Sie leben unter uns und bleiben dennoch unsichtbar. Sie putzen unser Klo, machen unsere Betten und pflegen unsere Eltern. Wir lassen sie in unser Haus, doch kaum jemand kennt ihre Geschichte. Drei Mütter verlassen die bittere Armut Moldawiens, um illegal in Österreich und Italien als Putzfrauen zu arbeiten. Während diese Frauen getrennt von ihren Familien und ihrer Heimat dem Traum von einem besseren Leben folgen, wachsen ihre Kinder alleine auf.
Die Kinder via Skype erzogen
Sieben Jahre lang lebt Raia bereits im Westen als Putzfrau – ihre Kinder kennen sie nur via Skype. Fast ein Drittel der Moldawier, die meisten von ihnen Frauen, flieht unter lebensgefährlichen Bedingungen über die Grenzen, um Geld nach Hause schicken zu können. Eine ganze Generation an Kindern wächst traumatisiert ohne Mütter auf – viele Familien zerbrechen daran.
Im Film stößt man immer wieder auf Verzweiflung. Die Kinder weinen und fragen: „Wann kommst Du wieder nach Hause?“ Die Antworten sind meist unverbindliche Ausflüchte. Moschitz ging mit seinem Team in eine moldawische Schulklasse. Fast jedes der Kinder dort hat Elternteile im Ausland, meistens die Mütter. Ein Drittel der Moldawier befindet sich außer Landes – eine ganze Generation wächst traumatisiert ohne Mütter auf.
Mütter sind zu allem bereit, wenn sie damit ihre Familie retten können: Das zeigt der vielfach preisgekrönte Dokumentarfilm „Mama Illegal“ des renommierten ORF-Journalisten und -Filmemachers Ed Moschitz. In seinem ebenso berührenden wie erschütternden Film, der ursprünglich als Reportage angelegt war und sich zu einem abendfüllenden Filmprojekt entwickelte, thematisiert Moschitz das soziale Ungleichgewicht in Europa anhand des Schicksals dreier moldawischer Frauen und ihres tragischen Lebens im Westen.
Was bedeutet es, die eigene Heimat zu verlassen? Und was bedeutet es für ihre Heimat, verlassen zu werden?
Mama Illegal
Sie geben den Schleppern ihre Ersparnisse und riskieren auf ihrer Reise nach Westeuropa ihr Leben: Aurica, Raia und Nataşa, drei Mütter aus einem kleinen moldawischen Dorf.
Sie kehren ihrem ärmlichen Heim, den kaputten Straßen, den baufälligen Schulen und den zahllosen unbewohnten Häusern den Rücken, um in Österreich und Italien als Putz- oder Pflegehilfen zu arbeiten. Hier führen sie ein Leben im Untergrund – mit einem harten Job, ohne gültige Papiere, schutzlos und ohne medizinische Versorgung – jahrelang getrennt von Kindern und Familien. Alles, was vom im Westen hart erarbeiteten Geld übrig bleibt, schicken sie nach Hause zu ihren Familien.
Doch ihr Wunsch nach einer besseren Zukunft und einem schöneren Leben fordert einen hohen Preis. Die Rückkehr sieht nach all den Jahren ganz anders aus als geplant. Nach langer Zeit in der Ferne sind die Kinder erwachsen und die Ehemänner entfremdet. Die gesellschaftliche Kluft, die sie zu überwinden trachteten, droht die Familien endgültig auseinanderzureißen. Im Westen nicht wirklich angekommen und angenommen, stellen sie fest, dass ihnen ihre Heimat fremd geworden ist.
„Mama Illegal“ zeichnet sieben Jahre im Leben der drei Frauen nach. Die Kamera ist bei Schicksalsschlägen ebenso dabei wie bei Momenten der Freude. Ein Film über den Preis des Traumes von einem besseren Leben.
Sie sind stille Helfer, fast niemand kennt sie. Abends, wenn ihre Arbeitgeber nach Hause kommen, sind meist schon weg. Den Lohn für ihr Tun finden sie bereit gelegt, im Kuvert oder auf einem Teller im Vorzimmer. So leben sie unter uns und werden doch nicht gesehen. Sie kennen intime Details aus dem Privatleben ihrer Dienstgeber, doch die wissen meist nicht einmal ihre Nachnamen. „MAMA ILLEGAL“ leiht drei dieser anonymen privaten Haushaltshilfen und Pflegehelferinnen eine Stimme und gibt so dem Thema „Illegale Einwanderung“ ein Gesicht. Ein bewegender Film über ein aktuelles Thema, das uns betrifft – und betroffen macht.
Der ORF-Journalist Ed Moschitz („Am Schauplatz“) legt mit seinem ersten Kino-Dokumentarfilm „MAMA ILLEGAL“ eine präzise Langzeitstudie vor: Sieben Jahre lang begleitete er drei Frauen aus einem kleinen moldawischen Dorf. Frauen, die mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen haben, doch deren Geschichte sich in einem entscheidenden Punkt ähnelt: Sie kommen aus einem Land ohne Perspektive. Die Arbeitslosigkeit ist enorm und die Jobchancen gleich Null. Dennoch sind die Preise in den Geschäften ähnlich hoch wie in Westeuropa. Als einzigen Ausweg sehen viele nur noch die illegale Einreise in die EU, um dort für wenig Geld private Haushalte zu putzen oder Pflegebedürftige zu betreuen. Nur so können sie etwas Geld erwirtschaften und ihren Traum von einer besseren Zukunft verfolgen.
Für diesen Wunsch zahlen sie einen hohen Preis: Sie lassen ihre Kinder zurück und sehen sie meist für Jahre nicht. Eine Rückkehr oder auch nur ein Besuch sind aus rechtlichen Gründen schwierig, die von Schleppern organisierte Reise ist teuer und gefährlich. So bleiben die Frauen erzwungenermaßen im Ausland, in der Regel länger als ursprünglich geplant. Hier leben sie illegal, weitgehend rechtlos und ohne Schutz sowie ohne medizinische Versorgung. Für die Zurückgebliebenen dreht sich die Welt weiter, ihre Probleme müssen sie alleine lösen und die Distanz hinterlässt bei einer ganzen Generation seine Spuren.
„Mama Illegal“ entführt uns in die Alltagsrealität von Menschen, die unter uns leben und doch „unsichtbar“ bleiben. Der Film macht zum Thema, worüber normalerweise geschwiegen wird. Wo meist Vorurteile und Klischees das Meinungsklima beherrschen, zeigt dieser Film ein Stück authentischer Realität – und überlässt es den Zuschauern, sich eine eigene Meinung zu bilden.
„Mama Illegal“ – 2015: Ein neues Leben
Aurica lebt nach Jahren der Illegalität mittlerweile mit gültigen Papieren in Wien. Sie hat zwar immer wieder Jobs als Reinigungskraft und als Masseurin, sucht im Moment aber dringend eine Arbeitsstelle mit regelmäßiger und fixer Beschäftigung. Ihre Tochter Diana geht in Wien zur Schule, Sohn Victor arbeitet in Deutschland.
Natasa wohnt seit Anfang November 2013 wieder in Wien, besitzt bereits einen rumänischen Reisepass und hat mittlerweile eine Arbeitsstelle als Reinigungskraft bekommen. Die Anstellungen mit Stichtag 1. Jänner 2014 wurden möglich, da mit diesem Tag die Arbeitsbeschränkungen für Staatsbürger der Republik Rumänien gefallen sind. Nach mehr als zehn Jahren Leben ohne ihr Kind hat Natasa es geschafft, ihre Tochter Virginia nach Wien zu holen, wo diese nun das Gymnasium besucht.
Raia lebt wieder in Bologna und hat mittlerweile eine Arbeitsbewilligung für Italien bekommen. Ihre Nichte Lena hat in der Zwischenzeit in einem Altenheim nahe Bologna zu arbeiten begonnen.
Raia hat sich nach ihrer Rückkehr in ihr Heimatdorf von ihrem Mann getrennt. Ihre Tochter Lenutza lebt derzeit bei ihr in Bologna und studiert dort, ebenso Sohn Mihail, der zuerst beim Vater in Moldawien geblieben war und dann ebenso nach Bologna ging.
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