Wegen Massenfischsterben wurde für die Región de los Lagos im Süden Chiles der Notstand ausgerufen. 40 000 Tonnen Lachs und 8000 Tonnen Sardinen wurden bislang tot angespült. Wir bekamen folgende Nachricht von unserer Netzfrau Birgit aus Chile:
„Katastrophengebiet im Süden Chiles, wo zigtausende Fische und Meeresfrüchte gestorben sind. Es gibt nichts mehr zu fischen und die Menschen hungern. Die Regierung macht die Algen dafür verantwortlich, unter der die Region alljährlich zu leiden hat. Die Jahre vorher war das Aufkommen der Algen geringer. Die Fischer machen die Lachsfarmen verantwortlich, da sie vor kurzem mehr als 39 Tonnen toten Lachs mit Chemie ins Meer geworfen haben. Auch Tiere und Orte, die nie Probleme mit den Algen hatten, sind betroffen. Seit Tagen gibt es einen Aufstand und brutale Proteste. Da es sich um eine Insel handelt, deren Zugangsstraßen gesperrt wurden, gibt es nichts mehr zu essen. Es ist dramatisch, ich habe mit einigen „Compañeras“ gesprochen, die als Sammler am Meer arbeiten. Es herrscht hier ein Chaos, bitte teilt es den Menschen mit, da ich selber nichts in Deutschland gefunden habe.
Die Proteste weiten sich aus. Es beteiligen sich die Berufsfischer, die Lachsarbeiter, indigene Gemeinschaften und Einwohner der Provinz Chiloé. Es kommt zu Zusammenstößen der Regierung mit den Protestierenden. Mindestens 19 Betriebe, die von dem gigantischen Lachssterben betroffen sind: AquaChile, Blumar, Camanchaca, Austral Lachs, Marine Harvest, Australis Mar, Salmones Humboldt und Ocean Farm. Darüber hinaus gab es eine Reihe von Beschwerden u. a. von Dämpfen von Schwefelwasserstoff H2S Säure. Diese Gase entstehen durch die verendeten Lachse, die in den Booten in verschiedenen Häfen und auf dem Binnenmeer verrotten. Als Maßnahme für die menschliche Gesundheit wurde das Meer zur Müllkippe erklärt, in das nachweislich mehr als 500 Tonnen toter Lachs gekippt wurden.“
Wir haben Ihnen einige Nachrichten aus Chile zusammengestellt, damit Sie sich einen Überblick über die dramatische Situation machen können, denn die Welt schweigt. Es geht um das Überleben vieler Menschen u. a. auch, weil die Welt immer mehr Lachs essen will. Woher dieser Lachs stammt, und unter welchen Bedingungen dieser gezüchtet wird, interessiert die wenigsten. Da Lachs ein Wirtschaftsfaktor in Chile ist, werden wie immer viele Faktoren verschwiegen. Doch die Menschen in den südlichen Regionen hungern und leiden unter den momentanen Katastrophen und sie protestieren gegen diese Zustände.
Lachse sind nach Kupfer der größte Exportartikel des südamerikanischen Landes Chile
Hinweis: Bereits 2010 berichtete der Spiegel, dass Forscher vor der südchilenischen Pazifikküste eine erschreckende Beobachtung machten: Offenbar hat die rasant ansteigende Lachsindustrie verheerende Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem: Anderes Leben hat in der Umgebung kaum eine Chance. Als die Göttinger Forscher vor der südchilenischen Pazifikküste Wale beobachteten, hatten sie eigentlich etwas ganz anderes im Sinn: Sie wollten die akustische Kommunikation der Meeressäuger genauer unter die Lupe nehmen. Doch eine eher zufällige Entdeckung alarmierte die Wissenschaftler: Die Lachsfarmen in der abgelegenen Region Aysén bedrohen die dortige Tierwelt und das gesamte Naturschutzgebiet in einem bisher völlig unbekannten Ausmaß.
Die Forscher fanden nicht nur, dass sich die Lachsindustrie rasant in den vormals unberührten Süden der Region ausbreitet. In der unmittelbaren Umgebung der Lachsfarmen gebe es kaum noch anderes Leben, „überall liegt ein Geruch wie von Bleichmitteln in der Luft“, berichten Heike Vester und Marc Timme vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation jetzt im britischen Fachjournal „Nature“ in der Rubrik „Korrespondenz“. Selbst internationale Umweltschutzorganisationen zeigten sich von diesem Zufallsfund überrascht.
Chile ist weltweit einer der wichtigsten Produzenten von Zuchtlachs und exportiert Fische im Wert von rund 1,6 Milliarden Euro im Jahr. Lachsfarmen gelten generell als großes Umweltproblem. Das Ausmaß sei jedoch unterschätzt worden, sagen die Meeresbiologen. Weite Teile der Region Aysén stehen unter Naturschutz. Dies gilt aber offensichtlich nicht für das angrenzende Meer. Da die abgelegenen Fjorde von Land aus kaum zugänglich seien, habe sich das ganze Ausmaß der negativen Folgen der massenhaften Lachszucht erst bei Studien vom Wasser aus gezeigt. Dieses bestätigte auch unsere Netzfrau Birgit Steinmeyer aus Chile. Auch der Norden der Provinz Aysén, wo viele Lachsfarmen auf Grund des Viruses stillgelegt und verlassen wurden, bietet ein trostloses Bild. Die kranken Fische wurden offenbar nicht entsorgt, sondern zum Teil einfach in Plastikbeuteln im Wasser versenkt.
Viele Verbraucher sind immer noch der Meinung, dass der Lachs aus Norwegen kommen würde, doch auf Grund der immer härter werdenden gesetzlichen Vorgaben in Norwegen sind viele Konzerne nach Chile ausgewichen. Wir berichteten darüber. Siehe auch: INSIDER BERICHTET – Norwegischer Lachs immer ekelhafter. Nicht nur die Chemie, die eingesetzt wird bei der Massentierhaltung unter Wasser ist ein Problem, sondern ein anderes Problem der Aquakultur ist der enorme Futterbedarf des Raubfischs: Zwei bis fünf Kilogramm Fisch müssen verfüttert werden, um ein Kilogramm Lachs zu produzieren. Dieses Fischfutter wiederum wird meist noch traditionell im Meer gefangen. So paradox es klingt: Aquakultur trägt zur Überfischung der Meere bei. Siehe auch: Massentierhaltung unter Wasser – 9 Dinge, die jeder über Fischfarmen wissen sollte
Massensterben von Meerestieren in Chile
In Chile kommt es seit geraumer Zeit immer wieder zu einem Massensterben der Meerestiere:
In Januar berichteten wir von: Massensterben der Riesenkalmare vor der Küste von Chile
Leichen von Zehntausenden von riesigen Tintenfischen (Dosidicus gigas) waren an der Küste der Insel Santa Maria angeschwemmt worden. Die Insel befindet sich in der Provinz Arauco( Chile). Fachleute waren noch nicht in der Lage, die Ursache herauszufinden, aber sie vermuten, dass es einen Zusammenhang mit El Niño gebe.
Die bisher größte Tragödie des Walsterbens gab es in Chile, wo Anfang Dezember 2015 über 330 tote Seiwale im Süden entdeckt wurden. Auch hier vermutete man einen Zusammenhang mit El Niño .
Am 18. April 2016 berichteten die Chilenischen Medien, dass im Fluss Queule in der Region IX Araukanien, im Kleinen Süden Chiles bzw. der Chilenischen Schweiz, etwa 600 Kilometer südlich von Santiago de Chile, 2500 Tonnen tote Sardinen aufgefunden wurden. Laut einer Erklärung auf der Website der Nationalen Fischerei und Aquakultur (SERNAPESCA) wurde die gesamte Region zur „Gefährdung der menschlichen Gesundheit“ ausgerufen. Ein Verbot vom Verzehr der toten Sardinen wurde ausgesprochen. Etwa 140 Tonnen tote Sardinen werden täglich von den Mitgliedern der chilenischen Marine und freiwilligen Helfern aus dem Gebiet entfernt. Noch ist unklar, wieso die Fische sterben.
Gigantisches Lachssterben
Im März 2016 meldete die chilenische Lachsindustrie ein gigantisches Lachssterben. Über 23 Millionen Lachse oder umgerechnet etwa 39 0000 Tonnen starben vermutlich durch die Algenblüte, die durch das Wetterphänomen El Niño ausgelöst worden war. Die nationale Fischereibehörde teilte mit, dass sich die Zuchtstationen in den südlichen Regionen Aysen, Chiloe und Los Lagos befinden. Der wirtschaftliche Verlust wird auf 800 Millionen $ geschätzt.
Laut José Miguel Burgos, Direktor/Leiter der Nationalen Fischereibehörde (Servicio Nacional de Pesca), wird ein Großteil der toten Lachse zu Fischmehl verarbeitet. Ein geringer Prozentsatz wird auf verschiedenen Deponien des südamerikanischen Landes entsorgt. “ Da die Fischmehlfabriken bereits an der Grenze ihrer Produktionskapazität liegen, erwägen wir eine dritte Möglichkeit der Entsorgung. Nach internationalem Recht und nur in Notfällen ist es möglich, mehr als zweitausend Tonnen in einer Unterwasser-Grube in mehr als dreitausend Metern Tiefe und in einer Entfernung von 130 Kilometern zur Küste zu entsorgen“, so Burgos in einer Erklärung. „In den nächsten Tagen wird ein U-Boot in die mögliche „Entsorgungs-Region“ geschickt, um den Meeresboden zu sondieren.“
Gehen wir zurück in das Jahr 2010. Damals stellten die Forscher fest, dass der Norden der Provinz Aysén, wo viele Lachsfarmen auf Grund des Viruses stillgelegt und verlassen wurden, die kranken Fische offenbar nicht entsorgt wurden, sondern zum Teil einfach in Plastikbeuteln im Wasser versenkt!
Was wenn die Fischer doch Recht haben, denn sie machen die Lachsfarmen für ihre katastrophale Situation verantwortlich, da diese vor kurzem mehr als 39 Tonnen toten Lachs mit Chemie ins Meer warfen.
Foto de salmoneras botando pescado muerto c/ químicos y desechos al mar. Esta contaminación mata mariscos en Chiloé! pic.twitter.com/yGs7Iet5CH
— Campaña #YoPesco (@TodosPescamos) 4. Mai 2016
@GreenpeaceCLeste es el desastre keay aki en Chiloe.marea roja dicen.no sabia ke la marea roja mataba a la fauna Mar pic.twitter.com/70a49voj7r
— ariel de chiloe (@ariel_chiloe) 5. Mai 2016
Tausende von toten Muscheln an der Küste der großen Insel Chiloé sowie mehrere tote Tintenfische am Ufer der Insel Santa Maria.
Über El Niño haben wir Netzfrauen bereits mehrfach berichtet: Siehe El Niño- Extreme Naturkatastrophen – alles was Mutter Natur für uns Schreckliches zu bieten hat. Normalerweise pressen Passatwinde das Wasser des Pazifiks von Osten nach Westen; vor den Philippinen steht der Meeresspiegel deshalb knapp einen Meter höher als vor Chile. Im Westen ist der Ozean dann etwa acht Grad wärmer. Vor Südamerika aber wird der Weg frei für kühles nährstoffreiches Wasser aus der Tiefe, es quillt an die Oberfläche – und sorgt für Fischreichtum. Bei einem El Niño flauen die Passatwinde ab, das warme Wasser aus Asien schwappt zurück. Aus der Tiefe wälzt sich eine gigantische Warmwasserwelle nach oben und legt sich als Deckel auf das nährstoffreiche Tiefenwasser. Schließlich entlässt der Pazifik riesige Mengen Wärme in die Luft.
So vermuten die Wissenschaftler El Niño als Ursache für das gigantische Massensterben bei den Muscheln. Solange aber nicht geklärt ist, ob diese Muscheln nicht doch an einer toxischen Vergiftung gestorben sind, wurde der Verzehr verboten.
Protest von Fischern in Chile
Die Proteste weiten sich aus. Inzwischen beteiligen sich die Berufsfischer, die Lachsarbeiter, indigene Gemeinschaften und Einwohner der Provinz Chiloé. Erst errichtete die Regierungen Blockaden, nun errichten die Protestierenden Blockaden.
Pescadores chilenos mantienen bloqueo en acceso a la isla de Chiloé en protesta por mejorashttps://t.co/XhKV57Ycg2 pic.twitter.com/dxTtK3jlG9
— Desinformémonos (@Desinformemonos) 5. Mai 2016
Inzwischen kommt es zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung der Fischer in der Region Los Lagos in Chile. Sie fühlen sich von der chilenischen Regierung alleingelassen. Mittlerweile gibt es auf der Insel bereits 50 Straßenblockaden.
More than 50 road blocks on Chiloe Island. Ancud, Castro, Quellon are all taken #ShutItDown https://t.co/5oiyYvbWgw pic.twitter.com/DZwXO5LlKz
— Erin Gallagher (@3r1nG) 6. Mai 2016
Es geht um die Existenz vieler chilenischer Fischer!
GOPE aterriza en Chiloe #ChiloeEnCrisis #MareaRoja #chiloeestaprivao pic.twitter.com/6SmYNWqXdo
— iNet HD (@InetTvDigital) 5. Mai 2016
„Sie können uns nicht einfach von der Außenwelt abschirmen, es ist Realität, was hier geschieht. Wir werden vergiftet und leiden Hunger, “ so die Menschen aus der Provinz Chiloé.
Der Minister für innere Angelegenheiten in Chile, Jorge Burgos, sagte, dass, wenn der Protest nicht umgehend zum Erliegen kommt, gewaltsame Maßnehmen ergriffen werden. Der Minister stellte fest, dass die Behörden nicht die Absicht hätten, die Entschädigungen für die Fischer zu erhöhen. Auf Grund der Proteste hat die Stadt Ancud im Norden die Schulen geschlossen. Mittlerweile gibt es bereits in Los Lagos 10 Fälle von Vergiftungen, da die Konzentration von toxischen Substanzen im Wasser und im Fleisch der Meeresfrüchte erhöht sind.
Dramatische Situationen spielen sich ab, zumal Chile die Gesetze geändert hat, was bedeutet, dass Demonstrationen und Protest untersagt sind.
Fortsetzung folgt.
Netzfrauen Birgit Steinmeyer (Chile) und Doro Schreier
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