30 Jahre nach dem Super-GAU im Akw Tschernobyl sind die Probleme vor Ort noch längst nicht gelöst. Denn etwa 190 Tonnen Kernbrennstoff befinden sich noch immer im Inneren des Unglücksreaktors.
Weder aus Tschernobyl noch aus Fukushima haben Menschen etwas gelernt. Die EU unterstützt mit unseren Steuergeldern neue AKWs. Uns kommen Zweifel, ob dort Menschen sitzen, ob da Mütter und Väter sitzen, die wissen, wie gefährlich AKWs sind – oder ist es besser, alles zu verheimlichen – wie wir es bei Fukushima erleben?
Vor 30 Jahren kam es zu dem schlimmstmöglichem AKW-Unfall in Tschernobyl. Noch heute sind die wirklichen Folgen unabsehbar, und wenn Sie bis zum Ende unseres Berichtes lesen, dann werden Sie feststellen, dass die Menschen nach wie vor nicht aus ihren Fehlern lernen.
Nach der Ukraine und Weißrussland ist Österreich das von den Tschernobyl-Strahlen weltweit am stärksten betroffene Land. Die Bilanz nach 30 Jahren: 1000 Österreicher starben an den Folgen des Unglücks und in den kommenden 20 Jahren werden es weitere 600 Tote sein.
Wir waren live dabei und erlebten am 26. April 1986, was es bedeutet, nichts zu erfahren. Unterrichtet wurden wir erst einige Tage später, aber auch nur, weil die Schweden nach ersten auffälligen Messungen Alarm schlugen. Die Politiker waren mit der Situation überfordert und wollten auch hier in Europa keine Panik auslösen. Frankreich erfuhr es sogar noch später, Österreich nach einer Veranstaltung am 01. Mai 1986, da man diese Großveranstaltung nicht stören wollte.
„Das Schlimmste an der Tschernobyl–Katastrophe war, dass niemand der Bevölkerung reinen Wein einschenkte. Fakten wurden verschleiert, Informationen zurückgehalten. Ich beobachte jetzt in Japan genau das selbe. Dabei hilft bei so einer Katastrophe nur eins: Transparenz,“ so ein russischer Wissenschaftler.
Gleich in den ersten Tagen nach dem Unglück in Tschernobyl verschwanden dort alle Bücher über radioaktive Strahlung, über Hiroshima und Nagasaki, sogar über Röntgenologie aus den Bibliotheken. Auf Anweisung von oben, hieß es. Damit keine Panik entstehe. Ein Witz kursierte sogar: Wäre Tschernobyl bei den Papuas passiert, wäre die ganze Welt aufgeschreckt – mit Ausnahme der Papuas. (Aus dem Buch von Swetlana Alexijewitsch Tschernobyl: Eine Chronik der Zukunft)
Die Havarie wurde von den sowjetischen Behörden zunächst verschwiegen und später heruntergespielt. Es waren Wissenschaftler im fernen Schweden, die nach ersten auffälligen Messungen Alarm schlugen – der Wind hatte radioaktive Wolken erst nach Polen und Skandinavien, später dann auch nach Tschechien, Süddeutschland und Österreich getrieben.
Chernobyl: The Last Lament
Der 23-jährige Nachwuchsfilmer Jan Fabi hatte 2014 die Gelegenheit, die Sperrzone um Tschernobyl zu besuchen. Eine beeindruckende Dokumentation entstand. Neben zahlreichen visuellen Eindrücken dokumentierte er die Augenzeugenberichte zweier Rücksiedlerfrauen.
Eine 10-minütige Kurzdokumentation: Neben pittoresken Orten innerhalb der Sperrzone interviewte er auch zwei Rücksiedlerfrauen, Maria Patrovna und Hanna Sawarotjna. Was sie damals nicht ahnten, dass sich ihr Leben für immer verändern würde. In der Dokumentation schildern sie ihre ganz persönlichen Erinnerungen an den 26. April 1986.
When on the night of the 26th April 1986, with the explosion in Reactor 4, one of the worst environmental disasters of the 20th century befell the Ukrainian city Chernobyl, Maria Patrovna and Hanna Sawarotjna were pursuing their everyday life. What they didn´t know at that time was, that their life had just forever changed.
In June 2014 I was given the rare opportunity to visit one of the most fascinating yet dangerous places I´ve ever been to. The numerous picturesque places within the exclusion zone oppressively reveal the decay of a once thriving city.
Armed with a geiger counter and a Blackmagic Cinema Camera I not only collected footage of impressive places, but also met two resettlers for an interview. The result is a 10 minute documentary with an artistic approach.
Follow us on a time travel back into the Soviet Union; a time travel into one of the darkest chapters of Ukrainien history. – Jan Fabi
Vom 1986 havarierten Atomkraftwerk Tschernobyl gehen zwei Gefahren aus. Zum einen vom sogenannten Betonsarkophag, der unmittelbar nach der Katastrophe in aller Eile um die Ruine herum errichtet worden war, zum anderen von der in der in der üppigen Vegetation rund um Tschernobyl gespeicherten Radioaktivität. Waldbrände wie jene, die 2015 bei Tschernobyl wüteten, sind geeignet, sie wieder freizusetzen.
http://www.tschernobyl-info.de/
„Die Atomindustrie kann jedes Jahr eine Katastrophe wie Tschernobyl verkraften.“
Hans Blix,1986 in seiner Funktion als Direktor der IAEOINFOBOX
Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) – International Atomic Energy Agency (IAEA)
Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) wurde 1957 als eine autonome zwischenstaatliche Organisation gegründet. Sie berichtet regelmäßig der Generalversammlung der Vereinten Nationen und hat die Pflicht, bei einer festgestellten Gefährdung des Weltfriedens den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen direkt anzurufen (Statut, Art. III B 4). Deutschland ist seit dem Gründungsjahr 1957 Mitglied der Organisation und in deren Kontroll- und Lenkungsorgan, dem Gouverneursrat, ständig vertreten.
Alle 159 Mitgliedstaaten (Stand: Februar 2013) sind in der einmal jährlich tagenden Generalkonferenz vertreten. Viermal pro Jahr tagt der Gouverneursrat, dazu zweimal der Programm- und Haushaltsausschuss (PBC) bzw. der Ausschuss für Technische Hilfe (TACC).
Aufgabenschwerpunkte der IAEO sind Kernenergie (Nuclear power), Nukleare Sicherheit und Sicherung (Nuclear safety and security) sowie Verifikation (Safeguards).
Kernenergie:
Die IAEO fördert weltweit die friedliche Nutzung der Kernenergie durch Fachtagungen, koordinierte Forschungsverträge, Datenbanken sowie umfassende Dokumentations- und Publikationstätigkeiten.
Sie leistet Hilfe für Entwicklungsländer, z. B. kerntechnische Anwendungen in den Bereichen Medizin, Wasser und Landwirtschaft durch Entsendung von Experten, Stipendien, Ausbildungskurse etc. Quelle
Studie: Gesundheitliche Folgen von Tschernobyl
In der vorliegenden Arbeit wurden Studien ausgewertet, die plausible Hinweise auf Gesundheitsschäden infolge der Katastrophe von Tschernobyl enthalten. Die Autoren der vorliegenden Arbeit legten Wert auf die Auswahl von methodisch sauberen und prinzipiell nachvollziehbaren Analysen. Auf Grund der genannten methodischen Schwierigkeiten geht es in der vorliegenden Arbeit jedoch nicht darum, den offenkundig falschen Zahlen der Internationalen Atomenergie-Organisation die „richtigen“ Zahlen gegenüberzustellen, weil es diese aus methodischen Gründen niemals geben wird. Sie kann nur Anhaltspunkte dafür liefern, mit welcher Vielfalt von Gesundheitsschäden wir uns befassen müssen und mit welchen Größenordnungen man es zu tun hat, wenn man von den gesundheitlichen Folgen von Tschernobyl spricht.
Besonders strahlenbelastete Populationen durch die Tschernobylkatatstrophe
a. Aufräumarbeiter (Liquidatoren): 830 000 (Yablokov, 2010)
b. Evakuierte aus der 30-km-Zone und weiteren sehr stark kontaminierten Zonen: 350 400 (Yablokov, 2010)
c. Bevölkerung der stark strahlenbelasteten Zonen in Russland, Weißrussland und der Ukraine: 8 300 000 (Yablokov, 2010)
d. Europäische Bevölkerung in geringer strahlenbelasteten Zonen (Fairlie, 2007): 600 000 000 Krankheiten
Krankheiten/Gesundheitsschäden als Folge der zusätzlichen Strahlenbelastung durch Tschernobyl
Krebserkrankungen: Dabei ist zu bedenken, dass viele Krebserkrankungen eine Latenzzeit von 25 bis 30 Jahren haben. Bisher sehen wir in der Bevölkerung erst die Schilddrüsenkrebserkrankungen, die Brustkrebserkrankungen und Hirntumore bei Kindern. Bei den Liquidatoren sind darüber hinaus auch viele andere Organe von Krebs betroffen: Prostata, Magen, Blutkrebserkrankungen.
Die beunruhigendste Gruppe – Kinder betroffener Eltern. Dies sind Kinder, die nicht selbst vom Tschernobylfallout getroffen wurden. Sie sind aber Kinder von Eltern, die Tschernobyl selbst miterlebt haben. Auch bei diesen Kindern zeigt sich eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit der Zeit. Das deutet darauf hin, dass möglicherweise schon genetische Veränderungen stattgefunden haben. Hier sind jedoch noch viele Fragen offen. Mehr Informationen in der Studie von IPPNW aus dem Jahr 2011
Verstrahltes Bayern: Wie viel Wahrheit ist uns zumutbar?
30 Jahre nach Tschernobyl: Verstrahlte Wildschweine, die entsorgt werden müssen. Pilze, die radioaktives Cäsium aus dem Waldboden saugen und daher nicht verzehrt werden sollten. Und vor allem Menschen, die an Krebs erkrankt und überzeugt sind, dass ein Zusammenhang mit der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl im April 1986 besteht. Nur langsam fließen damals die Informationen. Das Ausmaß der Auswirkungen auf Deutschland und Bayern ist lange nicht klar – und ist es teilweise bis heute nicht.
30 Jahre nach dem Super-GAU im Akw Tschernobyl sind die Probleme vor Ort noch längst nicht gelöst. Denn etwa 190 Tonnen Kernbrennstoff befinden sich noch immer im Inneren des Unglücksreaktors.
Alte, marode Atommeiler werden zu „Kartenhäusern“
Sicherheitsstandards der frühen 70er und 80er ?!
Beispiel Ukraine:
Über die Energynews erhielten wir am 29. Dezember 2014) folgende Informationen:
„Notfall Shutdown” von einem der weltweit größten AKWs — Offizielle vor Ort sprechen von: „14-mal höherer Radioaktivität als der akzeptierte Grenzwert” in der Umgebung; Es gibt Warnungen vor einer Katastrophe, die mit Tschernobyl vergleichbar sei — Laut Regierung liegen die Werte „im akzeptablen Bereich”, man würde die Ursachen untersuchen — Zweiter Störfall an diesem Reaktor im Dezember
Quelle: ENENEWS
Mehr Informationen in unserem Beitrag: Ukraine: Notabschaltung im größten AKW Europas?
Das Kraftwerk Saporischschja entspricht nicht den westlichen Sicherheitsstandards!
Marode russische AKWs sind „hochgefährlich“
Auf ukrainischem Territorium befinden sich 15 funktionierende Reaktorblöcke in vier Atomkraftwerken und weitere vier gedrosselte Reaktorblöcke im Atomkraftwerk Tschernobyl.
INFOBOX
Kernkraftwerk Saporischschja
Mit dem Bau des ersten Reaktors wurde im Jahr 1980 begonnen. Mit der Inbetriebnahme des ersten Reaktorblocks am 10. Dezember 1984 wurde der erste Reaktor der russischen Standard-Baureihe WWER-1000/320 in Betrieb genommen. In den Jahren 1981, 1982 und 1983 folgte der Baubeginn der Blöcke zwei bis vier. Diese gingen jeweils nach einer Bauzeit von ungefähr vier Jahren und acht Monaten in Betrieb. Block 5 wurde von 1985 bis 1989 errichtet. Der Baubeginn des sechsten Blocks war am 1. Juni 1986. Er ging schließlich nach über neunjähriger Bauzeit am 19. Oktober 1995 in Betrieb.
Aus dem Kernkraftwerk wurden wiederholt Störfälle gemeldet. Im April 1993 wurden einige Teile der Anlage durch Wasser, welches aus einem Primärkreislauf ausgetreten war, stark radioaktiv kontaminiert. In den Jahren 1994 bis 1997 wurden wegen finanzieller Engpässe nur zwei Millionen Dollar investiert. Quelle
Reaktoren der Baureihe WWER-1000/320 befinden sich unter anderem in Balakowo, Kalinin und Temelín
Siehe auch Liste der Kernreaktoren in der Ukraine
Wladimir Sednjow berichtet Schülern in Schleswig-Holstein von der Reaktorkatastrophe 1986
Er war damals 26 Jahre alt. Sie wohnten in der Siedlung Drushny bei Minsk. Der 26. April 1986 war ein Sonnabend, ein freier Tag. Seine Frau und er nahmen die Tochter und den Sohn im Kinderwagen mit und fuhren hinaus in ihren Garten. „Wir hatten keine Ahnung, was passiert war“, sagt er. „Wir hatten keine Informationsquelle, keinen Internetanschluss. In der Zeitung und im Fernsehen gab es keine Informationen.“ Erst später wurde der Brand im Fernsehen gezeigt. Es gebe Opfer, hieß es, aber man habe alles im Griff. Zu der Zeit arbeitete er als Schichtleiter auf der Baustelle des neu geplanten Atomkraftwerks in der Nähe von Minsk. Im September 1986 wurde er nach Tschernobyl abkommandiert. Sie hatten drei Tage Zeit, sich darauf vorzubereiten. „Meine Frau brach in Tränen aus, als ich ihr alles erzählte“, sagt er. „Es war aber nichts zu machen, wir mussten fahren.“ Sie wurden in Schichten eingeteilt. „Wir haben Tag und Nacht gearbeitet.“ Quelle
Die Havarie 1986 wurde von den sowjetischen Behörden zunächst verschwiegen und später heruntergespielt. Es waren Wissenschaftler im fernen Schweden, die nach ersten auffälligen Messungen Alarm schlugen – der Wind hatte radioaktive Wolken erst nach Polen und Skandinavien, später dann auch nach Tschechien, Süddeutschland und Österreich getrieben.
Vor Ort erfuhren selbst die russischen Techniker wenig verlässliche Einzelheiten. Sie mussten sich aus Erzählungen von Betroffenen ihr eigenes Bild machen. Sednjow erinnert sich daran, dass in den ersten Tagen nach der Haverie etwa 350 eiligst evakuierte Familien in Minsk untergebracht worden waren. „Viele von ihnen sind gestorben“, hat der Liquidator beobachtet. Warum er dann überhaupt nach Tschernobyl gegangen ist, wird er von den Schülern gefragt. „Es war ein Befehl“, lautet die Antwort: „Es war, als wenn ich an die Front muss.“ Quelle
Laut Kieler Nachrichten vom 09. Mai. 2015 (Papierform) ist W. Sednjow (58) als Invalide zweiten Grades eingestuft und arbeitet heute im zum Wärmekraftwerk umgebauten Minsker AKW. Auch seine Kinder, die 38 Kilometer vom Reaktor entfernten Drushny aufwuchsen, haben Schäden davon getragen. Die Heinrich-Böll-Stiftung schätzt, dass von 850 000 Liquidatoren 125 000 verstorben sind, aber lediglich nur 28 500 Familien eine Hinterbliebenenrente bekommen. Dass die Menschen an den Folgen der Reaktor-Katastrophe gestorben sind, versucht man immer noch zu vertuschen.
30 Jahre nach Tschernobyl haben wir immer noch nicht die ganze Wahrheit erfahren und werden es auch nicht. Und nach Tschernobyl kam Fukushima und auch hier erfahren wir nur Bruchstücke, und wäre Fukushima bei den Papuas passiert, wäre die ganze Welt aufgeschreckt – mit Ausnahme der Papuas.
Genau wie in der Ukraine, in den USA oder in Frankreich, nein, überall auf der Welt – die „ALTEN ATOMMEILER“ sind marode und was haben wir daraus gelernt? Nichts. Die Netzfrauen berichten seit nunmehr drei Jahren immer wieder über Fukushima und weisen auf die Gefahren hin, die von AKWs ausgehen, werden angefeindet und als Verschwörungstheoretikerinnen beschimpft. Na und – sagen wir uns – wir waren live dabei und haben am 26. April 1986 erlebt, was es bedeutet, nichts zu erfahren. Unterrichtet wurden wir erst einige Tage später, aber auch nur weil die Schweden nach ersten auffälligen Messungen Alarm schlugen. Die Politiker waren mit der Situation überfordert und wollten auch hier in Europa keine Panik auslösen. Frankreich erfuhr es sogar noch später, Österreich erst nach einer Veranstaltung am 01. Mai 1986, da man diese Großveranstaltung nicht stören wollte. Noch Fragen?
Unsere gesammelten Informationen über Fukushima erhalten Sie hier.
„Wegen technischer Fehlfunktion eines Generators wurde ein Testlauf des umstrittenen tschechischen Atomkraftwerks Temelin abgebrochen. Die Atombehörde erklärte, die technischen Probleme hätten nichts mit der Sicherheit zu tun. Aha. Jetzt mal kurz überlegt: Eine technische Anlage, die technische Probleme hat und ein Atomkraftwerk ist.“
© Wolfgang J. Reus (1959 – 2006)
Und was lernen wir daraus – die EU-Kommission leider nichts: Skandalöse Entscheidung für Atomkraftförderung! EU-Kommission genehmigt Subventionen für AKW Hinkley Point in England
Oder ganz aktuell: AKW Fessenheim wie Fukushima – es wird vertuscht und gelogen – Deutsche Bank, Allianz und Blackrock unterstützen umstrittene Atomkraftwerke in Europa
Netzfrauen Lisa Natterer und Doro Schreier
Klimavertrag ein Betrug? Industriestaaten verseuchen nun Afrika mit Kohle – und Atomkraftwerken
AKW-Neubau Hinkley Point – Großbritannien will Österreich wegen atom-kritischer Haltung verklagen