Mehr als 400 Flüchtlinge ertranken im Mittelmeer, nachdem vier überfüllte Boote auf dem Weg von Ägypten nach Italien kenterten. Ein Bericht aus Somalia bestätigt, dass nur 29 Menschen gerettet werden konnten. Dass mehr als 400 Migranten vermutlich ertranken, bestätigte auch der somalische Botschafter in Ägypten, berichtet BBC Arabic .
Mittlerweile bestätigt auch Italiens Präsident Sergio Mattarella, dass bei einem Schiffsunglück im Mittelmeer mehrere hundert Migranten ums Leben gekommen sind. Berichten zufolge war vor der Küste Ägyptens ein Boot gekentert, das etwa 400 Flüchtlinge aus Somalia an Bord hatte. Die meisten der Passagiere sollen ertrunken sein.
Die meisten der 400 Migranten, die ertranken, kamen aus Somalia, Äthiopien und Eritrea. Sie hatten gehofft, das rettende Ufer Italiens zu erreichen.
UNHCR bestätigt nach Gesprächen mit Überlebenden: Nach dem Kentern eines Bootes im Mittelmeer bei Tobruk vor der libyschen Küste gab es bis zu 500 Tote. http://unhcr.org/57178bcf6.html
Die meisten Flüchtlinge bleiben anonym. Anonym liegen sie tot am Strand oder auf dem Meeresgrund. Sie dachten, sie wären fast am Ziel im rettenden Europa. Doch sie sind ertrunken, weil die Schlepper wieder ein Schiff so überladen haben, dass es kenterte. Alle europäischen Regierungen, die sonst gerne von Menschenrechten und dem westlichen Wertesystem reden, verschieben das Flüchtlingsproblem an die europäischen Außengrenzen und die Drittstaatenregelung. Die sogenannten „hot spots“ sind längst errichtet. Was die Flüchtlinge auf dem Weg bis zu einer Grenze der westlichen Welt mitgemacht haben, bekommt kaum jemand mit. Nun sind wieder über 400 Flüchtlinge ertrunken. Sie sollen zum Größten Teil aus Somalia kommen.
In den Social Media wurde bestätigt, dass viele Migranten versuchen würden, über Ägypten nach Italien zu kommen, da hier viele Schmuggler eine Überfahrt anboten. Fotos von einer handgeschriebenen Liste der Opfer wurden auf sozialen Medien von mehreren Somali sprechenden Benutzern hochgeladen.
Today over 400 young #Somalis died on a boat from #Egypt to #Italy Majority were from North #Somalia #migrantcrisis pic.twitter.com/80pPWvtfOw
— Integration TV (@IntegrationTV) 17. April 2016
Hundreds of young #Somalis are dead trying to reach Italy. Where is the top leadership? @TheVillaSomalia @SomaliPM pic.twitter.com/IoygAX7Idt
— Mo Ali (@xidignet) 18. April 2016
Das ist das Video, welches die Rettung zeigen soll, aber Vorsicht – es sind schreckliche Bilder.
Wie gelangen die Flüchtlinge aus Afrika nach Europa?
In Bengasi sind die IS – also werden die Flüchtlinge über Tunesien versuchen, nach Italien zu gelangen. Eine weitere Option bleibt Marokko und somit Spanien. Auch über Ägypten machen sich Flüchtlinge auf den Weg nach Griechenland oder Italien. Dieses schrieben wir bereits in unserem Beitrag: Nordafrika versinkt im Krieg – Leichen säumen Libyens Küste
Alexandria ist zum wichtigsten Abfahrtshafen für Flüchtlinge und Migranten am Nil geworden.
Die Stadt sei heute der Hauptumschlagsplatz für in Ägypten lebende Menschen, die nach Europa weiterreisen wollen, sagt Mohamed Kashef von der Menschenrechtsorganisation „Egyptian Initiative for Personal Rights“ (EIPR). Allein in Alexandria lebten Ende 2014 rund 90 000 Syrer, schätzt Mohamed. Inzwischen habe etwa die Hälfte davon Ägypten in Richtung Libyen oder direkt nach Europa verlassen. Ende 2015 waren es bereits etwa 140 000 Syrer, die in Ägypten auf ihre Überfahrt warten. Ägypten gehört zu den Staaten, die die größte Zahl an syrischen Flüchtlingen aufnimmt. Doch Ägypten ist für die meisten von ihnen nur eine Übergangsstation. Seit das Nachbarland Libyen im Bürgerkrieg versinkt, ist die Hafenstadt Alexandria der Startpunkt für Überfahrten nach Europa geworden. Wer es von hier aus per Boot bis nach Italien schaffen will, braucht je nach Wetter fünf bis zehn Tage. Die Bundesregierung möchte hier sogenannte „Hot Spots “ einrichten. Dabei sind Syrer in Ägypten alles andere als willkommen. Auch deshalb wollen die meisten einfach nur weg. Auch darüber berichteten wir bereits in unserem Beitrag: Nordafrika versinkt im Krieg – Leichen säumen Libyens Küste.
Von Ägypten aus versuchen Menschen, übers Meer nach Europa zu kommen. Mitte September 2014 ertranken 500 Flüchtlinge, als ein Boot eines Schleppers ein anderes Boot rammte. Das Unglück geschah vor der Hafenstadt Damietta in Ägypten auf dem Weg nach Malta.
Von Somalia nach Ägypten
Was die Medien uns zeigen, sind Flüchtlinge aus Afrika, die die gefährliche Reise bis nach zum Beispiel Italien oder Griechenland geschafft haben. Was aber nicht gezeigt wird, sind die Orte, von wo aus die Menschen starten. Es gibt nicht nur in der Türkei Menschenschmuggler, die auf Kosten dieser Flüchtlinge Kasse machen, sondern ein Ort ist Agadez. Agadez liegt im Zentrum des afrikanischen Staates Niger. Viele Tausende von Flüchtlingen, die jedes Jahr durch die Sahara flüchten, wo pralle Hitze und Staub ihr Überleben gefährdet. Sie haben meist schon alles, was sie hatten, den Schleppern gegeben. Viele verlieren auf dieser Reise ihr Leben. Augenzeugen berichten von Leichen und Skeletten, die in der Wüste als stumme Zeugen den Weg markieren. Darunter viele Frauen und Kinder, elendig verdurstet. Wie viele es sind, weiß keiner, denn sie werden nicht gezählt. Auch finden wir in den Medien keine Zahlen, so als gäbe es diese Flüchtlinge nicht. Bevor die Flüchtlinge Libyen erreichen, liegt vor ihnen eine gefährliche Reise von bis zu sechs Tagen quer durch die Sahara mit extremen Temperaturen. Siehe: Agadez: Wo die Reise durch die Wüste von Afrika nach Europa beginnt und niemand ihre Leichen zählt
Libyen ist das Durchgangsland für viele Flüchtlinge nach Europa. Werden Flüchtlinge auf See gerettet, landen sie im Gefängnis. Hier werden sie regelmäßig ausgeraubt, gefoltert, entführt und sexuell missbraucht. Es wird berichtet , dass die Bedingungen in der Haftanstalt, in der Flüchtlinge eingesperrt werden, unmenschlich sind. Die Zellen sind total überfüllt, es gibt keine Nahrung und keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Werden Flüchtlinge und Migranten auf See gerettet, bei Hausdurchsuchungen und Identitätskontrollen entdeckt, landen sie im Gefängnis. Dort erwartet sie Folter und andere Misshandlungen. Verantwortlich für diese grausamen Taten sollen die Abteilung zur Bekämpfung der illegalen Migration (DCIM) und bewaffnete Gruppen sein. Die befragten Flüchtlinge berichteten von Schlägen, Aufhängen und Zwangsarbeit. Die al-Nasr-Haftanstalt wurde unter der Aufsicht des DCIM Mitte März eröffnet. Es wird geschätzt, dass sich dort etwa 1200 Häftlinge befinden, vor allem südlich der Sahara abgefangene Afrikaner oder auf hoher See von der libyschen Küstenwache Gerettete. Auch Frauen und Kinder sollen sich dort befinden. Siehe Unterstützt die EU mit Millionen Euro den Terrorismus in Libyen, um Flüchtlinge zu verhindern nach Europa zu gelangen? Gerettete Flüchtlinge sterben in Libyen an Misshandlungen
Entscheiden sich die Flüchtlinge über Ägypten nach Italien zu kommen, wartet auf sie eine weitere menschliche Grausamkeit. Hier gibt es eine „Bande“, die Flüchtlinge und Migranten als „Ersatzteillager“ nutzt.
Erst Anfang April wurde bekannt, dass neun Somalier ins ägyptische Meer geworfen wurden, nachdem sie entführt und ihre Organe von Menschenhändler entfernt worden waren. Unter den Toten war eine Mutter und zwei kleine Kinder. Sie wurden in der Nähe von Alexandra gefunden. Bis vor kurzem verbot das ägyptische Recht Organspende von Verstorbenen zu verwenden, sodass Organspenden nur von den Lebenden genommen werden dürfen. Dies führte zu einem grausamen System und das Problem hat sich noch verschärft.
Ein Bericht von Organ-Failure Solutions (COFS), eine gemeinnützige internationale Gesundheits- und Menschenrechtsorganisation, zeigt auf, dass Menschenhändler in dem nordafrikanischen Land zunehmend auf Afrikaner abzielen, vor allem Flüchtlinge und andere Migranten. COFS schätzt, dass wahrscheinlich Hunderte von sudanesischen sowie zahlreiche andere Flüchtlinge aus Jordanien, Eritrea, Äthiopien, Somalia, Irak und Syrien den Menschenhändlern zum Opfer gefallen sind. COFS schätzt die Gesamtzahl der Opfer des Organhandels in Ägypten über Tausende.
Auch in El-Arisch in Ägypten gibt es ein Massengrab von toten Flüchtlingen. Die meisten stammten aus dem Sudan und Eritrea und seien in den Händen der Schlepper und Entführer gestorben, an Folter, an Hunger, Durst oder Krankheiten, oder weil man ihnen Organe entnommen habe.
Wir hatten bereits über den Organhandel berichtet: Organhandel – Flüchtlinge als billige Ersatzteillager
Konkrete Kooperationen mit Machthabern in Eritrea, Sudan, Äthiopien und Somalia?
WDR Pressemeldung vom 14. 04. 2016
Die Europäische Kommission und der Auswärtige Dienst der EU schlagen darin konkrete Kooperationen mit den Machthabern in Eritrea, Sudan, Äthiopien und Somalia vor. Man könne im Gegenzug für die Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik beispielsweise über Wirtschaftshilfen und Visaerleichterungen für Diplomaten nachdenken.
In einer Sitzung der Botschafter der EU-Staaten vom 23. März wurden die Vorschläge besprochen, die laut vertraulichem Protokoll „unter keinen Umständen an die Öffentlichkeit gelangen dürften“. Für Deutschland besteht demnach offenbar dringender Handlungsbedarf gegenüber allen vier Ländern. Die „Lage im Rückführungsbereich“ sei „unbefriedigend“, heißt es in dem Protokoll.
Die vertraulichen Länderpapiere beinhalten eine Einschätzung der Menschenrechtssituation in den ostafrikanischen Ländern. Im Sitzungsprotokoll bezeichnet der Auswärtige Dienst der EU die humanitäre Situation in Äthiopien als „katastrophal“. Nichtsdestotrotz kann sich die EU hier eine stärkere Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden vorstellen, z. B. durch einen „verbesserten Informationsaustausch mit der Polizei“, wie es in dem Länderbericht heißt.
Eine Zusammenarbeit in den Bereichen Migration, Mobilität und Rückübernahme strebt die EU-Kommission diesem Bericht zufolge auch mit dem Sudan an. Man könne sich hier sogar eine „Streichung von der Liste terrorunterstützender Staaten“ vorstellen, sollte der Sudan kooperieren. Gleichzeitig warnt der Europäische Auswärtige Dienst laut Protokoll davor, „der Ruf der EU stehe auf dem Spiel“, wenn diese sich zu stark mit dem Sudan engagiere. Sudans Präsident Omar Al-Baschir wird vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Völkermords und Verbrechen gegen die Menschlichkeit per internationalem Haftbefehl gesucht.
Die EU-Direktorin von Human Rights Watch, Lotte Leicht, kritisiert den Grundansatz dieser EU-Politik: „Es ist unglaublich zynisch, wenn die Europäische Union, die auf Werten basiert und die europäischen Regierungen, die sagen, dass ihnen die Menschenrechte etwas bedeuten, mit menschenverachtenden Regierungen zusammenarbeiten, nur mit dem Ziel, Menschen davon abzuhalten, nach Europa zu kommen.“
Europäische Kommission und der Auswärtige Dienst antworteten auf MONITOR-Anfrage, man halte Zusammenarbeit und Dialog mit den Ursprungs- und Transitländern afrikanischer Flüchtlinge für äußerst wichtig. Im Zentrum der Beziehungen zu diesen Ländern stünden „der Schutz und die Förderung der Menschenrechte“.
Bereits 2013 startete die EU die Border Assistance Mission (Eubam) in Libyen. Jedes Jahr fließen seither rund 26 Millionen Euro in die Ausbildung des libyschen Grenzschutzes. In Deutschland zeichnet hier das Bundesinnenministerium hauptverantwortlich und stellt drei Ausbilder, zwei von der Bundes-, einen von der Landespolizei. Angesichts der Wirren des libyschen Bürgerkriegs und der verheerenden humanitären Lage für Flüchtlinge vor Ort gerät diese Kooperation allerdings zusehends in die Kritik.
Erst diese Woche wurde bekannt, dass das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium 2016 und 2017 ein Viertel der für den Fonds vorgesehenen 40 Millionen Euro einzahlen könnten, hieß es im Auswärtigen Amt.
Die EU soll bereits die nordafrikanischen Ländern finanzieren und ihre Flotten in Such- und Rettungsaktionen für die Zehntausenden von Menschen trainieren, die von Libyen nach Italien fliehen. Sind diese erstmal gerettet, werden sie in die Herkunftsländer zurückgebracht. Dieses soll eine abschreckende Wirkung erzeugen, sodass immer weniger Migranten bereit wären, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um die europäischen Küsten zu erreichen.
Mittlerweile wurde die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) vom Auswärtigen Amtes beauftragt, mehrere Programme durchzuführen. Zwischen Niger und Nigeria entstehen neun Grenzstationen. Das Auswärtige Amt finanziert den Bau von drei der Stationen. Für die übrigen kommt die Europäische Union auf. Zu einem weiteren Programm heißt es: „Im Rahmen des Vorhabens wurden den Partnern Fahrzeuge (Geländewagen), Büroausstattung (Computer, Drucker), GPS-Geräte zur Grenzvermessung sowie Baumaterial zur Errichtung von Grenzsteinen und Versorgungsinfrastruktur in Grenznähe (Latrinen, Duschen, Wasserpumpen) zur Verfügung gestellt.“ Mehr als 280 000 Euro fließen dieses Jahr zudem an die internationale Polizeiorganisation Interpol. Damit wird die Vorbereitung eines zweiwöchigen „Regionalworkshops“ für Niger und andere Staaten der Sahel-Zone finanziert. Themenschwerpunkt sind die Bekämpfung von Terrorismus, Korruption und Geldkriminalität.
Dazu gehört aber auch eine einwöchige Grenzkontroll-Operation „unter der Leitung von Interpol und mit Verwendung von Interpol-Technik“. Berlin arbeitet unterdessen schon am nächsten Schritt der Kooperation mit Niger. Im Mai beschloss zunächst der Europäische Rat, die zivile EU-Mission Eucap in Sahel Niger auszuweiten. Neben Maßnahmen gegen Terrorismus und die organisierte Kriminalität gehören seither auch Maßnahmen gegen die illegale Migration und Schleuser zum Profil der Mission. In der Stadt Agadez soll ein Außenposten entstehen, weil sich viele Flüchtlinge von dort aus auf den Weg nach Libyen begeben.
Wie Sie sehen, die EU scheint doch vorbereitet zu sein, aber eben auf ihre Art und Weise.
Fazit: Wir stehen erst ganz am Anfang der Flüchtlingskrise. Denn während unserer Recherche haben wir bereits viele Tausende Menschen gesehen, die sich aufmachen nach Europa. Wir mussten aber auch feststellen, dass Europa das bekommt, was es selbst teilweise mit verursacht hat. Denn sie haben diese Länder mit Waffen versorgt, Diktatoren unterstützt und erpressen die Länder wirtschaftlich, indem sie sie mit westlichen Konsumgütern zu Dumpingpreisen überschwemmt und so die heimische Wirtschaft zum Erliegen bringt. Die westliche Welt steht für das Symbol „der drei Affen“ Nichts sehen, nichts hören und nichts sagen.
Schaffen die afrikanischen Flüchtlinge den grausamen Weg durch die Wüste bis nach Libyen und Ägypten, erwartet sie dort eine weitere unmenschliche Situation.
Shame on the World!
Netzfrauen Lisa Natterer und Doro Schreier
Wären die Flüchtlinge eine Bank, hätte sie der Friedensnobelpreisträger längst gerettet
Organhandel – Flüchtlinge als billige Ersatzteillager
Gewusst? Zuwara in Libyen ist die größte Schlepperhochburg – Hier sterben jeden Tag Menschen