Wir erinnern uns. Bei der Bundestagswahl 1980 wollte Franz Josef Strauß Bundeskanzler werden. Allein in Hamburg protestierten Zehntausende gegen Strauß. Vielerorts wurde Strauß von den Straußgegenern mit Eiern beworfen. Wer sich noch daran erinnern kann, vielleicht weil er/sie so wie wir mitdemonstrierte, weiß, was Strauß von den Demonstranten hielt: „Sie sind traurige Hanswürste.“
Genau dieser Satz sorgte dafür, dass wir uns damals noch mehr ins Zeug legten und dass sich sogar die Schulen beteiligten, indem sie uns für unsere Demokratie demonstrieren ließen. Warum gingen so viele auf die Straße? Es ist der berühmte Satz von Josef Strauß. „Rechts von uns ist nur noch die Wand“. .
Wiederholt sich die Geschichte?
Strauß hatte sich innerhalb der Unionsfraktion gegen die Landesverbände der Christlich Demokratischen Union (CDU) durchsetzen können, nachdem er zuvor damit gedroht hatte, die CSU bundesweit als Vierte Partei rechts der CDU etablieren zu wollen. Als Kanzlerkandidat war Strauß sehr polarisierend. Trotz allen Demonstrationen holte er ein gutes Wahlergebnis, doch es gelang ihm zum Glück nicht, die FDP als Koalitionspartner zu gewinnen und eine Regierung zu bilden.
„Dieser Mann hat keine Kontrolle über sich. Und deshalb darf er erst recht keine Kontrolle über unseren Staat bekommen,“ das sagte damals Helmut Schmidt, gegen den Franz Josef Strauß 1980 bei der Bundestagswahl als Kanzlerkandidat antrat und verlor.
Bundestagswahl 1980 – Schmidt gegen Strauß
Am 24. Mai 1979 gab der damalige bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß bekannt, als Kanzlerkandidat beider Unionsparteien zur Verfügung zu stehen. Die Aufforderung zur Kandidatur sei auch von CDU-Politikern an ihn herangetragen worden, erklärte Strauß. Am 28. Mai 1979 sprach sich der CDU-Bundesvorstand für den niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht aus. Der CDU-Vorsitzende Helmut Kohl hatte zuvor auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Die CSU reagierte daraufhin verstimmt und kritisierte die Form der Benennung durch die CDU. Nach wochenlangen öffentlichen Auseinandersetzungen wählte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 2. Juli 1979 in geheimer Abstimmung Franz Josef Strauß zum gemeinsamen Kanzlerkandidaten. Er erhielt 135 der 237 anwesenden Abgeordneten (57 %); 102 Abgeordnete stimmten für Ernst Albrecht (43 %). Quelle Ernst Albrecht war der Vater von Ursula von der Leyen.
Bereits am 10. Oktober 1970 hatte Franz-Josef Strauß gesagt: „Wer mich daran hindern würde, an die Macht zu kommen, den würde ich umbringen.“ Dieser Satz spielte auch in dem Wahlkampf 1980 eine Rolle. Denn nachdem die ersten Flyer, die Strauß mit einem Maschinengewehr zeigte und der Satz „Wer Strauß wählt, wählt Reaktion, Faschismus und Krieg“, gefiel nicht jedem. So wurde auch der Button mit dem Slogan „Stoppt Strauß“ , der ja zu einer Art „Mode“ geworden war, so ähnlich wie, „Atomkraft, nein Danke“ von so manchen als eine Art Beleidigung angesehen und es kam sogar zu Strafanzeigen.
Das Amtsgericht Stuttgart entschied damals: „Der inkrimierte Text erfüllt nicht den Tatbestand des Paragraphen 185 StGB (Beleidigung).“
Schon damals gingen auch die Jugend und Studenten gegen Strauß auf die Straße mit dem Slogan „Damit dieser Staat nicht von ein paar Hundert Privatunternehmern beherrscht wird. Damit die Verfassung dieses Staates nicht ausgehöhlt wird.“
Die wirtschaftliche Gesundung, familienpolitische Reformen und die Verlässlichkeit der deutschen Außenpolitik bildeten Kernpunkte des Wahlprogramms von Franz Josef Strauß. Doch wen interessierte das Wahlprogramm, nein, ein Franz Josef Strauß war bekannt durch seine Skandale und war sogar in der CDU umstritten. Nicht wählbar, ließen wir damals verlauten. Überall, wo Strauß auftrat, kam es zu Protesten. Ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem Strauß nach Leer kam. Zusammen mit den Lehrern überzeugten wir den Schuldirektor, dass wir demonstrieren müssen. Man erlaubte uns einen Demonstrationszug durch die Stadt, allerding genehmigte man einen „Stillen Marsch“ durch die Stadt zum Rathausplatz. Denn nachdem es in Hamburg bereits einen 16.jährigen Toten, Olaf Ritzmann, nach einer umstrittenen Auseinandersetzung mit der Polizei gegeben hatte, wollte man solche Zwischenfälle verhindern. Zeugen behaupteten damals, die Polizei habe demonstrativ mit Knüppeln auf ihre Schilder geschlagen, Tränengas geworfen und anschließend die Halle des S-Bahnhofs Sternschanze gestürmt.
So entschied man sich gegen ein massives Polizeiaufgebot, obwohl ich mich erinnere, dass auch Polizisten privat an dem Demonstrationszug teilnahmen. Freiwillige Helfer aus der CDU-Partei wurden eingesetzt, die allerdings auch demonstrativ einen „Stopp Strauß“ Buttton trugen. Viele erlebten damals ihre erste Demonstration. Der Platz, auf dem Franz Josef Strauß reden sollte, war zum Bersten voll. Um auf den Platz gelangen zu können, wurde man erst kontrolliert, wurden Taschen durchwühlt und wurde zu Ordnung aufgerufen. Was Strauß uns sagen wollte, konnten wir nicht hören, denn die Pfeifkonzerte waren so laut, dass wir nur einen wütenden Strauß erlebten, der auch uns beschimpfte. Wir im Norden wollten „Diktator Strauß“ nicht, denn so nannte man ihn mit seinen Ansichten. Wir wollten eine Demokratie und sogar der damalige Schuldirektor führte den Demonstrationszug an, außerdem war Franz Josef der Atomminister! Es waren auch die Jahre der Proteste gegen Atommeiler! 1980 zog die Partei „Die Grünen“ sogar in den baden-württembergischen Landtag ein. Der Slogan „Atomkraft? Nein Danke“ fand auch bei anderen Parteien immer mehr Zustimmung. Mit dem strahlenden Image der Kernenergie war es von da an vorbei! .
Die im selben Jahr gegründeten Grünen kandidierten erstmals auch auf Bundesebene und erhielten dabei nur mäßige 1,5%. Dies mag daran gelegen haben, dass angesichts der im Lager der Neuen Linken entstandenen Stoppt-Strauß-Kampagne einige Grünen-Anhänger die SPD gewählt hatten, um eine Kanzlerschaft von Franz Josef Strauß unbedingt zu verhindern.
Die Wahlergebnisse:
Bei der Wahl am 5. Oktober erreichten CSU und CDU zusammen 44,5% und lagen damit vor der Regierungspartei SPD mit 42,9%. Die Regierung bildeten jedoch erneut SPD und FDP (10,6%), die zusammen 53,5% der Stimmen erreichten. Franz Josef Strauß behielt sein Amt als Bayerischer Ministerpräsident. Die Wahlbeteiligung lag bei 88,6%. Die NPD gab es auch – allerdings nur als Zweitstimme und erreichten 0,2%
Nur 36 Jahre später, ist es, als wiederholte sich die Geschichte – und dieser Satz von Josef Strauß. „Rechts von uns ist nur noch die Wand“, hören wir von einer anderen Partei, der AfD. Wer sich das Parteiprogramm angeschaut hätte und über 50 ist, müsste doch spätestens da Parallelen entdeckt haben.
Das Bürgerliche Gesetzbuch schrieb es vor: Wollte eine Frau arbeiten, musste das ihr Ehemann erlauben. Erst 1977 wurde das Gesetz geändert. Bis zum 1. Juli 1958 hatte der Mann, wenn es ihm beliebte, den Anstellungsvertrag der Frau nach eigenem Ermessen und ohne deren Zustimmung fristlos kündigen können. In Bayern mussten Lehrerinnen zölibatär leben wie Priester – heirateten sie, mussten sie ihren Beruf aufgeben. Denn sie sollten entweder voll und ganz für die Erziehung fremder Kinder zur Verfügung stehen. Oder alle Zeit der Welt haben, um den eigenen Nachwuchs zu hegen. Erst nach 1969 wurde eine verheiratete Frau als geschäftsfähig angesehen.
Wiederholt sich die Geschichte?
Die AfD schreibt in ihrem Programmentwurf über Alleinerziehende auf Seite 41:
„Wer unverschuldet in diese Situation geraten ist, verdient selbstverständlich unser Mitgefühl und die Unterstützung der Solidargemeinschaft. Eine staatliche Finanzierung des selbstgewählten Lebensmodells ,Alleinerziehend’ lehnen wir jedoch ab. Wir wenden uns entschieden gegen Versuche von Organisationen, Medien und Politik, Alleinerziehende als normalen, fortschrittlichen oder gar erstrebenswerten Lebensentwurf zu propagieren. Der Staat sollte stattdessen das Zusammenleben von Vater, Mutter und Kindern durch finanzielle Hilfen und Beratung in Krisensituationen stärken“
Diesen Absatz muss man erläutern. Wer wird „unverschuldet alleinerziehend”? Das können nur Frauen und Männer sein, deren Partner gestorben ist. Alle anderen wählen das Lebensmodell „Alleinerziehend“ mehr oder weniger freiwillig. Frauen kriegen Kinder, ohne zu heiraten. Frauen entscheiden sich gegen eine Abtreibung und für das Kind, auch wenn sie den Vater nicht mögen. Frauen und Männer trennen sich von ihrem Partner – oder werden von ihm verlassen.
All diese Alleinerziehenden sollen nach dem Willen der AfD nicht mehr als „normal“ dargestellt werden. Weder von der Kirche, von Vereinen, noch von Medien oder der Politik. Für mich heißt das: Sie sollen gesellschaftlich ausgegrenzt werden.
Und: Die AfD lehnt staatliche Förderungen für diese Frauen und Männer ab. Sie sollen im Vergleich zu heute benachteiligt werden gegenüber klassischen Familien. Das bedeutet: Sie sollen finanziell ausgegrenzt werden. Der Programmentwurf der AfD zum Download
Freie Bürger sein, keine Untertanen schreibt die AfD – und was sind dann Alleinerziehende? Das ist doch schon in sich ein Widerspruch! Ich bin frei, weil ich mich dafür entschied, mein Kind allein groß zu ziehen. Meine Tochter ist frei, weil sie sich ebenfalls dazu entschied. Sind wir nun anders? Wer hat das Recht, uns die Rechte zu nehmen, die uns zustehen?
Hier hätten doch alle Frauen aufschreien müssen. Da kämpfen wir für Alleinerziehende, damit diese mehr Rechte erhalten, und dann stellen wir fest, dass die AfD sich zweistelliger Wahlergebnisse erfreuen können? Sollten Sie die AfD gewählt haben, sollten Sie spätestens jetzt diesen Beitrag lesen: Frauenarmut – man hat uns einfach vergessen. Im Jahr 2013 gab es in Deutschland rund 385 000 alleinerziehende Väter und rund 2 294 000 alleinerziehende Mütter!
Wer über 50 ist, der erinnert sich noch daran, dass wir gerade vielleicht mal 3 Programme im Fernsehen hatten, ARD, ZDF und die dritten. Welcher Jubel, als die Privaten Sender entstanden. Außerdem brauchten wir nicht mehr die Piratensender hören, denn diese wurden mit der Zeit etabliert
Was will die AfD? An die Stelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sollen zwei steuerfinanzierte und damit zu 100 Prozent vom Staat abhängige TV- und Radiosender gesetzt werden. Die AfD will den Einfluss der Politik auf das Fernsehen und die Nachrichten also stärken statt schwächen. Das erinnert doch schon sehr stark an die Türkei, in der zurzeit alles, was regimekritisch ist, verboten wird. Da bleibt nur die Frage, wie es dann mit unserem Internet wird. Wie in Ungarn, wo Hunderttausende auf die Straße gingen, um für ihr freies Internet zu kämpfen? Und wir schauen zu – wie lahme Lämmer?
Können Sie sich noch daran erinnern, wie wir gegen Atomkraft kämpften? Nach Fukushima 2011 lebte sogar die Bewegung wieder auf und Hunderttausende demonstrierten für ein Abschalten der AKWs. Und was will die AfD? AKWs sollen bleiben. Wer Beatrix von Storch bei Anne Will am Wahlsonntag, dem 13.März 2016 erlebte, weiß spätestens jetzt, woher der Wind in der Energiepolitik der Partei weht. Die Energiewende gefährde die Stromversorgung, statt der Erneuerbaren sollen Atomkraft und Fracking die Energieprobleme der Bundesrepublik lösen.
Erinnert euch: Schon damals gingen auch die Jugend, Studenten, Arbeiter, Beamte, Frauen u. s. w. gegen Strauß auf die Straße mit dem Slogan „Damit dieser Staat nicht von ein paar Hundert Privatunternehmern beherrscht wird. Damit die Verfassung dieses Staates nicht ausgehöhlt wird.“
Wir kämpfen immer noch als Frauen für unsere Rechte. Privatunternehmen wurden zu Konzernen und gegen diese Macht lehnen wir uns auf. Wer will schon, dass die Verfassung des Staates ausgehöhlt wird? Und dann wählen die Menschen aus Protest eine AfD?!
Man entschied sich aus Protest für eine Partei, die sich gegen die Flüchtlinge entschied, allerdings wählten sie ein Parteiprogramm, in dem die Rechte der Frau fast genau so eingeschränkt werden wie es in den Ländern der Fall ist, aus denen Frauen flüchten, weil sie dort keine Reche haben
„Ohne die Erinnerung können wir unsere Demokratie nicht retten.“ Hildegard Hamm-Brücher
Netzfrau Doro Schreier
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