um eine Gesundheit von Mensch und Tier – 15.000 Menschen sterben allein in Deutschland jedes Jahr an Infektionen. The human and animal health is in danger – each year 15,000 people die from infections in Germany.

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